Re: Die nächste Grundsatzdebatte zur S-Bahn 22.01.2018 14:27 |
Zitat
vasarius
Ich sähe ein landeseigenes S-Bahn-Unternehmen, das die Infrastruktur der DB Netz nutzt, aus den von Dennis genannten Gründen als die beste Lösung an, die sich realistisch erreichen lässt. Allerdings wäre die Betriebsübergabe, inkl. Fahrpersonal etc., ein ziemlich fragiles Unterfangen, für das man optimalerweise schon einiges an Erfahrung und Personal bräuchte, das der Senat oder die Brandenburger Landesregierung nicht unbedingt hat. Wie wäre es also den Aufbau einer landeseigenen S-Bahn-Gesellschaft quasi als Dienstleistung auszuschreiben? Damit könnte man beispielsweise die ODEG ins Boot holen, die inzwischen eine Menge Erfahrung im liberalisierten SPNV haben, ihnen dafür auch gern einen Haufen Geld in die Hand drücken, wenn am Ende ein landeseigenes Unternehmen steht, das per Direktvergabe ab Tag X den Betrieb übernimmt.
Ein gewichtiges Argument könnten allerdings die Werkstätten sein. Ich hatte im Kopf, dass der Zugang dazu zum diskriminierungsfreien Netzzugang gehört, in dieser Stellungnahme (Seite 4, ab Punkt 4.) klingt das anders.
Andererseits fordert das Eisenbahnregulierungsgesetz in §10, Abs. 2 den diskriminierungsfreien Zugang zu Eisenbahnanlagen. Zur Frage ob dazu auch Werkstätten zählen, findet sich in dieser Abhandlung (Volltextzugang nur über Geld oder aus einem Uni-Netzwerk heraus, sorry!) die Aussage:
Zitat
RUGE, REINHARD. "Diskriminierungsfreier Netzzugang Im Liberalisierten Eisenbahnmarkt in Deutschland." Archiv Des öffentlichen Rechts 131, no. 1 (2006): 1-78. S. 36
Danach [nach 2001/14/EG] kann der Zugang abgelehnt werden, wenn zumutbare Alternativen
zu Marktbedingungen bestehen. […] Angesichts der großen Anzahl von Werkstätten
in Deutschland dürften diese auch weiterhin nicht als Eisenbahninfrastruktur
mit netzzugangsrechtlichen Pflichten einzustufen sein
Da kann ich mir nicht vorstellen, dass das auf die Berliner S-Bahn anwendbar ist. Einen Gleichstromzug kann man ja offensichtlich nicht mal eben nach Magdeburg fahren zur Wartung. Im Zweifel könnte es also sein, dass die Frage nach Werkstattzugang für die »Konkurrenz« zur S-Bahn Berlin GmbH vor Gericht zu klären wäre.
Re: Die nächste Grundsatzdebatte zur S-Bahn 22.01.2018 17:46 |
Zitat
rbb24
Auch sollen die S-Bahn-Werkstätten erhalten bleiben. Im Zweifel sollen Betriebsteile in ein landeseigenes Unternehmen überführt werden. Eine Zersplitterung auf mehrere Unternehmen wird in der SPD-Resolution abgelehnt.
Re: Die nächste Grundsatzdebatte zur S-Bahn 22.01.2018 18:16 |
Zitat
schallundrausch
Ebenfalls will man den kompletten Betrieb in einer Hand, d.h. in der Verantwortung nur eines Unternehmens belassen.
Da das ja offenkundig mit dem Wettbewerbsgedanken im Widerspruch steht und der Ausschreibungspflicht zuwiderläuft, bleibt ja als einzig denkbarer Alternative ja die Landeseigene "Berliner S-Bahn AöR"
Re: Die nächste Grundsatzdebatte zur S-Bahn 22.01.2018 19:35 |
Re: Die nächste Grundsatzdebatte zur S-Bahn 22.01.2018 20:06 |
Zitat
vasarius
Ich sähe ein landeseigenes S-Bahn-Unternehmen, das die Infrastruktur der DB Netz nutzt, aus den von Dennis genannten Gründen als die beste Lösung an, die sich realistisch erreichen lässt. Allerdings wäre die Betriebsübergabe, inkl. Fahrpersonal etc., ein ziemlich fragiles Unterfangen, für das man optimalerweise schon einiges an Erfahrung und Personal bräuchte, das der Senat oder die Brandenburger Landesregierung nicht unbedingt hat. Wie wäre es also den Aufbau einer landeseigenen S-Bahn-Gesellschaft quasi als Dienstleistung auszuschreiben? Damit könnte man beispielsweise die ODEG ins Boot holen, die inzwischen eine Menge Erfahrung im liberalisierten SPNV haben, ihnen dafür auch gern einen Haufen Geld in die Hand drücken, wenn am Ende ein landeseigenes Unternehmen steht, das per Direktvergabe ab Tag X den Betrieb übernimmt.
Zitat
vasarius
Ein gewichtiges Argument könnten allerdings die Werkstätten sein. Ich hatte im Kopf, dass der Zugang dazu zum diskriminierungsfreien Netzzugang gehört, in dieser Stellungnahme (Seite 4, ab Punkt 4.) klingt das anders.
Andererseits fordert das Eisenbahnregulierungsgesetz in §10, Abs. 2 den diskriminierungsfreien Zugang zu Eisenbahnanlagen. Zur Frage ob dazu auch Werkstätten zählen, findet sich in dieser Abhandlung (Volltextzugang nur über Geld oder aus einem Uni-Netzwerk heraus, sorry!) die Aussage:
Zitat
RUGE, REINHARD. "Diskriminierungsfreier Netzzugang Im Liberalisierten Eisenbahnmarkt in Deutschland." Archiv Des öffentlichen Rechts 131, no. 1 (2006): 1-78. S. 36
Danach [nach 2001/14/EG] kann der Zugang abgelehnt werden, wenn zumutbare Alternativen
zu Marktbedingungen bestehen. […] Angesichts der großen Anzahl von Werkstätten
in Deutschland dürften diese auch weiterhin nicht als Eisenbahninfrastruktur
mit netzzugangsrechtlichen Pflichten einzustufen sein
Da kann ich mir nicht vorstellen, dass das auf die Berliner S-Bahn anwendbar ist. Einen Gleichstromzug kann man ja offensichtlich nicht mal eben nach Magdeburg fahren zur Wartung. Im Zweifel könnte es also sein, dass die Frage nach Werkstattzugang für die »Konkurrenz« zur S-Bahn Berlin GmbH vor Gericht zu klären wäre.
Re: Die nächste Grundsatzdebatte zur S-Bahn 22.01.2018 20:23 |
Zitat
drstar
Sobald man ein anderes Unternehmen ins Boot holen will, muß ausgeschrieben werden, und man kann halt nicht mehr (offensichtlich) einen Lieblingskandidaten beauftragen. Heißt, man will vielleicht die ODEG und bekommt die DB AG serviert, genau, was man eigentlich nicht will.
Re: Die nächste Grundsatzdebatte zur S-Bahn 22.01.2018 22:07 |
Re: Die nächste Grundsatzdebatte zur S-Bahn 22.01.2018 23:12 |
Zitat
Lehrter Bahnhof
Die ODEG mit ihrer Realitätsverweigerung bezüglich mehr Wagen auf dem RE2 wäre nun wirklich eine schlechte Wahl.
Re: Die nächste Grundsatzdebatte zur S-Bahn 23.01.2018 00:00 |
Zitat
Nemo
Die DB fährt auch nur, was bestellt wird.
Re: Die nächste Grundsatzdebatte zur S-Bahn 23.01.2018 00:09 |
Hmh, spannende Frage ob sich die DB an einer Ausschreibung zu ihrer eigenen Abschaffung beteiligen würde und ob sie sich irgendwie mittels semi-neutraler Kriterien raushalten ließe.Zitat
drstar
Sobald man ein anderes Unternehmen ins Boot holen will, muß ausgeschrieben werden, und man kann halt nicht mehr (offensichtlich) einen Lieblingskandidaten beauftragen. Heißt, man will vielleicht die ODEG und bekommt die DB AG serviert, genau, was man eigentlich nicht will.
Da wiederum sehe ich fast keine Chance für, und wenn dann wäre das der Allgemeinheit recht schwer zu verkaufen, dass man hohe Millionenbeträge in Bergfelde ausgibt um Wannsee auszuhungern.Zitat
drstar
Da man ja nun etwas Zeit hat, das zu planen, sehe ich da keine Probleme. Berlin hat reichlich Baugrund, sucht man sich etwas geeignetes, kann man da schön die BWs hinpflanzen und dann die S-Bahn aushungern. Wenn, sollte man es gleich richtig machen. Wenn das vernünftig aufgezogen wird, kann man die S-Bahn durch eine "feindliche Übernahme" übernehmen, ohne daß die S-Bahn Berlin GmbH bzw. die DB AG dagegen klagen könnte bzw. deren Klagen Aussicht auf Erfolg hätten. Einzig die Infrastruktur bliebe dann in der Hand der DB-Töchter, aber mittels Klagen wegen deren mangelnder Wartung könnte man auch denen Beine machen.
…noch dadurch verschärft, dass Brandenburg ja auf Bruttoverträge setzt. Das heißt es gibt exakt x Euro für einen Zug mit n Wagen, egal wieviele Leute da mitfahren (also natürlich bezahlt als Gesamtpaket, tut aber nix zur Sache). Wenn man also stattdessen auf eigene Faust n+1 Wagen fährt (falls Bahnsteiglängen, Anfahrbeschleunigung etc das überhaupt zulassen), dann ist man zwangsläufig teurer als der Konkurrent, der nur exakt fährt was bestellt ist.Zitat
Nemo
Zitat
Lehrter Bahnhof
Die ODEG mit ihrer Realitätsverweigerung bezüglich mehr Wagen auf dem RE2 wäre nun wirklich eine schlechte Wahl.
Wie kommst du darauf, dass hier die ODEG unter Realitätsverweigerung leidet. Die DB fährt auch nur, was bestellt wird.
Re: Die nächste Grundsatzdebatte zur S-Bahn 23.01.2018 00:22 |
Zitat
drstar
Berlin hat reichlich Baugrund, sucht man sich etwas geeignetes, kann man da schön die BWs hinpflanzen und dann die S-Bahn aushungern.
Re: Die nächste Grundsatzdebatte zur S-Bahn 23.01.2018 07:47 |
Zitat
drstar
Jupp, ist der Jetzt-Zustand, wenn man Punkt 1 nicht so vereinfacht darstellt. DB Netz, DB S&S, DB Energie etc.
Re: Die nächste Grundsatzdebatte zur S-Bahn 23.01.2018 07:50 |
Zitat
Lehrter Bahnhof
Locomore hat auch eigenwirtschaftlich gearbeitet. Mit hunderten Millionen Subvention - wie bei der S-Bahn- sähe das anders aus. Das ist keine Kunst.
Re: Die nächste Grundsatzdebatte zur S-Bahn 23.01.2018 08:03 |
Zitat
schallundrausch
Es wird immer konkreter, bzw. die Optionen verengen sich immer mehr:
Jetzt spricht sich auch die SPD für einen Fahrzeugpool im Landesbesitz aus. Gleichzeitig will man einen (privaten) Betreiber zwingen, die vorhandenen Werkstätten und Mitarbeiter zu nutzen resp. zu beschäftigen. Ebenfalls will man den kompletten Betrieb in einer Hand, d.h. in der Verantwortung nur eines Unternehmens belassen.
Re: Die nächste Grundsatzdebatte zur S-Bahn 23.01.2018 08:06 |
Zitat
Lopi2000
Zitat
Nemo
Die DB fährt auch nur, was bestellt wird.
Da wir ja hier über die S-Bahn diskutieren: Schön wär‘s.
Re: Die nächste Grundsatzdebatte zur S-Bahn 23.01.2018 22:51 |
Zitat
RegBM Michael Müller am 14.1.2018
Ob wir selbst [S-Bahnen] kaufen, ist koalitionsintern in der Diskussion. Wir hätten dafür finanzielle Spielräume, aber ob Berlin einen eigenen Wagenpark aufbauen sollte, da bin ich mir nicht sicher.
Zitat
SPD-Klausurtagung 21.1.2018
"Alle Netze in (Ring, Nordsüd, Stadtbahn) einer Hand"
"keine Zersplitterung"
"keine Aufteilung auf private Fahrzeugdienstleister und -betreiber"
- Markterkundung für landeseigenen Fahrzeugfuhrpark durchführen
- landeseigener, direkt beauftragter S-Bahnbetrieb vorstellbar
- Instandhaltung und Wartung an den derzeitigen Standorten
- Beteiligung an S-Bahn GmbH anstreben
Zitat
Regine Günther am 12.1.2018
- Markterkundung um interessierte Hersteller und Finanzierungsmodell zu finden
- Wertschöpfung in der Region, Mitarbeiter in der Wartung werden erfahrungsgemäß übernommen
- Möglichkeit: externer Fahrzeugdienstleister oder Fahrzeuge in Landeseigentum
- Vermeidung von Anbietermonopol
- verschiedene Anbieter auf den drei Teilnetzen vorstellbar und kein Problem
- DB Netz unter Druck setzten, um bessere Qualität zu liefern
Zitat
Harald Wolf am 15.1.2018
- Tarifstandards bei Wartung und Instandhaltung einhalten
- keinen privatwirtschaftlichen Fahrzeugpool
- Trennung von Betrieb und Instandhaltung ist schlecht
- keine Gefälligkeitsausschreibung für die DB AG, keine Anbietermonopol
- landeseigener Fahrzeugpool, Finanzierung aus Überschüssen
- gemeinsame Nutzung der Werkstätten
- Beteiligung an S-Bahn GmbH prüfen
- in-House-Vergabe bis 2025 möglich, aber ambitioniert
Re: Die nächste Grundsatzdebatte zur S-Bahn 24.01.2018 01:46 |
Anonymer Benutzer
Re: Die nächste Grundsatzdebatte zur S-Bahn 27.01.2018 02:27 |
Zitat
Arec
Da man einen vom Land kontrollierten Betrieb nicht aus dem Boden stampfen kann, und auch einen Übergang beim Betrieb nicht über Nacht organisiert werden kann, bietet die langfristige und losweise Übernahme des Betriebes zumindest die Chance, irgendwann einmal einen Zielzustand zu erreichen, bei dem das Land auch einen echten Einfluss auf den Betreiber hat.
Re: Die nächste Grundsatzdebatte zur S-Bahn 27.01.2018 13:41 |
Zitat
Railroader
Zitat
Arec
Da man einen vom Land kontrollierten Betrieb nicht aus dem Boden stampfen kann, und auch einen Übergang beim Betrieb nicht über Nacht organisiert werden kann, bietet die langfristige und losweise Übernahme des Betriebes zumindest die Chance, irgendwann einmal einen Zielzustand zu erreichen, bei dem das Land auch einen echten Einfluss auf den Betreiber hat.
Die Deutsche Bahn ist ein zu 100 Prozent bundeseigenes Unternehmen. Von daher hat man bereits jetzt Möglichkeiten, zu agieren, man hat es schlichtweg von staatlicher Seite bisher versäumt.
Im Zweifel bedeuten mehrere Anbieter innerhalb eines Sytems mehrere Schnittstellen. Im schlimmsten Fall gibt es 3 Unternehmen, die den Betrieb verrichten: Ring-, Nord-Süd- und Stadtbahn. Das bedeutet: 3 Transportleitungen, die den Betrieb auf ihren Strecken koordinieren, 3 Personalplaner, die für den Personalbedarf verantwortlich sind. Hat die Stadtbahn dann mal viele Lokführer auf Bereitschaft sitzen, auf der Ringbahn fehlen aber 5, kann man die von der Stadtbahn nicht mal eben auf dem Ring fahren lassen. Ebenso verhält es sich bei operativen Störungen. Es ist fraglich, dass die Unternehmen jeweils genügend Reserven vorhalten werden. Das ist kostenaufwändig und wird nicht bezahlt. Da es bei einer Ausschreibung hauptsächlich um den Preis geht, wird mal also den billigsten Anbieter nehmen.
Ist denn der Betrieb auf den Strecken, die heute durch die ODEG betrieben werden, zuverlässiger geworden?
Re: Die nächste Grundsatzdebatte zur S-Bahn 27.01.2018 14:09 |
Zitat
Jay
Zitat
Railroader
Im Zweifel bedeuten mehrere Anbieter innerhalb eines Sytems mehrere Schnittstellen. Im schlimmsten Fall gibt es 3 Unternehmen, die den Betrieb verrichten: Ring-, Nord-Süd- und Stadtbahn. Das bedeutet: 3 Transportleitungen, die den Betrieb auf ihren Strecken koordinieren, 3 Personalplaner, die für den Personalbedarf verantwortlich sind. Hat die Stadtbahn dann mal viele Lokführer auf Bereitschaft sitzen, auf der Ringbahn fehlen aber 5, kann man die von der Stadtbahn nicht mal eben auf dem Ring fahren lassen. Ebenso verhält es sich bei operativen Störungen. Es ist fraglich, dass die Unternehmen jeweils genügend Reserven vorhalten werden. Das ist kostenaufwändig und wird nicht bezahlt. Da es bei einer Ausschreibung hauptsächlich um den Preis geht, wird mal also den billigsten Anbieter nehmen.
Das ist schon ein wenig die Sicht durch Scheuklappen. Aktuell sieht man ja sehr gut, dass die eine Transportleitung (oder Leitstelle Plus oder wie sie auch immer gerade heißt) mit ihren Aufgaben maßlos überfordert ist und seit ihrer Einrichtung 2011(?) ständig umgebaut wird.
Der Wirkbereich von drei TPs ist also schon mal jeweils deutlich kleiner und damit auch leichter zu überblicken. Auf die drei Personaleinsatzplaner kommen dann eben pro Person auch weniger Personal, das zu disponieren ist.
Zitat
Jay
Statt einer Reservehaltung für das gesamte Netz, muss jedes Verkehrsunternehmen für sich eine Reserve vorhalten, was eher zu einer größeren Reserve führt. Inwiefern im Mangelfall einer dem anderen aushilft, ist auch eine Frage der Vertragsgestaltung.
Zitat
Jay
Da kommt dann auch wieder unser User Tradibahner ins Spiel, der sich nicht ganz zu unrecht darüber aufregt, dass die GmbH wieder heftige Gewinne an den Konzern überweisen muss, obwohl der Betrieb noch lange nicht stabilisiert ist und nach wie vor bezüglich der Fahrzeuge heftige Aufgaben zu bewältigen sind.