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Schweres Zugunglück bei Bad Aibling
geschrieben von Christian0911 
Zitat
Daniel Vielberth
Ah ein Internet-Kiddy,

Knapp daneben. Habe ein halbes Jahrhundert bereits überschritten, finde es aber immer halbwegs schmeichelhaft, wenn ein Kiddy mich als Kiddy bezeichnet. Vielleicht liest du meine Beiträge weiter oben einfach nochmal etwas gründlicher, um deren Substanz zu erkennen. Google kann zudem helfen, manches zu vertiefen und z.B. herauszufinden, dass GPS tatsächlich seit Jahren oder Jahrzehnten erfolgreich und äußerst zuverlässig für Schiffs- und Flugzeugnavigation eingesetzt wird. Wenn auch das Argument mit den engen Tälern richtig ist, es gibt ja Möglichkeiten, das Problem zu umgehen.

Vielleicht bin ich mit meinem Tonfall gegen die Verantwortlichen der Sicherheitssysteme der Bahn etwas über die Stränge geschlagen. Den armen Leuten wird wahrscheinlich auch ohne solche Anklagen klar sein, dass sie die Schicksale zahlreicher Menschen auf dem Gewissen haben, und sie werden unter dem Druck der Kriminalpolizei und der Öffentlichkeit nun helfen, nach den Ursachen zu forschen. Unter solchem Druck lichtet sich ja manchmal der geistige Nebel, und es gibt Erkenntnisse, die im Arbeitsalltag zwar vorher jederzeit ebenso möglich gewesen wären, aber der Betriebsblindheit anheim gefallen sind.

Zitat
Daniel Vielberth
Das zu dem Gedanken, das man bei der Bahn einfach so neue Sicherheitsmaßnahmen einführen, oder vorhandene umbauen könnte.

Dass die Deutsche Bahn ein unbeweglicher Monolith ist, wissen wir ja alle. Mir fällt aber kein Grund ein, warum man das nicht kritisieren sollte. Es gibt auch keinen Grund, zu den vorhandenen Sicherheitssystemen nicht ein weiteres hinzuzufügen.

______

metrobits.org



1 mal bearbeitet. Zuletzt am 14.02.2016 23:06 von Mike.
Doch. Wat nich einjebaut is, kann nich kaputtjehn.

@ Daniel: Schöne Geschichte zur Realität des preußischen Sozialismus, mit Betonung auf Preußisch. Glaubhaft.

Ach ja: Zum Thema neue Internetzeiten:



1 mal bearbeitet. Zuletzt am 14.02.2016 23:41 von LaurenzBo.


Und es gibt weitere Infos, die sie Sache eigentlich noch rätselhafter machen. Wieso soll der FDL in Bad Aibling zweimal den Zug Richtung Kolbermoor mit Ersatzsignal (Ausfahrt Bad Aibling und Blocksignal Kurpark) auf die Strecke geschickt haben, und fast gleichzeitig versucht haben, per Zugbahnfunk und Notruf die Lokführer zu warnen?
ich glaube nicht an die Ersatzsignalvariante, die ist einfach nicht plausibel. Ich denke, dass die Fahrstraße aus Kolbermoor aufgelöst wurde, eine neue Fahrstraße für den Zug aus Bad Aibling aktiv war (einschließlich aller grüner Signale), obwohl der Gegenzug bereits auf der Strecke war. Alle drei - der FDL in Bad Aibling, die beiden Lokführer - haben alles richtig gemacht und hatten trotzdem keine Chance, die Katastrophe zu verhindern.
> wenn ein Kiddy mich als Kiddy bezeichnet.

Trifft auf mich zwar auch nicht zu, aber das Kompliment nehme ich dankend an...

> um deren Substanz zu erkennen.

Ich erkenne guten Willen, aber eben nicht Fachkenntnisse aus dem Bahnbereich. Du bist wie viele den falschen Formulierungen aus der Presse aufgesessen, und hast dann aus Reflex und Unkenntnis gegen alle Bahner geschossen. Z.B deine Formulierung: "er grenzenlos dumm gehandelt, als er das Sicherheitssystem abschaltete."
Du hast z.B das aus der Presse "man hätte die Sicherheitssysteme abgeschalten" für bare Münze genommen. Mit betrieblichen Kenntnissen hättest du gewusst, das hier mitnichten die dauerhafte Deaktiviertung der PZB durch einen der Beteiligten gemeint war, sondern die Tasten, die maximal in diesem Zusammenhang bedient worden sein Könnnten, erlauben das einmalige Passieren eines scharfen 2000Hz -Magneten (ganz egal, ob man jetzt aus FDL-Sicht die Bedienhandlung Zs1 drücken, oder aus Lokführersicht die Bedienhandlung "Befehlstaste drücken" nimmt.) Mit Wissen um die betrieblichen Regelwerke wüsstest du auch, an welche Vorbedingungen solche Bedienhandlungen gebunden sind, die die dann nicht durch die Technik gewährleistete Sicherheit dann durch Personalverantwortung ersetzen. Deine spätere Forderung "Es ist grob fahrlässig, ein Sicherheitssystem so zu designen, dass jeder Hansel es abschalten kann" zeugt dann von blinder Technikgläubigkeit, sonst wüsstest du, warum die Regelwerke eben Explizit auch Störfälle von Signalanlagen vorsehen, und dafür Richtlinien vorhalten.

> Vielleicht bin ich mit meinem Tonfall gegen die Verantwortlichen der Sicherheitssysteme der Bahn etwas über die Stränge geschlagen.

In der Tat.

> Den armen Leuten wird wahrscheinlich auch ohne solche Anklagen klar sein, dass sie die Schicksale zahlreicher Menschen auf dem Gewissen haben

Den "Verantwortlichen" ist im Gegensatz zu dir aber auch bewusst, das die vorhandenen Regeln so gut sind, das in zehntausenden Fällen von Störungen eben gerade nichts passiert, und die Fahrgäste diese überhaupt nicht mitbekommen, bzw höchstens sich über eine Verspätung aufregen, ohne zu wissen, das vielleicht grade zwei Leute nämlich ein FDL und/oder ein Tf so mal eben beiläufig ihr Leben gerettet haben, durch Einhaltung des Betrieblichen Regelwerks, wo die Technik versagt hätte. Glaubst du wirklich, Eisenbahner machen ihren Job nur dann gut, wenn vorher einer aufsteht und allen Totalversagen vorwirft?

Gruß D. Vielberth
[www.gleistreff.de]
Alles ist wie immer, nur schlimmer... (Bernd das Brot)
an LaurenzBo

Ne bereits in Benutzung befindliche Fahrstraße lässt sich normal nicht mehr einfach so auflösen. Die "Reststücke" der alten Fahrstraße und die bestehende Rotausleuchtung der freien Strecke, würden dafür sorgen, das eine Gegenläufige Fahrstraße zwar vielleicht teilweise einläuft, aber bis zum grünen Signal käme es nicht.

Und ein "Rausdrücken" der Rotausleuchtung des einen Zuges (was ohnehin nur bei Achszählern ginge), würde auch nicht funktionieren, weil das ist abhängig davon, das der Zug zuvor mindestens zwei Achszähler befahren hat (oder einen in zwei Richtungen). Ohne "wegdrücken" des Zuges lässt sich wiederum nicht die Erlaubnis "drehen", was wiederum Voraussetzung wäre, um Fahrstraßen der Gegenrichtung ein zu stellen. Also Zwei Züge auf Grün gegeneinnader fahren lassen (diese Vermutung lese ich aus den deinen Worten raus) ginge nur, wenn ein Signal außerhalb der Signalabhängigkeit wäre, derartiges ist nicht bekannt, bzw. die Medien berichten bislang, das keine Störung vorgelegen hätte.

Was immer an diesem Morgen passiert ist, wird mit Sicherheit noch ziemlich zeit brauchen, bis man das nachvollziehen kann.

Ps, danke für den Auszug aus der La, das erklärt dann auch gleich, warum es zwei Notrufe waren

Gruß D. Vielberth
[www.gleistreff.de]
Alles ist wie immer, nur schlimmer... (Bernd das Brot)



4 mal bearbeitet. Zuletzt am 19.02.2016 23:11 von Daniel Vielberth.
@Daniel
"Was immer an diesem Morgen passiert ist, wird mit Sicherheit noch ziemlich zeit brauchen, bis man das nachvollziehen kann."
Kann ich nur unterstreichen.
Wie du vermutest, habe ich angenommen, dass beide Züge grün hatten. Ich sehe nur eine Möglichkeit für diese Situation: Dass der Vorgang der Auflösung der Fahrstraße aus Kolbermoor beginnt, bevor der Zug Richtung Bad Aibling über den Besetzmelder nach dem Signal in den Block einfährt (d.h., der Lokführer aus Richtung Bad Aibling sieht noch eine grünes Ausfahrtsignal, das vielleicht im Vorbeifahren auf Rot geht), und die Fahrstraße Richtung Rosenheim aufgebaut ist, bevor eine Besetztmeldung des Blocks dies verhindern kann. Das wäre eine Erklärung, warum das Blocksignal in Kurpark auch befahren wurde. Theoretisch wäre denkbar, dass der FDL in Bad Aibling dort den Zug auf die Strecke schickt, obwohl der Block bereits als besetzt ausgeleuchtet ist. ich glaube aber eher, dass dem FDL aufgefallen ist, dass die Besetzmeldung in Kolbermoor auf dem Ausfahrtgleis weg war, obwohl die Fahrtstraße Richtung Rosenheim stand, und dass er daraufhin die Notrufe versucht hat.
Da sind ziemlich komplexe Abhängigkeiten mit einer Vielzahl von Zwischenschritten im Ablauf von Abbau und Aufbau der Fahrstraßen. Dazu kommt noch das Blocksignal in Kurpark. Die logischen Abhängigkeiten für diese Abläufe sind wirklich knifflig, und ob da jede Möglichkeit eines zufälligen Timings im Ablauf berücksicht wurde, ist durchaus fraglich. Nach meiner Erfahrung sind Timingfragen bei logischen Abhängigkeiten in mehrstufigen Abläufen sehr kritisch und beim Design ziemlich schwierig zu berücksichtigen.
An LaurenzBo

Du vergisst bei deinem Szenario aber den Erlaubnismelder, den es bei fast allen eingleisgen Strecken gibt. Selbst wenn du zeitgleich abfährst, also beide Blöcke vom Asig bis zu dem jeweiligen Blocksignal "frei" wären, würdest du nur auf einem der Bahnhöfe, nämlich dem, der die Erlaubnis hat, die signalmäßige Ausfahrt herbekommen. Einzige Ausnahme wäre, wenn zwischen den Beiden Bahnhöfen früher noch ein Bahnhof gelegen hätte, und der erlaubistechnisch noch berücksichtigt wäre. Dann könnte die Strecke zwei Erlaubnismelder haben, die normal zeitgleich gedreht werden müssen, wei sonst die beiden Erlaubnisse sozusagen zum alten Bahnhof gezeigen würden. Dort gab es aber keinen ehemaligen Bahnhof. Aber selbst in so einem Fall würde es ja noch nicht krachen. Zwar stünden dann zwei Züge auf einem Gleis vor den Blocksignalen, aber getrennt durch den doppelten Gefahrpunktabstand (grob übersetzt der D-Weg der freien Strecke).

In einem Pressebericht stand das man auf dem Streifen von Kolbermoorer Zug keine Beeinflussung gefunden hätte. Hieße also, das der auf Hauptsignal ausfuhr. Nehme ich die Grafik der Welt, stünde also der Erlaubnismelder nun so ">". Die Karte ist wohl etwas ungenau beschriftet, nach der textlichen Beschreibung hieß es, wenn beide Züge am jeweiligen Bk-Sig gestoppt worden diese noch voreinnader entfernt stünden. Daraus folgt: Das Sbk bei km 28,6 wirkt in Fahrtrichtung Aibling (das heißt, die Signaloptiken zeigen gen Kolbermoor), das Skb bei 29,4 wirkt gen Kolbermoor (Optiken zeigen nach Aibling).

Mit Stellen der Ausfahrzugstraße aus Kolbermoor liefe also das Skb, bzw es ist glaube ich sogar ein Zbk in km 28,6 auf Fahrt, Festlegmelder ist an. Damit wäre neben der Ausfahrt Kolbermoor auch der Abschnitt von ZBK 28,6 bis Esig Aibling mit festgelegt. Das Einstellen einer Zugstraße aus einem Bahnsteiggleis in Aibling Richtung freie Strecke nach Kolbermoor muss damit erfolglos bleiben. Man bekäme vielleicht eine Spurausleuchtung, aber die fehlende Erlaubnis, die gegenläufige Festlegung des Zbk unterbinden sowohl Festlegemelder als auch Fahrtstellung.

Angenommen, die Kolbermoorer Fahrstraße wird nun aufgelößt, wie du vorgeschlagen hast. Normal wird Auflösen der Ausfahrzugstraße auch wird das Zbk 28,6 mit auf Halt geschmissen. Der Kolbermoorer Zug muss aber schon das Asig passiert haben, und nur noch nicht die GFM der freien Strecke erreicht haben. Damit geht aber keine Gesammtauflösung. Der FDL müsste mittels Einzelauflösung erst die Fahrstraße im Bahnhof unterm Zug auflösen, und per Hilfshandlungen das Blocksignal auf Halt schmeißen, und den Zentralblock ebenfalls händisch auflösen. Zeitgleich müsste der FDL es schaffen, in diesem Moment auch noch die Erlaubnis zu drehen (was ja dann entgegen seiner Absicht gewesen wäre, den Kolbermoorer Zug zuerst fahren), sonst ist keine signalmäßige Ausfahrt in Aibling her zu bekommen ist. Angenommen, der FDL würde wirklich alle Bedienschritte so schnell schaffen, bevor der Kolboermoorer zug die GFM der freien Strecke belegt, dann hätte der Zug aus Kolbermoor aber trotzdem spätestens am ZBK gestoppt werden müssen, denn bei nun falsch stehende Erlaubnis, wäre das Zbk 28,6 auch durch Gleisbelegung des Ausfahrblockabschnitts nicht mehr in Fahrstellung gelangt (maximal wäre der Festleger gekommen, wie das bei ZBK's im GWB der Fall ist). Ergänzung: Umgekehrt wenn der Zug wiederum die Freie Strecke zuvor erreicht hätte, und das ZBK durch Gleisbelegung angesprungen wäre, hätte sich ab diesem Moment die Erlaubnis nicht mehr drehen lassen. Aber bleiben wir beim Fall er schafft es zuvor.

Der Aiblinger Zug wäre viellicht signalmäßig ausgefahren, aber durch die zwischenzeitliche Belegung des Abschnitt Asig Kolbermoor bis Skb 28,6 wäre das Sbk 29,4 ebenfalls nicht in Fahrstellung gelangt, weil es den Kolbermoorer Zug wie einen vorausfahrenden Zug interpretiert hätte. Am Ende hätten trotzdem wieder - wie im Artikel der Welt - die Züge zwar Spitze zu Spitze auf dem Streckengleis gestanden, beim einen die Zugspitze in km 28,6 beim andern in km 29,4, aber geknallt hätte nichts.

Setzt man den Fall aber so, das der Kolbermoorer Zug bereits das Zbk 28,6 passiert hätte, dann ist wiederum an eine signalmäßige Ausfahrt aus Aibling nicht zu denken - selbst wenn man es noch geschafft hätte, die Erlaubnis zu drehen. Das Stellwerk hätte den Kolbermoorer Zug als vorausfahrenden Zug aus Aiblling aufgefasst, und bis zum Räumen der Freien Strecke keine Ausfahrzugstraße zugelassen. Wie man es dreht und wendet, zweimal Hp 1 kann es, selbst wenn man wildeste Tastendrückerei unterstellt (die ich in der Form keinem FDL zutraue) nicht geben.

Gruß D. Vielberth
[www.gleistreff.de]
Alles ist wie immer, nur schlimmer... (Bernd das Brot)



4 mal bearbeitet. Zuletzt am 15.02.2016 07:42 von Daniel Vielberth.
"Wie man es dreht und wendet, zweimal Hp 1 kann es, selbst wenn man wildeste Tastendrückerei unterstellt (die ich in der Form keinem FDL zutraue) nicht geben."
Wenn die Technik korrekt funktioniert, ist das sicher richtig.
Meine Spekulation ist aber auch sehr unwahrscheinlich. Den Zug Richtung Rosenheim über das Ausfahrtsignal mit Ersatzsignal und über das Blocksignal nach HP Kurpark ebenfalls mit Ersatzsignal zu schicken und in den 1,7 km bis zur Unfallstelle (die wahrscheinlich in etwa 72-75 Sekunden zurückgelegt wurden - 22s Beschleunigung mit 1,2m/s² in etwa 300m auf 100km/h), also in den 75 Sekunden den Notruf per GSM abzuschicken? Das ist denkbar. Der FDL hätte das Ausfahrtsignal Bad Aibling und das Blocksignal am Ende des HP Kurpark direkt nacheinander mit dem ZS1 zum Überfahren freigeben können. Der Lokführer hätte aber bei der Ausfahrt Bad Aibling bis zum HP Kurpark maximal 40km/h fahren dürfen, weil das Vorsignal in Bad Aibling dunkel geschalten ist. Für die 800m hätte der Zug damit mindestens 70 Sekunden gebraucht, dazu kommt der Halt in Kurpark. Das ZS1 am Blocksignal Kurpark geht nach 90s automatisch aus, und der Lokführer hätte auf Sicht weiterfahren müssen. Wenn wir für den Halt in Kurpark etwa 30 Sekunden annehmen, kann es theoretisch sein, dass der FDL zwischen Betätigung des Ersatzsignals am Blocksignal Kurpark und dem ersten Notruf maximal 160 Sekunden Zeit hatte. Der Gegenzug aus Kolbermoor hat von der Abfahrt bis zur Unfallstelle etwa 120 bis 140 Sekunden gebraucht, d.h., er ist wahrscheinlich in Kolbermoor noch gestanden, als der Gegenzug aus Bad Aibling ausfuhr. Das heisst, etwa 20-25 Sekunden konnte kein Block belegt sein, und die Strecke schien frei. Aber: Um den Zug in Bad Aibling auf die Strecke zu schicken, musste mindestens die Ausfahrtweiche umgestellt werden. Das dürfte ohne Fahrstraßenauflösung für den Kolbermoorer Zug auch manuell nicht gehen. Wäre es denkbar, dass die Fahrstraße aus Kolbermoor nur teilweise (bis zum Blocksignal vor Kurpark oder bis zum Einfahrtsignal Bad Aibling) aufgelöst wurde, oder nur bis dahin stand?
Dann hätte der FDL aber beim Ersatzsignal für das Blocksignal Richtung Kolbermoor aktivieren das grüne Ausfahrtsignal in Kolbermoor und die Fahrstraße bis zum Blocksignal vor Kurpark ignorieren müssen. Oder er hätte das für eine Störung gehalten. Und dann hätte er fast eine Minute lang eine Besetztmeldung in dem Ausfahrabschitt Kolbermoor ignorieren müssen, um das ZS1 am Kurpark nicht zurückzunehmen. Und erst dann merkt er, was passiert und setzt den Notruf ab?
> Der FDL hätte das Ausfahrtsignal Bad Aibling und das Blocksignal am Ende des HP Kurpark direkt nacheinander mit dem ZS1 zum Überfahren freigeben können.

Das glaub ich nicht. Voraussetzung das ein Ersatzsignal auf der freien Strecke funktioniert ist, das der abschnitt vor dem Signal auch belegt ist. Dafür gelten auf der freien Strecke die 90 sekunden nicht, sondern das ding brennt, bis ein Zug das Zs1 passiert hat. (Im konkreten falol, wo der Folgeabschnitt ja rot ausgeleuchtet gewesen wäre, wäre es dann wohl durch das Freiwerden des Abschnits vorm ZBK gelöscht worden)

> Der Lokführer hätte aber bei der Ausfahrt Bad Aibling bis zum HP Kurpark maximal 40km/h fahren dürfen, weil das Vorsignal in Bad Aibling
> dunkel geschalten ist.

Ist da ein Zs7 verbaut?

> Das ZS1 am Blocksignal Kurpark geht nach 90s automatisch aus, und der Lokführer hätte auf Sicht weiterfahren müssen.

Die Regel gilt doch schon lange nimmer. Die 301 sagt schlicht "Das Ersatzsignal gilt auch, wenn es erlischt, bevor die Spitze des Zuges daran vorbei gefahren ist" Auf Sicht hätte er deswegen nicht fahren brauchen.


> Um den Zug in Bad Aibling auf die Strecke zu schicken, musste mindestens die Ausfahrtweiche umgestellt werden. Das dürfte ohne Fahrstraßenauflösung für den Kolbermoorer Zug auch manuell nicht gehen

Doch das ginge sogar, solange die Einfahrt für den Kolbermoorer Zug noch nicht aufgezogen war. Die beiden Fahrstraße aus Richtung Kolbermoor würden je umfassen Asig Kolbermoor bis ZBK und dann ZBK bis Esig Bad Aibling. Da vom Esig bis zur ersten Weiche in Aibling sicherlich der Gefahrenpunktabstand eingehalten ist, wäre diese so lange frei beweglich, bis die Einfahrzugstraße gestellt wird.

> Dann hätte der FDL aber beim Ersatzsignal für das Blocksignal Richtung Kolbermoor aktivieren das grüne Ausfahrtsignal in Kolbermoor und
> die Fahrstraße bis zum Blocksignal vor Kurpark ignorieren müssen. Oder er hätte das für eine Störung gehalten. Und dann hätte er fast eine
> Minute lang eine Besetztmeldung in dem Ausfahrabschitt Kolbermoor ignorieren müssen, um das ZS1 am Kurpark nicht zurückzunehmen.
> Und erst dann merkt er, was passiert und setzt den Notruf ab?

Wir wissen nicht, ob das so war. Allerdings geht es hier um wenige Minuten. Es könnte sein, dass Reisende den FDL was gefragt haben (grade wenn ein Zug verspätung hat), es könnte sein, das er auch noch einen Fahrkartenverkauf zu bewältigen hat (ich weiß nicht, sitzt er im EG oder extra?), Vielleicht betätigen einer Bahnsteigsperre, ein Anruf, Reisendeninformation durchführen. Will heißen: eine Minute ist schnell vorbei.

Gruß D. Vielberth
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Alles ist wie immer, nur schlimmer... (Bernd das Brot)



1 mal bearbeitet. Zuletzt am 15.02.2016 15:06 von Daniel Vielberth.
Im Drehscheibenforum ist jemand auf einen ähnlichen Gedankengang wie ich gekommen:

"Wenn Zentralblock eingerichtet ist, müsste folgendes Szenario möglich sein: 
Fdl stellt ASig Kolbermoor für 79506. Dann entscheidet er, die Kreuzung doch in Kolbermoor zu machen. Er stellt ASig Bad Aibling für 79505. Sbk 313 wird angestoßen, dadurch schließt der Bahnübergang, aber aufgrund der Fahrstraße aus Kolbermoor bleibt Sbk 313 auf Hp 0. 79505 fährt 6.42 Uhr in Bad Aibling ab. 
Erst dann versucht der Fdl über GSM-R, den 79506 zu erreichen, um ihn von der beabsichtigten Rücknahme der Ausfahrt zu unterrichten. Schließlich ist noch Zeit bis 6.45 Uhr. Fdl erreicht aber Tf nicht, da Zug im Funkloch steht. Fdl entschließt sich aufgrund voranschreitender Zeit, die Ausfahrt für 79506 zurückzunehmen. Dabei sieht er nicht (oder kann nicht sehen), dass 79506 mit der Zugspitze das ASig passiert hat (rechnet auch nicht damit, dass 79506 eine Minute zu früh abgefahren ist). Aufgrund der Rücknahme der Fahrstraße kann Sbk 313 nachlaufen. Da nicht viel Reisende, wartet 79505 vor Sbk 313 schon sehnsüchtig auf Hp 1. Das kommt und 79505 fährt sofort ab. Erst dann fährt 79506 an der Ra 10-Tafel vorbei und belegt den Abschnitt Ra 10 - ESig. Dadurch fällt Sbk 313 auf Halt, was aber nicht auffällt, da 79505 mit der Zugspitze bereits daran vorbei ist. "

Wie dem auch sei, morgen nach der PK der Staatsanwaltschaft wissen wir vielleicht schon mehr.
In der Pressekonferenz wurde deutlich, dass es eine plausible Annahme zum Ablauf gibt, die aber hinsichtlich technischer Fragen noch genau durch eine Versuchsfahrt überprüft werden muss. Der FDL hat einmal regelwidrig eine Fahrt freigegeben, dies aber anscheinend unter plausiblen Annahmen.

Das Stellwerk Bad Aibling ist ein Dr S 60 (Relaistechnik, 1976 gebaut), Besetztmeldung über Achsenzähler. Das Stellwerk und FDL Kolbermoor wurden 1990 abgeschafft, Aufgaben des FDL Kolbermoor und das Schaltpult in das Stellwerk Bad Aibling übertragen; der FDL Bad Aibling hat damit in einer Person auch die Rolle des ehemaligen FDL Kolbermoor, kann insbesondere die Erlaubnisrichtung wechseln. Bei dem Stellwerkstyp können Rangierfahrstraßen entgegen der Erlaubnisrichtung erstellt werden, und nach Einlaufen und Verriegeln ohne Zählung mit Dokumentationspflicht wieder zurückgenommen werden, wenn sie entgegen der Erlaubnisrichtung aufgebaut wurden. Zwischen den beiden Bahnhöfen liegt ein Bahnübergang nach der Ausfahrt Bad Aibling (manuell durch den FDL bedient), der HP Kurpark, und zwei Zentralblocksignale (Richtung Kolbermoor am HP Kurpark, Richtung Bad Aibling kurz nach der Unfallkurve). Dazwischen ist ein automatischer Halbschrankenübergang, der durch die Blocksignale gedeckt wird. Auf der Strecke gibt es Funklöcher im GSM-R, die in der LA vermerkt sind.

Damit wäre folgender Ablauf denkbar:

1) Fahrplanmäßige Begegnung in Kolbermoor geplant, Erlaubnisrichtung auf Richtung Kolbermoor.
2) 79505 wird mit 10 Minuten Verspätung gemeldet. FDL bereitet eine Begegnung in Bad Aibling vor: Der FDL stellt die Fahrstraße Kolbermoor – Bad Aibling entgegen der bestehenden Erlaubnisrichtung (damit die Fahrstraße ggf. ohne Zählung/Eintragungspflicht wieder aufgehoben werden kann, entgegen der Erlaubnisrichtung).
3) Die Fahrstraße läuft bis zum Streckenblock vor Kurpark ein, Ausfahrtsignal Kolbermoor bleibt aber wegen falscher Erlaubnisrichtung rot.
4) Der FDL wechselt Erlaubnisrichtung (Fahrstraße kann wieder zurückgenommen werden ohne eintragungspflichtige Zählererhöhung). Ausfahrt Kolbermoor geht auf Grün.
5) 79505 hat erheblich aufgeholt und fährt deutlich früher als erwartet in Bad Aibling ein.
6) FDL will auf Begegnung in Kolbermoor zurück und stellt die Fahrstraße für den 79505 nach Kolbermoor, die Straße läuft bis zum Streckenblocksignal Kurpark ein. Ausfahrt Bad Aibling bleibt wegen falscher Erlaubnisrichtung noch rot. FDL gibt Zs1 um 6h42, um den 79505 schnell in den garantiert freien Block bis zum Haltepunkt Kurpark zu schicken. Am HP wartet der TF um 6h44 am roten Streckenblocksignal auf Grün.
7) FDL will 6h43 regelgerecht den Tf von 79506 per GSM-R informieren, dass er die Ausfahrt Kolbermoor zurücknimmt, erreicht ihn aber wegen Funkloch nicht. Er geht davon aus, dass der 79506 in Kolbermoor noch nicht losgefahren ist (Besetztmeldung im BF Kolbermoor noch rot, planmäßige Abfahrt 6h45).
8) 79506 fährt in Kolbermoor 6h44 eine Minute früher als Plan bei Grün los und fährt die Stecke vom Bahnsteig bis zum grünen Ausfahrtsignal Richtung Ausfahrtweiche.
9) Der 79505 steht in Kurpark; der Halbschrankenbahnübergang nach dem Streckenblocksignal hat fertig geschlossen, das Streckenblocksignal am Ende des Bahnsteigs Richtung Kolbermoor ist aber noch auf Rot.
10) Bahnhof Kolbermoor ist noch als belegt gemeldet, noch eine Minute zur Abfahrtszeit des 79506. FDL nimmt die Fahrstraße aus Kolbermoor zurück und wechselt 6h44 die Erlaubnisrichtung auf Richtung Kolbermoor.
11) Ausfahrsignal Kolbermoor fällt auf Rot, Zugspitze und INDUSI der einteiligen Garnitur sind aber gerade am Ausfahrtsignal vorbei. Die Fahrstraße (Zentralblock für Blocksignale zwischen Kurpark und der Unfallkurve) läuft wegen dem auf Rot gefallenen Ausfahrtsignal in Kolbermoor weiter bis Einfahrtsignal Kolbermoor ein. Streckenblock Kurpark wird grün für Block bis Einfahrsignal Kolbermoor (dies bleibt rot wegen Belegung des Ausfahrbereichs durch den losgefahrenen 79506).
12) Der 79505 hatte in Kurpark bereits abgefertigt und fährt sofort los, als das Streckenblocksignal Kurpark etwa 6h44 grün wird. Der 79506 bummelt, weil früh losgefahren, und verlässt den Rangierbereich Ausfahrt Kolbermoor spät in den Block Richtung Streckenblocksignal 1 km vor HP Kurpark. In der langen Geraden ist wahrscheinlich schon das gelbe Vorsignal für das Streckenblocksignal nach der Unfallkurve sichtbar (etwa 1,5km).
13) Bei Einfahrt in den Block aus dem Rangierbereich am Einfahrtsignal Kolbermoor löst der 79506 eine Besetztmeldung für den Block aus. Das Streckenblocksignal Kurpark fällt auf Rot zurück. Der losgefahrene 79505 ist aber mit Zugspitze und aktiver INDUSI der ersten Garnitur bereits am Signal vorbei und beschleunigt mit 1,2m/s² in 230m auf 100km/h.
14) Der FDL sieht die Freimeldung des Ausfahrgleises Kolbermoor und löst Notruf über GSM-R aus; möglicherweise wird in mindestens einem der beiden Züge noch eine Vollbremsung ausgelöst, der Zusammenstoß in der Kurve kann aber nicht mehr verhindert werden.

So könnte der Ablauf gewesen sein. Wenn sich das über das laufende Gutachten und die Rekonstruktion durch den Versuch auf der Strecke bestätigt, kann man als Fazit für diesen schrecklichen und tragischen Unfall ziehen:
a) Chronische Überlastung und Zeitdruck: Der FDL nutzt Tricks, um den Betriebsablauf möglichst effektiv durchzuziehen. Anstatt erst die Erlaubnisrichtung korrekt zu setzen und dann die Fahrtstrasse aus Kolbermoor nach Bad Aibling aufzubauen, lässt er sie erst mal entgegen der Erlaubnisrichtung bis zum Blocksignal einlaufen. Grund: Falls er doch noch auf die planmäßige Begegnung in Kolbermoor wechseln will, muss er nicht eine fest aufgebaute Fahrstraße zurücknehmen (Sicherheitszähler würde die Rücknahme registrieren, eine schriftliche Begründung müsste in die Stellwerkskladde). Er kann entweder durch Wechsel der falschen Erlaubnisrichtung die Fahrstrasse zur Einfahrt freigeben, und sie auch ohne Zählereignis mit Eintragspflicht wieder aufheben. Passieren kann eigentlich nichts, weil eine Zugfahrt erst mit der gewechselten Erlaubnisrichtung möglich wird. Als der 79505 aus Holzkirchen dann doch deutlich weniger Verspätung als angekündigt hat, kann er die Begegnung ohne Papierkram planmäßig nach Kolbermoor zurücklegen, indem er eine Fahrstasse aus Bad Aibling nach Kolbermoor anmeldet, die zunächst nur bis zum HP Kurpark einläuft (weil im nächsten Block schon die Fahrstraße aus Kolbermoor freigegeben ist). Die muss er zurücknehmen, und dafür muss er den Lokführer des 79506 kontaktieren, um die Rücknahme der freien Ausfahrt anzukündigen. Die Zeit drängt, deshalb schickt er den 79505 Richtung Kolbermoor mit einem Ersatzsignal über das rote Ausfahrtsignal Bad Aibling (die Fahrtstraße ist ja noch entgegen der Erlaubnisrichtung) zum naheliegenden Haltepunkt Kurpark (etwa 800m), dort muss der Zug ohnehin halten und abfertigen. Dann ruft er den 79506 in Kolbermoor an, erreicht ihn aber wegen Funkloch nicht.
Bis dahin konnte immer noch nichts passieren: Die beiden roten Blocksignale zwischen Kurpark und Kolbermoor sind fast einen Kilometer auseinander, so dass selbst bei Überfahren eine Zwangsbremsung zuverlässig eine Kollision verhütet hätte. Die Ausfahrtfreigabe aus Bad Aibling war zunächst auch kein Sicherheitsrisiko, der Block war ja frei und gesichert.
Diesen Ablauf (in der Regel ohne wartenden Zug mit freier Ausfahrt oder mit erfolgreicher Ankündigung der Rücknahme) hat es wahrscheinlich schon oft gegeben; Verspätungen und damit kurzfristige Änderungen der Begegnungsbahnhöfe sind auf der belasteten Strecke (im Investitionsplan von 2009 für zweigleisigen Ausbau vorgesehen) wahrscheinlich häufig, und bevor man sich jeden Tag die Finger mit Rücknahmebegründungen wundschreibt (Dienst nach Vorschrift: Die effektivste Form des Streiks), nutzt man den Trick mit der Fahrstraße auf Rangierniveau.
b) Jetzt passieren in wenigen Sekunden die fatalen Fehler:
1) Der 79506 wird nicht erreicht (Funkloch) und ist so nicht vom Wechsel und der Rücknahme der Ausfahrt informiert.
2) Er fährt in Kolbermoor bei Grün eine Minute zu früh los. Kann sein, dass seine Borduhr etwas vorging.
3) Der FDL weiss das nicht, und nimmt die Ausfahrtfreigabe durch Rücknahme der Fahrstraße und Wechsel der Erlaubnisrichtung ohne Rücksprache zurück (am Gleisbild ist das Bahnhofgleis noch besetzt, und es ist noch über eine Minute zur Abfahrtszeit). Das war der kritische Fehler. Die Alternative wäre aber bei weiterer Verzögerung Stillstand und Rückfahrt des 79505 nach Bad Aibling gewesen, mit reichlich Stress und Erklärungsbedarf.
4) Der Rest ist Murphy's Law 1 und 2. Beide Züge sind bei Grün losgefahren, und das Timing war zufällig auf die Sekunde genau.
c) Die Technik hat offensichtlich ein Scheunentor für regelwidrige Schleichwege offen gelassen.



3 mal bearbeitet. Zuletzt am 22.02.2016 14:41 von LaurenzBo.
Aus Warngau nichts gelernt, den letzten beißen die Hunde. So könnten kritische Überschriften zu dem Eisenbahnunfall bei Bad Aibling lauten.
Wie zu erwarten war, hat ein Fahrdienstleiter einen Fehler gemacht, also hat menschliches Versagen den Unfall verursacht.
Dabei haben die verantwortlichen Polizei- und Justizbeamten in der Pressekonferenz sich zurückhaltend, nachdenklich und einfühlsam geäußert und es besteht m. E. keine Gefahr, dass sie nicht auch die dem Bahnverkehr innewohnende Gefahrengeneigtheit berücksichtigen werden.
Dabei werden sie sicher auch Vergleiche mit dem Unfall bei Warngau im Jahre 1975 (auch Holzkirchener Umgebung) anstellen und auf etliche Parallelen stoßen, deren erneutes Auftreten doch Bedenken hervorruft (Luftkreuzung, nicht funktionierender Bahnfunk, eingleisige Strecke etc), warum die technische Ausstattung der Bahnstrecke auch heute noch einen solchen Unfall nicht verhindert. Wenn offensichtliche Fachleute wie die hier schreibenden LaurenzBo und Daniel Vielberth erläutern, welche Tricksereien möglich und auch im Sinne eines sinnvollen Bahnverkehrs scheinbar nachvollziehbar vorteilhaft sind, stimmt im System etwas nicht. Schon damals wurde da auch auf die Fluglotsen verwiesen, die gewerkschaftlich organisiert die Missstände in ihrem System schließlich beseitigen konnten.
Bitte bedenken - ich bin kein Eisenbahnfachmann. Sicherungstechnik interessiert mich aber seit Jahren, und ich habe viel von einem befreundeten Sicherheitsbeauftragten der Bahn gelernt, der Güterzugunfälle untersuchen und Konsequenzen für die Praxis ausarbeiten musste. So ausgereift die Technik auch ist, totale Sicherheit gibt es nicht, und in der harten Alltagspraxis werden kleine Tricks oft notwendig, um den Betrieb am Laufen zu halten. Nur ein Beispiel: Wegen einem Heißläufer entgleiste vor Jahren nachts ein Kesselwagenzug mit Benzin aus Ingolstadt zwischen Ansbach und Würzburg. Die Ursache? Die Rangierer in Ingolstadt hatten einen beladenen Kesselwagen aus der Raffinerie abgeholt, der seit Wochen abgestellt war. Die Presslufttanks der Einleitungsbremse waren leer, also geht nichts. Dafür gibt es auf der Rangierlok ein Schnellfüllventil, mit dem 10 Atmosphären in die Bremsleitung geblasen werden können, damit die Bremse schnell löst. Da alles schnell gehen muss, ist der Wagen in den Zug eingestellt worden, ohne wie vorgeschrieben den Druck im Kessel auf Regelniveau abzusenken. Der Bremssteuerdruck im abfahrenden Zug war natürlich dann zu niedrig, um die Bremse des Kesselwaggons zu lösen. In Treuchtlingen hat eine Heißläuferüberwachung dann Alarm geschlagen; der Lokführer ist ein Stück den Zug abgegangen, dann aber zurück und weitergefahren, die Ausfahrt war schon frei und der nächste Zug wartete schon. Schnell, schnell. Durch Ansbach ist der Heißläufer gottseidank noch durchgekommen, wenn der Kesselzug mit Benzin dort die Böschung runter in die Stadt gerauscht wäre, wäre ein Kathastrophenfall fällig gewesen. Hinter Ansbach hat sich die Achse des Heißläufers verabschiedet, das Drehgestell ist entgleist und hat ein paar hundert Meter Bahnsteigkante eines kleinen Bahnhofs mitgenommen. Mehr ist gottseidank nicht passiert.
Zu Bad Aibling habe ich nur systematisch plausible Infos aus diversen Foren und Bahndokumenten im Netz gesammelt und analysiert. Der dargestellte Ablauf ist eine Vermutung aus den verschiedensten Teilinfos, die mir plausibel schienen und zusammenpassten. Es kann aber gut sein, dass er technisch gar nicht möglich ist oder Fakten dagegen sprechen, die ich nicht kenne - in den Details der Sicherungstechnik kenne ich mich als Laie natürlich nicht aus. Daniel hat da mehr Fachwissen und vielleicht zeigt er aus seiner Fachkenntnis problemlos auf, dass es so nicht gewesen sein kann - wie schon bei meiner früheren Vermutung, bei der ich die Erlaubnisrichtung nicht berücksichtigt hatte.



1 mal bearbeitet. Zuletzt am 17.02.2016 17:03 von LaurenzBo.
Damit ich das richtig verstehe...

der FDL Bad Aibling kontrolliert sowohl Kolbermoor als auch Bad Aibling und in Kolbermoor gibt es keinen 2. FDL??
Zitat
RobertM
Damit ich das richtig verstehe...

der FDL Bad Aibling kontrolliert sowohl Kolbermoor als auch Bad Aibling und in Kolbermoor gibt es keinen 2. FDL??
Ja. Der FDL Bad Aibling kontrolliert sogar noch einen dritten Bahnhof mit.

Tschö
UHM
> Es kann aber gut sein, dass er technisch gar nicht möglich ist oder Fakten dagegen sprechen, die ich nicht kenne - in den Details der
> Sicherungstechnik kenne ich mich als Laie natürlich nicht aus. Daniel hat da mehr Fachwissen und vielleicht zeigt er aus seiner Fachkenntnis
> problemlos auf, dass es so nicht gewesen sein kann - wie schon bei meiner früheren Vermutung, bei der ich die Erlaubnisrichtung nicht
> berücksichtigt hatte.

Ich bin noch am Durchchecken des Ablauf, nach ersten dafürhalten habe ich zwei Widersprüche gefunden, aber da will ich nochmal konzentriert drüber schauen, und dann schreib ich.

Gruß D. Vielberth
[www.gleistreff.de]
Alles ist wie immer, nur schlimmer... (Bernd das Brot)
Das Nachstellen der Unfallhergangs auf der Strecke ist abgeblasen, ab morgen wird der planmäßige Verkehr wieder aufgenommen.
Entweder ist inzwischen belegt, dass der FDL am Streckenblocksignal Kolbermoor ein zweites Mal ZS1 gegeben hat (was ich nicht glaube - es gibt keinen plausiblen Grund dafür, und durch die Zählerstände und Aufzeichnungen im Stellwerk hätten das die Ermittler schon zum Zeitpunkt der Pressekonferenz wissen müssen), oder der genaue Ablauf konnte auch so rekonstruiert werden.
Also jetzt mal zum einzelnen

zu 2 und 3

Die Fahrstraße entgegen der Erlaubnisrichtung läuft zwar möglicherweise bis zum Sicherungsniveau zumindest einer Rangierstraße ein, allerdings ist die Erlaubnis laut Aussagen von Technikern in einen so frühen Überwachungsgrad eingebunden (Spurkabel 1) das ein nachlaufen von Festleger und Signal per drehen der Erlaubnis unwahrscheinlich ist. Zwar lässt die die "Pseudofahrstraße" in der Tat ohne zählwerkspflichtige Handlung wieder wegkriegen (wenn auch wahrscheinlich nur per Einzelauflösung), allerdings nutzt der "Fahrstraßenstummel" auch dem FDL nichts, das Rangierstraßenniveau stellt keine zulässige Fahrwegsicherung für Zugfahrten dar (zumindets in der Rohform, das es Fälle gibt, wo man Zugstraßen aus Rangierstraßen und Zusatzmaßnahmen zusammenbaut ist schon klar, aber die strebt man ja nur an, wenn ein normales Sicherungsnivau störungsbedingt nicht erreichbar ist).

Im übrigen sehe ich da jetzt aber auch keinen Nutzen drin, bewusst ein unvollständiges Einlaufen der Fahrstraße zu erzeugen. Sowas macht höchstens bei langsamen Bü's in der Fahrstraße Sinn, wenn zugleich eine nicht durch Stellwerk überwachte Einrichtung der Fahrt entgegen steht , man aber nach Wegfall des Betrieblichen Grundes gleich das Hauptsignal auf grün haben will, wobei die halbe bis eine Minute auch nicht unbedingt den Aufwand rechtfertigt. Weil im Gegenteil, wenn wegen des Fahrstraßenvorlauf der Bü zu lange zu ist, provoziert man dort Zeitüberschreitung (und damit eine Betriebsgefahr, weil dann die Autofahrer um die Schrankenbäume rumfahren), das wäre als flapsig gesagt, wie der Versuch, die Pest geziehlt durch Verbreitung von Cholera zu verhindern...

Und wenn überhaupt wäre da die ET meist eher mittel der Wahl ist. Wenn man hingegen unentschlossen ist, ob und falls ja wo man Kreuzungen oder Überholungen durchzuführen hat, und ggf davor Rücksprache halten will, ist sinnvoller und wichtiger nur Einfahrten zu stellen, und rechtzeitig Selbststeller rauszunehmen. Damit hat man die volle Flexibilität, und verhindert, das eine der Lösungen danach nicht mehr geht. Im konkreten Fall wäre es also weder Beschleunigung noch Erleichterung des Betriebsablaufes gewesen.

Deswegen tritt auch 4.) "Ausfahrt Kolbermoor geht auf Grün." nicht ohne erneut Start-Ziel-Bedienung ein. Durch die erneute Start-Ziel bedienung werden aber auch die beiden ZBK's festgelegt - das eine in Grün, das andere (der Gegenrichtung) in Rot.

> FDL will 6h43 regelgerecht den Tf von 79506 per GSM-R informieren, dass er die Ausfahrt Kolbermoor
> zurücknimmt, erreicht ihn aber wegen Funkloch nicht. Er geht davon aus, dass der 79506 in Kolbermoor noch
> nicht losgefahren ist

Wäre ein böser Fehler, weil ohne Benachrichtung darf Signal noch nichtmal auf Halt gestellt werden (außer bei Gefahr oder Fehlleitung) Fahrstraße auflösen schon gar nicht. Absehen, wäre die Reihenfolge b ei Punkt 6 und 7 vorschriftmäßig auf jeden Fall umgekehrt. Erst benachrichtigen, und Halten bleiben melden lassen, dann Haltstellen und Ausflösen, dann Erlaubnis drehen, dann neue Fahrstraße. Ein Zs1 dient niemals der Betiebsbeschleunigung im Regelbetrieb. Freiwillig würde kein FDL fahren auf ZS1 dem Fahren auf Hauptsignal vorziehen, alleine schon wegen dem ganzen Rattenschwanz, der der Bedienung voraus gehen muss, und dem Ratenschwanz, der dann zusätzlich fällig wird. Und auerdem würde der vermeitlich gesparte Papieraufwand (nicht erfolgte FHT-Bedienung) dann nur durch den Eintrag des ZS1 ersetzt. Also wieder Papierkrieg.


> 10.) [...] FDL wechselt 6h44 die Erlaubnisrichtung auf Richtung Kolbermoor.

Da sich einer der Züge zu diesem Zeit bereits auf der freien Strecke befindet, und eine Rotausleuchtung erzeugt, ist an ein drehen der Erlaubnis jetzt nicht mehr zu denken.

> Die Fahrstraße läuft wegen dem auf Rot gefallenen Ausfahrtsignal in Kolbermoor weiter bis Einfahrtsignal Kolbermoor ein. Streckenblock
> Kurpark wird grün für Block bis Einfahrsignal Kolbermoor (dies bleibt rot wegen Belegung des Ausfahrbereichs durch den losgefahrenen
> 79506).

bleibe rot, da drehen nach 10 nicht mehr möglich.

Gruß D. Vielberth
[www.gleistreff.de]
Alles ist wie immer, nur schlimmer... (Bernd das Brot)



1 mal bearbeitet. Zuletzt am 19.02.2016 15:16 von Daniel Vielberth.
an Lebenskür

> enn offensichtliche Fachleute wie die hier schreibenden LaurenzBo und Daniel Vielberth erläutern, welche Tricksereien möglich und auch im
> Sinne eines sinnvollen Bahnverkehrs scheinbar nachvollziehbar vorteilhaft sind, stimmt im System etwas nicht.

Eben um diesen Eindruck zu zerstreuen antworte ich hier. Der Eindruck, es könne sich um einen "regelwerkskonformen Unfall" handeln ist eben gerade falsch. Es ist nicht so, das der FDL nach Belieben jeden Sch... hindrücken kann.

Deswegen schreibe ich auch nicht einen eigenen Verlauf, was wohl falsch gemacht worden ist, sondern widerlege nur, was in anderen Abläufen unplausibel oder nicht durchführbar ist. Eben in der Intension, zu zeigen, das die vorhandenen Regeln, und die Technik völlig ausreichen und schon nach der sicheren Seite hin funktionieren. Das Bahnfahren eben doch sicher ist. Auch trotz und nach diesem Unfall. Das man durch Verstöße gegen das Regelwerk trotzdem einen Haufen auf der Strecke produzieren kann, bleibt unbenommen. Deswegen ist es ja auch ein Beruf mit hoher personeller Verantwortung.

Allerdings werde ich selbst keine "Tricksereien" preisgeben, alleien schon deshalb, weil ich meinen Beruf noch paar Jahrzehnte behalten will.

Gruß D. Vielberth
[www.gleistreff.de]
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Danke. Na dann warten wir halt auf den offiziellen Unfallbericht.
Ist es denn sicher, dass eine vorgemerkte Fahrtstraße entgegen der Erlaubnisrichtung nicht freie Einfahrt bis zum nächsten Blocksignal ermöglicht, wenn die Erlaubnisrichtung gewechselt wird und der Durchrutschbereich durch den folgenden Block abgesichert ist? Letzteres wäre ja mit dem roten Ausfahrtsignal Bad Aibling und der noch nicht erfolgten Abfahrt über ZS1 gegeben gewesen.
Dass Schritt 6 und 7 ein böser Fehler gewesen wäre, ist klar. Die fatale Folge würde aber auch voraussetzen, das bei dem Auslösen des Schaltvorgangs der Zug in Kolbermoor gerade mit Führerstand und Indusimagnet am Signal vorbei war, bevor dort das 2kHz-Signal soweit stand, dass die Zug-INDUSI reagiert. Und dass die Rückmeldung vom ersten Radzähler nach dem Ausfahrtsignal im Stellwerk erst verarbeitet wird, nachdem das Blocksignal Kurpark auf Grün gegangen ist. Die Rotausleuchtung hätte zwar zunächst nur den Bereich zwischen Ausfahrsignal Kolbermoor und Einfahrtsignal Kolbermoor betroffen, allerdings damit auch schon den Durchrutschsicherungsbereich.
Ich kann mir aber keinen Grund außer kurzzeitiger völliger geistiger Umnachtung vorstellen, warum der FDL am Ausfahrsignal Bad Aibling ZS1 gibt, und dann nach etwa zwei bis drei Minuten ein zweites Mal am Streckenblock Kurpark, und das entgegen der Erlaubnisrichtung bei Zug in Kolbermoor mit grüner Ausfahrt? Und dass bei so einem Verlauf die Staatsanwaltschaft zunächst erst noch ein exaktes Nachstellen des Ablaufs auf der Strecke machen möchte - das zweite ZS1 wäre ja wie das erste im Stellwerk aufgezeichnet worden. Bei einer Störung des Blockmelders zwischen Kolbermoor und dem Blocksignal (fehlerhafte Rotausleuchtung, der einzig vorstellbare Grund für zweimal ZS1) wäre die Ausfahrt dort ja auch nicht auf Grün gegangen.
[www.heise.de]



1 mal bearbeitet. Zuletzt am 21.02.2016 11:07 von LaurenzBo.
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