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S21 - Aktueller Stand der Arbeiten (August 2016 - September 2017)
geschrieben von manuelberlin 
Zitat
manuelberlin
Hallo zusammen!


Zuerst mal ganz allgemein in die Runde, nicht speziell an Angus (ich habe aus der Diskussion der letzten Zeit den Eindruck gewonnen, dass noch nicht alle verstehen, was genau dort an der Minna-Cauer-Straße los ist):

Es gibt dort kein Problem mit der Dichtigkeit des eigentlichen Bauwerks (also des Tunnels oder Teilen davon). Das Problem ist, dass man dort die Baugrube nicht dicht und damit nicht trocken bekommt. Daher konnte man dort mit dem Bau des Tunnels noch gar nicht beginnen.

Als tatsächliches Bauteil des Tunnels existiert dort bisher nur die Deckenplatte, die auf den Schlitzwänden aufliegt. Die Schlitzwände sind aber nicht Bestandteil des Tunnels, sondern haben die Hauptaufgabe, die Baugrube zu begrenzen und zu sichern (und als Nebenfunktion tragen sie bauzeitlich die Deckenplatte).


Wie gesagt, zum Bau muss die Baugrube trockengelegt werden.

Zumindest noch in den 1970er Jahren hat man dies durch Grundwasserabsenkung erreicht, was aber damals immer wieder unter anderem erhebliche Schäden an Gebäuden (bis hin zum Totalverlust) sowie am Baumbestand verursacht hat. So wurden in den 1970er Jahren beim Bau der U7 etliche Gründerzeit-Miethäuser in Charlottenburg durch die Grundwasserabsenkung so stark geschädigt, dass sie abgerissen werden mussten. Dasselbe passierte beim Bau des Charité-Bettenhochhauses in Mitte mit dem alten Friedrichstadtpalast und weiteren Gebäuden. Das Ganze ist auch ziemlich unkalkulierbar, die Schäden treten mitunter einige hundert Meter von der Baustelle entfernt auf.

Daher verwendet man die Grundwasserabsenkung innerstädtisch nur noch, wenn es um kleine Beträge geht (früher hat man das Grundwasser teilweise um zehn Meter abgesenkt). Umgekehrt reichen die Bauwerke immer tiefer ins Grundwasser.

So kommt man heute um eine abgedichtete Baugrube nicht mehr herum, wobei sich das Verfahren mit Schlitzwänden und einer injizierten Dichtsohle am weitesten verbreitet hat. Die Dichtigkeit ist dabei immer relativ, wirklich dicht wird die Baugrube dabei so gut wie nie. Die eindringende Wassermenge muss aber klein genug sein, um eine Beeinträchtigung der Umgebung und des Baubetriebs auszuschließen. Klappt das nicht auf Anhieb, muss nachgearbeitet werden.

Zu dem konkreten Problem an der Minna-Cauer-Straße dringen aber leider schon länger keine Informationen mehr durch, sodass man als Außenstehender aktuell nicht weiß, ob immer noch Ursachenforschung betrieben wird, planerisch an einer Lösung gearbeitet wird oder ob sich diese schon im Genehmigungsverfahren befindet. Jedenfalls kann man bei einem Besuch vor Ort mit eigenen Augen einschätzen, dass die eindringende Wassermenge viel zu groß ist.

Der Deckel könnte bei der nötigen Abdichtung hinderlich sein. Ihn zwischenzeitlich wieder abzubrechen, wäre aber wohl mit erheblichem Aufwand hinsichtlich Planung und Genehmigung, mit einer langen Sperrung der Minna-Cauer-Straße und damit einhergehendem Verkehrschaos vor dem Hauptbahnhof und auf den anderen Ausweichrouten sowie mit hohen Kosten verbunden.

Die Priorität wird daher sicherlich auf einer Lösung liegen, die auch unter dem Deckel oder von den Seiten her umsetzbar ist.

Viele Grüße
Manuel

Hallo Manuel,
genauso ist es, du hast mit wenigen Worten das relativ komplexe Problem sehr gut erklärt. Für Bauvorhaben dieser Art gehört wohl auch immer ein klein wenig Glück dazu, denn man muß bedenken: Die Abdichtung der Baugrube erfolgt auschließlich unter Wasser! Spezial-Taucher arbeiten praktisch ohne Sicht in dem absolut trüben Wasser, stellen die Bodenplatte her und dichten diese gegen die Schlitzwand ab. Trotz aller Sorgfalt ist der Augenblick des Lenzvorganges auch immer ein Augenblick des Hoffens, dass alles "relativ" dicht geworden ist. Das war beim Bau des Hbf so, das war beim Bau des Potsdamer Platzes so und das ist auch beim Bau der A100 so. In diesem Fall hat's aber offensichtlich nicht ganz geklappt. Ich kann mir sehr gut vorstellen, dass die Lösung des Problems eine ziemlich komplexe Herausforderung ist. Bin gespannt, was sich die Ingenieure ausgedacht haben ...

Gruß Ralf
Zitat
Thrax
Etwas off-topic-Frage dazu: Würde man die Gründung eines solchen Hochhauses eigentlich monolithisch mit dem Tunnelbauwerk verbinden, d.h. muss es irgendwo Bewehrungsanschlüsse "nach oben" für das zukünftige Hochhaus geben? Oder stellt man das Hochhaus "einfach" auf den Boden oberhalb der Tunneldecke, so dass diese nur indirekt belastet wird? Oder wie muss man sich das vorstellen?

Hallo Thrax,

soweit ich weiß, soll das Tragwerk des Hochhauses direkt mit dem S-Bahn-Tunnel baulich verbunden werden und es wird dafür Bewehrungsanschlüsse geben - sicherlich im Bereich der Seitenwände und der Wandscheiben, die über dem Bahnsteig errichtet werden.

Das Hochhaus wird auch ein wenig über den U-Bahnhof reichen, dort wurden aber keine entsprechenden Vorkehrungen getroffen. Das Tragwerk des Hauses soll sich dort wohl nicht mehr abstützen. Nach Osten reicht das Baufeld weit über den S-Bahn-Tunnel hinaus, dort muss das Hochhaus eine eigene Tiefgründung bekommen.

Anders sieht es beispielsweise bei der Fußgängerbrücke am Ostkreuz aus, die lediglich eine Flachgründung benötigt. Diese steht nicht direkt auf der Deckenplatte der Autobahnvorleistung auf, da ist eine Sandschicht dazwischen. Die Tunneldecke dort muss natürlich das Gewicht tragen können, aber man hat die Brücke dort so gründet, als ob man sie auf ganz normalem Grund bauen würde.

Wo die Grenzen liegen, kann ich Dir nicht sagen und das ist vermutlich von Fall zu Fall sehr unterschiedlich.

Viele Grüße
Manuel


Ausschnitt aus dem Bebauungsplan von 2006 (ich hoffe, der ist noch gültig): Das Hochhaus darf demnach 100 Meter hoch werden.





2 mal bearbeitet. Zuletzt am 22.05.2017 21:57 von manuelberlin.
Zitat
Ralf
Hallo Manuel,
genauso ist es, du hast mit wenigen Worten das relativ komplexe Problem sehr gut erklärt. Für Bauvorhaben dieser Art gehört wohl auch immer ein klein wenig Glück dazu, denn man muß bedenken: Die Abdichtung der Baugrube erfolgt auschließlich unter Wasser! Spezial-Taucher arbeiten praktisch ohne Sicht in dem absolut trüben Wasser, stellen die Bodenplatte her und dichten diese gegen die Schlitzwand ab. Trotz aller Sorgfalt ist der Augenblick des Lenzvorganges auch immer ein Augenblick des Hoffens, dass alles "relativ" dicht geworden ist. Das war beim Bau des Hbf so, das war beim Bau des Potsdamer Platzes so und das ist auch beim Bau der A100 so. In diesem Fall hat's aber offensichtlich nicht ganz geklappt. Ich kann mir sehr gut vorstellen, dass die Lösung des Problems eine ziemlich komplexe Herausforderung ist. Bin gespannt, was sich die Ingenieure ausgedacht haben ...

Hallo Ralf,

jetzt haben wir hier anscheinend zeitgleich an weiteren Beiträgen geschrieben :)


Die Dichtsohle der Baugruben wird und wurde nicht durch Taucher hergestellt. Inzwischen wird sie meist mittels Hochdruckinjektionsverfahren (HDI-Sohle) beziehungsweise Düsenstrahlverfahren (DSV), was dasselbe meint, aus Beton hergestellt. Dies geschieht durch Bohrgeräte von der Geländeoberfläche aus. Allerdings kann man auch dabei nicht "sehen", was im Untergrund tatsächlich passiert. Wenn es Störungen im Boden gibt, beispielsweise größere Gesteinsbrocken, Findlinge, kann es passieren, dass in deren "Schatten" Beton fehlt und die Sohle dort nicht ausreichend dicht wird.

Am Potsdamer Platz wurden damals nach Angaben von Züblin Weichgel-Dichtsohlen durch Injektion (von der Oberfläche, nicht durch Taucher) hergestellt. Diese bestehen aus sogenanntem Wasserglas und werden kaum noch verwendet, weil in dem Gel Stoffe enthalten sind, die nach heutiger Ansicht als potenziell wassergefährdend gelten. Umgekehrt lösen sich solche Dichtsohlen im Laufe der Zeit wieder auf, während Beton-Dichtsohlen praktisch "für immer" im Boden bleiben.

Ob die Sohle ausreichend dicht ist, stellt sich tatsächlich erst beim Lenzversuch heraus. Dichtigkeitsprobleme gab es beim S21-Projekt in der Tat auch schon in der Baugrube zwischen Invalidenstraße und Minna-Cauer-Straße. Erst nach dem Ausbaggern und durch den Einsatz von Tauchern konnten dort die Undichtigkeiten aufgefunden und durch Betonieren unter Wasser beseitigt werden. Ähnlich war es vermutlich damals am Potsdamer Platz, an die Flöße und Boote auf den wassergefüllten Baugruben kann ich mich noch gut erinnern.


Die Dichtsohle der Baugrube liegt bei allen Verfahren erheblich tiefer als die spätere Tunnelsohle. Das ist deshalb notwendig, weil man eine dicke Bodenschicht auf der Dichtsohle als Ballast braucht. Eine Wasserglas-Dichtsohle hat gar keine statische Wirkung, eine HDI-Sohle aus Beton ebenfalls nur begrenzt. Sie ist zwar schwerer, hat aber keine Bewehrung und ist entsprechend weder in sich sonderlich druckbeständig noch hat sie eine kraftschlüssige Verbindung mit den Schlitzwänden.

Solche Dichtsohlen müssen so tief liegen, dass sie in Bezug auf den Grundwasserstand und die geplante Aushubtiefe auftriebssicher liegen. Das auf die Dichtsohle von unten drückende Grundwasser muss im Gleichgewicht mit dem Bodengewicht sein, das nach dem Aushub für die eigentliche Bauwerkssohle oberhalb noch verbleibt, plus einen Sicherheitsfaktor. Läge die Dichtsohle knapp unter dem Niveau der Tunnelsohle (also ohne diese Ballastschicht), würde sie beim Lenzen der Baugrube durch das Grundwasser hochgedrückt oder durchbrochen.


Die eigentliche Tunnelsohle oder Bodenplatte des Bauwerks wird komplett im Trockenen gebaut und ist nicht notwendigerweise sicher gegen die Schlitzwände abgedichtet. Auf den Fotos von André auf Baustellen-Doku kann man das auch zum Thema A100 und anhand anderer Baustellen sehr gut sehen. Das muss auch so sein, denn man will sie ja von der Außenseite her abdichten, also auch unter der Bodenplatte eine Dichtung verlegen.


Vielleicht kann ich mit diesen beiden langen, aber hoffentlich gut lesbaren Textbeiträgen etwas zum Verständnis beitragen und muss nicht mehr so oft lesen "wusste man denn nicht vorher, dass da Grundwasser ist".

Viele Grüße
Manuel



1 mal bearbeitet. Zuletzt am 24.05.2017 01:12 von manuelberlin.
Warum geht's eigentlich südlich bzw am HBF direkt nicht weiter? Müsste da nicht der Rest des Bahnsteigs liegen, sowie erste Ansätze zur späteren Fortführung nach Süden zum Potsdamer Platz?
Zitat
Slighter
Warum geht's eigentlich südlich bzw am HBF direkt nicht weiter? Müsste da nicht der Rest des Bahnsteigs liegen, sowie erste Ansätze zur späteren Fortführung nach Süden zum Potsdamer Platz?

Hallo Slighter,

diesen Punkt haben wir vielleicht schon länger nicht diskutiert, denn auch dort gibt es leider schon länger nichts Neues.

Dort liegt das eigentliche Problem der Baustelle: die völlig unzureichend, ja geradezu absurd ausgeführte Vorleistung unter dem Hbf.

Die Vorleistung umfasst gerade einmal die dreieckige Fläche, die ich im Lageplan unten rot markiert habe. Darin befinden sich unten ein kleines Stück Gleistrog für das Gleis in Richtung Potsdamer Platz sowie ein kleines Dreieck vom Bahnsteig. Oben entsprechend ein dreieckiges Stück der Deckenplatte. Dazwischen gibt es eine Treppe, die als Notausgang von der U5-Passerelle aus zugänglich ist und zum Ausgang Friedrich-List-Ufer des Hauptbahnhofs führt - der Ausgang, der vom S-Bahnsteig der Stadtbahnebene erreichbar ist. Dieser Ausgang ist seit längerer Zeit aufgrund von Bauarbeiten gesperrt, als Notausgang aber selbstverständlich nutzbar.

Die Vorleistung reicht also noch nicht einmal bis unter die Freitreppe des Bahnhofs, diese muss für den Weiterbau noch einmal abgebrochen werden. Das ist aber das geringste Problem.

Schwieriger wird es schon sein, die Baugrube so anzustückeln, dass das Ergebnis dicht ist ;)

Das größte Problem ist aber die Tunneldecke. Diese muss sozusagen "freischwebend" angestückelt werden. Und ausgerechnet in diesem Bereich muss zusätzlich, und das ist der eigentliche Knaller, ein Pfeiler der Humboldthafenbrücke von der angestückelten Tunneldecke unterfangen werden.

Als wenn dies noch nicht genug wäre, kommen erschwerend wohl noch Abweichungen zwischen der damaligen Planung und der tatsächlichen Ausführung der Vorleistung hinzu.

Es hatte sich lange Zeit kein Ingenieurbüro finden lassen, das sich diese irrwitzige Planung zutraute. Sprich, es hat sich lange Zeit niemand um den Planungsauftrag beworben. Wie der Stand inzwischen ist, ist unbekannt.


Wenn diese Hürde gemeistert werden kann, ist es möglich, in offener Bauweise wie zuvor den Bahnhofsrohbau fertig zu bauen. Südlich soll dann zwischen Humboldthafen und Friedrich-List-Ufer die Startbaugrube für die Tunnelbohrmaschine entstehen - entsprechend der ehemaligen U5-Startbaugrube nahe des Roten Rathauses.

Viele Grüße
Manuel


Ausschnitt aus dem Bebauungsplan: Den Umriss der Vorleistung habe ich rot eingezeichnet (rechts).

^
Hallo Manuel,
erstmal vielen Dank für diese sehr detaillierten und gut nachvollziehbaren Erläuterungen. So etwas habe ich schon länger vermisst.
Aber: ist denn eigentlich bekannt, wer insbesondere die planerische Seite dieses gigantischen Unsinns zu verantworten hat? Ich denke dabei speziell an die daraus erwachsenden Zusatzkosten. Es muss doch jemand zur Verantwortung gezogen werden können. (So wäre es gerecht. Aber wahrscheinlich darf wiedermal die Allgemeinheit "haften"...)

Gruß
Die Ferkeltaxe
Dein rotes Dreieck passt so nicht. Die Vorleistung enthält ja auch den Notausgang der U5, welcher nördlich in den östlichen (derzeit gesperrten) Abgang der S-Bahn mündet. Dein Dreieck geht also nicht weit genug in den Norden.

Ich meine auf den Fluchtwegeplänen im Hbf kann man Teile der Vorleistung ganz gut erkennen. Hab jetzt aber in meinen Fotos nichts passendes gefunden.

--- Signatur ---
Bitte beachten Sie beim Aussteigen die Lücke zwischen Bus und Bordsteinkante!
Hallo Jay,

doch, ich meine, das passt schon.

Schau doch mal, wo der S-Bahnsteig auf Stadtbahnebene in dem Lageplan liegt (Gleisachsen). Der Treppenabgang vom oberen S-Bahnsteig erreicht einige Meter vor dem Friedrich-List-Ufer das Straßenniveau. Genau in diesem Foyer befindet sich auf der Nordseite die Tür, durch die man von der Treppe in der S21-Vorleistung kommt. Diese Stelle fällt m.E. exakt in das eingezeichnete Dreieck.

Viele Grüße
Manuel


Zitat
Jay
Dein rotes Dreieck passt so nicht. Die Vorleistung enthält ja auch den Notausgang der U5, welcher nördlich in den östlichen (derzeit gesperrten) Abgang der S-Bahn mündet. Dein Dreieck geht also nicht weit genug in den Norden.

Ich meine auf den Fluchtwegeplänen im Hbf kann man Teile der Vorleistung ganz gut erkennen. Hab jetzt aber in meinen Fotos nichts passendes gefunden.
Zitat

"manuelberlin" am 23.5.2017 um 21.36 Uhr:

Die Vorleistung umfasst gerade einmal die dreieckige Fläche, die ich im Lageplan unten rot markiert habe. [...] Die Vorleistung reicht also noch nicht einmal bis unter die Freitreppe des Bahnhofs, diese muss für den Weiterbau noch einmal abgebrochen werden. [...]

Ein bisschen mehr wurde schon gebaut (wie man dank dem fleißigen Fotografen Eckhart Kunkel immer noch sehen kann). Fotos vom Rohbau vom 1.7.2004.

Zitat

"Jay" am 23.5.2017 um 22.42 Uhr:

Ich meine auf den Fluchtwegeplänen im Hbf kann man Teile der Vorleistung ganz gut erkennen. Hab jetzt aber in meinen Fotos nichts passendes gefunden.

Darf ich helfen? :-) <http://thomas.krickstadt.de/s-bahn/hbf>, erstes Bild auswählen und dann auf das Bild klicken, um die Originalgröße zu bekommen.

Gruß, Thomas

--
Thomas Krickstadt, Berlin, Germany, usenet@krickstadt.de
Zitat
krickstadt
Zitat

"manuelberlin" am 23.5.2017 um 21.36 Uhr:

Die Vorleistung umfasst gerade einmal die dreieckige Fläche, die ich im Lageplan unten rot markiert habe. [...] Die Vorleistung reicht also noch nicht einmal bis unter die Freitreppe des Bahnhofs, diese muss für den Weiterbau noch einmal abgebrochen werden. [...]

Ein bisschen mehr wurde schon gebaut (wie man dank dem fleißigen Fotografen Eckhart Kunkel immer noch sehen kann). Fotos vom Rohbau vom 1.7.2004.

Zitat

"Jay" am 23.5.2017 um 22.42 Uhr:

Ich meine auf den Fluchtwegeplänen im Hbf kann man Teile der Vorleistung ganz gut erkennen. Hab jetzt aber in meinen Fotos nichts passendes gefunden.

Darf ich helfen? :-) <http://thomas.krickstadt.de/s-bahn/hbf>, erstes Bild auswählen und dann auf das Bild klicken, um die Originalgröße zu bekommen.

Gruß, Thomas

Danke Thomas. Unter meinen Fotos hatte ich gestern nur die leider etwas unscharfe und daher wenig aussagekräftige Version der provisorischen U-Bahn-Werkstatt gefunden. Da ist aber von der S21-Vorleistung nichts zu sehen.

Mir bekannte Personen, die damals am Projekt Hbf beteiligt waren, können sich die Vorwürfe übrigens nicht wirklich erklären. Gebaut wurde das, was die damals vorliegenden Pläne vorgaben. Möglich wäre auch, dass ein anderer Planungsstand als die tatsächlich umgesetzte Ausführungsplanung dokumentiert wurde. Aber es ist natürlich einfacher heute zu sagen, dass damals falsch gebaut wurde.

--- Signatur ---
Bitte beachten Sie beim Aussteigen die Lücke zwischen Bus und Bordsteinkante!
Zitat
Jay
Mir bekannte Personen, die damals am Projekt Hbf beteiligt waren, können sich die Vorwürfe übrigens nicht wirklich erklären. Gebaut wurde das, was die damals vorliegenden Pläne vorgaben. Möglich wäre auch, dass ein anderer Planungsstand als die tatsächlich umgesetzte Ausführungsplanung dokumentiert wurde. Aber es ist natürlich einfacher heute zu sagen, dass damals falsch gebaut wurde.

Das ist auch genau meine These: Niemand kann irgendwas anders bauen, als es in den Plänen steht. Zum einen gibt es dazu viele Leute, die bei Zwischenschritten (z.B. fertige Bewehrung) draufschauen und Abnahmen durchführen, zum anderen wird ja auch das Material genau nach Plan vorgefertigt und zugeliefert. Meine Vermutung geht auch eher in die Richtung, wie sie Manuel skizziert hat: Es findet sich einfach keine machbare und/oder genehmigungsfähige Planung, die an die vorhandenen Vorleistungen anschließen kann. Es verursachte damals schon Kopfschütteln und Entsetzen, wie man halbe Decken mit darauf stehenden Brückenpfeilern als Vorleistung bauen kann. Mir fehlt da jede Vorstellung, wie man dort anschließen will und insbesondere den vorhandenen Kräfteeintrag der Humboldthafenbrücke dann setzungsfrei umlagern will. Da hat es sich wohl jemand zu einfach gemacht, als er eine solche unrealistische Vorleistungsplanung damals genehmigt hat.

Viele Grüße
André
Ja, durch Termindruck, unrealistische Vorgaben und fehlende Vorplanungsschritte entstehen gravierende Fehler. Angesichts des damaligen Senatsbeschlusses zur Einstellung aller Bauarbeiten zum Weiterbau der U5 konnte niemand ernsthaft damit rechnen, dass ausgerechnet das S21-Projekt (1. Bauabschnitt) so schnell planfestgestellt, anfinanziert und tatsächlich begonnen wird.

so long

Mario
Naja, wenn man sich die damit verbunden Namen Mehdorn und Azer in Erinnerung ruft, dann braucht man sich nicht wirklich wundern. Dach und "Supermarktdecke" sind da ja nur die bekanntesten Kuriositäten. Für die S21 gab es ja ständig Änderungen in der Planung und die "halbherzigen" Vorleistungen rühren sicher auch daher, dass zu jener Zeit keiner ernsthaft daran geglaubt hat, dass die S21 tatsächlich mal kommt - und dann auch noch so schnell. Ich erinnere mich dunkel, dass gerade auch dieses Deckenstück unter der Humboldthafenbrücke Teil dieser Änderungen war und man am Ende gar ein Stück weit stolz verkündete, dass man sie doch noch geradeso (irgendwie) berücksichtigen konnte. Ich meine auch, dass schon damals der Siemenssche Lufthaken als Universallösung ins Gespräch kam. ;) [@Henning: [de.wiktionary.org]]

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Bitte beachten Sie beim Aussteigen die Lücke zwischen Bus und Bordsteinkante!
Man wollte damals eher den Transrapid stumpf eben vor diesem Pfeiler enden lassen. Das galt damals ja als fast sicher, dass er kommt. Und dann wäre kein Platz mehr für eine S-Bahn gewesen - oder irre ich mich da?

Gruß Nemo
---

Eine Straßenbahn ist besser als keine U-Bahn!!
Das ist echt Wahnsinn: Um ein Dreieck mit einen halben Bahnsteig und etwas Gleistrog und einer Treppe drüber ernsthaft als Vorleistung zu betrachten braucht es wirklich Chuzpe.

Ich versteh garnicht, warum man denn dann den Rest der Strecke begonnen hat, ohne dieses Problem nicht auchgleich anzugehen? Das sieht mir ja nach der krtitischsten Stelle des ganzen Vorhabens aus, da hätte man doch seine planerische Energie als allererstes reinsetzen sollen, oder?

Von wem stammt eigentlich die Idee zu dieser "Vorleistung"?

EDIT: Mal nen Lösungsvorschlag: Kann man den Pfeiler nicht mit einen tiefgehenden, großen Betonfuß versehen, den Bahnhof drum herumbauen und den Fuß nachträglich abbrechen, sobald sich der Pfeiler sicher auf dem Rest der Konstruktion abstützt?



1 mal bearbeitet. Zuletzt am 24.05.2017 11:33 von Slighter.
Vielen Dank für die Fotos, ich muss damals geschlafen haben.

>Mir fehlt da jede Vorstellung, wie man dort anschließen will und insbesondere den vorhandenen Kräfteeintrag der Humboldthafenbrücke dann setzungsfrei umlagern will. Da hat es sich wohl jemand zu einfach gemacht, als er eine solche unrealistische Vorleistungsplanung damals genehmigt hat.

Das kann man wohl sagen, auf so einer massiven Stützwand, wie will man auf diese verzichten? Sie zu durchbrechen bedarf einer massiven Trägerkonstruktion. Wobei in allen Bauphasen der Bahnhof und die Brücke sicher abgestützt werden muss. Ich kann mir vorstellen, dass da niemand ran will.

Das Mehdorn-Ei

Ich vermute Mehdorn wollte dafür sorgen, dass man auch noch 30 Jahre später an ihn denkt. ;-)
Was man auf den Fotos nur halb sieht, ist denn auch der Tunnel unter der Freitreppe und dem Vorplatz nur zur Hälfte gebaut worden? Also nur für ein Gleis?
Zitat
Slighter
Das ist echt Wahnsinn: Um ein Dreieck mit einen halben Bahnsteig und etwas Gleistrog und einer Treppe drüber ernsthaft als Vorleistung zu betrachten braucht es wirklich Chuzpe.

Ich versteh garnicht, warum man denn dann den Rest der Strecke begonnen hat, ohne dieses Problem nicht auch gleich anzugehen? Das sieht mir ja nach der krtitischsten Stelle des ganzen Vorhabens aus, da hätte man doch seine planerische Energie als allererstes reinsetzen sollen, oder?

Von wem stammt eigentlich die Idee zu dieser "Vorleistung"?

...

Ganz meine Meinung.

Erstmal vielen Dank speziell an Manuel und Thomas, die hier Fotos, Dokumente und Links beigesteuert haben, durch die das Ganze erstmal plastisch vorstellbar wird. All das stützt die These, die ich gestern schon mal äußerte und die ihr wohl auch alle teilt, dass hier planerisch ein riesiges Schilda produziert wurde. Im Grunde sieht es so aus, dass man sich gar nicht wirklich tiefere Gedanken darüber gemacht hat, wie denn dieser Bau perspektivisch überhaupt weitergeführt werden kann, wie er mit den Fortführungen nach Nord, Ost und Süd verknüpfbar ist und dabei auch noch die Erfordernisse der Statik (speziell Stadtbahnbrücke) und der Abdichtung erfüllt. Das ist schon wirklich irre! Wer ist dafür verantwortlich? Ich befürchte, niemand, und es wird wohl auch niemand in Regress genommen werden. Wie meist in solchen Fällen. Und wer zahlt dann den Schlamassel? (Wenn er zu korrigieren geht...)

Ich denke genau wie ihr, dass gebaut wurde, was geplant und genehmigt war. Bzw. es wurden Pläne nach einigen Änderungen realisiert, welche möglicherweise das Desaster noch verschlimmert haben. Es ist einfach nur Wahnsinn, mir fehlen die Worte...

Slighters Frage, warum man sich nicht gleich zu Beginn des S21-Baus zum Nordring dieser wohl kritischsten (und kompliziertesten und teuersten) Stelle angenommen hat, wurde im Grunde oben schon beantwortet: es findet sich einfach keiner, der es macht... Und dies offenbar bis heute. Keiner will dieses hohe Risiko auf sich nehmen. Was bei der Lage der Dinge auch absolut nachvollziehbar ist. Wie es aussieht, fehlt auch bis heute ein realistischer Lösungsansatz. Oder seh ich das falsch?

Gruß
Die Ferkeltaxe



1 mal bearbeitet. Zuletzt am 24.05.2017 12:30 von Ferkeltaxe.
Vielleicht einfach ein Tunnel unter dem Humboldthafen... Zwischen den Pfeilern! Wir könnten die S-Bahn auch trajektieren. Das hat niemand innerhalb der Stadt!

Gruß Nemo
---

Eine Straßenbahn ist besser als keine U-Bahn!!
Möglicher Lösungsansatz hätte wohl die Verschiebung des Bahnsteigs nach Norden sein können, so dass man mit der Wahl der Gleislage freier wird und eventuell zwischen den Pfeilern durch (oder außen rum) kommt. Die Trassierung hat aber natürlich auch Einfluss auf die mögliche Geschwindigkeit.

Hinzu kommt das Problem, dass der Pfeiler weniger Last trägt als vorgesehen, da ja das Dach verkürzt wurde. Die Folge dieser Aktion ist ja auch die deutlich stärkere Belastung der Brückenübergänge, weswegen die Fahrbahnübergangskonstruktion auf der Stadtbahn vorzeitig getauscht werden muss. Und ausgerechnet da muss man nun auch noch an den Pfeiler ran. Mir fehlt da auch ein wenig die Vorstellungskraft angesichts der Platzverhältnisse und dem nebenliegenden Hafenbecken, wie man das sinnvoll angehen könnte. Daher ja oben auch mein scherzhafter Verweis auf den Lufthaken als Problemlösung.

--- Signatur ---
Bitte beachten Sie beim Aussteigen die Lücke zwischen Bus und Bordsteinkante!
Dieses Thema wurde beendet.