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DDR-Bahnhöfe der Linie U5 kommen unter Denkmalschutz
geschrieben von Bäderbahn 
Zitat
andre_de
Ich denke, dass dieser Schritt insbesondere durch das Verhalten von Herrn Kutscher und seiner BVG-Bauabteilung in den letzten Jahren regelrecht provoziert wurde. Wer quasi in Gutsherrenart und ohne jegliche (externe) Diskussion meint, Bahnhöfe nach Gutdünken umgestalten zu können, Farbkonzepte zu ändern, andere Materialien auszuprobieren usw., und dann bei jedweder Kritik von außen (sei es Denkmalschutz, Senatsverwaltung, Fachexperten) beleidigt reagiert, der muss sich nicht wundern, wenn irgendwann der Bumerang kommt. Bisher meinten die BVG-Verantwortlichen, dass es sich um "ihre" Bahnhöfe handelt und deren Gestaltung rein betriebsinternen Gesichtspunkten unterliegt.

Was ist denn am Kienberg auszusetzen? Dass zusätzlich zur Rampe ein Aufzug die Barrierefreiheit verbessert, das Ausgangsbauwerk verglaste Öffnungen erhielt durch die sich Touristen leichter orientieren können, der Beton der Bahnsteigplatte und die Untersicht des Trapezblech-Bahnsteigdachs verkleidet wurden? Das hätten die Planer des EVDR sicher auch gern verwirklicht. Seinerzeit waren andere Dinge wichtiger. Warum soll man jetzt wo das geht, darauf verzichten?

Fast die Hälfte der Berliner U-Bahnhöfe steht bereits unter Denkmalrecht, wird originalgetreu immer wieder erneuert. Man braucht sich bloß mal Dahlem-Dorf anzuschauen, mit welchem Aufwand die mehrmals abgebrannte Reeteindeckung immer wieder denkmalgerecht neu entsteht. Die sanierte Grenanderhalle in Krumme Lanke würde dem Meister sicher gefallen, auch wenn da zusätzlich ein Aufzug eingebaut wurde. Andernorts erhalten erneuerte Stahlträger und Stützen nach den Wünschen des Denkmalbehörde einzeln aufgeklebte Nietenkopf-Imitationen. Auch da macht die BVG-Bauabteilung einen guten Job.
Schon in den Zwanziger und dreißiger Jahren wurden ganze Bahnhöfe aus den Anfangsjahren völlig abgerissen und durch praxisgerechte Neubauten vom Reißbrett der U-Bahnarchitekten oder der eigenen Bauabteilung ersetzt wie die Bahnhöfe Kottbusser Tor und Möckernbrücke. Dass man nicht auch Hallesches Tor wie geplant als Turmbahnhof neu baute, lag an den Folgen der Weltwirtschaftskrise und erschwert noch immer die Umsteigewege tausender Fahrgäste täglich. Damals hatte man den Mut aber nicht genug Mittel, denn der Betrieb musste seine Infrastruktur selbst aus den Einnahmen finanzieren.

Jetzt gibt es einiges an Mitteln, muss aber alles mehrfach prüfen und genehmigen lassen. Da hatte es Herr Rümmler noch leichter, da sich die Senatsbauverwaltung meist nur selbst kontrollierte und sich über die spätere Instandhaltung nur wenig Gedanken machten musste.

Ähnlich lief das auch bei der Reichsbahn, neuen Bahnhöfen wie Zoologischer Garten, Westkreuz, Schöneberg mussten unpraktische und zu kleine Vorgänger weichen. Trotz Denkmalschutz verschwinden bei der Bahn noch immer Bauwerke wie der Lehrter Stadtbahnhof, das alte Ostkreuz, Papestraße, Gesundbrunnen, historische Brücken und fast alle alten Stellwerke auf der Bauschuttdeponie bzw. im Recycling. Das Bessere ist Feind des Guten und auch die U-Bahnhöfe werden weiter zeitgemäß umgestaltet werden. Diskutiert wird darüber immer. Wirklich ändern wird sich nichts.

so long

Mario



2 mal bearbeitet. Zuletzt am 07.08.2017 13:13 von der weiße bim.
Zitat
der weiße bim
Was ist denn am Kienberg auszusetzen? Dass zusätzlich zur Rampe ein Aufzug die Barrierefreiheit verbessert, das Ausgangsbauwerk verglaste Öffnungen erhielt durch die sich Touristen leichter orientieren können, der Beton der Bahnsteigplatte und die Untersicht des Trapezblech-Bahnsteigdachs verkleidet wurden? Das hätten die Planer des EVDR sicher auch gern verwirklicht. Seinerzeit waren andere Dinge wichtiger. Warum soll man jetzt wo das geht, darauf verzichten?

Wo steht denn das? Am U-Bahnhof Kienberg hatte in der bisherigen Diskussion niemand etwas auszusetzen. Er eignet sch nur nicht mehr, um seine Entstehungszeit zu repräsentieren.

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Arec
Wenn man, wie hier schon vorgeschlagen, einzelne Bahnhöfe auswählen würde, die erhalten werden, und der BVG bei den restlichen freie Hand lassen würde, könnte man natürlich deutlich strikter sein bei den zu schützenden Bahnhöfen.

Nun finde ich aber, dass es gerade auch den Charme der Berliner U-Bahn ausmacht, dass man mit einer einfachen U-Bahnfahrt eine Zeitreise in die Architekturgeschichte machen und so auch die Entwicklung des U-Bahn-Netzes erleben kann. Wer mit der U7 von Spandau zum Hermannplatz fährt, beginnt in den 80ern und arbeitet sich durch die 70er, 60er und 50er in den 20er Jahre vor. Wer vor Beginn der Sanierung des Bahnhofs Bismarckstraße auf der westlichen U2 unterwegs war, konnte erkennen, dass und wann diese Station nachträglich eingefügt wurde.

Das heißt natürlich nicht, dass alles immer 1:1 erhalten bleiben soll. Aber dass man eben sorgsam und durchdacht modernisieren soll. Deshalb ist Denkmalschutz vielleicht auch nicht das richtige Mittel - aber gegenüber der BVG, die sich in den letzten Jahren völlig ignorant in diese Richtung gezeigt hat, vielleicht das einzige. Bald 40 Jahre, nachdem man im Städtebau von der Kahlschlagsanierung (Abriss und Neubau) abkam, ist sie bei der BVG noch immer üblich. Anscheinend lässt man lieber Tine Wittler ran als ein Bewusstsein für das vorhandene Erbe - und somit auch die eigene Geschichte - zu entwickeln.

Auch Denkmalschutz bewahrt Stationen allerdings nicht davor, verhunzt zu werden. Man denke an die neuen Fliesen am Alexanderplatz, die den Charme einer Fototapete ausstrahlen, und die üblichen Wassertropfenleuchten (gab's die eigentlich billig irgendwo im Ausverkauf?), die überhaupt nicht in das Konzept dieser Halle passen. Oder die Beleuchtung im Berliner Ost- und Dresdner Hauptbahnhof, die den Raumeindruck der Bahnhofshallen zerstören.



1 mal bearbeitet. Zuletzt am 07.08.2017 07:54 von def.
Zitat
der weiße bim
Was ist denn am Kienberg auszusetzen? Dass zusätzlich zur Rampe ein Aufzug die Barrierefreiheit verbessert, das Ausgangsbauwerk verglaste Öffnungen erhielt durch die sich Touristen leichter orientieren können, der Beton der Bahnsteigplatte und die Untersicht des Trapezblech-Bahnsteigdachs verkleidet wurden? Das hätten die Planer des EVDR sicher auch gern verwirklicht. Seinerzeit waren andere Dinge wichtiger. Warum soll man jetzt wo das geht, darauf verzichten?

Wenn ich meinen Text nochmal so lese, stelle ich fest, dass du gelesen hast, dass ich den Bahnhof schlecht finde. Bitte noch einmal lesen.
Zitat
Flexist
Wenn ich meinen Text nochmal so lese, stelle ich fest, dass du gelesen hast, dass ich den Bahnhof schlecht finde. Bitte noch einmal lesen.

Vielen Dank für die Anmerkung, auch die von Philipp. Einfaches Missverständnis, was vermeidbar gewesen wäre, wenn ich gleich ein Zitat als Bezug gepostet hätte.
Mein Beitrag bezog sich ausdrücklich nicht auf deinen, denn ich hatte ihn bereits geschrieben, bevor dein Beitrag entstand. Durch den Seitenwechsel hatte ich das nach dem späteren Absenden leider nicht bemerkt, sorry.

Sach- und Fachkenntnisse sind bei der BVG-Bauabteilung entgegen der ober geäußerten Ansicht von Andre durchaus vorhanden. Was nicht ausschließt, dass man im Glauben, das richtige zu tun, auch mal diskussionswürdige Entscheidungen trifft. Da man unter TV-N-Konditionen keinen Spitzen-Architekten einstellen kann, bleibt nur entsprechende Aufträge an freiberufliche Architekturbüros zu vergeben. Selbst dabei ist man aber wiederum an die Vergabebestimmungen und die Regeln des Landeshaushalts gebunden, die als wichtigstes Kriterium den Preis vorsehen.
Nach Meinung des Vorstände Betrieb und Finanzen ist es dem größten Teil der zahlenden Kundschaft ziemlich egal, nach welchem Farbkonzept, Architekturstil oder Formensprache die Bauwerke gestaltet sind. Die Hauptkriterien der Nutzer für Betriebsanlagen sind ein zuverlässiger Fahrbetrieb, Sicherheit, Sauberkeit und Information.
Für den Betrieb zählt vor allem Übersichtlichkeit, Servicefreundlichkeit bei Instandhaltung / Reinigung. Alles andere wird dem untergeordnet.

so long

Mario
Das ist alles richtig. aber wer sagt denn, dass nur Stararchitekten anständige Arbeit machen. Was ist an freien Architekturbüros negativ? Auch die haben gelernt, ihre Arbeit ordentlich zu machen, jedenfalls die meisten würde ich schätzen. Da die BVG ein stadteigener Betrieb ist, würde ich denken, sie sollte auch auf den Kulturstaatssekretär und auf die Denkmalbehörden hören. Was die Leitung des Betriebes denkt, ist ja ein beschränkter Blickwinkel, so gesehen. Den meisten Leuten ist nicht bewusst, dass ihnen nicht egal ist, wie die tägliche Umwelt gestaltet ist, wenn schon saniert wird, dann sollte das auch Berücksichtigung finden.
Zitat
VvJ-Ente
Feuer legen

Was soll diese bescheuerte Antwort? Das darf man nirgends.

Ich meine, was bei Bahnhöfen ohne Denkmalschutz erlaubt aber mit Denkmalschutz verboten ist.
Zitat
def
Nun finde ich aber, dass es gerade auch den Charme der Berliner U-Bahn ausmacht, dass man mit einer einfachen U-Bahnfahrt eine Zeitreise in die Architekturgeschichte machen und so auch die Entwicklung des U-Bahn-Netzes erleben kann. Wer mit der U7 von Spandau zum Hermannplatz fährt, beginnt in den 80ern und arbeitet sich durch die 70er, 60er und 50er in den 20er Jahre vor.

Auf diesen Abschnitt sind keine Strecken und Bahnhöfe aus den 50er Jahren.
Hallo,

@Mario: Vielen Dank für Deine Sicht und die Hintergrund-Infos. Selbstverständlich spreche ich der BVG-Bauabteilung nicht jegliche Sach- und Fachkenntnisse ab, ich bezog mich dabei (zugegeben überspitzt) auf Aspekte wie Design, Gestaltungsregeln, Farbwahl usw., alles Themen, die man im Kerngeschäft einer Bauabteilung nicht zwingend braucht, man sich dessen dann aber auch bewusst sein und externen Rat akzeptieren sollte. Sicher braucht es dafür keine Stararchitekten, vielleicht wäre die Kooperation mit einer Hochschule für Gestaltung bereits ein nutzbringender (und nicht teurer) Schritt. Dort ist, und da bleibe ich so direkt, definitiv mehr Know How vorhanden, was Formen und Farben und Gesamtkonzepte angeht. Die Einbindung des Geschichts-Know-Hows des Denkmalschutzes ist ja nun zwangsweise sichergestellt ;-)

Einen Eindruck des offensichtlich schon seit längerer Zeit schwelenden Konflikts sowie interessante andere Sichtweisen zum Thema liefern folgende Zeitungsartikel:

http://www.rbb-online.de/...
"Jetzt stehen die Berliner Verkehrsbetriebe in der Kritik, weil weder die Öffentlichkeit noch die Politik oder externe Fachleute ausreichend in die Planungen einbezogen worden seien... Schmitz findet, dass die BVG nach "Gutsherrenart" ohne erkennbares übergeordnetes Konzept verfährt... Es ist ein bedeutsames Ensemble im Verkehrsbau und die Bauabteilung der BVG wird dem nicht gerecht und scheint dieser Aufgabe nicht gewachsen."

http://www.berliner-woche.de/...
"Die Architekturwissenschaftler und Denkmalschützer würden gerne reden. Über die U-Bahnhöfe Schlossstraße und Rathaus Steglitz zum Beispiel. Das Problem: die BVG will sich nicht äußern."

http://www.taz.de/...
"Hat die BVG keinen Sinn für so was? Dort arbeiten Ingenieure, aber weniger Architekten, schon gar keine Architekturhistoriker oder Denkmalexperten. Vor einiger Zeit sollte ein Gestaltungsbeirat eingerichtet werden, der mit der BVG zusammen solche Fragen erörtert. Bislang gibt es ihn wohl nicht."

Viele Grüße
André
Wie sollte Hallesches Tor als Turmbahnhof denn aussehen?

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Nicht-dynamische Signatur
Zitat
andre_de
Selbstverständlich spreche ich der BVG-Bauabteilung nicht jegliche Sach- und Fachkenntnisse ab, ich bezog mich dabei (zugegeben überspitzt) auf Aspekte wie Design, Gestaltungsregeln, Farbwahl usw., alles Themen, die man im Kerngeschäft einer Bauabteilung nicht zwingend braucht, man sich dessen dann aber auch bewusst sein und externen Rat akzeptieren sollte. Sicher braucht es dafür keine Stararchitekten, vielleicht wäre die Kooperation mit einer Hochschule für Gestaltung bereits ein nutzbringender (und nicht teurer) Schritt. Dort ist, und da bleibe ich so direkt, definitiv mehr Know How vorhanden, was Formen und Farben und Gesamtkonzepte angeht. Die Einbindung des Geschichts-Know-Hows des Denkmalschutzes ist ja nun zwangsweise sichergestellt ;-)

Hallo Andre, natürlich ist deine Sichtweise und die des Netzwerkes Kerboros / Uranophil [www.urbanophil.net] verständlich, wenn man sich etwas einliest.

Aber: Die Instandhaltung von Bauwerken aus der über 100jährigen Baugeschichte ist eine riesige Herausforderung, vor allem die heutigen, bisher unerreichten Fahrgastströme damit zu bewältigen. Die Instandhalter sitzen zwischen allen Stühlen. Die betrieblichen und verkehrlichen Anforderungen verlangen ganz andere Lösungen als die unveränderte Erhaltung. Sicherheitsspezialisten (und Vorschriftenreiter), die jeden Tag neue Dinge entdecken, die nicht mehr zulässig sind kommen erschwernd hinzu. Gerne werden dabei Anforderungen an Neubauten mit den Bestandsbauwerken vermischt. Die Rechtssicherheit ist dabei oft eine heikle Frage der Auslegung oder Sichtweise.
Bestimmte Baustoffe, vor allem Asbestfasern und brennbare Kunststoffe müssen daher so schnell wie möglich entsorgt werden, egal wie die architektonische Schöpfungshöhe dieser Verzierungen in Bezug auf das Gesamtkunstwerk U-Bahnhof sein mag. Bisher konnten Schließungen ganzer Stationen mit Ausnahme der Bauzeiten für den geschützten Rückbau dieser Baustoffe vermieden werden. Beseitigt man diese Dinge nicht, droht nach Fristsetzung die Schließung durch die Aufsichtsbehörde.
Meist wird im Zuge der Vorplanungen erstmals beprobt, dann müssen erkannte Schadstoffe auch schnellstmöglich entfernt werden, auch wenn noch gar kein Konzept für das künftige Aussehen abgestimmt werden konnte. So präsentieren sich derzeit einige Stationen als Rohbau recht unansehnlich. Ist halt nicht zu vermeiden, wenn man trotz der nötigen Renovierung Betrieb machen muss. Hier liegen auch die Grenzen des Denkmalschutzes. Gestaltungselemente aus den falschen Werkstoffen sind nicht zu erhalten.
Repliken werden von Hardcore-Bewahrern aber kategorisch abgelehnt. Was nun?
Das setzt sich bei Beleuchtungskörpern fort. Bestimmte Leuchtmittel dürfen EU-weit nicht mehr eingesetzt werden. Lichtkonzepte aus der Vergangenheit erreichen die heute geforderten Werte für Beleuchtungsstärke, Gleichmäßigkeit, Farbwiedergabe nicht. Ach wenn sie noch so toll gestaltet sind und den Zeitgeist der Entstehungszeit manifestieren, sind die originalen Leuchten nicht mehr einsetzbar. Nicht um die einstigen Schöpfer zu brüskieren, sondern weil der Gesetzgeber bestimmte technische Regeln verbindlich vorschreibt.
Die Gestalter des U-Bhf Schloßstraße sorgen sich um den Sichtbeton. Vor der massenhaften Verbreitung von Farbsprühdosen reichte jährlich eine Wasserdusche zur Staubentfernung. Jetzt kommen selbsternannte Künstler und bringen ihre eigenen "Streetart"-Werke auf den Sichtbeton. Der Denkmalschutz kann sie nicht davon abhalten. Also Graffitischutzlack drauf? Um Gottes Willen, schimpft der Architekt, der zerstört mein Werk.

Wie soll sich die Bauabteilung verhalten? Egal was, es kann nur falsch sein.

so long

Mario
@Mario, ich bin sehr bei Dir, das hast Du beeindruckend formuliert. Denkmalpflege ist immer Kompromiss und sollte mit Augenmaß erfolgen. Eine U-Bahn ist auch kein Museum, sie muss natürlich in erster Linie funktionieren und den div. Vorschriften entsprechen. anders geht's ja nicht. Ich finde z.B. den viel bespieenen Alexanderplatz einen akzeptablen Kompromiss. Es gibt wirklich schlimmeres.
Zitat
der weiße bim
Wie soll sich die Bauabteilung verhalten? Egal was, es kann nur falsch sein.

Es kann jedoch mehr oder weniger falsch sein. Wer einen 70er-Jahre-Bahnhof wie die Bismarckstraße seines zeitgemäßen Gestaltungsbildes beraubt und ihn historisch völlig unkorrekt in einen eher missglückten Gründerzeitnachbau umgestaltet, disqualifiziert sich zumindest soweit für einen angemessenen Umgang mit der historischen Gestaltqualität, dass er sich nicht beschweren sollte, wenn er durch großzügige Denkmalschutzausweisungen bei diesem Tun maßgeblich ausgebremst wird. Nicht zuletzt, um die U7 West und die U8 Nord vor unsinnigen Umgestaltungen zu schützen kann es nicht schnell genug gehen, auch diese Abschnitte unter Denkmalschutz zu stellen. Vor allem der U7-Abschnitt westlich des Mehringdamm ist ein hochwertiges, erhaltenswertes Gesamtkunstwerk, bei dem es weniger um den einzelnen Bahnhof als um das Denkmalensemble geht.
Zitat
Henning
Auf diesen Abschnitt sind keine Strecken und Bahnhöfe aus den 50er Jahren.

Oh doch! Baubeginn für den Abschnitt Grenzallee - Britz-Süd war am 2.11.59. Nur weil die Eröffnung erst 1963 war, stammt die Planung trotzdem aus den 50ern!

x--x--x--x

Für mehr gelbe Farbe im Netzplan: die Farben der U4 und U7 tauschen!
Zitat
der weiße bim
Wie soll sich die Bauabteilung verhalten? Egal was, es kann nur falsch sein.

Es geht doch überhaupt nicht darum, 1:1 alles zu erhalten. Neben heute verbotenen Schadstoffen kann es ja z.B. auch sein, dass wegen sich ändernder Verkehrsströme eine andere Ausgangssituation oder andere Umsteigewege notwendig werden. Auch möchte wahrscheinlich niemand am Frankfurter Tor den direkten Zugang vom U5-Bahnsteig zur Straßenbahnhaltestelle missen. Oder Aufzüge.

Es geht darum, ein Grundverständnis zu entwickeln und den Charakter zu erhalten - und nicht blind abzureißen und den IKEA-Katalog anzuwenden. Der mehrfach genannte Bahnhof Bismarckstraße ist ein besonders gruseliges Beispiel. Als Strafe dafür müsste eigentlich das gesamte U-Bahn-Netz unter Denkmalschutz gestellt werden. Wie kann man sich denn so ignorant verhalten? Achso, deshalb:

Zitat
taz
Hat die BVG keinen Sinn für so was? Dort arbeiten Ingenieure, aber weniger Architekten, schon gar keine Architekturhistoriker oder Denkmalexperten. Vor einiger Zeit sollte ein Gestaltungsbeirat eingerichtet werden, der mit der BVG zusammen solche Fragen erörtert. Bislang gibt es ihn wohl nicht.

Im Bauwesen hat sich völlig zurecht eine Arbeitsteilung zwischen Bauingenieuren und Architekten herausgebildet. Wird eine dieser Gruppen nicht gehört, kommt mit hoher Wahrscheinlichkeit Murks raus. Der BER (fehlende Bauingenieure*) und ein beliebiges Kaufland (fehlende Architekten) lassen grüßen.

Zitat
Heidekraut
Das ist alles richtig. aber wer sagt denn, dass nur Stararchitekten anständige Arbeit machen. Was ist an freien Architekturbüros negativ? Auch die haben gelernt, ihre Arbeit ordentlich zu machen, jedenfalls die meisten würde ich schätzen.

Den Gegensatz zwischen Stararchitekten und freien Architekturbüros gibt es nicht. So ziemlich jeder Stararchitekt dürfte Inhaber eines freien Architekturbüros sein, denn das Wort "frei" besagt ja nur, dass es nicht z.B. zur BVG gehört. (Das schrieb derweißebim auch nicht - seine Aussage war, dass man keine Spitzen-Architekten einstellen kann, sondern die Aufträge an freiberufliche Büros vergeben muss.)

Bei Deiner Aussage stimme ich Dir allerdings zu. Ich hatte schon mehrmals der zweifelhafte Vergnügen, von Stararchitekten entworfene Gebäude nutzen zu müssen - furchtbar. Nutzung ist bei diesen W****vorlagen für Architekturstudenten nicht vorgesehen. Deshalb halte ich das auch nicht für gute Architektur - denn die ist natürlich vom Nutzer (und vom Betreiber) her gedacht und zugleich ästhetisch ansprechend.

Zitat
Heidekraut
Da die BVG ein stadteigener Betrieb ist, würde ich denken, sie sollte auch auf den Kulturstaatssekretär und auf die Denkmalbehörden hören.

Richtig. Wenn noch nicht einmal öffentliche Träger den Erhalt baukulturellen Erbes als Wert betrachten - warum sollten private Bauherren es tun?

___
* Eigentlich benötigt man kein Bauingenieursstudium, um zu wissen, dass Rauch aufsteigt. Aber das ist ein anderes Thema.



1 mal bearbeitet. Zuletzt am 08.08.2017 08:38 von def.
Zitat
B-V 3313
Zitat
Henning
Auf diesen Abschnitt sind keine Strecken und Bahnhöfe aus den 50er Jahren.

Oh doch! Baubeginn für den Abschnitt Grenzallee - Britz-Süd war am 2.11.59. Nur weil die Eröffnung erst 1963 war, stammt die Planung trotzdem aus den 50ern!

Ganz genau war ich dennoch nicht. Ich sprach ja vom Abschnitt Spandau - Hermannplatz. :)
Zitat
def
Es geht doch überhaupt nicht darum, 1:1 alles zu erhalten. Neben heute verbotenen Schadstoffen kann es ja z.B. auch sein, dass wegen sich ändernder Verkehrsströme eine andere Ausgangssituation oder andere Umsteigewege notwendig werden. Auch möchte wahrscheinlich niemand am Frankfurter Tor den direkten Zugang vom U5-Bahnsteig zur Straßenbahnhaltestelle missen. Oder Aufzüge.

Es geht darum, ein Grundverständnis zu entwickeln und den Charakter zu erhalten - und nicht blind abzureißen und den IKEA-Katalog anzuwenden. Der mehrfach genannte Bahnhof Bismarckstraße ist ein besonders gruseliges Beispiel. Als Strafe dafür müsste eigentlich das gesamte U-Bahn-Netz unter Denkmalschutz gestellt werden. Wie kann man sich denn so ignorant verhalten?

Strafdenkmalschutz für die U-Bahnhöfe der BVG - eine interessante Idee... ;-)

Denkmalschutz bedeutet nicht 1:1 Erhalt ohne jegliche Änderung, sondern eben eine behutsame und die Architektur und Gestaltung des Ortes würdigende Weiterentwicklung.
Und ich war in einer ganzen Reihe von U-Bahn-Systemen unterwegs und kann aus eigener Anschauung bestätigen: Das Berliner Netz ist bezüglich seiner Stationsarchitektur schon etwas Besonderes - gerade die Ablesbarkeit der verschiedenen Bauepochen.
Hier noch einige Artikel zu Debatte zu diesem Thema aus der Fachwelt:

[www.db-bauzeitung.de]

[www.moderne-regional.de]

[www.moderne-regional.de]

[www.google.de]

Zitat
def
Richtig. Wenn noch nicht einmal öffentliche Träger den Erhalt baukulturellen Erbes als Wert betrachten - warum sollten private Bauherren es tun?
Auch hier volle Zustimmung.
Ich bin auch immer wieder erstaunt, wie selbstverständlich wir heutzutage schlechte Architektur, Stadpplanung und Gestaltung - sowohl von Geböäuden als auch Freiräumen - als Standard hinnehmen und dies auch noch verteidigen. Es ist unsere Umwelt, in der wir uns tagtäglich bewegen, aufhalten und wie auch immer nutzen. Sie prägt uns vielm mehr, als wir es oft wahrhaben wollen. Und gerade da sollen wir auf jegliche Ästhetik und Qualität verzichten? Und gerade bei U-Bahnhöfen verstärkt sich noch dieser Effekt, da es sich um abgeschlossene Räume handelt, in denen wir auf die Bahn warten. Also eigentlich gegen unsere eigentliche Intention - nämlich uns schnell von A nach B fortzubewegen - hier Zeit verbringen müssen.

Ingolf
Die Architekten und Ingenieure haben sich in den 80er Jahren bestimmt gedacht: was wir hier aus der Mangelwirtschaft machen wird bestimmt mal in die Baugeschichte eingehen.
Und richtig: die Mangelwirtschaft der DDR wird in den U-Bahn Zweckbauten aufrechterhalten.
Somit weiss jeder Anwohner Hellersdorfs, besonders die finanziell nicht so gut situierten, wo sie hingehören...ins Hartz4 Loser Ghetto im Osten. Toll, sehr motivierend.

Touristenströme werden extra nach Hellersdorf kommen um sich diese kulturelle und architektonische Errungenschaft der DDR heute noch ansehen zu können.
Mich wundert es dass sich für unzählige Hotelebauten in Hellersdorf nicht längst die Kräne drehen.

Schon interessant: Beim Ostkreuz heulen alle rum dass die Dächer mit Isorockplatten belegt werden und verweisen auf Historisches und bei den U5 Bahnhöfen wird es als sehr wichtig empfunden graue Wellblechdächer unter Denkmalschutz zu stellen....obwohl...50% der Ostkreuzdächer waren ja bis vor den Umbau auch mit Wellblech belegt....vielleicht sind die ja gemeint.

Dieser ostalgische Denkmalschutz wird dafür sorgen dass alles was verändert werden soll viel viel länger dauern und teurer werden wird.

Allein der Einbau von Blindenleitstreifen oder einer neuen Beleuchtungsanlage wird die Kosten und Vorplanungen in die Höhe treiben.
Der Einbau von Aufzügen dürfte mit Verweis auf die vorhandenen Rampen ja unmöglich werden.
Die Rampen ernsthaft als barrierefreie Einrichtung zu bezeichnen ist blanker Hohn.

--
Neues vom Ostkreuz im Ostkreuzblog
@ Stefan Metze: Du hast offensichtlich weder Sinn noch Funktionsweise von Denkmalschutz verstanden (Tipp: Sinn ist es nicht, eine Touristenattraktion zu schaffen. Und er verbietet auch nicht alle Änderungen am Bestand). Und scheinst es noch nicht einmal verstehen zu wollen, geschweige denn Interesse an einer ernsthaften Diskussion zu haben - sonst würdest Du nicht längst widerlegte "Argumente" nochmal wiederholen.

Fühlen sich die Leute in der Friedrich-und Chausseestraße wegen der sehr schlichten und ebenfalls unter Denkmalschutz stehenden U6-Stationen eigentlich ebenfalls benachteiligt? Die Bahnhöfe haben überraschenderweise sogar Aufzüge, obwohl das in Deiner Welt doch gar nicht möglich ist, weil der Denkmalschutz alles verbietet.
Zitat
Ingolf
Ich bin auch immer wieder erstaunt, wie selbstverständlich wir heutzutage schlechte Architektur, Stadtplanung und Gestaltung - sowohl von Gebäuden als auch Freiräumen - als Standard hinnehmen und dies auch noch verteidigen. Es ist unsere Umwelt, in der wir uns tagtäglich bewegen, aufhalten und wie auch immer nutzen. Sie prägt uns vielm mehr, als wir es oft wahrhaben wollen. Und gerade da sollen wir auf jegliche Ästhetik und Qualität verzichten? Und gerade bei U-Bahnhöfen verstärkt sich noch dieser Effekt, da es sich um abgeschlossene Räume handelt, in denen wir auf die Bahn warten. Also eigentlich gegen unsere eigentliche Intention - nämlich uns schnell von A nach B fortzubewegen - hier Zeit verbringen müssen.

Und vor allem: während die stärkste Konkurrenz, die Autoindustrie, Milliarden für gutes Design ausgibt, reicht es im Nahverkehr noch nicht einmal dazu, auf das Bekleben von Fenstern und das Zumüllen jedes Quadratmeters Bahnsteigfläche mit Verkaufsbüdchen zu verzichten.



1 mal bearbeitet. Zuletzt am 08.08.2017 12:53 von def.
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