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Ein Blick in die Ferne: Nürnberger Straßenbahnwagen in Kraków
geschrieben von TW 334 
Hallo Zusammen,

Letzte Woche war ich mit einem Freund drei Tage in Kraków. Ziel waren dort die noch fahrenden Nürnberger N-Wagen in klassischer und modernisierter Form. Aber der Reihe nach:

1. Die Vorgeschichte



Eigentlich wollte ich nach Kosice zu den verbliebenen T6A5 und KT8D5 fahren. Nur gab es bei der Dienstplanung einen kleinen Haken: Am letzten Arbeitstag (Sonntag) vor dem Urlaub sollte ich erst spontan eine Schicht bekommen. Das kann alles sein...von Frühschicht bis zur letzten ankommenden Schicht um Mitternacht. Da aber der Zug nach Prag schon um 02:41 fährt, war das nicht so toll...am Ende hatte ich um 11:01 Feierabend.

Und dann war da noch die Jubiläumsveranstaltung des historischen Straßenbahndepots (dabei entstand auch obiges Bild) und die Mitfahrt im N-Wagen 363. In den Tagen danach arbeitete es ein bisschen und es kam mir die Idee, etwas sicherer zu planen und nach Kraków zu fahren. Die Reiseplanung war schnell geändert und angepasst und meinen Reisekumpel musste ich auch nicht zweimal fragen (in die Slowakei wäre er nicht mitgekommen).

2. Die klassischen N-Wagen



In Kraków angekommen haben wir uns natürlich auf die N-Wagen gestürzt. Aktuell kommen ein oder zwei klassische N-Wagen auf der Linie 1 zum Einsatz, welche an der Endhaltestelle Jarzębiny baustellenbedingt über eine Stumpfendstelle verfügt. Die N-Wagen kommen so also als Zweirichtungswagen zum Einsatz. Die andere Endhaltestelle ist die schöne Wendeschleife Salwator mit der großen Klosterkirche (nicht im Bild) und dem charakterischen Backsteinhaus. Triebwagen HK461 ist übrigens der ehemalige Nürnberger 361 (in Kraków seit 2011).



Die Linie 1 ist fotografisch nicht sonderlich einfach. Zwar verläuft sie entlang der Altstadt und über die südliche Spange nach Nowa Hutta, aber der Autoverkehr macht das ganze nicht einfacher (bei allen Fahrzeugen hat es geklappt, beim N natürlich nicht). HK457 ist der ehemalige Nürnberger Triebwagen 362 (in Kraków seit 2009). Hier an der Haltestelle Starowiślna.


Zu der schwierigen Verkehrssituation kommen noch die langen Fahrzeiten: ein Umlauf dauert zwei Stunden und außer den N-Wagen fahren auf der Linie 1 die modernisierten Düsseldorfer GT8S und der ehemalige Essener M8 (total modernisiert). Aber ein bisschen was ging doch, hier mit HK457


Ewig werden die klassischen N-Wagen in Kraków nicht mehr fahren. Es läuft aktuell eine (bisher ergebnislose) Ausschreibung über Neufahrzeuge. Mit deren Ablieferung dürfen das Ende der N-Wagen gekommen sein. Erfreuen wir uns deshalb noch an den Fahrzeugen, solange sie noch fahren. Triebwagen 361 wird nächstes Jahr tatsächlich auch schon 50 Jahre alt; das sieht man ihm aber nicht an.


Triebwagen HK458 (ex 369) ist schon länger als Ersatzteilspender abgestellt. Im Vergleich zum letzten Jahr hat sich sein Zustand deutlich verschlechtert. Die letzten Tage war übrigens auch der ehemalige Nürnberger Triebwagen 370 unterwegs.


Noch ein Blick in den Innenraum: dieser präsentiert sich leicht modernisiert und mit Fahrgastfernsehen.

3. Die modernisierten N-Wagen


Natürlich wurden auch die modernisierten N-Wagen besucht. Diese auf Choppersteuerung umgebauten Fahrzeuge heißen mittlerweile N8C-NF und sind Einrichtungswagen. Einsatzschwerpunkt ist die Linie 21, auf der auch die letzten solofahrenden E1 aus Wien eingesetzt werden. Die Linie 21 führt durch die Plattenbauten Nowa Huttas zum Stahlwerk und an diesem entlang zum östlichsten Punkt des Krakauer Straßenbahnnetzes. Von sechs N8C-NF konnten immerhin drei fotografiert werden. So auch HK455 (ex Nürnberg 368, in Kraków seit 2008, 2018 zum N8C-NF modernisiert).


Auch der Vollwerbewagen HK456 (ex Nürnberg 365, seit 2009 in Kraków, 2018 zum N8C-NF modernisiert) war unterwegs. Auf den ersten Blick sind die Fahrzeuge nicht mehr als N-Wagen erkennbar. Beim genaueren Hinsehen erkennt man aber, dass die Grundform mit den beiden längeren Endwagen und dem kurzen Mittelteil geblieben ist.


Immerhin waren zwei Wagen in der schönen blau/weißen Lackierung der Krakauer Straßenbahn unterwegs. Spannend sind auch die sozialistischen Bauten im älteren Teil Nowa Huttas.


An der Os. Piastów kommt es regelmäßig zu einem Treffen der modernisierten N-Wagen (hier der dritte gesichtete HK453 (ex Nürnberg 366, seit 2006 in Kraków, 2015 zum N8C-NF modernisiert) mit anderen Fahrzeugen des bunten Krakauer Fuhrparks. Rechts steht ein EUN8 als Reservewagen (modernisiert aus einem Wiener E6). Links ein moderner Niederflurwagen vom Typ Krakowiak. Der Verkehrsbetrieb Kraków hat mittlerweile knapp 200 Niederflurwagen in verschiedenen Bauformen im Bestand, dazu etwa 80 modernisierte Gebrauchte (E6 aus Wien und GT8S aus Düsseldorf), eine kleine Zahl klassischer Gebrauchtwagen (Wiener E1 und Nürnberger N-Wagen) und noch etwas 30 Konstalwagen aus polnischer Fertigung

4. Großraumwagen


Zur richtigen Zeit am richtigen Ort waren wir, als wir um den Betriebshof in Nowa Hutta geschlichen sind: der historische Großraumwagen 127 (ex Nürnberg 206, seit 1994 in Kraków) und sein Beiwagen 557 (ex Nürnberg 1557, seit 1994 in Kraków) rangieren im Gelände und konnten durch den Zaun fotografiert werden.


Beim Warten auf den N-Wagen (siehe oben) kam plötzlich so etwas beiges gefahren..Triebwagen 220 (ex Nürnberg A46/220, seit 2004 in Kraków) unterwegs als Betriebsfahrt.


Noch fahren auch einige der polnischen Großraumwagen 105Na. Auf der Linie 52 sogar noch in der lange üblichen Dreifachtraktion. Daneben ein ehemaliger Düsseldorfer GT8S. Nach Modernisierung nun ein GT8N.

5. "Früher"


Tatsächlich habe ich alle zwölf N-Wagen in Nürnberg im Betrieb fotografiert. Einfach als Bonus ein paar Einsatzbilder der oben gezeigten sechs N8. Angefangen mit TW 361 am Plärrer. Mit ihm gab es einige Sonderfahrten und insgeheim hat wohl mancher gehofft, dass er der Museumswagen wird.


TW 362 mit seiner markanten und schönen Werbung für Spalter Bier an der Bayernstraße mit ein bisschen Schnee.


Bis zum Ende eigentlich auch ganz schön war der TW 365. Hier in der Allersberger Straße.


Aus der Kategorie Jugendsünden...eines meiner wenigen Bilder von TW 366 vom 07.01.2005.


Aus der Zeit, als ein N-Wagen am "großen Wechsler 4/6/9" unterwegs war. TW 368 als Linie 9 am Doku-Zentrum.


Leider so nur einmal fotografiert: TW 369 als einrückender Schülerkurs von der Landgrabenstraße rechts abbiegend in die Gugelstraße.

6. Familienurlaub


Weil das Leben nicht nur aus der Arbeitseisenbahn und der Hobbystraßenbahn besteht, bin ich diese Woche mit Frau und Kind in Thüringen. Ein Besuch bei der Oberweißbacher Bergbahn hat uns allen gefallen und dort konnte dann auch noch ein Bild gemacht werden.

Liebe Grüße vom Ziegenhof im Saaletal

TW 334



2 mal bearbeitet. Zuletzt am 04.06.2025 23:52 von TW 334.
Danke.
Super Beitrag und schöne Bilder.
Kommen wenigstens einige der N-Wagen später in Kraków ins Museum? Oder in Nürnberg? Oder wird das dann klar wenn sie tatsächlich aus dem regulären Verkehr ausscheiden?

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Selbstverständlich sollten wir mehr Schienen bauen!
Schöner Beitrag, vielen Dank! :)


@Nukebro: Nürnberg hat mit dem 363 bereits ein Museumsfahrzeug.
Vorweg vielen Dank für den interessanten Beitrag und die schönen Bilder!

Zitat
TW 334

Ewig werden die klassischen N-Wagen in Kraków nicht mehr fahren. Es läuft aktuell eine (bisher ergebnislose) Ausschreibung über Neufahrzeuge. Mit deren Ablieferung dürfen das Ende der N-Wagen gekommen sein. Erfreuen wir uns deshalb noch an den Fahrzeugen, solange sie noch fahren. Triebwagen 361 wird nächstes Jahr tatsächlich auch schon 50 Jahre alt; das sieht man ihm aber nicht an.

Ich fürchte da ist ein Tippfehler. Das Bild zeigt die Wagennummer 461. Oder ist die vormalige Nürnberger Nummer gemeint?

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Selbstverständlich sollten wir mehr Schienen bauen!
Zitat
401/402
Schöner Beitrag, vielen Dank! :)


@Nukebro: Nürnberg hat mit dem 363 bereits ein Museumsfahrzeug.

Der stand gestern sogar als Fahrschule am HBF im Verbindungsgleis Celtistunnel - Bahnsteig C

Gruß D. Vielberth
[www.gleistreff.de]
Alles ist wie immer, nur schlimmer... (Bernd das Brot)
TW 334 schrieb

> Diese auf Choppersteuerung umgebauten Fahrzeuge heißen mittlerweile N8C-NF und sind Einrichtungswagen.

Wahnsinn wir sehr die Polen bereit sind, die Fahrzeuge zu vergolden, wo man sich bei uns einfach hinstellt und sagt: Lohnt sich net. Wenn wir in D doch bloß ein Scheibchen mehr polnische Metalität hätten, statt alles so schnell wie möglich weg zu hauen.

Gruß D. Vielberth
[www.gleistreff.de]
Alles ist wie immer, nur schlimmer... (Bernd das Brot)
Zitat
Daniel Vielberth
TW 334 schrieb

> Diese auf Choppersteuerung umgebauten Fahrzeuge heißen mittlerweile N8C-NF und sind Einrichtungswagen.

Wahnsinn wir sehr die Polen bereit sind, die Fahrzeuge zu vergolden, wo man sich bei uns einfach hinstellt und sagt: Lohnt sich net. Wenn wir in D doch bloß ein Scheibchen mehr polnische Metalität hätten, statt alles so schnell wie möglich weg zu hauen.

Hat glaube ich auch mit der Kostenstruktur zu tun. Ausschreibungen für Neufahrzeuge sind EU-weit also dürfte Polen grob ähnliche Preise zahlen wie Deutschland. Mechaniker kriegen aber lokale Löhne also ist der Arbeitsaufwand der in der Instandhaltung steckt teurer je höher die Lohnkosten sind. Wobei Polen zum Glück wirtschaftlich aufholt und sich die Kostenstruktur dadurch vermutlich mittelfristig ändern wird... Oder sogar schon geändert hat...

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Selbstverständlich sollten wir mehr Schienen bauen!
Zitat
Daniel Vielberth
Zitat
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Schöner Beitrag, vielen Dank! :)


@Nukebro: Nürnberg hat mit dem 363 bereits ein Museumsfahrzeug.

Der stand gestern sogar als Fahrschule am HBF im Verbindungsgleis Celtistunnel - Bahnsteig C

Sehr schön, dass die Kiste so viel bewegt wird. :)
Zitat
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Zitat
Daniel Vielberth
Zitat
401/402
Schöner Beitrag, vielen Dank! :)


@Nukebro: Nürnberg hat mit dem 363 bereits ein Museumsfahrzeug.

Der stand gestern sogar als Fahrschule am HBF im Verbindungsgleis Celtistunnel - Bahnsteig C

Sehr schön, dass die Kiste so viel bewegt wird. :)

Ich war letzte Woche noch mit dem unterwegs ...
Aber normal werden ja eher die älteren Fahrzeuge für spezielle Fahrten bevorzugt.

Tschö
UHM
Erstmal vielen Dank für euer Lob und euer Interesse

@Nukebro: tatsächlich ist die Nürnberger Nummer gemeint. So "kenne" ich den ja noch und man findet diese sogar noch im Fahrzeug selber, wenn auch etwas versteckt. Zumal ja bei den Krakauer Umnummerierungen keiner mehr durchblickt. Von Nürnberg 361 zu Kraków 3011 und über 3081 zu HK461. Noch wilder ist da der 364...Der hieß in Kraków 3301, dann 3001, dann 3071 und jetzt HK451.

Ob ein N-Wagen in Kraków erhalten bleibt? Keine Ahnung. Es ist ja eine vergleichsweise kleine Serie. Wobei man ja vor Ort auch einen großen historischen Fuhrpark hat und diesen auch immer erweitert. Man wird sehen, was wird.

@das Thema Modernisierung:

Ich glaube, hier kommt einiges zusammen: zum einen bei den N-Wagen der Aufwand, die klassischen Fahrzeuge am laufen zu halten (das war ja auch der Grund, warum man die in Nürnberg abgestellt hat). Mit den Teilen der sechs umgebauten Wagen kann man die restlichen fünf noch einige Jahre am Leben erhalten. Spannend ist hier aber, dass man nur einen Teil der Flotte umgebaut hat. Das ist sowohl für Kraków, als auch für Polen unüblich.

Und dann war die Inneneinrichtung mit Stand 1976 auch nicht mehr zeitgemäß. Passend hierzu hat Ernst Lassbacher in seinem Buch über "Düwag in Österreich" geschrieben, dass man den polnischen Fahrgästen nicht erklären konnte, warum man einerseits moderne Niederflurwagen kauft, aber auch noch gebrauchte Fahrzeuge aus Düsseldorf und Wien und hat die deswegen entsprechend umgebaut. Und die MPK-Werkstatt hat das halt auch drauf.
Ob man Krakau nicht doch noch die 1200er verkauft?
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