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Neue U-Bahn ab heute auf der 715 - Der NF8 U feiert seine Fahrgastpremiere
geschrieben von BahnInfo-Redaktion 
Am Wehrhahn soll Großes entstehen. Die Stadt Düsseldorf plant hier seit Langem eine U-Bahn. Auf der 3,4 Kilometer langen Strecke zwischen den S-Bahnhöfen Bilk sowie Wehrhahn sollen für kalkulierte 494,4 Millionen Euro künftig die bislang fünf Straßenbahnlinien stadtbahnmäßig trassiert und unter die Erde verlegt werden. Anders als bislang setzt man aus Kostengründen hingegen in den Tunneln jetzt auf Nieder- statt Hochflurbetrieb, um das aufwendige Errichten zusätzlich erhöhter Bahnsteige auf den Achsen des so genannten Vorlaufbetriebes zu vermeiden. Aufgrund dieses Vorhabens wurde ein eigens für die Wehrhahn-Linie notwendiges Fahrzeug konzipiert, das im Wesentlichen Anlehnung an die zuletzt beschafften Neubaufahrzeuge NF 8 und NF 10 fand, dabei vorausgegangene Fehler dieser Combino-Serien allerdings Berücksichtigung fanden.

Erstmals seit Inbetriebnahme der GT8 S bestellt die Rheinbahn mit dem NF8 U nun wieder eine Zweirichtungsstraßenbahn, die eigentlich keine ist. Zum einen, weil sie der Systemlieferant Vossloh Kiepe in seinen Publikationen Niederflur-Stadtbahn nennt, zum anderen aber vor allem, weil erst in Traktion in beide Richtungen gefahren werden kann und daher ein Kuppeln von Heck an Heck notwendig ist. Die Rheinbahn begründet ihren Wunsch mit resultierenden Einsparpotenzialen in der Beschaffung und weist darauf hin, dass es lediglich an einer Stelle des Gleisnetzes keine Wendeschleife gebe, die das Kurzkehren erfordere. Solo kann der 35,5 Tonnen schwere Neuzugang der Düsseldorfer, der gestern seine offizielle Premiere auf dem Streckennetz feierte und sich seit heute im Fahrgasteinsatz der 715 befindet, somit konventionell nur auf allen übrigen Linien gefahren werden. Geplant ist jedoch primär, den etwa 30 m langen und bei einer maximalen Beschleunigung von 1,2 m pro Sekunde bis zu 70 km/h schnellen Niederflur-Stadtbahner, im Verband mit bis zu drei Einheiten einzusetzen. Sukzessive soll er perspektivisch den GT8 S ablösen, obgleich der rheinische Verkehrsbetrieb mit einer Abstellung jener noch warten will, um einem Fahrzeugdefizit durch die bevorstehende Mängelbeseitigung an den NF8 und NF10 vorzubeugen.

Vor einem Jahr war der erste NF8 U, dem die Bestellung von 15 Stück im Jahre 2003 vorausging, geliefert und durch den damaligen Vorstandsvorsitzenden der Rheinbahn, Dr.-Ing. Herbert Felz, der Öffentlichkeit präsentiert worden. Inzwischen sind vier vom Hersteller Siemens ausgehändigt, deren Praxistest augenblicklich beginnt und zeigen wird, ob sich alle Anstrengungen bezahlt machen und sich bewahrheitet, wirklich eine kundenfreundliche wie praktikable Bahn entwickelt zu haben.

Jörg Klaeden, Abteilungsleiter Kompetenzcenter Schienenfahrzeuge bei der Rheinbahn, gibt sich jedenfalls zuversichtlich und lobt, dass man aus den Fehlern der Vergangenheit gelernt habe und gleichzeitig bei weniger Instandhaltungskosten mehr Komfort zeige. „Wir haben auf viele Punkte geachtet. Beispielsweise sind die Ersatzteile gleich gehalten, die Fahrwerke tauschbar. Die Fenster bieten dem Fahrgast mehr Fläche.“ Dabei verfolgt das Design des NF8 U das seiner Vorgänger, besticht aber durch mehr Licht und eine den beiderseitigen Türen zu schuldende geänderte Sitzabfolge, die im Spitzen- sowie Endwagen ausschließlich von den Mittelwagen weg ausgerichtet ist. Gleichwohl der Optimierung von Platzeffizienz wurden die Stühle in einem ausreichenden Abstand zueinander verbaut, so dass ohne Probleme auch große Menschen eine Sitzgelegenheit innerhalb der Reihen finden und die Fahrt mit dem neuen Familienmitglied der „Silberpfeile“ genießen können. Auch bemühte man sich um Mobilitätseingeschränkte respektive Behinderte, deren Freiräume vornehmlich im eigentlichen Steuerwagen untergebracht sind und einen optimalen Ein- und Ausstieg ermöglichen. Weiterhin ist die Perlschnur ein wesentlicher Bestandteil. Hier setzt man nach wie vor auf das althergebrachte Rollband, das wegen seiner Einfachheit Kosten spart und dem Kunden gegenüber bei allen Lichtverhältnissen Lesbarkeit gewährleistet. Dennoch bereitet man sich im Rahmen der Fabrizierung auf eventuelle Infotainmentsysteme mit Bildschirmen vor und hält entsprechende Areale innerhalb der Gerätekästen frei. Diese sind nebst solchem zusätzlichen Anbei auch aus technischer Sicht für ein späteres Zugsicherungssystem notwendig, das der Einsatz im Tunnel erfordern wird.
Hier steht bereits jetzt fest: Einen fahrerlosen Betrieb, wie immer wieder spekuliert und politisch diskutiert, wird es nicht geben, so dass auch die auf den bislang vorhandenen Stadtbahntrassen verwendete LZB beim NF8 U keine Beachtung findet, Überführungsfahrten auf den bestehenden Tunnelstrecken also nur selten und, wenn überhaupt, nachts stattfinden werden.

Fahrerinnen wie Marina Wenda soll es nur recht sein. Sie fährt den Neuen unheimlich gerne und setzt ihn in ihrer Rangfolge direkt unter den B-Wagen, der ihr „Mercedes“ auf Schienen ist und bleibt.
Am Anfang, sagt sie, habe sie noch ein mulmiges Gefühl gehabt, den „Silberpfeil II“ fahren zu sollen. Vor allem, was die Kleinraddrehgestelle betreffe. Doch befürchtete Rücken- oder andere Schmerzen blieben nach der ersten Jungfernfahrt aus, so dass sie den futuristischen Arbeitsplatz des Zugtyps, mit dem die Rheinbahn im Ganzen sogar den „iF product design award 2007“ einheimste, mittlerweile kaum mehr tauschen mag. Den Sieg holte sich das Unternehmen im Übrigen gleich zwei Mal, denn neben dem Interieur gewann man die Auszeichnung auch für den extra neu kreierten Notbremsgriff „NBS 400“, wie Jörg Klaeden stolz berichtet.

Die Rheinbahn hält viel auf ihre Straßenbahn und identifiziert sich über sie. Zeugnis davon sei nicht zuletzt das Bemühen um ein ganz individuelles Aussehen, wie es Rheinbahn-Sprecher Georg Schumacher betont. Spätestens sieht man es aber, wenn man das hohe Engagement des Düsseldorfer Verkehrsbetriebes bemerkt, die Elektrische auch weiter in der Nachbarstadt Neuss betreiben zu wollen. Während man andernorts, so in der Hauptstadt Berlin, offenkundig sogar seitens des Betreibers das Stilllegen einzelner Abschnitte fordert, wird am Rhein an Aus- statt Abbau der Straßenbahn gedacht und im Zweifel der Politik Paroli geboten.

Bild: Zwei aus einer Familie. Links der NF8 und rechts der NF8 U an der Neusser Stadthalle. © Christian Linow



Artikel geschrieben von Christian Linow
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