Zitat
Daniel Vielberth
Nachtrag, ich habs jetzt mal stark vereinfach ausgerechnet:
Eine 9-Uhr-Mobicard Gesamtraum müsste reel 212,70 Kosten (über Dreisatz errechnet
20 Stunden Nutzungsdauer/ pro tag = 283,60 Euro
15 Stunden/ pro Tag = 212,70.
Na ja,.... Du ordnest jeder ÖPNV-Betriebsstunde eines Tages den gleichen Preis zu....
Nicht Umsonst gelten die Zeitkarten mit Ausschlusszeit und auch die Länder-Tickets etc. erst nach der morgendlichen Hauptverkehrszeit, also nach 8 oder 9 Uhr, weil diese Zeit die am stärksten nachgefragte Zeit mit den proppevollen Bussen und Bahnen ist. Es gibt also einen ganz bewussten und absichtlichen Zusammenhang zwischen Angebot, Nachfrage und Preis, denn der
Preis dient als die Nachfrage lenkender Eingriff, der mit den durch den Fahrgast verursachten Kosten zusammenhängen soll. Das ist betriebswirtschaftlicher Alltag in allen Wirtschaftszweigen, die mit über- und unternachgefragten (= über- und unterausgelasteten) Angeboten zu kämpfen haben.
Ich erläutere es mal, hoffentlich allgemein verständlich:
In der
Überlastzeit sind die Kosten für jeden zusätzlich zu transportierenden Fahrgast sehr viel höher (und damit der Preis), da das System an seiner Auslastungsgrenze arbeitet und man schon durch wenige Fahrgäste mehr sehr schnell ein größeres oder zusätzliches Fahrzeug samt Fahrer benötigt
(wobei das Fahrzeug den Rest des Tages rumsteht, d. h. seine Gesamtkosten sind alleine durch die Hauptverkehrszeit verursacht!).
In der
Unterlastzeit gehen die Kosten für jeden zusätzlichen Fahrgst, vereinfacht gesagt, gegen Null, weil die Busse und Bahnen "halb leer" umherfahren, auch weil die Fahrzeuge ohnehin da sind (aus der Hauptverkehrszeit). In der Unterlastzeit ist das ÖPNV-System in deutschen Großstädten schlichtweg nicht nachfrage- sondern angebotsorientiert, es dient als Daseinsvorsorge, damit man rund um die Uhr mit dem ÖPNV rumkommt und nicht nur in der Hauptverkehrszeit.
(Nebenbemerkung: Das ist zum Beispiel in den USA auf manchen Vorortbahnen und auch im ländlichen Raum in Deutschland bei privaten Busunternehmen ohne Subventionen durchaus anders: Da wird einfach nur nachfrageorientiert gefahren, effektiv also fast nur in der Hauptverkehrszeit.)
Von daher sind die
krassen Preisunterschiede zwischen Zeitkarten mit und ohne Ausschlusszeit (MobiCard Gesamtraum, ab 2016 auch die JahresAbos in Stufe A und B) unter der gegebenen Randbedingung eines tagsüber angebotsorientierten ÖPNV schon durchaus betriebs- und auch volkswirtschaftlich richtig. Und sie nützen auch der Allgemeinheit und der Gesamtheit der Fahrgäste, also auch jenen, die in der Ausschlusszeit pendeln müssen und daher die teuren Fahrkarten lösen müssen. Man könnte auch sagen: Die Tickets für Fahrten außerhalb der morgendlichen Hauptverkehrszeit müssen bzw. dürfen so billig sein, dass für diese nachfrageschwachen Zeiten
möglichst viele zusätzliche Kostenbeitragszahler gewonnen werden. Kostenbeitragszahler, weil die Kosten eh da sind, und man selbst dann, wenn man durch diese Preise auf Schnäppchen-Niveau in der Nicht-Hauptverkehrszeit relativ viele Fahrgäste dazugewinnt, trotzdem kaum Mehrkosten hat (in Form von mehr oder längeren Fahrzeugen und damit mehr Fahrern, um die Leute wegzubringen). Es genügt daher, wenn diese Tickets im Preis über diesen verursachten minimalen Mehrkosten liegen; die Differenz (Preis abzüglich Mehrkosten) ist Verbesserung der Einnahmeseite des ÖPNV.
Der BWL-/VWL-Fachbegriff hierfür ist übrigens
Peak Load Pricing, nachzulesen unter:
Springer Gabler Verlag (Herausgeber), Gabler Wirtschaftslexikon, Stichwort: Peak Load Pricing, online im Internet:
[
wirtschaftslexikon.gabler.de]
Und was ich oben
Mehrkosten genannt habe, kommt am ehesten dem Fachbegriff der
Grenzkosten nahe.
6 mal bearbeitet. Zuletzt am 23.10.2015 14:09 von benji2.