Willkommen! Einloggen Ein neues Profil erzeugen

erweitert
Eine historische Frage zur Ausführung des U-Bahnhofs Wittenbergplatz
geschrieben von B-V 3313 
Hallo zusammen!

Ich habe mich am Wittenbergplatz schön öfter gefragt, warum man den Bahnsteig III an die Innenseite gelegt hat?
Es sieht ja dort so aus:

====U1+U3====
Bahnsteig I
=====U2=====
=====U2=====
Bahnsteig II
=====U3=====
Bahnsteig III
=====U1=====


Durch die Pfeiler auf Bahnsteig III direkt an der nördlichen "Bahnsteigkante" ist ja der Ein- und Ausstieg aus den Zügen der U3 von der Augsburger Straße kommend eh nicht möglich. Hätte man nicht Kosten gespart, wenn man so gebaut hätte:

====U1+U3====
Bahnsteig I
=====U2=====
=====U2=====
Bahnsteig II
=====U3=====
=====U1=====
Bahnsteig III


Schließlich hätte der Tunnel dann (zumindest östlich des Wittenbergplatzes) schmaler ausgeführt werden können.

Den geplanten vierten Bahnsteig und das sechste Gleis habe ich jetzt mal bewusst weggelassen.

x--x--x--x

Für mehr gelbe Farbe im Netzplan: die Farben der U4 und U7 tauschen!



4 mal bearbeitet. Zuletzt am 08.10.2016 14:19 von B-V 3313.
Von der Planung 1911-1913 fehlt noch einen Bahnsteig auf der Nordseite (Passend zur Südseite). [flic.kr]

IsarSteve
Die Kosteneffinzienz war damals noch nicht so ausschlaggebend wie heute. Im Gegenteil. Da die Hochbahn/Untergrundbahn ein neues Verkehrssystem darstellte, in dessen Genuss die Berliner erst seit zehn Jahren kommen, legte man beim Bau viel Wert auf ästhetische Gestaltung um die Akzeptanz zu erhöhen. Mit der Verlängerung der U-Bahn nach Wilmersdorf wurde der Bahnhof in seiner jetzigen Form von zwei auf sechs fünf Gleise erweitert. Dazu erhielt er ein vom Architekten Alfred Grenander entworfenes repräsentatives Empfangsgebäude, das inmitten der Prachtstraße Tauentzienstraße gesetzt wurde. Zum Bauzeitpunkt große Kritik geerntet, weil es die Sichtachse zur Gedächtniskirche störte, freundeten sich die Berliner schnell mit dem Gebäude an. Die zerschneidende Wirkung dürfte auch Genander bewusst gewesen sein, weswegen er das Gebäude nicht bloß als Querriegel zur Straße gestaltete, so wie es für die Erschließung der neuen mehrgleisigen Bahnhofsanlage ausgereicht hätte. Stattdessen verlieh er dem Gebäude eine charakteristische kirchenähnliche Kreuzstruktur. Dadurch gelang ihm die Symbiose aus zentraler Erschließung aller Bahnsteige und einer ansprechender Architektur, die den Wittenbergplatz sein charakteristisches Stadtbild verlieh. Hätte man beide Außenbahnsteige, wovon bekanntlich nur der südliche realisiert wurde, nach außen gelegt, hätte das Empfangsgebäude noch breiter werden müssen. Die Tauentzienstraße, eine der bedeutendsten Prachtstraßen jener Zeit, wäre dadurch optisch zur Sachgasse geworden.

Viele Grüße
Florian Schulz

--
Das Gegenteil von umfahren ist umfahren.
Außerdem musste Alfred Grenander die bestehende, möglichst ohne Unterbrechung in Betrieb zu belassene Stammstrecke berücksichtigen. Bei einem kompletten Neubau wären für sechs Gleise dreier Linien drei Mittelbahnsteige ausreichend gewesen. Die schon bestehende Strecke zwischen Hochbahnhof Nollendorfplatz und Untergrundbahnhof Zoologischer Garten war unter dem Wittenbergplatz wie alle Bahnhöfe des ersten Bauabschnitts mit Außenbahnsteigen errichtet worden. Ein Umbau auf einen mittleren Mittelbahnsteig wäre wesentlich komplizierter, teurer, langwieriger und mit größeren Betriebseinschränkungen verbunden gewesen. Grenander war eben nicht nur Architekt, sondern besaß auch betriebliche, technische und wirtschaftliche Kenntnisse. Mit den führenden Köpfen der Hoch- und Untergrundbahn-Gesellschaft wie Gustav Kemmann und Paul Wittig arbeitete er eng zusammen.

so long

Mario
Dann wäre die (oberirdische) Schalterhalle breiter geworden...
Zitat
southernelectric
Dann wäre die (oberirdische) Schalterhalle breiter geworden...

Nein, eher schmaler.
Anhand der unten beigefügten Zeichnungen kann man den mit 5 Gleisen gebauten und den Endzustand mit 6 Gleisen gut erkennen. Sie stammen aus den Illustrationen zu einem Vortrag des Herrn Baurat B o u s s e t, Direktor der Hochbahngesellschaft: "Über die Erweiterungen der elektrischen Hoch- und Untergrundbahn in Berlin", gehalten am 10. Februar 1914 im "Verein für Eisenbahnkunde", abgedruckt im Heft 32 der Zeitschrift "Verkehrstechnische Woche und Eisenbahntechnische Zeitschrift" vom 9. Mai 1914.

Hätte man drei Bahnsteige zu je 11m Breite statt vier Bahnsteige (2x11m und 2x8m) vorgesehen, wäre der Bahnhof unterirdisch statt (geplanter) 56 nur 51m breit geworden. Nimmt man die Treppenbreite mit je 5m und die verbleibende Bahnsteigbreite zwischen Treppe und Gleis mit 3m an, ergibt sich für das ausgeführte oberirdische Bauwerk eine Breite von 44m. Mit drei Treppen á 5m, vier Bahnsteigteilen á 3m und zwei Doppelgleisen zu 6m ergäbe sich für den Abstand der Treppenaußenseiten ein Maß von 39m.

so long

Mario



1 mal bearbeitet. Zuletzt am 10.10.2016 19:49 von der weiße bim.


Vor dem Umbau am Wittenbergplatz gab es ja bereits die heutige U2. Man wollte also vermutlich die Lage der Gleise der heutigen U2 beibehalten. Für den Betrieb als Abzweigsbahnhof ist ein Richtungsbetrieb der Gleise sinnvoll. Da die Strecke Zoo-Bülowstraße die wichtigste Strecke dieses Bahnhofs war, war es auch naheliegend für diese Strecke möglichst bahnsteiggleiche Umsteigemöglichkeiten anzubieten. Unter diesen Prämissen ist dann die gewählte Lage der Bahnsteige diejenige, die die geringste Gebäudebreite erfordert.

Gruß Nemo
---

Eine Straßenbahn ist besser als keine U-Bahn!!
Hallo zusammen,

der auf der Zeichnung erkennbare, projektierte Ast in die Nettelbeckstraße (heute An der Urania) in Richtung Lützowplatz: Weiß jemand von Euch ohne lange Recherche, was man da geplant hatte?

Danke und viele Grüße
Manuel
Zitat
manuelberlin
der auf der Zeichnung erkennbare, projektierte Ast in die Nettelbeckstraße (heute An der Urania) in Richtung Lützowplatz: Weiß jemand von Euch ohne lange Recherche, was man da geplant hatte?

Die Antwort steht in der von mir oben schon genannten Originalquelle "Verkehrstechnische Woche":

Zitat
Verkehrstechnische Woche, Nr.32 vom 9.5.1914
Damit die aus dem Kurfürstendamm kommenden Gleise später selbständig durch die Nettelbeckstraße über
den Lützowplatz nach Berlin verlängert werden können, wo sie dann, wie geplant, durch die Königstraße
den Alexanderplatz erreichen und in der Richtung nach Weißensee geführt werden sollen, wird die
Gleisanlage auf dem Bahnhof Wittenbergplatz so zu ergänzen sein wie es in Abb. 40 punktiert dargestellt ist.

Genau diese Linienführung ist als "U3" noch immer in der langfristigen U-Bahnplanung des Senats enthalten und unter anderem im Flächennutzungsplan als Vorhaltung eingetragen.

so long

Mario
Zitat
der weiße bim
[...] Genau diese Linienführung ist als "U3" noch immer in der langfristigen U-Bahnplanung des Senats enthalten und unter anderem im Flächennutzungsplan als Vorhaltung eingetragen.

Hallo Mario,

danke! Ich war irrtümlich davon ausgegangen, dass für die U3 die Ausfädelung am Bahnhof Nollendorfplatz genutzt werden soll. Die Ausfädelung am Wittenbergplatz war mir zuvor nie aufgefallen.

Viele Grüße
Manuel
Zitat
der weiße bim
Zitat
manuelberlin
der auf der Zeichnung erkennbare, projektierte Ast in die Nettelbeckstraße (heute An der Urania) in Richtung Lützowplatz: Weiß jemand von Euch ohne lange Recherche, was man da geplant hatte?

Die Antwort steht in der von mir oben schon genannten Originalquelle "Verkehrstechnische Woche":

Zitat
Verkehrstechnische Woche, Nr.32 vom 9.5.1914
Damit die aus dem Kurfürstendamm kommenden Gleise später selbständig durch die Nettelbeckstraße über
den Lützowplatz nach Berlin verlängert werden können, wo sie dann, wie geplant, durch die Königstraße
den Alexanderplatz erreichen und in der Richtung nach Weißensee geführt werden sollen, wird die
Gleisanlage auf dem Bahnhof Wittenbergplatz so zu ergänzen sein wie es in Abb. 40 punktiert dargestellt ist.

Genau diese Linienführung ist als "U3" noch immer in der langfristigen U-Bahnplanung des Senats enthalten und unter anderem im Flächennutzungsplan als Vorhaltung eingetragen.

Sollte die U3 also eines fernen Tages zum Potsdamer Platz verlängert werden, muss der U-Bhf Wittenbergplatz entsprechend erweitert werden und wird historisch gesehen dann komplettiert?
Jupp. Allerdings würde das einem Neubau gleichkommen, denn die U3 wäre ja eine Großprofillinie.

x--x--x--x

Für mehr gelbe Farbe im Netzplan: die Farben der U4 und U7 tauschen!
Zitat
B-V 3313
Jupp. Allerdings würde das einem Neubau gleichkommen, denn die U3 wäre ja eine Großprofillinie.

Naja. Großprofil ist 30 cm breiter und 30 cm höher als Kleinprofil. Und es würde die beiden äußeren Gleise in Wittenbergplatz treffen. Vielleicht kommen unsere Enkel mit einem Umbau statt Neubau hin.

Bäderbahn
@ Bäderbahn

Naja, der ehemalige U3 bzw. heutige U1 Bahnhof Kurfürstendamm sowie alle bereits neu erstellten Vorratsbauten sind für das zukünftige Großprofil ausgelegt.

"Es gibt Besserwisser, die niemals begreifen, dass man recht haben kann und trotzdem ein Idiot ist."
Zitat
Bäderbahn
Naja. Großprofil ist 30 cm breiter und 30 cm höher als Kleinprofil. Und es würde die beiden äußeren Gleise in Wittenbergplatz treffen. Vielleicht kommen unsere Enkel mit einem Umbau statt Neubau hin.

Ich behaupte mal ganz dreist, dass in der Zukunft die Sicherheitsanforderungen eher weiter steigen werden. Da wird man wohl für ausreichende Sicherheitsräume und Fluchtwege nicht um einen Neubau der Tunnel rumkommen.

x--x--x--x

Für mehr gelbe Farbe im Netzplan: die Farben der U4 und U7 tauschen!
Die Tunnel sind aber vermutlich fürs Kleinprofil - also zu schmal und zu niedrig. Man müsste also zwischen Wittenbergplatz und Uhlandstr. im Prinzip komplett neu bauen oder zumindest sehr aufwändig umbauen:

Kann man die Mittelstützen des Tunnels um 20 cm verschieben? Dann müsste man nämlich nur eine Tunnelwand neu bauen und etwas Tunneldecke. Am besten mit der nächsten Tunneldeckensanierung im Jahr 2100!

Da fällt der U-Bahnhof Ku'Damm nur insoweit ins Gewicht, dass man da dann bei der U9 auf Betriebseinstellungen verzichten kann. Ist das mit dem U-Bahnhof Ku'Damm eigentlich sicher? Mir kommt der irgendwie Kleinprofil-schmal vor.

Gruß Nemo
---

Eine Straßenbahn ist besser als keine U-Bahn!!
Das ist sicher.

x--x--x--x

Für mehr gelbe Farbe im Netzplan: die Farben der U4 und U7 tauschen!
Zitat
B-V 3313
Das ist sicher.

Richtig, der U-Bahnhof Kurfürstendamm (oben) war für die Umstellung auf Großprofil vorbereitet. Bei der Erneuerung der Bahnsteigkanten verzichtete man aber nach meiner Kenntnis auf die Vorleistung und baute Gleis und Bahnsteig auf Kleinprofil um, so dass dann in der fernenen Zukunft die Bahnsteigkanten wieder komplett neu gebaut werden müssen. Vorher hätte wohl das Absägen gereicht. Angesichts des Umfangs der Gesamtmaßnahme ist das natürlich nur ein ganz kleiner Anteil.

Zu den oben gezeigten Bildern (Danke @Steve & Bim) drängt sich mir allerdings noch eine Frage aus betrieblicher Sicht auf: Wäre es ohne Umbauten am Tunnel möglich im westlich liegenden viergleisigen Tunnel der U1 und U2 (nach dem Ausfädeln der U3) Weichenverbindungen nachzurüsten, so dass Züge auch von der Uhlandstraße nach Pankow fahren könnten? Für Bauarbeiten und vor allem bei Störungen am Zoo wäre es ja durchaus praktisch die U2 auch zur Uhlandstraße führen zu können.

--- Signatur ---
Bitte beachten Sie beim Aussteigen die Lücke zwischen Bus und Bordsteinkante!



1 mal bearbeitet. Zuletzt am 12.10.2016 11:14 von Jay.
1913 war das möglich.
Diesen Gleisplan

findest Du hier: [www.berliner-verkehrsseiten.de]
Also sollte (nach Einbau entsprechender Weichen) eine Fahrt von Pankow nach Uhlandstr. möglich sein.
Für die Gegenrichtung scheint es eine solche Verbindung nie gegeben zu haben.
Siehe: [www.berliner-verkehrsseiten.de]
Wenn meine Erinnerung nicht täuscht sollte es vom Platz her aber machbar sein.

Bäderbahn



1 mal bearbeitet. Zuletzt am 12.10.2016 11:32 von Bäderbahn.
Zitat
Jay
Wäre es ohne Umbauten am Tunnel möglich im westlich liegenden viergleisigen Tunnel der U1 und U2 (nach dem Ausfädeln der U3) Weichenverbindungen nachzurüsten, so dass Züge auch von der Uhlandstraße nach Pankow fahren könnten? Für Bauarbeiten und vor allem bei Störungen am Zoo wäre es ja durchaus praktisch die U2 auch zur Uhlandstraße führen zu können.

Aus folgenden Gründen ist das ohne Abbruch und Neubau eines ganzen Tunnelabschnitts nicht möglich.
Die Parallelführung mit halbwegs ebener Gleislage ist relativ kurz. Der Bereich, in dem die ursprünglichen Tunnelwände der Stammstrecke abgebrochen wurden, etwa an der Kreuzung Nürnberger Straße (dort sieht man manchmal kurz einen parallel fahrenden Zug), ist selbst für einen einfachen Gleiswechsel nicht lang genug. Dort stehen jedoch Stahlstützen, die nur durch eine massive Deckenverstärkung zu ersetzen wären.
Zweitens ist die Höhenlage unterschiedlich. Der ursprüngliche, 1902 in Betrieb genommene Tunnel ist etwas niedriger (3,30m Höhe über SO) gebaut, liegt aber dichter unter der Straßenoberfläche. Die ein Jahrzehnt später angebauten zusätzlichen Tunnel der heutigen U1 sind höher ausgeführt (3,40m über SO) und erhielten vor allem wegen der darüber liegenden Straßenbahngleise eine größere Überdeckung. Demzufolge liegt die Schienenoberkante der U1 fast 50cm tiefer als die der U2, wie im Querschnitt ersichtlich.

so long

Mario


Sorry, in diesem Forum dürfen nur registrierte Benutzer schreiben.

Hier klicken, um sich einzuloggen