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Busfahren in Costa Rica kann tötlich sein
geschrieben von Ringbahn 
Ich wollte euch nur kurz erläutern, warum ich sage, dass man als Busfahrer bzw. Passagier in Costa Rica immer in Lebensgefahr ist, und nicht unbedingt durch Fahrerfehler oder Müdigkeit. Eines der Hauptgründe heute ist die steigende Kriminalität im Land.

Die Anzahl der Überfälle auf Busse auf dem Streckenabschnitt La Uruca-Barreal der Nationalstraße/Autobahn N1 in Costa Rica ist gestiegen, doch die Anzahl bedeutet nicht viel, da bei diesen Überfällen immer zu Schüssen kommt.

Letzte Woche wurden drei schwere Überfälle verübt, davon zwei auf Busse der Linie San José-Alajuela. Beim ersten Überfall wurde eines der Passagiere angeschossen, er konnte noch überleben, da der Busfahrer nach dem Überfall schnell ins Nahe gelegene Krankenhaus gefahren ist. Beim zweiten Überfall wurde einem Mann in die Lunge geschossen, nachdem er sich mit seinen eigenem Revolver verteitigen wollte. Er starb auf dem Weg ins Krankenhaus. Bei einen weiterem Überfall, diesmal auf der Linie San José-La Aurora, wurde ein Mann in die Wade und den Oberschenkel geschossen, weil er Widerstand leistete, als die Täter ihm das Handy nehmen wollten.

Der Mann, der im Aurora-Bus überfallen wurde, arbeitet im selben Callcentre wie ich und ein anderer Kollege (der Glück hatte, dass er einen Bus erwischte, der fünf Minuten früher losfuhr). Ich hätte auch davon betroffen sein können, jedoch fahre ich seit einem Jahr mit dem Taxi zur Arbeit, da die Zuverlässigkeit und die Instandsetzung der Busse nicht vorhanden ist. Dennoch, als ich von dem Unfall erfahren habe, habe ich gedacht: Das hätte ich sein können. Der eine Kollege und ich wollen diese Sache an die Unternehmensleitung weiterleiten, damit sie im Busservice, den sie separat anbieten jedoch immer überfüllt ist, sicherstellen, dass die Einlasskontrollen verschärft werden, weil auch nicht autorisierte Leute in diese Busse einsteigen und jene, die diese Busse benutzen dürfen nicht gezwungen werden, in die von Überfällen geplagten öffentlichen Busse einsteigen zu müssen. Ob was getan wird, ist unklar, die Warscheinlichkeit ist, dass sich niemand in der Unternehmensleitung damit beschäftigen wird und will, da man sich lieber um Etatkürzungen kümmert als die Sicherheit der Angestellten.

Der eine Kollege von mir hat mittlerweile sogar Angst, in einem Aurora-Bus zu fahren, da die Sicherheit, weder vom Verkehrsministerium, Innenministerium, lokalen Polizeikräften und den Busbetreibern (allesamt tariflich unabhängig, hier gibt es keine Verkehrsverbunde) nicht gewährleistet wird (stattdessen wird hier kräftig in TV und Plakatpropaganda investiert, sowie in die Sperrzone in der Innenstadt, die dem MIV zu bestimmten Zeiten, auch in der HVZ, je nach Werktag und letzte Kennzeichennummer, ein Fahrverbot verhängt).

Zudem gibt es in den Bussen nicht einmal eine Videoüberwachung, um diese, im Fall der Fälle, der Polizei zu übergeben (obwohl wenn die Straftäter Jugendliche sind, sie von der Polizei sowieso nach 24 Stunden U-Haft ungestraft und ohne Strafanzeige entlassen werden), denn stattdessen dürfen die Busfahrer die Türen offen halten und die Busse so füllen, bis nicht einmal Platz zum Atmen ist (was ihr also als kuschelige Verhältnisse in U- und S-Bahn, sowie in Trams und Bussen kennt, ist nichts verglichen mit den Verhältnissen der überfüllten Busse hier).

Wer irgendwann zum Urlaub nach Costa Rica kommt, der soll entweder mit der Reisegruppe einen eingenen Bus chartern, oder wenn allein, einen Taxi nehmen.

Grüße,

Richie

"Auftrag ausgeführt. Dieser Zug ist garantiert schwarzfahrerfrei!" - Amboss, der Kontrolator
Hilfe! Ein Glück, dass ich in Deutschland lebe. Hier geht es noch (halbwegs) gesittet zu.
Neben kriminalität gibt es sicherlich dort auch noch das Problem das die Straßen in nicht so gutem Zustand sind oder? Oder ist das jetzt ein Vorurteil von mir gegenüber Costa rica :P Naja und dann noch der Zustand der Busse selbst... oder haben die dort moderne Busse.
jochenf schrieb:
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> Neben kriminalität gibt es sicherlich dort auch
> noch das Problem das die Straßen in nicht so gutem
> Zustand sind oder? Oder ist das jetzt ein
> Vorurteil von mir gegenüber Costa rica :P

Im Gegenteil, das ist kein Vorurteil, das ist Fakt. Ein Beispiel vom letzten Jahr ist, als auf der Autobahnbrücke über den Fluss Virilla, in Fahrtrichtung Alajuela, die Platine kaputt ging. Es wurde frenetisch daran gebaut und die Brücke mehrmals geschlossen, nur um ein Provisorium zu installieren und zu sanieren. Die Brücke selbst wurde vor meiner Abreise nur konstant schlampig geflickt, sie wurde nie richtig saniert. Es klafft dort noch immer eine Lücke von ca 2 bis 5 cm Breite, vor welcher die Fahrer die Gewohnheit haben, stark zu bremsen um sie langsam zu überqueren. Und was die Schlaglöcher in Costa Rica anbetreffen, als Autofahrer (mit costaricanischen Führerschein, der jedoch in Deutschland null und nichtig ist) kann ich nur ein Lied davon erzählen. Da gehen locker die Stoßdämpfer und Reifen nach einiger Zeit kaputt.

> Naja und
> dann noch der Zustand der Busse selbst... oder
> haben die dort moderne Busse.

Es werden oft Hochflurer aus Brasilien importiert, die nach drei Monaten Nutzung so aussehen, als seien sie seit 20 Jahren ohne Wartung gefahren, von der alle sechs Monate erforderlichen Hauptuntersuchung mal ganz zu schweigen (das Verkehrsunternehmen Tuasa hat deren Chef im Aufsichtsrat der costaricanischen Tochter des Unternehmens, das die HU durchführt und schickt seine Busse überhaupt nicht mal zur HU, alles auf Anordnung vom Chef und das Verkehrsministerium tut nichts dagegen). Die Busfahrer selbst schließen die Türen nicht einmal bei der Ausfahrt, sie werden erst geschlossen, wenn man irgendwo ist, wo eine Polizeikontrolle lauern könnte.

Laut Gesetz soll der ÖPNV auch behindertenfreundlich sein, aber die wenigen "behindertenfreundlichen Busse" die es gibt sind Hochflurer mit Aufzügen, der Rest sind entweder gebrauchte Schulbusse aus den USA, oder Busse die aus zweiter oder dritter Hand aus Mexiko oder Brasilien kommen. Aber auch der Einsatz von Niederflurern und LEs ist wegen der zum Teil sehr tiefen Schlaglöcher völlig ausgeschlossen, und Gelenkbusse würden sowieso dort nicht fahren können, weil die "Ziehharmonika" am Übergang zum hinteren Wagenteil nach ein paar Tagen eh durch Messerstiche von Vandalen zerfetzt werden könnte (und durch die dort mangelnde Wartung niemals repariert wird).

Da ist es kein Wunder, dass weder Evobus noch MAN, neben der Tatsache, dass dort andere Karrosseriebauer den Markt dominieren (die aber z.T. Motoren von Mercedes-Benz und Volkswagen Brasilien benutzen), in Costa Rica nicht präsent sind, oder überhaupt dort in den ÖPNV einsteigen würden. Was die Bahnen anbetreffenen, bis auf ein paar aus Europa importierten Doppeltriebwagen ist hier die Eisenbahn eigentlich Schrott. Sie war von 1994 bis Anfang des Jahrtausends sogar gänzlich eingestellt gewesen und befindet sich im Wiederaufbau. Eine Straßenbahn gibt es auch nicht mehr.

Was jedoch kurios ist: Was in Hamburg in der U-Bahn Gang und Gebe ist auf den DT4, wurde nach Protesten der Fahrgäste von einer Busgesellschaft aus ihren Bussen verbannt: Das Fahrgastfernsehen. Das Verkehrsunternehmen La 400, das hier von dem erwähnten Überfall betroffen war, wollte in ihren Bussen eine Art Fahrgastfernsehen einführen, wo genauso wie hier alles so ziemlich in einer Endlosschleife laufen sollte, mit einer Aktualisierung wahrscheinlich alle 24 Stunden vor Betriebsbeginn, doch die Fahrgäste wollten damit nichts zu tun haben. Schließlich hat La 400 das Fahrgastfernsehen wieder abgeschafft. Der Inhalt des Fahrgastfernsehen waren Nachrichtenmittschnitte aus dem Fernsehen, Werbung für eine große Hauseinrichtungskette und diese ekelhafte Reggaeton-Musik.

Grüße,

Richie

"Auftrag ausgeführt. Dieser Zug ist garantiert schwarzfahrerfrei!" - Amboss, der Kontrolator



3 mal bearbeitet. Zuletzt am 10.09.2010 14:19 von Ringbahn.
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