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U1 zum Ostkreuz?
geschrieben von Tradibahner 
Re: U1 zum Ostkreuz?
11.11.2014 21:45
Hallo,

irgendwie habe ich den Eindruck, daß man in Berlin plötzlich Öl gefunden hat oder einen alten Milliardenschweren Goldschatz. Also, ich halte das für Spinnerei.

Gruß O-37
Hallo zusammen,

einige von Euch scheinen sehr auf eine Weiterführung der U1 zum Frankfurter Tor fixiert zu sein. Ich kenne vielleicht noch nicht alle Argumente, aber aktuell kann ich das so nicht teilen. Mal eine Zusammenfassung und einige möglicherweise unvollständige oder sogar irrige Gedanken von mir dazu:

Randbedingungen:

- Die bauliche Situation am heutigen S-Bahnhof Warschauer Straße (lasst uns bitte nicht mehr über "hätte, wäre, könnte" diskutieren). Zur Bauzeit der heutigen U1 lag das S-Bahn-Empfangsgebäude auf der Westseite der Warschauer Brücke und man dachte vermutlich an eine Weiterführung jenseits der Brücke ebenfalls als Hochbahn. Nördlich der Brücke wäre dann wohl eine ähnlich krude Einfädelung in die Straßenachse entstanden, wie wir sie heute an der Oberbaumstraße haben.
- Die Kapazität der M10 wird mit der Verlängerung zum Hauptbahnhof erheblich steigen, es können dann bis zu 60 Meter lange Bahnen eingesetzt werden, in der Praxis wohl auf absehbare Zeit 40-Meter-Flexitys.
- Die M13 soll bis zum heutigen U-Bahnhof verlängert werden (mit einem zweiten Kehrgleis).


Verlängerung der U1 zum Frankfurter Tor:

- Für U1-Fahrgäste, die zur U5 wechseln wollen, entfällt einmal Umsteigen.
- Für Fahrgäste, die zu den Stadtbahn-S-Bahnlinien umsteigen wollen, ergäben sich kürzere Wege.
- Für Fahrgäste, die zur M10 umsteigen wollen, entfällt dagegen der nahezu niveaugleiche Übergang zur Straßenbahnhaltestelle. Gleiches gilt künftig auch für die M13, die an den heutigen U-Bahnhof herangeführt werden soll (zweites Kehrgleis).


Ergebnis aus meiner Sicht:

- Vorteile für U5-Umsteiger.
- S-Bahn-Umsteiger hätten kürzere Wege, aber egal wie man es baut, genauso Treppen (Fahrtreppen, Fahrstühle) zu überwinden.
- M10- und M13-Umsteiger hätten ganz erhebliche Nachteile (die Wege wären dann möglicherweise so lang wie heute für die S-Bahn-Umsteiger und zusätzlich wären zwei Treppen zu überwinden).
- Mit der heutigen Lage des S-Bahn-Empfangsgebäudes wäre wohl ein Turmbahnhof erforderlich, bei dem die U-Bahn die Bahntrasse unterquert wird und der heutige U-Bahnhof für das nötige Rampenbauwerk ersatzlos entfallen müsste. Das würde die Erschließungswirkung für die Stadtquartiere und Touristenmagnete dort erheblich vermindern.
- Im weiteren Verlauf läge die U-Bahn-Trasse so tief, dass nur ein Schildvortrieb denkbar ist.
- Verglichen mit dem Nutzen sehr hohe Baukosten und vermutlich ein sehr langer Bauzeitraum.


Verlängerung der U1 zum Ostkreuz (unter der Annahme einer eingleisigen Verlängerung, die m.E. völlig ausreichen würde und sich aufgrund der Fahrzeit Warschauer Straße–Ostkreuz gut in das Fahrplangefüge einpassen ließe):

- Für U1-Fahrgäste, die zu den RE/RB in Richtung Flughafen (egal ob Schönefeld oder BER), Frankfurt (Oder), Cottbus, Küstrin, eventuell auch Brandenburg (Havel) und Nauen sowie je nach späterer Linienführung nach Werneuchen und Templin wechseln wollen, entfällt einmal Umsteigen.
- Für Fahrgäste, die zu S-Bahnen über die Ringbahn wechseln wollen, entfällt einmal Umsteigen (beispielsweise S8 nach Grünau).
- Für Fahrgäste, die zu den S-Bahn-Linien auf der Stadtbahn umsteigen wollen, bliebe alles beim alten, sie haben dann stadtauswärts die Wahl, ob sie etwas weiter laufen (Warschauer Straße) oder eine Treppe mehr nehmen (Ostkreuz) wollen.
- Für die große Zahl der Fahrgäste, die zur M10 wechseln wollen, bliebe der nahezu niveaugleiche Übergang zur Straßenbahnhaltestelle.
- Für die Fahrgäste, die zur M13 umsteigen wollen, wäre dies künftig ebenfalls gegeben.

Ergebnis aus meiner Sicht:

- Vorteile für nahezu alle RE/RB-Umsteiger.
- Vorteile für eine kleinere Zahl von S-Bahn-Umsteigern (insbesondere Görlitzer Bahn).
- Für S-Bahn-Umsteiger zu den Stadtbahnlinien ergäben sich keine Veränderungen.
- Für Straßenbahn-Umsteiger ergäben sich keine Nachteile.
- Es müssten nur eine Rampe und ein ebenerdiges Gleis im Schotterbett sowie ein Bahnsteig am Ostkreuz gebaut werden. Verglichen mit dem Nutzen wären die Kosten und der Bauzeitraum vermutlich sehr gering.


Welche der beiden Varianten nun sinnvoller ist, mag jeder selbst beurteilen. Als vorrangiger Nutzer der Relationen M10–U1 sowie M10–S-Bahn würde ich die Ostkreuz-Variante für sinnvoller halten – unter der Voraussetzung, dass man nur eingleisig baut und die heutige Zugangssituation am U-Bahnhof Warschauer Straße beibehält. Aktuell steigt nur ein sehr kleiner Teil der Fahrgäste, die am U-Bahnhof Warschauer Straße einsteigen, am Frankfurter Tor wieder aus und umgekehrt.

Viele Grüße
Manuel
Re: U1 zum Ostkreuz?
12.11.2014 00:06
manuel, deine Einschätzung zur Verlängerung nach Norden mag so richtig sein, deine Einschätzung zur Verlängerung zum Ostkreuz ist meines Erachtens zu optimistisch:
Neben einer Rampe müsste ja zum Beispiel eine relativ enge Kurve gebaut werden um ohne Verlegung des Bahnhofs auszukommen. Weiterhin dürfte die Kurve & Rampe als riesiges Brückenbauwerk auszuführen sein.

Ausserdem bezweifle ich persönlich die Anzahl der erwarteten Fahrgäste.

Alles in allem sind meines Erachtens beide Varianten nur unerfüllbare Träume.
Zitat
SaroEngels
manuel, deine Einschätzung zur Verlängerung nach Norden mag so richtig sein, deine Einschätzung zur Verlängerung zum Ostkreuz ist meines Erachtens zu optimistisch:
Neben einer Rampe müsste ja zum Beispiel eine relativ enge Kurve gebaut werden um ohne Verlegung des Bahnhofs auszukommen. Weiterhin dürfte die Kurve & Rampe als riesiges Brückenbauwerk auszuführen sein.

Ausserdem bezweifle ich persönlich die Anzahl der erwarteten Fahrgäste.


Hallo SaroEngels,

ich kann keine Einschätzung zu den möglichen Fahrgastzahlen geben. Ich weiß nicht, ob mehr Fahrgäste in die U5 umsteigen wollen als in die RE/RB-Linien. Aber auch das muss man in eine Beziehung zum Aufwand setzen - und da dürfte die Ostkreuz-Variante klar im Vorteil sein, zumal sie kostengünstig zu bauen ist und für niemand eine Verschlechterung bringt.

Die enge Kurve sähe zwar vielleicht komisch aus, aber das Berliner Kleinprofilnetz hat mehrere Kurven bis hinab zu einem Radius von 50 Metern (wie auch Stadtbahnen in vielen anderen Städten). Eine Kurve von Gleis 3 am heutigen U-Bahnhof Warschauer Straße zur Fernbahntrasse wäre in dieser Hinsicht m.E. problemlos möglich.

Viele Grüße
Manuel



1 mal bearbeitet. Zuletzt am 12.11.2014 00:32 von manuelberlin.
Re: U1 zum Ostkreuz?
12.11.2014 00:44
Aber wenn dann bitte komplett zweigleisig und nicht nur als Billigvariante eingleisig.

x--x--x--x

Für mehr gelbe Farbe im Netzplan: die Farben der U4 und U7 tauschen!
Zitat
manuelberlin
- Die Kapazität der M10 wird mit der Verlängerung zum Hauptbahnhof erheblich steigen, es können dann bis zu 60 Meter lange Bahnen eingesetzt werden, in der Praxis wohl auf absehbare Zeit 40-Meter-Flexitys.

Das ändert nichts an den zu kurzen Bahnsteigen in der Warschauer Str., an die gerade mal eine kurze Flexity passt.
Das Kehrgleis reicht zwar für eine Traktion, müsste aber bei Verlängerung der Bahnsteige nach Süden verschoben werden.
Bis dahin bleibt der Fahrplan auf der M10 Makulatur, dank zu kurzer Züge und mangels eines fehlenden, zweiten M10-Kehrgleises.

Zitat

- Für Fahrgäste, die zur M10 umsteigen wollen, entfällt dagegen der nahezu niveaugleiche Übergang zur Straßenbahnhaltestelle. Gleiches gilt künftig auch für die M13, die an den heutigen U-Bahnhof herangeführt werden soll (zweites Kehrgleis).

Diese Rolle dürfte der erste U-Bahnhof nördlich der Brücke übernehmen.

Zitat

- Mit der heutigen Lage des S-Bahn-Empfangsgebäudes wäre wohl ein Turmbahnhof erforderlich, bei dem die U-Bahn die Bahntrasse unterquert wird und der heutige U-Bahnhof für das nötige Rampenbauwerk ersatzlos entfallen müsste. Das würde die Erschließungswirkung für die Stadtquartiere und Touristenmagnete dort erheblich vermindern.
- Im weiteren Verlauf läge die U-Bahn-Trasse so tief, dass nur ein Schildvortrieb denkbar ist.

Vermutlich deutlich billiger wäre der ohnehin mittelfristig nötige Ersatz beider Brücken(der bestehenden und der abgerissenen daneben, erkennbar an den nördlichen Widerlagern und der Verengung der Straße) und des ohnehin zu dicht daran derzeit entstehenden S-Bahnzugangs.
Die U-Bahntrasse wäre als Unterpflasterbahn möglich, da die Bahngleise auf dem Niveau der Warschauer Str. liegen, die nur im Kreuzungsbereich durch Rampen überhöht wird. Die U5 muss zwar unterquert werden, aber die Warschauer Straße steigt bis dahin an und herkömmliche Turmbahnhöfe haben wir im U-Bahnnetz schon so einige.

Zitat

- Für Fahrgäste, die zu S-Bahnen über die Ringbahn wechseln wollen, entfällt einmal Umsteigen (beispielsweise S8 nach Grünau).

Der Nutzen bestünde wohl eher im erreichen des Nordrings.
Jede Verlängerung entlang des Stadtrings folgt der ursprünglichen Idee, die Stammlinie der U-Bahn zur Ringlinie zu vervollständigen.
Da seit über einem Jahrhundert darüber lediglich diskutiert wird, wäre ein erreichen des Nordrings ein realistischere Ersatzmaßnahme als ein Ringschluss.
Wenn man die Görlitzer Bahn erreichen will, wäre eine Umsteigeverbindung ab Görlitzer Bahnhof halb so lang.

Zitat

- Es müssten nur eine Rampe und ein ebenerdiges Gleis im Schotterbett sowie ein Bahnsteig am Ostkreuz gebaut werden. Verglichen mit dem Nutzen wären die Kosten und der Bauzeitraum vermutlich sehr gering.

"Nur" ist gut!
Pünktlich zur Schaffung von Tatsachen - u.a. Verschiebung der Gleisachsen, Neubau der Brücken, Aufweitung der Stadtbahnebene am Ostkreuz, will Müller da irgendwo noch die U1 reinquetschen, während der DB schon der Bau aller Treppen und Aufzüge zuviel ist!
Wowereits geliebte Autobahn müsste auch noch ein weiteres Stück Vorleistung bekommen, um die Last tragen zu können.
Das alles dürfte umständlich, langwierig und teuer werden!

Zitat

Als vorrangiger Nutzer der Relationen M10–U1 sowie M10–S-Bahn würde ich die Ostkreuz-Variante für sinnvoller halten – unter der Voraussetzung, dass man nur eingleisig baut und die heutige Zugangssituation am U-Bahnhof Warschauer Straße beibehält.

Du willst auf der einzigen U-Bahnlinie, die sich ihre Gleise mit einer anderen Linie teilen muss und deren Betriebskonzept auf dem Parallelhalt mit der U2 beruht, die Fahrplanstabilität durch Eingleisigkeit riskieren?
Um dann eine Umsteigeverbindung mit nur jedem zweiten Zug zu schaffen?
Das könnte mehr Fahrgäste kosten als bringen!

Zitat

Aktuell steigt nur ein sehr kleiner Teil der Fahrgäste, die am U-Bahnhof Warschauer Straße einsteigen, am Frankfurter Tor wieder aus und umgekehrt.

Diese Umsteigerelation dürfte derzeit eher via S-Bahn erfolgen als via M10.

Wir haben hier das übliche Berliner Problem:
Die seinerzeitigen Provisorien blieben Dauerzustand, die Kriegsverluste wurden nie vollständig ersetzt, weil die ganz große Lösung bestimmt kommen wird!
Und solange diese Träume statt von Investitionsmitteln von unerschütterlichem Glauben erhalten werden, darf man sich auch in den nächsten Jahrzehnten die völlig unzureichende Situation antun!
Solange die völlige Überlastung der Brücke nicht einmal zum Wiederaufbau ihres östlichen Zwillings führt, für S- und Straßenbahn unterdimensionierte Dauerprovisorien verbrochen werden, brauchen wir über die U1 nicht reden!

Berlins Straßen sind zu eng, um sie nur dem MIV zu opfern!
Re: U1 zum Ostkreuz?
12.11.2014 02:32
Hast du zu dieser "Ring-U-Bahn-Planung" noch mehr Infos. Mir ist das bisher gänzlich unbekannt und auch der Ausbauplan von 1929 sieht da nix vor.

x--x--x--x

Für mehr gelbe Farbe im Netzplan: die Farben der U4 und U7 tauschen!
Jay
Re: U1 zum Ostkreuz?
12.11.2014 10:19
Zitat
manuelberlin
[...] Aber auch das muss man in eine Beziehung zum Aufwand setzen - und da dürfte die Ostkreuz-Variante klar im Vorteil sein, zumal sie kostengünstig zu bauen ist und für niemand eine Verschlechterung bringt.
[...]

Aber Hallo! Du vergisst leider, dass die notwendige Betriebsleistung irgendwo herkommen muss. Die Verschlechterung entsteht dann andernorts, wo entweder ausgedünnt wird oder eine sinnvolle Verdichtung entfällt.

Im übrigen möchte ich (schon wieder) dem weißen Bim energisch widersprechen. Die Bahn baut den Bahnhof Warschauer Straße doch nicht schwarz! Selbstverständlich wurde dafür das notwendige Planungsverfahren (separat) durchgeführt und die Verlängerung der U-Bahn bis zum Empfangsgebäude in jedem Fall berücksichtigt. Es ist absurd anzunehmen, dass die S-Bahn gegen die Verkürzung von Umsteigewegen wäre. Einzig Ku'damm/Zoo und mit Abstrichen Uhlandstraße/Savignyplatz haben überlappende Einzugsgebiete. Die potenziellen Verluste an Fahrgästen sind minimal und dürften durch den Gesamtgewinn dank der verbesserten Umsteigemöglichkeit locker geschlagen werden.

--- Signatur ---
Bitte beachten Sie beim Aussteigen die Lücke zwischen Bus und Bordsteinkante!
Zitat
B-V 3313
Hast du zu dieser "Ring-U-Bahn-Planung" noch mehr Infos. Mir ist das bisher gänzlich unbekannt und auch der Ausbauplan von 1929 sieht da nix vor.

Auch wenn es etwas offtopic ist, aber Ideen und Konzepte, die ein ringförmiges oder ringartiges U-Bahnnetz vorsahen, tauchten im Laufe der U-Bahngeschichte immer wieder mal auf. Gerade der Ausbauplan der BVG von 1929 sah perspektivisch eine Ringlinie entlang des "kleinen Hundekopfs" (Warschauer Straße, Petersburger Straße, Danziger, Bernauer Straße, Lehrter Bahnhof) vor. Zu deuten war die Linie allerdings als Vorschlag für die zukünftige Netzentwicklung, weniger als ernstzunehmende Planung. Andere lose zu nennende Beispiele sind die Planungen von Siemens & Halske von 1891 (!), in der die Stammstrecke weiter entlang der Revaler und Friedenstr. hätte verlaufen können. Oder auch die Planungen Albert Sprickerhofs von 1908. Er sah in seiner fast visionären Vorstellung innerhalb der Ringbahn ein dichtes Netz von Ring-, Tangenten- und Duchmesserlinien vor. Unter anderem auch eine Verlängerung der Stammstrecke in der Form wie sie im BVG-Ausbauplan fast zwanzig Jahre später wieder enthalten ist.

Für weitere Forschungen empfehle ich das Studium diese beiden Bücher:

Conrad, Ulrich (2008): Planungen der Berliner U-Bahn und anderer Tunnelstrecken, Verlag Bernd Neddermeyer, Berlin
Kalender, Ural (2012): Die Geschichte der Verkehrsplanung Berlins, FGSV-Verlag, Köln

Viele Grüße
Florian Schulz

--
Das Gegenteil von umfahren ist umfahren.



1 mal bearbeitet. Zuletzt am 12.11.2014 11:09 von Florian Schulz.
Hallo zusammen,

das Thema U1-Verlängerung zum U-Bahnhof Frankfurter Tor finde ich auch geschichtlich recht interessant.

Ich habe mal ein paar Dinge zusammengetragen - vielleicht hat jemand Lust und Zeit, sich näher damit zu befassen und uns daran teilhaben zu lassen.

- 1884 gab es erstmals einen Vorortbahnsteig und ein Bahnhofsgebäude an der Warschauer Brücke (an der Strecke nach Lichtenberg). Diese lagen wie heute östlich der Brücke.

- 1902 wurde die heutige U1 bis zum heutigen Endpunkt U Warschauer Straße eröffnet.

- 1903 verlegte man den Vorortbahnsteig auf die Westseite und baute dort ein neues Empfangsgebäude. Damit war der Weg frei, die heutige U1 auf Straßenniveau über die Bahntrasse und nördlich der Bahntrasse weiter als Hochbahn in Richtung Frankfurter Tor zu führen. Anscheinend wurde 1914 dafür die Konzession erteilt. Nähere Details kenne ich nicht. Es hätte vermutlich die Möglichkeit bestanden, auf der Brücke einen U-Bahn-Inselbahnsteig mit einem Abgang zur Eisenbahnebene und einem Durchgang zum Vorortbahnsteig anzulegen. Die Warschauer Brücke war damals nur halb so breit.

Nach dem Ersten Weltkrieg hat man sich wohl von der Idee einer Verlängerung als Hochbahn verabschiedet:

- 1922 wurde mit dem Bau neuer Vorortbahnsteige und eines neuen Empfangsgebäudes begonnen (so, wie es in Teilen bis zum aktuellen Umbau erhalten war). Die Bahnsteige und das Gebäude waren damit wieder auf der Ostseite und der Weg für eine oberirdische U-Bahn-Querung versperrt.

- 1927 wurde mit dem Bau der heutigen U5 begonnen. Am Bahnhof Frankfurter Tor entstanden Vorleistungen für eine Unterquerung durch die heutige U1.

Machbar wäre dies wohl nur mit einer Unterquerung der Bahntrasse am Bahnhof Warschauer Straße gewesen. Dazu hätte man den bestehenden U-Bahnhof Warschauer Straße abreißen und nördlich des damaligen Bahnhofs Stralauer Tor (an der Stralauer Allee, nach dem Zweiten Weltkrieg nicht mehr in Betrieb genommen) eine Rampe ansetzen können. Die Länge bis zur Bahntrasse hätte dafür gerade ausgereicht, wenn man zum Vergleich die Rampe am U-Bahnhof Eberswalder Straße heranzieht.

Nicht bekannt ist mir, ob beim Bau des Vorortbahn-Empfangsgebäudes von 1922-1924 irgendwelche Vorkehrungen für eine unterirdische U-Bahn-Station getroffen wurden.

Wie gesagt, vielleicht weiß jemand von Euch mehr oder hat Lust, sich damit zu befassen.

Viele Grüße
Manuel
Zitat
Jay
Die Bahn baut den Bahnhof Warschauer Straße doch nicht schwarz! Selbstverständlich wurde dafür das notwendige Planungsverfahren (separat) durchgeführt und die Verlängerung der U-Bahn bis zum Empfangsgebäude in jedem Fall berücksichtigt.

Dass das neue Empfangsgebäude ein Schwarzbau wäre, habe ich nicht behauptet. Natürlich baut die DBAG auf ihrem eigenen Betriebsgelände einen Ersatzbau für ein Bahnbetriebsgebäude mit der dafür völlig ausreichenden Baugenehmigung des EBA. Dass zumindest die Verbindung zur begonnenen Fußgängerbrücke zum bestehenden Hochbahnhof berücksichtigt wurde, nehme ich stark an. Deren Bau musste ja unterbrochen werden weil der Platz für die notwendigen Stützpfeiler bei der derzeitigen Gleislage nicht vorhanden ist. Korrekt ist auch, dass die Verschiebung des U1-Endbahnhofes bis an das neue Gebäude heran weiterhin möglich ist.
Nahezu unmöglich ist hingegen die Weiterführung der Hochbahntrasse im derzeitigen Niveau nordwärts in die Warschauer Straße und die vom Senat entworfene separate Straßenbahnbrücke für den direkten Übergang zwischen Straßenbahn und S-Bahn über Treppen, Fahrtreppen, Aufzüge ohne eine Fahrbahn überqueren zu müssen. Der Nutzen läge vor allem in einem sichereren und kürzeren Umsteigeweg, aber dafür reicht das Geld nicht. Dabei gehört die Warschauer Brücke nach die Umsteigerzahlen bereits jetzt unter den sehr erschwerten Bedingungen deutschlandweit zu den am stärksten frequentierten Knotenpunkten, wo sich vier Stadtverkehrsmittel treffen.

so long

Mario
Zitat
manuelberlin
Hallo zusammen,

das Thema U1-Verlängerung zum U-Bahnhof Frankfurter Tor finde ich auch geschichtlich recht interessant.

Ich habe mal ein paar Dinge zusammengetragen - vielleicht hat jemand Lust und Zeit, sich näher damit zu befassen und uns daran teilhaben zu lassen.
(...)
Wie gesagt, vielleicht weiß jemand von Euch mehr oder hat Lust, sich damit zu befassen.

Ich möchte an dieser Stelle mal auf Planwerke von der Senatsverwaltung für Stadtentwicklung hinweisen:
Leitbild Spreeraum
Planwerk Innenstadt

Die sind zwar weder topaktuell noch wirklich exakt, zur Anschauung aber dennoch nett. Hier ist ein U-Bahnhof über den S-Bahngleisen auf Niveau der Warschauer Brücke mit anschließender Rampe bis zur Revaler Straße angedacht, würde ich sagen. Zwischen Höhe nördlichem Brückenwiderlager und der Revaler Straße sind etwa 150 m Abstand, hier könnte die U-Bahn also grob 10 Meter Höhenunterschied gut machen, und das dürfte fast reichen. Notfalls muss die Rampe eben schon im Bereich des "Talgo"-Werkes beginnen. In gerader Linie ist diese Version mit dem neuen S-Bahn-Empfangsgebäude wohl nicht mehr möglich. Andererseits wäre auch eine nicht rechtwinklige Kreuzung der S-Bahngleise denkbar, dann dürfte es - notfalls mit Bahnsteigen im Gleisbogen - wohl doch noch irgendwie passen.
Zitat
les_jeux
Zitat
manuelberlin
das Thema U1-Verlängerung zum U-Bahnhof Frankfurter Tor finde ich auch geschichtlich recht interessant.

Ich habe mal ein paar Dinge zusammengetragen [...]

Ich möchte an dieser Stelle mal auf Planwerke von der Senatsverwaltung für Stadtentwicklung hinweisen:
Leitbild Spreeraum
Planwerk Innenstadt

Hallo les_jeux,

danke für die Links!

Zitat
les_jeux
Hier [auf den Karten, Einfügung von mir] ist ein U-Bahnhof über den S-Bahngleisen auf Niveau der Warschauer Brücke mit anschließender Rampe bis zur Revaler Straße angedacht, würde ich sagen. Zwischen Höhe nördlichem Brückenwiderlager und der Revaler Straße sind etwa 150 m Abstand, hier könnte die U-Bahn also grob 10 Meter Höhenunterschied gut machen, und das dürfte fast reichen.

Sauknapp ist das schon, denn zehn Meter Höhenunterschied wird man wohl brauchen (die Warschauer Straße fällt ja auch ab). Die Rampe am U-Bahnhof Eberswalder Straße ist etwa 250 Meter lang. Aber man wird sich dabei wohl etwas gedacht haben.


Sehr interessant fände ich nach wie vor, was man sich 1922 bei der neuen Planung für das Vorortbahnhofsgebäude gedacht hat. Damals war ja die Idee der U-Bahn-Verlängerung ebenfalls frisch, und der Grenander-Bau mit dem langen Steg für die östlichen Bahnsteigzugänge wäre wohl nicht mehr zu umrunden gewesen. Das müsste doch damals Thema gewesen sein.

Viele Grüße
Manuel
Zitat
manuelberlin

Sauknapp ist das schon, denn zehn Meter Höhenunterschied wird man wohl brauchen (die Warschauer Straße fällt ja auch ab). Die Rampe am U-Bahnhof Eberswalder Straße ist etwa 250 Meter lang. Aber man wird sich dabei wohl etwas gedacht haben.

Ja, das ist sauknapp. Andererseits wurde, als die Rampe an der Schönhauser - die ebenfalls zumindest an ein Gefälle der Straße grenzt - geplant und errichtet wurde, auch noch mit Trieb- und Beiwagen gefahren, wenn mich nicht alles täuscht. Für die heutigen modernen, allachsgetriebenen Fahrzeuge sollte etwas mehr Neigung schon drin sein, oder?
Zitat
les_jeux
Zitat
manuelberlin

Sauknapp ist das schon, denn zehn Meter Höhenunterschied wird man wohl brauchen (die Warschauer Straße fällt ja auch ab). Die Rampe am U-Bahnhof Eberswalder Straße ist etwa 250 Meter lang. Aber man wird sich dabei wohl etwas gedacht haben.

Ja, das ist sauknapp. Andererseits wurde, als die Rampe an der Schönhauser - die ebenfalls zumindest an ein Gefälle der Straße grenzt - geplant und errichtet wurde, auch noch mit Trieb- und Beiwagen gefahren, wenn mich nicht alles täuscht. Für die heutigen modernen, allachsgetriebenen Fahrzeuge sollte etwas mehr Neigung schon drin sein, oder?

Hallo les_jeux,

ich habe keine Ahnung, was aktuell die Maximalsteigung im (Kleinprofil-) Netz ist und was mit den Triebwagen tatsächlich geht.

Eben habe ich gelesen, dass man damals bei der Konstruktion der Gisela-Züge eine Maximalsteigung im Netz von 32,3‰ berücksichtigt hat, womit aber aus der damaligen (Ost-) Sicht vermutlich nur eine der Rampen auf der Schönhauser Allee gemeint ist.

32,3‰ sind allerdings für ein allachsgetriebenes Fahrzeug nicht viel, vermutlich könnte man problemlos auf Werte um 60‰ hochgehen. Die anderen Baureihen sind ähnlich motorisiert. Von daher könnte der Platz für die Rampe reichen.

So langsam bekomme ich ein Bild davon, wie heute eine Verlängerung in Richtung Frankfurter Tor realisiert werden könnte.

Viele Grüße
Manuel
Zitat
manuelberlin
Zitat
les_jeux
Zitat
manuelberlin

Sauknapp ist das schon, denn zehn Meter Höhenunterschied wird man wohl brauchen (die Warschauer Straße fällt ja auch ab). Die Rampe am U-Bahnhof Eberswalder Straße ist etwa 250 Meter lang. Aber man wird sich dabei wohl etwas gedacht haben.

Ja, das ist sauknapp. Andererseits wurde, als die Rampe an der Schönhauser - die ebenfalls zumindest an ein Gefälle der Straße grenzt - geplant und errichtet wurde, auch noch mit Trieb- und Beiwagen gefahren, wenn mich nicht alles täuscht. Für die heutigen modernen, allachsgetriebenen Fahrzeuge sollte etwas mehr Neigung schon drin sein, oder?

Hallo les_jeux,

ich habe keine Ahnung, was aktuell die Maximalsteigung im (Kleinprofil-) Netz ist und was mit den Triebwagen tatsächlich geht.

Eben habe ich gelesen, dass man damals bei der Konstruktion der Gisela-Züge eine Maximalsteigung im Netz von 32,3‰ berücksichtigt hat, womit aber aus der damaligen (Ost-) Sicht vermutlich nur eine der Rampen auf der Schönhauser Allee gemeint ist.

32,3‰ sind allerdings für ein allachsgetriebenes Fahrzeug nicht viel, vermutlich könnte man problemlos auf Werte um 60‰ hochgehen. Die anderen Baureihen sind ähnlich motorisiert. Von daher könnte der Platz für die Rampe reichen.

So langsam bekomme ich ein Bild davon, wie heute eine Verlängerung in Richtung Frankfurter Tor realisiert werden könnte.

Viele Grüße
Manuel

Im Gegensatz zur Eisenbahn nach EBO gibt es bei der Straßenbahn nach BOStrab, zu der auch U-Bahnen zählen, keine Grenzwerte bezüglich maximal zulässiger Neigungen. Bei der Eisenbahn sind 12,5‰ für Hauptbahnen und 40‰ für Nebenbahnen zulässig. Man geht aber bei der BOStrab gemäß Trassierungsrichtlinie (BOStrab TrR) von einem Richtwert von max. 40‰ aus, je nach Fahreigenschaften der eingesetzten Fahrzeuge.

Zu den Höhenunterschieden. Auch wenn die Brückenrampe der Warschauer Brücke vor Ort recht steil aussieht, beträgt der tatsächliche Höhenunterschied zwischen Warschauer Brücke und Kopernikusstraße nur etwas über 4m. Bis zur Revaler Straße sind es ca. 3m. Wenn ich mich nicht täusche beträgt die lichte Höhe in den Berliner U-Bahntunneln 3,30m zuzüglich geschätzten 1m Tunneldecke und Schutzschicht. Damit würde man also auf einen Höhenunterschied zwischen Brücke und Revaler Straße von ca. 7m kommen, den die U-Bahn überwinden müsste. Das ergäbe für die Rampe eine Regellänge von ungefähren 140m, was in etwa der Länge des Grünstreifens entlang der Brückenrampe entspräche. Der genaue Wert hängt davon ab, wie stark die Neigungswechsel ausgerundet werden müssen und ab welchem Punkt die Gleisgradiente der Rampe beginnt. Festzuhalten ist auf jeden Fall, dass das Anlegen einer Tunnelrampe technisch möglich wäre. Unter Umständen müsste man die Neigung bereits im Bahnhofsbereich (unter der Annahme eines Bahnsteiges über den S-Bahngleisen) beginnen lassen, so wie man es auch am Hochbahnhof Nollendorfplatz gemacht hat.

Übrigens: Die Rampe an der Schönhauser Allee ist deswegen so lang, da hier das Gelände stadtauswärts stark ansteigt (Übergang Urstromtal - Barnimer Höhe) und die U-Bahnen quasi das Doppelte an Höhe emporsteigen müssen.

Viele Grüße
Florian Schulz

--
Das Gegenteil von umfahren ist umfahren.



2 mal bearbeitet. Zuletzt am 12.11.2014 22:32 von Florian Schulz.
Zitat
BabelFisch
Nur so 'ne blöde Frage: Was sprach nochmal alles gegen einen Ausbau der Kleinprofil-U2 Richtung Spandau?

Der nach 1984 von BVG/SenBauWohn geplante und letztlich von DR/DB bis 1998 realisierte Wiederaufbau der S-Bahn...

Viele Grüße
Arnd
Re: U1 zum Ostkreuz?
12.11.2014 23:20
Zitat
Arnd Hellinger
Zitat
BabelFisch
Nur so 'ne blöde Frage: Was sprach nochmal alles gegen einen Ausbau der Kleinprofil-U2 Richtung Spandau?

Der nach 1984 von BVG/SenBauWohn geplante und letztlich von DR/DB bis 1998 realisierte Wiederaufbau der S-Bahn...

Diesbezüglich bleibt doch festzuhalten, dass der Stummel bis Ruhleben wenn ich mich recht erinnere erhalten blieb und saniert wurde, weil ein paar Anwohner dort die richtige Lobby um sich hatten, oder?

Wenns nach der BVG gegangen wäre, würde diese Strecke heute nicht mehr bestehen oder?


BVG = Alle meckern drüber, aber ohne geht es nicht !

Jut jemeinte Jrüße
Nico
Zitat
BVG_Berlin
Zitat
Arnd Hellinger
Zitat
BabelFisch
Nur so 'ne blöde Frage: Was sprach nochmal alles gegen einen Ausbau der Kleinprofil-U2 Richtung Spandau?

Der nach 1984 von BVG/SenBauWohn geplante und letztlich von DR/DB bis 1998 realisierte Wiederaufbau der S-Bahn...

Diesbezüglich bleibt doch festzuhalten, dass der Stummel bis Ruhleben wenn ich mich recht erinnere erhalten blieb und saniert wurde, weil ein paar Anwohner dort die richtige Lobby um sich hatten, oder?

Wenns nach der BVG gegangen wäre, würde diese Strecke heute nicht mehr bestehen oder?

War damals nicht als Ersatz für U Ruhleben auch einmal ein zusätzlicher S-Bahn-Haltepunkt mit Seitenbahnsteigen am Südkopf der Brücke über Spandauer Damm (oder wie er dort heißt?) und Fernbahn geplant oder zumindest angedacht?

Viele Grüße
Arnd
Re: U1 zum Ostkreuz?
13.11.2014 00:55
Ich hatte bisher immer und schon seit langer Zeit - Ihr wisst ja, dass ich schon sehr lange lebe ;-) - immer die Vorstellung, die Verlängerung der U1 sei in unterirdischer Führung geplant und die notwendige Rampe sei auf dem Gelände des ehem. RAW gedacht. Nur deshalb wurde dort nie an eine Straßenrandbebauung, wie sie ja naheliegend wäre, mit Wohn- und Geschäftsgebäuden zur Warschauer Straße hin geplant. Also Freihaltung. Dass dort einstmals die Rampe der alten Brücke verlief, haben wir ja an anderer Stelle schon geklärt. Von den Vorleistungen einer Unterquerung des U-Bahnhofes Frankfurter Tor wusste ich auch schon immer. Hinzu kommt die neuere Planung, wohl aus den 50-er Jahren, die hier in einer Skizze auch in einem früheren Thread schon gepostet wurde, wonach die Streckenführung der U1 unterirdisch in einem großen Bogen zur Frankfurter Allee gedacht war. Auch dort wird die Trassenführung in nordöstlicher Richtung geführt, also keine Unterpflasterbahn unter der Warschauer. Auch heute wäre eine östliche Umfahrung des Empfangsgebäudes mit der U-Bahn noch möglich. Ich bin auch immer davon ausgegangen, dass die U-Bahn nicht direkt auf oder unter der Warschauer Straße geführt werden würde, sondern unter der östlichen Bebauung auf Höhe der Revaler Straße.

Ich glaube nach wie vor, dass für eine Führung zum Ostkreuz kein Platz mehr ist und zwar auf Höhe des alten schräg stehenden Gebäudes - etwa Höhe des alten Widerlagers der Südkurve -, das dann ja abgerissen werden müsste. Auch die Planungen für die alte Fußgängerbrücke stehen dem im Wege. Ich denke, dass der jetzige Planungsstand eine Errichtung eines U-Bahnsteiges bereits verbaut und verhindert.



1 mal bearbeitet. Zuletzt am 13.11.2014 00:56 von Heidekraut.
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