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Relation Nordbayern-Brüssel
geschrieben von LaurenzBo 
Tut mir leid, wenn ich deftig werde, aber der Ärger ist noch zu frisch.
Ich fahre öfters mit der Bahn dienstlich von Erlangen nach Brüssel. Die Erfahrungen, die ich seit mehreren Jahren dabei mache, kann ich nur noch so ausdrücken: Den Sesselfurzern, die bei der Bahn Entscheidungen treffen, geht der Kunde inzwischen völlig am Arsch vorbei.
Mal ein typischer Verlauf der Reise: Umsteigen in Nürnberg und dann Frankfurt in den ICE International, soweit, so gut. Mit dem ICE International geht der Ärger dann aber schon los: Immer wieder mal kommt der Zug mit 25 Minuten Verspätung aus Brüssel an, und startet mit 20 Minuten Verspätung in Frankfurt. Warum? Zeigt sich dann ab Aachen - der ICE fährt nicht die Neubaustrecke bis Liège, sondern zockelt über die alte Trasse mit engen Kurven. Behauptet wird "wegen einer Signalstörung". Die Wahrheit: Der Zug ist eine Garnitur, die sonst nur die Relation nach Amsterdam fährt, und die nicht für ETCS-Level-2-Signaltechnik ausgerüstet ist, darf also auf der neuen Trasse nicht fahren. Der Kunde bezahlt die Knausrigkeit der Bahn mit einer knappen Stunde Verspätung bei der Ankunft in Bruxelles Midi. Der Bahn ist's wurscht, Erstattung gibts erst ab 60 Minuten, und der Ärger ist das Problem des Kunden.
Richtig schön wird es dann bei der Rückfahrt. Wer nach 14h25 von Brüssel los will, hat zwar die Wahl zwischen TGV und ICE, ankommen tut man aber in Nürnberg mit beiden erst nach Mitternacht. Also ICE um 18h25, der letzte Zug.
Dass die Türen erst 10 Minuten vor der Abfahrt öffnen dürfen und man auf dem zugigen Bahnsteig steht, liegt wohl nicht an der Bahn. Das das Bordrestaurant aber geschlossen ist, ist schon ärgerlicher. Angeblich "Küche defekt". Die Wahrheit: Es rentiert sich nicht in den meisten Zügen, also Service aus betriebswirtschaftlichen Gründen gestrichen. Wer sich auf ein warmes Essen in Ruhe gefreut hat, ist angeschissen und darf hungern oder ein schmieriges Sandwich mampfen.
Ob man Pech hat und einen Amsterdamer Zug erwischt, oder die Neubaustrecke fahren kann, ist völlig wurscht. In Frankfurt steht man dann nämlich laut Fahrplan fast eine Stunde. Wohlgemerkt laut Fahrplan. Der ICE1029 aus Hamburg über die alte Rheintalstrecke hat nämlich aus unerfindlichen Gründen ("Verzögerung im Betriebsablauf", oder wahlweise Lok/Stellwerks/Signalstörung) meist mindestens 20 Minuten Verspätung angekündigt. Bis er dann da ist, sind in der Regel 30 Minuten daraus geworden. Man glaubt es kaum, aber der letzte Zug, der die Strecke nach Nürnberg in einer normalen Zeit fährt, verläßt Frankfurt um 20h18. Wer später als kurz vor Neun dran ist, darf den Lumpensammler nehmen.
Dann kommt der nächste Gag: Der ICE fährt bei Lohr nicht über die Neubaustrecke, sondern zuckelt die alte Maintaltrasse über Gemünden nach Würzburg, mindestens 20 Minuten länger. Verspätung hin oder her (meist könnte sie über die neue Trasse leicht eingeholt werden), auf die Schnellfahrtstrecke darf er aber nicht. Wegen jedem popeligen Böschungsbrand werden ruck-zuck Fernzüge umgeleitet, aber nicht, damit trotz Verspätung die Fahrgäste noch zu einer menschlichen Zeit ins Bett kommen, da sei der Betriebswirt vor. Warum? Angeblich eine "Baustelle auf der Schnellfahrtstrecke", darauf folgt im zweiten Satz direkt danach "und es gibt auch noch Güterzüge...". Die Logik des Satzes bestätigt die Wahrheit: Auf der Schnellfahrstrecke fahren die Ferngüterzüge, die bringen Geld, und die dürfen für die lästigen Kunden nicht gestört werden.
Also kommt man mit weiterer Verspätung durch diverse Baustellen schließlich nach 1h nachts in Fürth an. Wenn man Glück hat, hält der Zug außerplanmäßig und man darf zur wartenden letzten S-Bahn rennen und seinen Ärger mit den genervten S-Bahn-Fahrgästen teilen, die sich seit 15 Minuten das schöne Fürth anschauen müssen. Ansonsten gehts bis Nürnberg, und die Kunden, die in Nürnberg mit den letzten Verbindungen des Nahverkehrs heimkommen wollten, dürfen ihr Taxi selber zahlen. Als Anschlussverpasser wird man zu viert in einem Taxi mit Gutschein zum Erlanger Bahnhof gekarrt (ggf. mit Zwischenstop in Fürth, Vach, Eltersdorf, jeweils Bahnhof), darf am Erlanger Bahnhof dann in ein anderes Taxi steigen und kommt schließlich so gegen 2h nachts an.
Diese Rückfahrten sind zuverlässig ein einziges Ärgernis. Geplante Kundenverarsche, sozusagen.
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