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Wie genau ist Barrierefreiheit im ÖPNV definiert?
geschrieben von Jules 
Wie genau ist Barrierefreiheit im ÖPNV definiert?

Barrierefreiheit im ÖPNV ist ein vielschichtiges Thema. Häufig jedoch ist der Fokus auf das Betreten und Verlassen der ÖPNV-Fahrzeuge gerichtet. Neben der Breite der Durchgänge ist es vor allem der Spalt zwischen Haltestellenkante und Fahrzeugboden und die Höhe einer ggf. vorhandenen Stufe, die Probleme darstellen.
Wie ganau ist dort Barrierefreiheit definiert?
Dazu folgendes Zitat:

"Was bedeutet Barrierefreiheit?
Barrierefreiheit an der Bahnsteigkante ist gegeben, wenn
a) keine Stufen zu überwinden sind, d. h. der Höhenunterschied zwischen Bahnsteigkante und Wagenbodenhöhe im Einstiegsbereich max. 5 cm beträgt,
b) der Spalt gering ist, max. 5 cm, und
c) die Türen ausreichend breit sind."


Quelle: Rainer Engel: "Barrierefreiheit an der Bahnsteigkante", in Der Fahrgast 4/2005, Fahrgastverband Pro Bahn, S. 29
[www.pro-bahn.de]

In dem erwähnten Beitrag geht es um Barrierefreiheit an Bahnsteigkanten. Gelten dies Kriterien auch für Omnibushaltestellen oder Straßenbahnhaltestellen?
Und in welchem Umfang muss Barrierefreiheit gewährleistet sein? Nur an einer Tür oder an allen Türen.
Und unabhängig von den gesetzlichen Vorgaben: Macht es Sinn, Barrierefreiheit zumindest langfristig an möglichst allen Türen und möglichst allen ÖPNV-Fahrzeugarten anzustreben?
"Zur Schaffung einer Barrierefreiheit – insbesondere für mobilitätsbehinderte Fahrgäste – muss der Linienbus gemäß Richtlinie 2001/85/EG auf der rechten Fahrzeugseite so weit abgesenkt werden können, dass entweder an einer Tür eine Einstiegshöhe von 250 Millimeter oder an zwei Türen eine Einstiegshöhe von jeweils 270 Millimeter erreicht wird. In Verbindung mit einer angepassten Haltestelleninfrastruktur ist somit ein stufenloser Zugang zu den Fahrzeugen realisierbar."
Quelle:
VDV Die Verkehrsunternehmen, Mobi-Wissen Busse und Bahnen von A-Z
[www.mobi-wissen.de]

Wenn es zutrifft, dass ein stufenloser Zugang dann gegeben ist, wenn ein Höhenunterschied bis zu maximal 5 cm nicht als Stufe gewertet wird, dann muss der Haltestellenbord mindestens 20 cm hoch sein, um einen "stufenlosen" Zugang zu gewährleisten.

Wo sind sie, diese 20 cm hohen Haltestellenborde? Und warum sind sie so schwer zu finden?

Oder andersherum gefragt: Wo sind die Busse, die sich bis auf 23 cm Einstiegshöhe absenken können? Denn Haltestellenborde mit 18 cm Höhe sind zwar vielfach noch nicht die Regel, aber es werden zunehmend Haltestellenborde mit 18 cm Höhe gebaut. Nach meiner Beobachtung nicht nur in der Stadt und der Region Hannover sondern auch in anderen Städten, Regionen und Landkreisen.
Zitat
Jules
In dem erwähnten Beitrag geht es um Barrierefreiheit an Bahnsteigkanten. Gelten dies Kriterien auch für Omnibushaltestellen oder Straßenbahnhaltestellen?
Und in welchem Umfang muss Barrierefreiheit gewährleistet sein? Nur an einer Tür oder an allen Türen.
Und unabhängig von den gesetzlichen Vorgaben: Macht es Sinn, Barrierefreiheit zumindest langfristig an möglichst allen Türen und möglichst allen ÖPNV-Fahrzeugarten anzustreben?
Zitat
Jules
Wenn es zutrifft, dass ein stufenloser Zugang dann gegeben ist, wenn ein Höhenunterschied bis zu maximal 5 cm nicht als Stufe gewertet wird, dann muss der Haltestellenbord mindestens 20 cm hoch sein, um einen "stufenlosen" Zugang zu gewährleisten.

Wo sind sie, diese 20 cm hohen Haltestellenborde? Und warum sind sie so schwer zu finden?

Oder andersherum gefragt: Wo sind die Busse, die sich bis auf 23 cm Einstiegshöhe absenken können? Denn Haltestellenborde mit 18 cm Höhe sind zwar vielfach noch nicht die Regel, aber es werden zunehmend Haltestellenborde mit 18 cm Höhe gebaut. Nach meiner Beobachtung nicht nur in der Stadt und der Region Hannover sondern auch in anderen Städten, Regionen und Landkreisen.

Die Zitate aus anderen Quellen habe ich mal gelöscht, um das Zitat der Beiträge nicht zu lang werden zu lassen.

Man muß bei der Umsetzung der Barrierefreiheit auch immer daran denken, daß das Ganze finanzierbar sein muß.
Es bringt nichts, immer wieder nur Barrierefreiheit zu fordern -- es müssen auch mal Geldquellen auf den Tisch.

Ich denke da zum Beispiel an die Töpfe der Versicherungen, egal ob nun Berufsgenossenschaft o.ä. gesetzliche Unfallversicherungen oder die privaten Unfallversicherungen. Denn sehr viele Menschen der jüngeren Altersgruppen "sitzen" nicht nur krankheitsbedingt lebenslänglich, sondern sehr oft infolge von Unfällen. Dabei ist auch zu betrachten, wie die Unfälle passiert sind: War es Leichtsinn (Sprung ins unbekannte Gewässer, versuchter Selbstmord mit dem Motorrad [Fahrweise!] usw.), war es mangelnde Arbeitssicherheit (schadhaftes Geländer, vergessener Helm...) oder war es Vorsatz (zB bewußtes Schubsen)? Aus den dafür gebildeten Rückstellungen müssen derartige Forderungen zur Herstellung der allgemeinen Barrierefreiheit zumindest unterstützt werden.

Allein der Steuerzahler kann diese Umbauten nicht finanzieren.

Gruß Ingo
Welche Umbauten? Sonderborde? Die sind teuer nicht, und wenn man richtige Prioritäten setzt kann man schon mit einer begrenzten Menge den allermeisten Fahrgästen dieses bieten.
Zitat
christian schmidt
Welche Umbauten? Sonderborde? Die sind teuer nicht, und wenn man richtige Prioritäten setzt kann man schon mit einer begrenzten Menge den allermeisten Fahrgästen dieses bieten.

Wenn ich da mal das Beispiel Bornheide in Hamburg-Osdorf (Osdorfer Born) anbringen dürfte: Da wurden aus dem Topf der Busbeschleunigung (böööööses Wort -- und auch leider falsch in dem Zusammenhang) -- aus dem eigentlich nur der direkte Umbau von Busbucht auf Kaphaltestelle einschließlich Betonfahrbahn und Sonderborde (sowie die übrige Haltestellenausstattung) zu finanzieren wäre -- auch noch die nun für den MIV erforderlichen Fahrbahnverschwenkungen und neuen Mittelinseln finanziert.

Gruß Ingo
Ingo,

Wir sind im HB/NI-Forum, ob da Hinweise zum Etikettenschwindel im Hamburger Haushalt da so hilfreich sind bin ich mir nicht so sicher...
Zitat
INW
Man muß bei der Umsetzung der Barrierefreiheit auch immer daran denken, daß das Ganze finanzierbar sein muß.
Es bringt nichts, immer wieder nur Barrierefreiheit zu fordern -- es müssen auch mal Geldquellen auf den Tisch.

Ich denke da zum Beispiel an die Töpfe der Versicherungen, egal ob nun Berufsgenossenschaft o.ä. gesetzliche Unfallversicherungen oder die privaten Unfallversicherungen. Denn sehr viele Menschen der jüngeren Altersgruppen "sitzen" nicht nur krankheitsbedingt lebenslänglich, sondern sehr oft infolge von Unfällen. Dabei ist auch zu betrachten, wie die Unfälle passiert sind: War es Leichtsinn (Sprung ins unbekannte Gewässer, versuchter Selbstmord mit dem Motorrad [Fahrweise!] usw.), war es mangelnde Arbeitssicherheit (schadhaftes Geländer, vergessener Helm...) oder war es Vorsatz (zB bewußtes Schubsen)? Aus den dafür gebildeten Rückstellungen müssen derartige Forderungen zur Herstellung der allgemeinen Barrierefreiheit zumindest unterstützt werden.

Allein der Steuerzahler kann diese Umbauten nicht finanzieren.

Wenn ich mir so anschaue, was andernorts an Steuergeldern verschwendet wird: Elektroautos beispielsweise sind für mehrer Jahre von der KFZ-Steuer befreit. [www.zoll.de] Diese E-Autos sind oft schwerer (Batterie) fahren die Straßen genauso oder gar noch schlimmer kaputt (weil schwerer) und "bieten" fast alle Nachteile wie andere Autos auch. Dafür ist Geld da? Und für barrierefreie Bushaltestellen nicht?
Zitat
christian schmidt
Ingo,

Wir sind im HB/NI-Forum, ob da Hinweise zum Etikettenschwindel im Hamburger Haushalt da so hilfreich sind bin ich mir nicht so sicher...

Danke für den Hinweis.
Trotzdem lasse ich dieses Beispiel stehen, denn auch beim Neubau einer Stadtbahnstrecke anstelle von dort zuvor paternostermäßig aneinandergekettet verkehrenden Bussen in einer Straße werden aus dem Budget des Stadtbahnbaus die Aufhübschungsarbeiten an den Straßenrändern, neue Parkbuchten für den MIV (sofern dafür noch Platz ist), Fahrradwege auf der Fahrbahn usw. finanziert.

Zum Budget des Stadtbahnbaus zählt aber meiner Meinung nach ausschließlich das Herstellen der Stadtbahnfahrbahn (tragfähiger Untergrund und Oberbau einschließlich Schienen), der Oberleitungsanlage (samt dazugehörigen Nebenanlagen wie Schaltschränke, Gleichrichterwerke) sowie die Haltestellen (die dann natürlich gleich barrierefrei errichtet werden sollten) und das Einbinden der Stadtbahntrasse in Lichtsignalanlagen samt der dazugehörigen Sondersignale (F0, F1, F2, "A" ,"z" (Berlin) bzw. "T" (Hamburg), Weichenstellungsanzeiger usw.).
Auch gehört dazu der Kostenanteil für die Wiederherstellung der MIV-Fahrbahn im vorherigen Zustand, sofern diese durch die Bauarbeiten gelitten hat oder zerstört wurde -- nicht jedoch die Kosten für die Grundsanierung der MIV-Fahrbahn, eventuell zu errichtende Parkbuchten, Mittelinseln (sofern nicht bereits durch die Abgrenzung der Stadtbahnfahrbahn erstellt).

Würde man konsequent so rechnen, könnte man mit einem bestimmten Budget viel mehr Neubaustrecken errichten.
Die Kosten für die Aufhübschung der Umgebung nach einem Stadtbahnbau gehört aus dem Topf für die Straßeninstandhaltung bzw. -instandsetzung finanziert.

Das gleiche gilt auch für die Umbauarbeiten zu barrierefreien Haltestellen für Busse: Der Umbau der reinen Haltestelle (Kantstein/Sonderbord, Betonplatte, Gehweg im Haltestellenbereich [nur in der Breite, wie für die Bushaltestelle erforderlich] wird aus dem Barrierefrei-Umbautopf bezahlt. Alle anderen Kosten für das dann ja meist gleich mit aufgehübschte Umfeld sollen gefälligst aus den dafür vorgesehenen Etatposten bezahlt werden -- auch dann bekommt man deutlich mehr Haltestellen barrierefrei umgebaut.

Gruß Ingo
Nun laut Deutsche Bahn ist die Station Holle-Derneburg barrierefrei, aber ich stellte zu spät fest, dass es nur die Züge in Richtung Hildesheim meint.
Sprich, ich konnte mühevoll meinen Wagen die barrierefreie Treppe runter und wieder hoch huckeln.

Mit besten Grüßen
Wuhletal
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Säh Dohrs will oupänn onnsä läft zeit.
Die HAZ berichtete am 21.11.2016 über einen Unfall einer Rolli-Fahrerin, der sich auf der Rampe eines Regio-Busses ereignet hat:
"Rollstuhlfahrerin stürzt von Busrampe" [www.haz.de]
Solche Unfälle müssten nicht passieren!
Mit einem speziellen hohen Haltestellenbord, zum Beispiel dem Kasseler Sonderbord plus, können Omnibushaltestellen so gebaut werden, dass einerseits Beschädigungen an der Omnibus-Karosserie ausgeschlossen sind und andererseits ein barrierefreier Einstieg ohne Rampe möglich ist. Es genügt den Bus in Sekundenschnelle um einige Zentimeter abzusenken. Über diese Kneeling-Funktion verfügen mittlerweile alle modernen Busse. Die politischen Entscheidungsträger jedoch scheuen die mit dem erhöhten Bord verbundenen geringfügig höheren Kosten bei der Erneuerung von Bushaltestellen.
Das ist schade! Nicht nur Menschen mit Gehbehinderungen könnte ein höherer Haltestellenbord helfen. Für alle Fahrgäste wird das Einsteigen und Aussteigen dann schneller und bequemer. Besonders die elektrischen Rampen der Üstra-Busse leiden zudem unter den Winterwetter-Bedingungen und fallen deshalb manchmal aus.
Der in dem Artikel beschriebene Unfall einer Rollstuhlfahrerin auf der Rampe eines Regiobusses ist bei einem entsprechend hohen Haltestellenbord ausgeschlossen. Bei den Stadtbahnhaltestellen mit Hochbahnsteigen ist bei den neuen Stadtbahnwagen TW2000 und TW3000 die Barrierefreiheit gewährleistet. Warum dann nicht auch bei den Omnibussen?

Link zur Internetseite des Herstellers:
[www.profilbeton.de]
Wenn die Haltestellen aber zu hoch sind besteht die Gefahr, dass unachtsame Fahrgäste stolpern könnten und in die tiefe auf die Straße stürzen. ;)

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Zitat
Deniz90
Wenn die Haltestellen aber zu hoch sind besteht die Gefahr, dass unachtsame Fahrgäste stolpern könnten und in die Tiefe auf die Straße stürzen. ;)
Schlechter Witz für Hannover, in dem es aktuell rund 150 Straßenbahn-Hochbahnsteige mit 80 cm Bahnsteig-Kantenhöhe gibt. ;) Müsste man da nicht den Bau weiterer Hochbahnsteige sofort einstellen und alles auf Niederflur-Straßenbahntechnik umrüsten?

Was hingegen wirklich ein Problem darstellen könnte ist die Tatsache, dass ein 20-24 cm hoher Haltebord schlechter von der Straße aus betreten werden könnte als ein 18 cm hoher Bord. Aber will man das überhaupt, dass im Haltestellenbereich Fußgänger die Straße queren?

Wie schätzt du übrigens die Chancen ein, dass Omnibusse zukünftig mit einer Kneeling-Technik ausgerüstet sein werden, die ein weiteres Absenken zulässt als das aktuell möglich ist? Ist das technisch möglich und in einem ökonomisch vertretbaren Rahmen machbar?
Als der Umstieg von Omnibushochflur-Fahrzeugen zu Omnibus-Niederflurfahrzeugen erfolgte, dachten zunächst auch viele, dass sei nicht möglich. Heute ist das in sehr vielen Nahverkehrsunternehmen ganz selbstverständlich.
Besteht Hoffnung auf einen erneuten Entwicklungsschub, der Omnibusse hervorbringt, die sich noch tiefer absenken können? Dann würden möglicherweise 18 cm hohe Haltestellenborde ausreichen. (Es geht ja schließlich nur um einige wenige cm!)
Mehr ist nicht drin.

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Spaß bei Seite: Es gibt schon seinen Grund, warum der Bordstein nicht so hoch gebaut werden kann. Denn wenn sich die Haltestelle etwas abseits der Straße befindet bzw. so zugeparkt ist, dass der Fahrer da Slalom fahren muss würde der hohe Bordstein nur dazu führen, dass die Haltestelle nicht vernünftig angefahren werden kann. Anders als beim PKW sind die Räder nämlich deutlich weiter hinten was bedeutet, dass beim Bus der Überhang ausgenutzt werden kann und die Haltestelle so besser angefahren werden kann. Wenn der Bordstein aber zu hoch ist, kann der Überhang nicht mehr ausgenutzt werden weil der Bus dann aufsetzt und dies auf dauer den Unterboden zerstört. Außerdem knallt und knirscht es gewaltig, dass Fahrgäste sich so unnötig erschrecken.

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