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Kapazität der Nürnberger U-Bahn und Straßenbahn
geschrieben von Nukebro 
Es wird ja verschiedentlich in diesem Forum behauptet, die Nürnberger U-Bahn habe — insbesondere auf der Strecke Rathenauplatz-Hauptbahnhof — ein Kapazitätsproblem. Ich denke um die Debatte zu versachlichen wäre es sinnvoll zu diskutieren, was möglich ist und was verschiedene Maßnahmen bringen könnten.

Gehen wir einfach mal von bekannten Zahlen aus und rechnen jeweils pro Stunde, da das Problem vermutlich in der Spitzenstunde oder vielleicht ein oder zwei "Nachbarstunden" am Morgen bzw. Abend unter der Woche auftritt.

Zunächst einmal die theoretische Kapazität von Kurzzügen im 100-Sekunden-Takt. Der Zug hat laut Wikipedia [de.m.wikipedia.org] eine Kapazität von 82 Sitz- und 238 Stehplätzen (ohne Fahrer-Kabine) bzw. 72 Sitz- und 216 Stehplätze (mit Fahrer-Kabine). Alle 100 Sekunden ein Zug sind 36 Züge also 36*(82+238)=11'520 Plätze, davon 2'952 Sitzplätze bzw. 36*(72+216)=10'368 Plätze davon 2'592 Sitzplätze.

Bei 100-Sekunden-Takt mit Langzügen wäre man entsprechend beim Doppelten, also 23'040 (5'904 sitzend) bzw. 20'736 (5'184 sitzend). Bei 100-Sekunden-Takt mit G1, dessen Kapazität laut Wikipedia [de.m.wikipedia.org] 128 Sitz- und 476 Stehplätze beträgt, wären wir bei 36*(128+476)=21'744 davon 4'608 Sitzplätze.

Der G1 hat also weniger Sitzplätze als beide Varianten des DT3 in Doppeltraktion und kommt nicht an die Kapazität des DT3 ohne Fahrer-Kabine heran.

Auf der Strecke fährt allerdings heute schon die Straßenbahn und künftig soll noch eine Linie hinzukommen. Zwar gibt es heute verschiedene Baureihen der Straßenbahn, aber künftig wird vermutlich der allergrößte Teil oder gar alles der Avenio sein. Laut Wikipedia [de.m.wikipedia.org] hat der Avenio in Nürnberg 62 Sitz- und 152 Stehplätze. Derzeit fährt zwischen Hauptbahnhof und Rathenauplatz ausschließlich die Linie 8 im 10-Minuten-Takt. Das sind also 6 Züge je Stunde und folglich 6*(62+152)=1'284 Plätze, davon 372 Sitzplätze. Die Einführung einer weiteren Linie ebenfalls im 10 Minuten-Takt, wie es im Zuge der Stadtparkschleife zu erwarten ist, erhöht die Kapazität auf das Doppelte also 2'568, davon 744 Sitzplätze. Zwischen Aufseßplatz und Christuskirche überlagern sich vier Linien, es kann also davon ausgegangen werden, dass bei der Straßenbahn mindestens ein 150-Sekunden-Takt möglich ist. Dieser hätte eine Kapazität von 5'136 Plätzen, davon 1'488 Sitzplätze.

Der Avenio hat eine Gesamtlänge von 36,85 m. Im Zuge der StUB sind 60m-Bahnsteige vorgesehen. Eine Doppeltraktion Avenio wird mit 73,70 Meter (ohne Kupplung) eindeutig zu lang sein. Gehen wir aber davon aus, dass es künftig eineinhalb-Traktion des Avenio geben kann und dass alle relevanten Haltestellen verlängert werden können oder die entsprechende Länge bereits haben. Dann haben wir überschlagen nochmal 50% mehr Kapazität also im 150-Sekunden-Takt 7'704 Plätze davon 2'232 Sitzplätze je Stunde.

Gehen wir aber mal davon aus, dass jene, die den 100-Sekunden-Takt bei der U-Bahn für unmöglich halten, Recht haben. Welchen Takt kann man dann allerhöchstens stabil fahren? Auf diese wiederholte Frage habe ich keine Antwort bekommen. Aber da der Betrieb auf der U1 nicht als unzuverlässig kritisiert wird, gehen wir einfach mal davon aus, dass was da gefahren wird prinzipiell auch auf der U2/U3 möglich wäre. Das wären dann Baureihe G1 im 200-Sekunden-Takt also 18 Züge je Stunde. Also 18*(128+476)=10'872 Plätze davon 2'304 Sitzplätze je Stunde.

Man sieht also, dass Anstrengungen, die den Takt der U-Bahn verdichten, mehr an Kapazität versprechen als die Straßenbahn. Die neue Linie 7 bringt ein bisschen extra-Kapazität (wobei aufgrund der Fahrzeit die Frage offen ist, wie viele Leute, die heute auf dieser Strecke U-Bahn fahren, tatsächlich künftig Straßenbahn fahren werden) aber zum Beispiel eine Verlängerung der Bahnsteige um 5-Wagen-Züge zu erlauben (+25%) oder ein 100-Sekunden-Takt anstelle des 200-Sekunden-Taktes (+~100%) würden deutlich mehr bewirken. Selbst ein Umbau der DT3F auf DT3 würde gut 10% mehr Kapazität bringen.

Wenn also wirklich die Kapazität auf der Strecke Rathenauplatz-Hauptbahnhof einen Engpass darstellt, ist das ein Argument für Investitionen in das System U-Bahn. Die niedrig hängende Frucht bei der Straßenbahn wird mit der Stadtparkschleife gepflückt, aber viel Kapazität bringt das im Verhältnis leider nicht.

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Selbstverständlich sollten wir mehr Schienen bauen!
Noch als Ergänzung zum Potenzial einer Verlängerung der Bahnsteige auf die Münchner Länge. Sicherlich ein teures und womöglich langwieriges Unterfangen, aber schauen wir mal was dann möglich wäre. In München gibt es als 6-Wagen-Züge den C1 und den C2 laut Wikipedia [de.m.wikipedia.org] hat der C1 252 Sitz- und 660 Stehplätze. Der C2 hat 220 Sitz- und 720 Stehplätze. Bei 200-Sekunden-Takt wären das 18*(252+660)=16'416 Plätze, davon 4'536 Sitzplätze für den C1. Für den C2 wären es 18*(220+720)=16'920 Plätze davon 3'960 Sitzplätze.

Bei 100-Sekunden-Takt wäre entsprechend die doppelte Kapazität vorhanden also beim C1 32'832 (9'072) und beim C2 33'840 (7'920).

Ich glaube zwar nicht, dass Kapazitäten dieser Größenordnung in Nürnberg benötigt werden, aber das zeigt auf, was ginge, wenn man einen Batzen Geld in die Hand nähme....

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Im Moment fährt U2/U3 nach meiner Beobachtung (das ist subjektiv, ja!) meist sauber jeweils fast immer mit Langzügen relativ sauber im 5-Minuten-Takt auch in der HVZ. Da scheint die VAG tatsächlich gute Arbeit gemacht zu haben. Im Moment funktioniert alles ganz gut.
Aber das Problem ist fast nie, dass die Menschen nicht mehr in die Fahrzeuge passen würden. Im Inneren ist fast immer Platz. Das Problem sind die Leute in den Eingängen, die den Fahrgastwechsel behindern. Weil sie zum Beispiel am Bahnhof mit ihren dicken Koffern aussteigen wollen, stehen sie schon einige Haltestellen vorher im Weg. Das ist kein Problem, wenn so viel Luft im Fahrplan ist, dass man mal 2 - 3 Minuten Verzögerungen verkraften kann.
Aber das Problem ist dann, dass die ganze U2/U3 auf genaue Einhaltung der Taktfolge angewiesen ist. Weil sich sonst auf den Außenästen die Fahrgäste aufstauen. Die passen auch noch in die Fahrzeuge, aber das Ein- und Aussteigen dauert immer länger.
Wie gesagt, im Moment funktioniert alles ganz gut. Aber viel Luft für noch mehr ist halt leider auch nicht.
Zitat
HansL
Im Moment fährt U2/U3 nach meiner Beobachtung (das ist subjektiv, ja!) meist sauber jeweils fast immer mit Langzügen relativ sauber im 5-Minuten-Takt auch in der HVZ. Da scheint die VAG tatsächlich gute Arbeit gemacht zu haben. Im Moment funktioniert alles ganz gut.
Aber das Problem ist fast nie, dass die Menschen nicht mehr in die Fahrzeuge passen würden. Im Inneren ist fast immer Platz. Das Problem sind die Leute in den Eingängen, die den Fahrgastwechsel behindern. Weil sie zum Beispiel am Bahnhof mit ihren dicken Koffern aussteigen wollen, stehen sie schon einige Haltestellen vorher im Weg. Das ist kein Problem, wenn so viel Luft im Fahrplan ist, dass man mal 2 - 3 Minuten Verzögerungen verkraften kann.
Aber das Problem ist dann, dass die ganze U2/U3 auf genaue Einhaltung der Taktfolge angewiesen ist. Weil sich sonst auf den Außenästen die Fahrgäste aufstauen. Die passen auch noch in die Fahrzeuge, aber das Ein- und Aussteigen dauert immer länger.
Wie gesagt, im Moment funktioniert alles ganz gut. Aber viel Luft für noch mehr ist halt leider auch nicht.

Daraus schließe ich, dass eventuell bei künftigen Fahrzeugen mehr oder größere Türen sinnvoll sein könnten? Mir erscheint allerdings im internationalen Vergleich die Tür der Nürnberger Wagen weder besonders rar gesät noch besonders eng. Und auch Flughafen-Verkehr gibt es nicht nur in Nürnberg... Wenn es möglich wäre, sein Gepäck bereits am Hauptbahnhof einzuchecken, wie es in manchen Städten Asiens möglich ist, könnte man da vielleicht einiges entschärfen – aber wie kommt das Gepäck dann zum Flughafen? Wenn dafür dann eine "Gepäck-U-Bahn" die Plätze im Fahrplan "auffrisst", die sonst reguläre U-Bahnen nutzen könnten, ist vermutlich auch nichts gewonnen...

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Wie schaut es denn mit G2 mit einer Länge von 5 Wagen aus? Wenn exakt gehalten wird, sollte es doch möglich sein, einen zusätzlichen Wagen unterzubringen. Die Bahnsteige sind an allen Stationen deutlich länger als die Züge. Wenn ich mir andere Systeme anschaue (konkret fällt mir da zum Beispiel Glasgow ein) wo trotz Fahrer die Züge an manchen Halten quasi schon einige cm im Tunnel halten, dann sollte das doch mit einem automatischen System erst recht funktionieren. Durch die zusätzliche Kapazität in Gebersdorf wird das doch wahrscheinlich auch mit dem Abstellen noch irgendwie funktionieren.
an Lieblingsfranke

theoretisch ja, das Nürnberger Netz ist auf 90m Bahnsteige berechtnet, theortisch 90 : 5 gäbe 18m Wagen, sofern die Gleismagnete sauber am Bahnsteigende sind, dürfte 5 Wagenzüge mit nur geringfügig kürzenen Wagenlängen als heute möglich sein. Heute DT3 38 360 mm, heißt 19,180m Einzelwagenlänge, Zuglänge heute also umera 76,720m. Nehmen wir an 5x 17,5m Wagen könnten wir dagegen 87,5m Bahnsteiglänge nutzen, 2,5m Haltegenauigkeit sollte hinzukriegen sein. Am besten auch als Gliederzug mit Wagenübergängen. Dürfte grob durch Wegfall einer 4er-Gruppe je Wagen oder eines Klappsitzbereiches und damit die Türen näher ans Wagenende verschoben (z.B wie bei den G-Zügen in Berlin) sogar mit weiterhin 3 Türen je Einzelwagen gehen, evtl könnte man an den Führerstandenden auch die ersten beiden Fahrgasttüren näher zusammenrücken (dort wo im G1 der Stehplatzbereich ist), und zur Zugmitte hin auf den üblichen Türabstand gehen. Gäbe dann schonmal 15 Doppeltüren je Langzug bei unveränderter Infrastruktur.

Alternativ könnte man ganz alte Planungen ausbuddlen, das Netz soll ja eigentlich auf 21m Wagen ausgelegt sein. Mit denen kämen wir beim 4 Wagenzug auf 84m auch das würde die vorhandene Infrastruktur besser ausnutzen. Da wärens dann vermutlich 4 Türen je Wagen, da hätten wir sogar 16 Türen trotz leicht kürzerer Zuglänge. wobei ich mich immer wundere, ob 21m Wagen wirklich die Messekurve und die Scharfreiterringzufahrt packen, aber angeblich waren die Planungsgrundlage.

Man könnte natürlich auch Mischformen mit leicht unterschiedlichen Wagenlängen als Gliederzug entwickeln um so noch näher ans Maximum ran zu gehen. Das ist ja das gute an unserem offenen System: wie können die Türen immer noch frei positionieren lassen in der Konstruktion.

Gruß D. Vielberth
[www.gleistreff.de]
Alles ist wie immer, nur schlimmer... (Bernd das Brot)



2 mal bearbeitet. Zuletzt am 25.02.2025 21:10 von Daniel Vielberth.
Zitat
HansL
Im Moment fährt U2/U3 nach meiner Beobachtung (das ist subjektiv, ja!) meist sauber jeweils fast immer mit Langzügen relativ sauber im 5-Minuten-Takt auch in der HVZ. Da scheint die VAG tatsächlich gute Arbeit gemacht zu haben. Im Moment funktioniert alles ganz gut.

Ich verstehe das so, dass alle 5 Minuten (=300 Sekunden) eine U2 kommt, alle 5 Minuten eine U3 und auf der gemeinsamen Strecke in Summe alle 150 Sekunden ein Zug, also 24 pro Stunde?

Das wäre dann bei DT3 24*2*(82+238) = 15'360 (davon 3'936 Sitzplätze) und bei DT3F 24*2*(72+216)= 13'824 (davon 3'456 Sitzplätze).

Sollte ich es falsch verstanden haben wäre es natürlich jeweils die Hälfte...

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Nebenbei: gibt es irgendwo verlässliche Zahlen für die Kapazität der S-Bahn Nürnberg? Die Wikipedia-Artikel zu Alstom Coradia Continental [de.m.wikipedia.org] und Bombardier Talent 2 [de.m.wikipedia.org] sind leider nicht genau genug um spezifisch für Nürnberg eine Aussage zu erlauben...

Edit: ich habe gerade gelesen, dass in Nürnberg wohl 4-teilige Bombardier Talent 2 mit 215 Sitzplätzen eingesetzt werden. Wie viele Stehplätze möglich bzw. vorgesehen werden steht da allerdings nicht. Eine Doppeltraktion ist möglich. Mit 3 Zügen pro Stunde ist die Kapazität pro Stunde maximal 3*2*215=1'290 Sitzplätze.

Der Alstom Coradia Continental mit 230 Sitzplätzen hätte folglich in Doppeltraktion drei Mal die Stunde 3*2*230=1'380 Sitzplätze.


Der Wikipedia Artikel über die Baureihe [de.m.wikipedia.org] kennt interessanterweise viele Varianten was Sitzplätze angeht aber keine mit exakt 230....

Edit 2:
Das absolute Maximum was eine S-Bahn in Deutschland über eine zweigleisige Strecke prügelt ist auf der S-Bahn München 27 Züge pro Stunde – bis zum letzten Fahrplanwechsel gar 30 Züge pro Stunde. Eine Strecke, die derartigen Verkehr aufnehmen könnte gibt es aber im Netz der S-Bahn Nürnberg nicht und es ist auch nicht geplant.

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3 mal bearbeitet. Zuletzt am 26.02.2025 00:18 von Nukebro.
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