josch schrieb:
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> Oldenburg hat etwa 140 000 Einwohner. Ich denke
> damit wäre es doch etwas zu klein für ein
> Stadtbahnnetz.Mir sind auch keine Pläne für eine
> geplante Stadtbahn bekannt. In den neuen
> Bundesländern gibt es zwar einige Städte in dieser
> Größenordnung und noch kleiner, die ein
> Straßenbahnsystem haben, diese sind aber durch die
> mittlerweile starke Motorisierung der Einwohner
> oftmals nur schwach ausgelastet und deswegen
> unrentabel.
Eine solch pauschale Aussage, dass sich Straßenbahn-/Stadtbahnsysteme erst ab einer bestimmten Größe lohnen - und was kleiner ist, ist dann auch noch unrentabel (und gehört am bnesten abgschafft) entspricht nicht einer klaren wirtschaftlichen Bewertung. Ob sich ein solches städtisches Schienensystem lohnt, hängt noch von einer ganzen Menge mehr Faktoren, als der Einwohnerzhal der Kernstadt zusammen:
1. Verteilung der jeweiligen Aufkommensschwerpunkte und Dichte der Bebauung: Je dichter die Stadt gebaut ist, um so mehr Potential gibt es für aufkommensstarke Schienenstrecken.
2. Verknüpfung mit dem Umland: Welche Bedeutung haben die Umlandbeziehungen (Pendler, Einzugesereiche fürs Einkaufen, Kultur, Verwaltung, Bildung) etc. Gibt es da nennenswerte Pendlerströme, die häufig indie Stadt einströmen - also gibt es dann auch Potential für ein Schienensystem ins Umland (z.B nach dem Karlruher Modell).
3. Lokale Verkehrspolitk: Überlässt man alles dem Auto, dann wird kaum jemand auf den ÖPNV umsteigen - allerdings leidet meistens auch die Stadt dann darunter (Notwendigkeit des Baus neuer Straßen, Belastung durch Lärm, Abgase, breite Schneisen, wenig attraktiver Stadtraum...). Will man die Stadt auch lebenswert halten, muss man auch einige Restriktionen für den Autoverkehr realisieren und den Leuten Alternativen anbieten.
4. Attraktivität der Straßenbahn: Schienenverkehrsmittel sind sehr wohl in der Lage (im Gegensatz zum Bus) nennenswert neue Fahrgäste für den ÖPNV zu gewinnen. Damit steigt auch die Fahrgastnachfrage in einem solchen entsprechenden Korridor - und somit verbessert sich das Betriebsergebnis.
In einer ganzen Reihe ostdeutscher Städte unter 200.000 oder gar unter 100.000 Einwohner werden Straßenbahsnysteme mit recht gutem Erfolg betrieben - trotz Autoboom nach 1990. Die Marktausschöpfung für den ÖPNV ist spürbar größer, als in (den meisten) vergleichbaren westdeutschen Städten ohne Tram. Die meisten Systeme werden auch ausgebaut. Bis auf Naumburg (ca. 30.000 Einwohner) ist bisher kein System stillgelegt worden. Herausgekommen ist bei Untersuchungen fast immer, dass eine Umstellung auf Busbetrieb höhere Kosten bei geringeren Einnahmen verursachen würde, als ein Weiterbetrieb (und Modernisierung) der Straßenbahn.
Auch im "Straßenbahnmusterland" Frankreich entscheiden sich inzwischen auch kleinere Ballungsräume für die Neueinführung von Straßenbahnen (Le Mans, ca. 190.000 Einwohner mit Umland, Angers, ca. 220.000 Einwohner, Mulhouse ca. 250.000 Einwohner(?) etc.)
Viele Grüße
Ingolf