Martin1 schrieb:
> Auch wenn man manche von Euch es nicht glauben können, ist die
> Berliner S-Bahn eine ganz normale Eisenbahn, welche nach EBO
> betrieben wird. In der EBO wie auch im Signalbuch der DB AG
> sind Sonderparagraphen aufgeführt (z.B. verschiedene
> Signalbilder), welche nur für die Berliner und/oder Hamburger
> S-Bahn gelten.
Das Wort «Sonderparagraphen» deutet doch schon an, daß es sich nicht um eine «ganz normale» Eisenbahn handelt, sondern um eine Sonderform, die sich einerseits aufgrund der genutzten Strecken aus der herkömmlichen Vollbahn ableitet, aber andererseits aufgrund der besonderen Anforderungen des Betriebs als Stadtschnellbahn doch ihre Besonderheiten hat. Die Berliner S-Bahn ist eben schon etwas mehr als nur eine mit Stromschiene elektrifizierte Hauptbahn.
> Desweiteren gibt es Deutschland weitere Strecken, die mit
> Sonderparagraphen bzw. speziellen Dienstvorschriften betrieben
> werden, aber dennoch klassische Eisenbahnen sind. Als Beispiele
> seien hier genannt:
> - die Geislinger Steige und Rübelandbahn, für die spezielle
> Steilstreckenvorschriften notwendig sind
> - die Oberweißbacher Bergbahn, die eine absolute Sonderform im
> DB-Netz darstellt: die Standseilbahn wird nach dem
> Seilbahngesetz betrieben (es gibt hierfür eine spezielle
> DB-DV), die Flachstrecke wird nach EBO (mit Sonderparagraphen
> in der DV wie Zulassung von bestimmten Fahrzeugen) betrieben
> - die DB-Schmalspurbahnen sind ebenfalls klassische
> Eisenbahnen, wenngleich sie über keine (beeinflussende)
> Sicherungstechnik verfügen
>
> Zur Berliner S-Bahn ist folgendes hinzuzufügen:
> Schon allein aufgrund ihrer geschichtlichen Entwicklung stellt
> die S-Bahn eine Eisenbahn dar, während sich die U-Bahn im
> wesentlichen aus der Straßenbahn heraus entwickelt hat.
Ja, wobei die Hochbahn sicherlich auch stark von den um die Jahrhundertwende beliebten Klein- und Schmalspurbahnen beeinflußt ist. Die durchgehende Signalisierung, der Bahnsteig, die Weichen (ohne Spurkranzlauf), die Bremse sind zum Beispiel völlig untypisch für damalige Straßenbahnen.
> Die S-Bahn wurde und wird immer nach EBO betrieben, während bei
> der U-Bahn die BO Strab (oder zu DDR-Zeiten die BO U) zuständig
> ist. Dies allein ist aus fachlicher Sicht die einzige richtige
> Klassifizierung und Definition.
> Auch die Zuständigkeiten für die Betriebsführung sind
> unterschiedlich: Während bei Straßen- und U-Bahnen die
> Technische Aufsichtsbehörde des jeweiligen Bundeslandes
> zuständig sind, ist dies bei der Eisenbahn (und S-Bahn) das
> Eisenbahn-Bundesamt.
>
> Masato Zechlin schrieb: "Umgekehrt hat die BVG die S-Bahn in
> Berlin (West) zwar offiziell nach EBO, aber teilweise angelehnt
> an die BOStrab betrieben."
>
> Die BVG hat die Strecke nur betrieben, sie befand sich aber im
> Besitz der DR. Das heißt, die BVG konnte nicht eigenmächtig den
> Betrieb (und damit Signal- und Betriebsordnung) auf Bo Strab
> (auch teilweise) umstellen. Noch heute sind viele Signale in
> Berlin (sowohl S-Bahn alsauch Fernbahn) aus der DV301 (Ost)
> entlehnt ( zum Beispiel Türschließsignal ZP9 = grüner Strich
> in Ost, Grüner Kranz in West, bei S-Bahn B nur der Strich).
*grins* Immer diese barocken (und in diesem Falle sinnfreien) Signalbilder aus der West-EBO - ab und zu hatte die DDR-Mangelwirtschaft doch auch ihre guten Seiten. ;-)
> In der Webseite www.chronik-berlin.de heißt es dazu: "Die
> Deutsche Reichsbahn - Reichsbahndirektion Berlin - wird den
> Betrieb der S-Bahn in Berlin (West) am 9. Januar1984, 3.00 Uhr,
> einstellen. Die Betriebsdurchführung der S-Bahn einschließlich
> Unterhaltung, Verkehrssicherung oder Nutzung aller
> S-Bahnstrecken nebst den dazugehörigen Anlagen, Einrichtungen
> und Betriebsmitteln wird vom gleichen Zeitpunkt an von einer
> vom Senat zu bestimmenden Stelle aus Berlin (West)
> wahrgenommen."
Bloß war die BVG, die den Betrieb durchführte, nun einmal ein (BOStrab-)U-Bahnbetrieb, und auch die West-Berliner Aufsichtsbehörde hatte mit EBO-Eisenbahnen abgesehen von ein paar Werksgleisen nicht so viel am Hut. Natürlich hat man beispielsweise keine Signale nach BOStrab verwandt, aber bei solchen Feinheiten wie die Auslegung von Schutzstrecken soll man wohl eher im Sinne der BOStrab vorgegangen sein.