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Berlin hat bald 4 Millionen Einwohner, aber keine Kohle: "Dann verbauen wir die knappen Mittel doch am besten dort, wo schon zig andere Linien fahren"
geschrieben von Lehrter Bahnhof 
[www.berliner-zeitung.de]

Ich fass es nicht - sind die vollkommen von Sinnen?

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Nicht-dynamische Signatur



1 mal bearbeitet. Zuletzt am 19.01.2016 22:51 von Lehrter Bahnhof.
Ich finde die derzeitige Diskussion um den Ausbau des Berliner Nahverkehrnetzes angesichts rasant wachsender Einwohnerzahlen sehr interessant, aber auch unglaublich komplex und schwierig zu fassen. "Vollkommen von Sinnen" erscheint mir als Wortwahl schlicht nicht angebracht, da es nicht die eine Wahrheit bzw. richtige Entscheidung gibt, wenn man sich die Ausgangslage und Struktur der Stadt anschaut.

An erster Stelle steht immer das liebe Geld. Berlin ist hoch verschuldet und auch wenn die Stadt wirtschaftlich in den letzten Jahren zunehmend an Wirtschaftskraft dazugewonnen hat und die Steuereinnahmen zu sprudeln scheinen, wird deswegen noch lange kein Goldrausch und Bauboom im ÖPNV ausbrechen. Zu groß sind der Nachholbedarf und die sozialen Probleme der Stadt, die trotz aller Fortschritte nur sehr langsam und mühsam behoben werden können. Haushaltskonsolidierung wird uns daher nach wie vor und noch lange begleiten, wenn auch nicht mehr so, ich sage mal, stur und verbissen, wie unter den letzten beiden Finanzsenatoren. Insbesondere die Verwaltung wurde kaputtgespart, die öffentliche Substanz der Stadt stark geschunden. Alles, um dem riesigen Schuldenberg Herr zu werden.

Die aktuelle und anhaltende Lage einer rasant wachsenden Stadt (ob jetzt mit oder ohne Flüchtlingsthematik), zwingt den Senat aber nun zu Investitionen, auch weil man langsam zu begreifen scheint, wie sehr das Sparen der Stadt an die Substanz gegangen ist und teilweise auch den sozialen Frieden der Stadt zu gefährden droht, wenn man so weitermachen würde, wie bisher.

Die Lage der begrenzten Mittel bleibt aber weiterhin erhalten und so sind wir in der Situation, viele tolle und auch sinnvolle Verkehrsideen zu haben, die alle ihre Berechtigung haben, aber eben nicht alle finanzierbar wären. Die Abwägung, die klare Prioritäten-Setzung, wird hier zur Quadratur des Kreises, scheint mir.

Ich denke daher, wir sollten die ganzen Planspiele und entsprechende Diskussionen über deren Für und Wieder strikt versachlichen und vor allem nicht verschiedene Ideen oder gar Verkehrsmittel gegeneinander ausspielen. Das reine Aufzeigen des Fakts, dass man für eine U1-Verlängerung geschätzte 15 km Straßenbahn bekommen könnte, wird der Sache schlicht nicht gerecht. Die Verwaltung und der Senat stehen hier vor einer Mammutaufgabe, das sollten wir alle nicht vergessen.

Ich persönliche halte den Hauptfokus auf den Ausbau der Straßenbahn für den besten Kompromiss zwischen Leistungsfähigkeit, Kosten und Bauzeit. Ohne aber zu negieren, dass es durchaus auch Projekte anderer Verkehrsmittel gibt, welche absolut ihre Berechtigung haben und daher nicht im Schatten einer zu einseitigen Verkehrspolitik verschwinden sollten. Genau das werfe ich ja schließlich der noch immer vorherrschenden Verkehrspolitik vor, wie es sie seit den 50ern gibt und viel zu sehr aufs Auto fixiert ist und nur schwerlich davon wegzukommen scheint.

Eine Reaktivierung der Stammbahn halte ich für absolut notwendig, ebenso wie ein S-Bahnausbau nach Stahnsdorf und Falkensee. Das wären wichtige Ergänzungen im vorhandenen Netz, welches dadurch deutlich an Leistungsfähigkit gewinnen würde und insbesondere einen wichtigen Teil dazu beitragen würde, Pendler von der Straße zum ÖPNV zu bewegen und Fahrzeiten zu verkürzen. Darüber wird sich der Verkehr in Städten der Zukunft nämlich definieren müssen, in wie fern er in der Lage ist, das Auto als anachronistisches Relikt einer ressourcenorientierten wachstumsgeilen Welt so gut wie möglich ersetzen zu können und damit zu einer lebenswerteren Stadt beitragen kann. Das Auto wird das nie können und konnte es auch nie, denn autogerechte Strukturen sind nie menschengerecht. Ich gebe zu, da durchaus voreingenommen zu sein und somit meinem Aufruf der Versachlichung hier bereits zuwiderzuhandeln.

Hier treffen also viele verschiedene Herausforderungen aufeinander, die finanziellen Aspekte, die wachsende Stadt und der sich vorsichtig abzeichnende Trend der Abkehr von der automobilen Stadt à la Kopenhagen. Die klimatischen Herausforderungen inklusive Ressourcenproblematik spielen definitiv auch eine wichtige Rolle bzw. werden dies sicherlich in nicht allzu ferner Zukunft tun. In Berlin scheint mir das Thema noch nicht konsequent erkannt und wahrgenommen zu sein.

Abschließend bleibt mir nur zu sagen, dass ich mich über jede spannede Diskussion hier freue, die sich um die Entwicklung des Berliner Nahverkehrs dreht. Für mich persönlich gibt es wenige Dinge, die spannender sind, als sich entwickelnde Städte und nirgends ist das spannender als in Berlin, die Stadt, die nie fertig wird, 1945, 61, 89 und immer weiter. Getreu dem Motto eines Baumarktes: Es gibt immer etwas zu tun.



1 mal bearbeitet. Zuletzt am 20.01.2016 00:17 von hansaplatz.
Ich stimme deinem Beitrag weitestgehend zu, aber...

Zitat
hansaplatz
Ich finde die derzeitige Diskussion um den Ausbau des Berliner Nahverkehrnetzes angesichts rasant wachsender Einwohnerzahlen sehr interessant, aber auch unglaublich komplex und schwierig zu fassen. "Vollkommen von Sinnen" erscheint mir als Wortwahl schlicht nicht angebracht, da es nicht die eine Wahrheit bzw. richtige Entscheidung gibt, wenn man sich die Ausgangslage und Struktur der Stadt anschaut.

...die Aussage "vollkommen von Sinnen" war auf dieses konkrete Projekt bezogen und trifft den Nagel durchaus auf den Kopf. Zwischen Warschauer Straße und Ostkreuz liegen künftig wieder 4 S-Bahn-Gleise. In der HVZ sind hier 10 Zuggruppen bestellt - plus S9, plus Einzelzüge auf der S3, also (häufiger als) alle 2 Minuten eine S-Bahn. Und da soll jetzt noch ein U-Bahn parallel alle 5 Minuten fahren, wobei der neue Endbahnhof am Ostkreuz von den Umsteigewegen her keinen Deut besser als heute Warschauer Straße ist und die Wege an der Warschauer Straße dadurch noch länger werden, da der ebenerdige Zugang in eine Richtung entfällt. Schön auch, dass DB und BVG (angeblich) miteinander reden, aber wer redet mit Talgo, über deren Werksgelände die Strecke führen soll?

Dieses Projekt wäre auf der "Nice to have"-Liste auf einem der hintersten Plätze anzusiedeln, insofern ist hier jeder investierte Cent eine klare Fehlinvestition und wäre anderswo besser aufgehoben - das trifft natürlich insbesondere auch auf die Arbeitsleistung und Planungskapazität zu. Zum Beispiel müsste der Umsteigeknoten Warschauer Straße mal überplant werden. Mit dem angedachten Einkaufszentrum samt Zugang von der Westseite der Brücke müsste nun eigentlich auch ein westlicher Zugang zur S-Bahn geplant werden.

--- Signatur ---
Bitte beachten Sie beim Aussteigen die Lücke zwischen Bus und Bordsteinkante!
Zitat
Jay
...

Zitat
hansaplatz
...

.... Schön auch, dass DB und BVG (angeblich) miteinander reden, aber wer redet mit Talgo, über deren Werksgelände die Strecke führen soll?

...

Naja fragt sich allerdings wie lange die Talgobude da überhaupt noch existiert.
Mit der Wartung von zwei MET und den wenigen verbliebenen Nachtzügen kaum ausgelastet, wird da nicht mehr lange Licht brennen..

Außerdem erinnere man sich, welche Vorleistungen zwar weitsichtig von früheren Stadtvätern in Berlins Erde versenkt wurden,die sich dann nie realisierten.
Ein Anschluß der U1 zur U5 wäre brauchbarer, aber noch teurer.

T6JP
gehört das nicht eher dort [bahninfo-forum.de] hinein?

MfG Holger



Hoch lebe die Meinungs- und Pressefreiheit!



Wir können ruhig ab und zu mal neue Threads eröffnen. ;)

Die schaffen nichts zu bauen oder mal endlich anzustoßen, aber kommen mit einer U1 zum Ostkreuz um die Ecke. Das lohnt sich bestimtm für ein paar Fahrgäste, aber von dem Geld könnte man sicher auch eine M4 zum Kulturforum mal bauen. Aber das plant man ja nur und schreibt es in Konzeptpapiere und PowerPoints. Umgesetzt wird dann am Ende null.

Die Berliner Linienchronik (+Stationierungen S-Bahn/BVG) 1858-2024
Zitat
Lehrter Bahnhof
[www.berliner-zeitung.de]

Ich fass es nicht - sind die vollkommen von Sinnen?
Dieser Artikel wurde schon in dem passenden Strang "U1 zum Ostkreuz?" verlinkt und besprochen

Allein für Empörunsgmanagement muß man kein neues Thema aufmachen. Man kann auch so hyperventilieren.


immer noch keine richtige sig
Lieber L.Willms, ja, da hätte ich gestern abend in die Zukunft reisen sollen, um festzustellen, dass dieser Artikel am Mittwochmorgen auch in dem alten thread verlinkt und besprochen werden würde.

Ich wollte hier einfach nochmal den Fokus darauf lenken, dass ich diese Prioritätensetzung absolut nicht verstehen kann. Und hoffe, das man davon wieder abkommt. Jay hat das sehr gut beschrieben, dem schließe ich mich voll an. hansaplatz hat auch recht, mir ging es hier jedoch wirklich ausschließlich um dieses eine Projekt. So ziemlich jedem anderen würde ich erstmal grundsätzlich positiv gegenüberstehen.

PS:
Was ist so schlimm an neuen Themen? Ich finde diese Dauersammelthreads furchtbar unübersichtlich! Wir könnten auch gleich einen Sammelthread "Verkehr in Berlin / Brandenburg" starten.

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Nicht-dynamische Signatur



1 mal bearbeitet. Zuletzt am 20.01.2016 10:32 von Lehrter Bahnhof.
Zitat
L.Willms
Zitat
Lehrter Bahnhof
[www.berliner-zeitung.de]

Ich fass es nicht - sind die vollkommen von Sinnen?
Dieser Artikel wurde schon in dem passenden Strang "U1 zum Ostkreuz?" verlinkt und besprochen

Allein für Empörunsgmanagement muß man kein neues Thema aufmachen. Man kann auch so hyperventilieren.

Einen neuen Thread muss "man" sicher nicht aufmachen - kann "man" (in diesem Fall Lehrter Bahnhof) aber! Es muss nicht immer alles in "Sammelthread XYZ - Nummer 42" reingeschmissen werden.
Aber U1 zum Ostkreuz ist ja nun kein Sammelthread sondern ganz spezifisch zu dem Thema und der aussagekräftigere Titel, als dieses Pamphlet hier, dass im Titel garnichts aussagt, außer Empörung. Aber solche Emphase hatte ich im alten Tread auch schon geäußert. In meinen Augen Schwachsinn. Und warum hat Talgo denn gerade investiert und holt auch mal konzrerninterne Aufträge zum Wrietzener Güterbahnhof?
Zitat
Lehrter Bahnhof
Lieber L.Willms, ja, da hätte ich gestern abend in die Zukunft reisen sollen, um festzustellen, dass dieser Artikel am Mittwochmorgen auch in dem alten thread verlinkt und besprochen werden würde.
Pardonk! Auf die Uhrzeit der Beiträge habe ich nicht geachtet.

Zitat
Lehrter Bahnhof
Was ist so schlimm an neuen Themen?
Garnichts. Neue Themen sollten auch in einem neuen Strang ("Thread") im Forum erscheinen. Nur ist das Thema "U1 zum Ostkreuz" nicht neu; es gibt dafür einen eigenen, sehr spezifischen Strang.

Zitat
Lehrter Bahnhof
Ich finde diese Dauersammelthreads furchtbar unübersichtlich! Wir könnten auch gleich einen Sammelthread "Verkehr in Berlin / Brandenburg" starten.
Das sehe ich genauso. Nur waren gerade der Titel des Strangs und der Eingangsbeitrag ja eher auf so einen Sammelthread "Verkehr in Berlin / Brandenburg" gemünzt, mit dem Schwerpunkt auf Empörungsmanagement. Wenn man über die Verkehrsplanung im VBB-Gebiet diskutieren möchte, über Allokation von Mitteln hier oder lieber dort, dann würde ich dem aber auch einen weniger emotionalen Titel und Eingangsbeitrag geben.


immer noch keine richtige sig
Zitat
485er-Liebhaber
Wir können ruhig ab und zu mal neue Threads eröffnen. ;)

Die schaffen nichts zu bauen oder mal endlich anzustoßen, aber kommen mit einer U1 zum Ostkreuz um die Ecke. Das lohnt sich bestimtm für ein paar Fahrgäste, aber von dem Geld könnte man sicher auch eine M4 zum Kulturforum mal bauen.

Allein für den Grunderwerb wird DB-Immobilien eine Summe aufrufen, für die man einiges in Straßenbahnstrecken investieren könnte.
Ich würde zunächst mal Netzlücken im öffentlichen Straßenland schließen, etwa die U1 am anderen Ende zum Adenauerplatz verlängern. Von Warschauer Brücke nach Lichtenberg fährt bereits seit 115 Jahren die Flachbahn ;-)

so long

Mario
Ich verstehe die Aufregung im Eingangsposting irgendwie nicht. Der Zeitungsartikel hat weder großartige neue Informationen, noch liest er sich am Ende positiv bzgl. dieser Idee. Worüber wird sich denn jetzt hier aufgeregt? Das Thema U1-Verlängerung selber ist doch nun nicht neu.
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