Zunächst mal halte ich es für ein Vorurteil, dass Deutschland "das Bürokratie-Land überhaupt" ist. Viele der Richtlinien, auf denen unsere Bürokratie beruht, sind EU-Richtlinien, insofern sieht das ganze EU-weit nicht anders aus.
Gerade bei langfristigen Investitionen, wie es im Eisenbahnnetzbereich der Fall ist, werden ohnehin auch die Investoren auf ein erhebliches Maß an Bürokratie drängen, schließlich muss eine Rechtssicherheit der Investitionen bestehen. Wenn man also vorhaben sollte, eine private Bahnstrecke in Indien zu bauen, dürfte auch ein Investor daran interessiert sein, dass er für die erforderlichen Landkäufe oder Enteignungen auch eine gewisse Rechtssicherheit hat, dass er dafür nicht später mit Klagen überzogen wird.
Auch in Deutschland ist es ja nicht so, dass sämtliche Bahnstrecken der DB AG gehören. Gut 15% der Strecken gehören Bahninfrastrukturunternehmen in Hand von privaten oder anderen öffentlichen Eigentümern. Auch diese investieren in ihre Strecken oder bauen neue.
Was die Umsetzung der Planung angeht, sind hier wie auch in anderen Ländern natürlich auch private Planungsbüros und Bauunternehmen tätig, allerdings meist im Auftrag der DB AG oder anderer Infrastrukturunternehmen. Dass eine größere Maßnahme komplett von Planern eines Infrastrukturunternehmens geplant und ausgeführt wird, dürfte inzwischen eine große Ausnahme sein, wenn es denn überhaupt vorkommt.
Was die Finanzierung angeht: auch die DB AG finanziert ja nicht alle Investitionen selbst, die sie tätig. Zum einen gibt es dafür Fördermittel, zum anderen ist sie auch auf dem Finanzmarkt aktiv und hat in den letzten Jahren Anleihen im Wert von über 7 Milliarden Euro verkauft. Wie global sie dabei aktiv war, zeigt, dass diese nicht nur in Euro sondern auch in US- und Hongkong-Dollar, Schweizer Franken, Norwegischen Kronen ausgegeben wurden.
Dass es - wie in der Gründerzeit der Eisenbahnen in Deutschland aber auch weltweit üblich - noch ein einzelnes Unternehmen gibt, dass von sich aus eine potenzielle Nachfrage erkennt, die Strecke plant und rechtlich durchsetzt und dann seine eigenen Millionen oder Milliarden in den Bau und Betrieb der Strecke investiert, ist heute eher unüblich. Egal ob in Deutschland, den USA oder Indien werden dabei Finanzinvestoren, Planungsbüros, Bauunternehmen, Fahrzeughersteller und Betriebsgesellschaften aus aller Welt miteinander kooperieren.