Eine genaue Trennung, welche Verbindungen dem Nah- und welche dem Fernverkehr zuzuordnen sind, ist nicht ganz einfach und damit ist auch die im Gesetz vorgesehene strikte Trennung bei den ZUständigkeiten zwischen Nah- und Fernverkehr sicherlich problematisch.
Zwar könnte sich das Land Schleswig-Holstein auf den Standpunkt stellen, dass die Verbindung Hamburg - Flensburg Fernverkehr sei und nur noch RBen Neumünster - Flensburg im Anschluss an die REs Hamburg - Kiel bestellen, aber man muss auch die Folgen einer solchen Bestellpolitik sehen :
Für den Fernverkehr wäre zwar der Bund zuständig, der aber grundsätzlich auf dem Standpunkt steht, dass Fernverkehrsleistungen nicht von der öffentlichen Hand ausgeschrieben und bestellt, sondern eigenwirtschaftlich durch die Eisenbahnverkehrsunternehmen erbracht werden, also auch hier nicht als Besteller für FLEX-Züge auftreten wird.
Die DB (wie auch andere EVUs) wird jedoch keine wirtschaftliche Grundlage sehen, einen eigenwirtschaftlichen Fernverkehr mit angemessenem Zugangebot anzubieten (den es hier früher mal in Form der IR-Züge gab, die dann aber ja 2002 eingestellt wurden), so dass sich der durchgehende Zugverkehr zwischen Hamburg und Flensburg auf die zwei EC-Zugpaare nach Dänemark beschränken wird und Reisende, die aus Flensburg, Schleswig und Rendsburg nach Hamburg oder in einen der dort beginnenden Fernzüge umsteigen wollen, immer erst mit der RB nach Neumünster fahren und dort nochmals umsteigen müssten.
Die Folge wäre eine völlige Abhängung vom schnellen Reiseverkehr, was die Region als Wohnsitz wie auch als Wirtschaftsstandort nicht gerade attraktiver machen dürfte.
Hier hat sich also das Land S.-H. aus Gründen der Daseinsvorsorge für seine Einwohner gezwungen gesehen, Verkehre zu bestellen, bei denen die Zuständigkeit des Landes zumindest zweifelhaft ist.
Das Problem der gesetzlichen Trennung von Nah- und Fernverkehr stellt sich überall dort, wo ein angemessenes eigenständiges Fernverkehrsangebot nicht eigenwirtschaftlich zu leisten ist, ein reines Nahverkehrsangebot aber den Entfernungen innerhalb der Region nicht gerecht wird. Die Lösung wäre hier wahrscheinlich, Fernverkehrszüge, die etwa aus Richtung Ruhrgebiet als eigenwirtschaftlicher IC in Hamburg ankommen, als bestellten RE in Richtung Schleswig-Holstein weiterfahren zu lassen, um so zumindest das´Umsteigen zu ersparen und weiter eine direkte Anbindung an das Fernverkehrsnetz zu erhalten.
Dies ist aber zum einen problematisch, weil auch die DB innerhalb des Konzerns in separate Gesellschaften für den Nah- und Fernverkehr gespalten ist. Zum anderen besteht hier aber auch die Gefahr, dass zunächst jeglicher Fernverkehr außerhalb des Kernnetzes eingestellt wird, um ihn anschließend von den Ländern unterstützt als "Anschluss-Nahverkehr" wieder anzubieten.
Fakt sit jedenfalls : Die strikte Trennung von Nah- und Fernverkehr war einer der großen Fehler der Bahnreform von 1994, das prominenteste Opfer dieses Fehlers dürfte der Interregio gewesen sein, ein Zug, der gerade den mittleren Fernverkehr und den schnellen Regionalverkehr auf Hauptstrecken in einem Zugsystem zusammenfassen wollte.