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Ersatzbauwerk Rader Hochbrücke - Schienen-/Straßentunnel?
geschrieben von jwn 
Seit klar ist, dass die Rader Hochbrücke durch ein neues Bauwerk ersetzt werden muss, fordern Wirtschaftsministerium und eigentlich alle Parteien im Landeshaus, dass in etwas mehr als einem Jahrzehnt Schienen- und Straßenverkehr gemeinsam den Kiel-Canal in einem Tunnel unterqueren.

Das Wirtschaftsministerium hat gestern mit dem Ingenieurbüro Böger+Jäckle erste Trassenvarianten für einen Tunnel vorgeschlagen, wie die KN von heute morgen berichteten. Alle Varianten sehen mehr oder minder so aus, dass die heutige Bahnstrecke auf der Höhe von Osterrönfeld über einen Teil der heuten Trasse Kiel-Hassee-Osterrönfeld Richtung Osten verschwenkt wird und erst bei Alt-Duvenstedt wieder auf die Bestandsstrecke trifft. Zwei Varianten bleiben mit der Trasse im wesentlichen auf der Höhe der heutigen Hochbrücke, nur in der dritten Variante werden Autobahn und Eisenbahntrasse näher an Rendsburg und Büdeldorf gelegt.

Auf Grund der Geologie wird der Tunnel bis zu 50 m unter der Erde liegen müssen. Für den Bahntunnel zitieren die KN eine Länge von bis zu 10 km (!). Daher ist davon auszugehen, dass auch in der dritten, "stadtnahen" Variante ein Bahnhof - wenn überhaupt - nur im Tunnel möglich wäre.

Nun meine Frage in die Runde: brauchen wir diesen Eisenbahntunnel überhaupt? Ich frage mich das schon seit Beginn der Diskussion und sehe bisher nur Nachteile.

- die Befürworter des Tunnels sprechen sich auch für die Fehmarnbeltquerung aus. Diese ist aber gerade dafür gedacht, den Schienengüter- und Fernverkehr über den Fehmarnbelt zu führen. Hinsichtlich der Jütlandroute ist davon auszugehen, dass dort der Güter- und Fernverkehr erheblich abnehmen werden. Wofür brauchen wir also eine schnelle, zusätzliche Umfahrung von Rendsburg? Die Eisenbahnhochbrücke wird gerade saniert und soll noch bis zu 50 Jahre halten.

- das Gleiche gilt für den Straßengüterverkehr. Die Fehmbarnbeltquerung soll einen positiven Kosten-Nutzen-Faktor haben. Der hohe Nutzen resultiert aber ausschliesslich aus einer angenommenen massiven Verlagerung des Skandinavienverkehrs auf die Schiene. Davon wird auch die A7 betroffen sein. Warum also ein Mammutbauwerk?

- Wird der Fernverkehr durch den Tunnel geführt, wird Rendsburg damit von diesem abgeschnitten. Das gleiche gilt aber auch für den Regionalverkehr, sollte der Tunnel tatsächlich als Ersatz für die Eisenbahnhochbrücke gedacht sein. Und so klingen die Tunnelbefürworter bisher.

- Die Strecke Kiel-Hassee - Osterrönfeld ist nicht Gegenstand der Planungen. Ohne Eisenbahnhochbrücke wird diese Strecke den Anschluss an Rendsburg und vielleicht sogar an die Bestandsstrecke Richtung Flensburg verlieren. Für den Bundesverkehrswegeplan ist eine Hochgeschwindigkeitsverbindung Aarhus - Hamburg vorgeschlagen, die über Kiel geführt werden soll. Gegenstand des Vorschlags ist auch ein Abbau (!) der Strecke Kiel-Hassee - Osterrönfeld. Mir ist nicht bekannt, wer diesen Vorschlag eingebracht hat, das kann auch eine Privatperson gewesen sein. Aber ich sehe vor diesem Hintergrund eine erhebliche Gefahr für diese Bahnstrecke.

- In Rendsburg gibt es einige Industriebahnanschlüsse, die ohne Eisenbahnhochbrücke am jetzigen Standort wegfallen werden. Die sind zwar gegenwärtig alle stillgelegt, aber insbesondere der Kreishafen und der Betonbauer auf der gegenüberliegenden Kanalseite könnten erheblich von einem Bahnanschluss profitieren. Es liegen immer noch Teile des Gleisanschlusses des Kreishafens, in dem vor allem Massengüter wie Split, Sand oder Getreide verladen werden und der Rendsburg mit langen LKW-Kollonnen beglückt. Der Betonbauer strebt sogar eine Anlieferung über die Schiene an, wie vor einigen Monaten in der Landeszeitung zu lesen war.

Ich frage mich schon lagen, warum all diese Aspekte, insbesondere der Bestand des Rendsburger Bahnhofs, bisher überhaupt nicht Teil der Debatte waren. Wenn man überhaupt von einer Debatte sprechen kann. Bisher scheinen alle davon auszugehen, dass so ein kombinierter Tunnel total sinnvoll ist, ohne Gründe dafür anführen zu können.

Was meint ihr?



1 mal bearbeitet. Zuletzt am 10.09.2014 14:07 von jwn.
Also der Bund ist nur verpflichtet die jetzige Autobahnbruecke in Betrieb zu halten, und halt gegebenenfalls Ersatz zu bauen. Und der bei weitem guenstigste Ersatz ist eine 4-spurige neue Hochbruecke direkt neben der jetzigen. (Die dann nach Inbetriebname der neuen abgerissen wird.)

Fuer alles weitere waere erstmal das Land zustaendig. Und da man ja sowieso nicht genug geld hat bedeutet das in der praxis das man bei Dobrindt betteln gehen muesste. Und selbst dann stellt sich die Frage ob dies das allerwichtigste (Bettel-)Verkehrsprojekt ist, oder ob man nicht z.B. besser den Bund fragt einige sinnvolle weiteren Ausbaumassnahmen entlang der Vogelfluglinie zu finanzieren.

Als Zyniker kann man sich natuerlich vorstellen dass Meyer das alles sehr gut weiss, und hier nur schoene Plaene erstellen laesst damit ers spaeter sagen kann 'Wir wollen da was tun aber die boese CDU blockiert' oder so aehnlich.
Zitat
jwn
Seit klar ist, dass die Rader Hochbrücke durch ein neues Bauwerk ersetzt werden muss, fordern Wirtschaftsministerium und eigentlich alle Parteien im Landeshaus, dass in etwas mehr als einem Jahrzehnt Schienen- und Straßenverkehr gemeinsam den Kiel-Canal in einem Tunnel unterqueren.

Das Wirtschaftsministerium hat gestern mit dem Ingenieurbüro Böger+Jäckle erste Trassenvarianten für einen Tunnel vorgeschlagen, wie die KN von heute morgen berichteten. Alle Varianten sehen mehr oder minder so aus, dass die heutige Bahnstrecke auf der Höhe von Osterrönfeld über einen Teil der heuten Trasse Kiel-Hassee-Osterrönfeld Richtung Osten verschwenkt wird und erst bei Alt-Duvenstedt wieder auf die Bestandsstrecke trifft. Zwei Varianten bleiben mit der Trasse im wesentlichen auf der Höhe der heutigen Hochbrücke, nur in der dritten Variante werden Autobahn und Eisenbahntrasse näher an Rendsburg und Büdeldorf gelegt.

Auf Grund der Geologie wird der Tunnel bis zu 50 m unter der Erde liegen müssen. Für den Bahntunnel zitieren die KN eine Länge von bis zu 10 km (!). Daher ist davon auszugehen, dass auch in der dritten, "stadtnahen" Variante ein Bahnhof - wenn überhaupt - nur im Tunnel möglich wäre.

Nun meine Frage in die Runde: brauchen wir diesen Eisenbahntunnel überhaupt?

Nein, WIR brauchen diesen Eisenbahntunnel nicht.
Warum Herr Meyer und viele andere (SH-)Politiker ihn wünschen erschließt sich mir nicht. Wie bei anderen sehr großen Bauvorhaben (u.a. S21, Fehmarnbelt) wird die Bauwirtschaft ein sehr großes Interesse an dem Projekt haben. Und der Einfluss dieser Leute auf die Politik ist ziemlich groß (Arbeitsplätze!).

Nach seinen wilden Trassenplanungen, die außer Variante 3 ja sehr naheliegend sind, muss das Verkehrsministerium in Kiel, das ja auch Wirtschaftminsterium ist, nun schleunigst die Wirtschaftlichkeit der Kombilösung nachweisen, und da bin ich auf die Bewertung des Nutzens des Schienentunnels gespannt. Und zwar den Nutzen für die Volks- und nicht die Bauwirtschaft.

Zitat
jwn
- Wird der Fernverkehr durch den Tunnel geführt, wird Rendsburg damit von diesem abgeschnitten. Das gleiche gilt aber auch für den Regionalverkehr, sollte der Tunnel tatsächlich als Ersatz für die Eisenbahnhochbrücke gedacht sein. Und so klingen die Tunnelbefürworter bisher.

Sehe ich auch so.

Der Verlust des heutigen Fernverkehrs ist für Rendsburg sicher nicht allzu groß. Für den Regionalverkehr muss man aber auch mit Tunnel eine Lösung finden, den heutigen Bahnhofsstandort als solchen mit Zügen zu erhalten.

Zitat
jwn
- Die Strecke Kiel-Hassee - Osterrönfeld ist nicht Gegenstand der Planungen. Ohne Eisenbahnhochbrücke wird diese Strecke den Anschluss an Rendsburg und vielleicht sogar an die Bestandsstrecke Richtung Flensburg verlieren.

Ja, ist nicht unwahrscheinlich.

Immerhin werden in den nächsten Monaten mit Geld aus Meyers Haus viele neue Bahn-Haltepunkte von Melsdorf bis Schülldorf gebaut. Das Verkehrsministerium wird sicher prüfen, nach einem Tunnelbau Rendsburg per Bus schnell an Schülldorf anzubinden.

Zitat
jwn
Ich frage mich schon lagen, warum all diese Aspekte, insbesondere der Bestand des Rendsburger Bahnhofs, bisher überhaupt nicht Teil der Debatte waren. Wenn man überhaupt von einer Debatte sprechen kann. Bisher scheinen alle davon auszugehen, dass so ein kombinierter Tunnel total sinnvoll ist, ohne Gründe dafür anführen zu können.

Wir sind dann schon mal zwei, die das anders sehen.

Ich hoffe, dass sich die Debatte bis Ende des Jahres von selbst erledigt, weil nur eine Autobahnbrücke innerhalb von 12 Jahren realistisch und finanzierbar ist. Und die Eisenbahnhochbrücke wird nicht nur 50 Jahre halten, sondern wird gebraucht, solange Eisenbahnen von Hamburg nach Flensburg fahren!
Laut DB fahren heute 45 Güterzüge/d über die Jütlandroute. Weiß hier jemand, wieviele davon aus Kopenhagen/Schweden kommen?
Gibt es überhaupt (nennenswert) Güterzüge aus Jütland/Fynen?
Zitat
BirdOfParadise
Laut DB fahren heute 45 Güterzüge/d über die Jütlandroute. Weiß hier jemand, wieviele davon aus Kopenhagen/Schweden kommen?
Gibt es überhaupt (nennenswert) Güterzüge aus Jütland/Fynen?

Woher hast du die Daten, dass genau 45 Güterzüge da lang fahren?
Die Zahl wurde mir im Rahmen einer Diskussion um die Hinterlandanbindung von der DB benannt. Mich interessiert, wieviele Güterzüge davon aus Jütland kommen, sprich auch nach dem Bau der feste Fehmarnbeltquerung auf der Jütlandroute verbleiben.
Moin aus Kiel,

die 1913 fertiggestellte Rendsburger Eisenbahnhochbrücke war von Anfang an eine Dauerbaustelle. Wenn der Anstrich mit Entrostung von der Nordseite zur Südseite erneuert war, konnte man auf der Nordseite wieder anfangen. In den Archiven der örtlichen Tageszeitungen findet man massenweise aus der gesamten Betriebszeit Artikel über Bauarbeiten, Beschwerden der Anwohner (Fäkalien, Verschmutzungen, Lärmbelästigungen).
Die Brücke wurde gebaut, damit des Kaiser`s liebstes Spielzeug (Kriegsmarine) nicht vor den Drehbrücken warten musste. Da spielte das Geld keine Rolle und der Bürger hatte sowieso nichts zu melden.
Mit dem Bau der A7 zwischen 1969 und 1972 wurde die Rader Hochbrücke gebaut, die ja nach 40 Jahren ihren Geist fast aufgegeben hat.
Eine Kanalunterführung ist aus meiner Sicht besser, da wir in SH öfter mit Sturm zu kämpfen haben. Wenn jetzt parallel zur Autobahn auch noch eine Röhre für die Eisenbahn gebaut wird, ist es doch eine gute Lösung. Im nördlichen Bereich kann über ein Gleisdreieck der alte Bahnhof Rendsburg angebunden werden.
Sollte überhaupt eine Fehmarnbelt-Querung gebaut werden, benötigt man eine Entlastungsstrecke, denn auch dort kann es Ausfälle und Reparaturen geben.

Und wenn der Tunnel fertig ist, haben wir das gleiche Problem wie mit dem Elbtunnel oder dem altem Kanaltunnel, an dem auch ständig herumrepariert wird.

Gruß aus Neumünster

D-Zug-Schaffner

[eisenbahn-sh.de]

[blog.eisenbahn-sh.de]



1 mal bearbeitet. Zuletzt am 07.08.2015 10:11 von d-zug-schaffner.
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