Re: Umdenken
06.08.2021 10:47
Zitat
Djensi
Aber die Menschen kann man mit einem ordentlichen PR-System vor der Stadt abfangen,
da gibt es noch eine Menge Potenzial.

Auch hier würde zutreffen, was Neu Wulmstorf schon geschrieben hat. Mit dem PR-System wäre jedes berufstätige Haushaltsmitglied gezwungen, einen PKW mit all seinen Kosten vorzuhalten, um den PR-Platz überhaupt erreichen zu können. Sind dieses Kosten und das Auto da, ist der Anreiz, sich auch noch eine Fahrkarte zu kaufen nicht so hoch.

Auch der innere Schweinhund dürfte eine Rolle spielen. Sitze ich erstmal im Auto auf dem Weg zur Arbeit in wohlklimatisierter Wohnzimmeratmosphäre überlege ich mir doch dreimal, ob ich am PR-Platz wirklich meinen Wagen abstelle, raus in die Hitze oder in das Unwetter gehe, Treppen runter, Kellergänge, Treppe hoch, voller Bahnsteig, volle Züge, ob ich mir das wirklich antue.



1 mal bearbeitet. Zuletzt am 06.08.2021 10:48 von Wolf Tiefenseegang.
Re: Umdenken
06.08.2021 10:58
Gebe Dir grundsätzlich recht, nur wenn man beispielsweise in Trittau, Tangstedt, Nusse, Haseldorf oder sonst fernab einer Schnellbahnstation wohnt, dann ist man auf ein Auto angewiesen und dann ist das Auto vorhanden. Und genau die sollen nicht mehr direkt in die Stadt kommen und für diese Verkehrsteilnehmer sollte ein attraktives PR-Angebot zur Verfügung stehen.
Re: Umdenken
06.08.2021 11:37
Zitat
masi1157
Zitat
Djensi
in einer Stadt wie Hamburg halte ich eine generelle Einführung von Tempo 30 für nicht zielführend.

Ich schon. Die Busse, mit denen ich so fahre, würden praktisch keine Zeit verlieren, wenn sie nur max. 30km/h fahren dürften, weil sie sowieso fast nie schneller fahren können. Sie würden aber erheblich Zeit gewinnen, wenn weniger PKW in der Stadt wären, fahrend oder mehr oder weniger korrekt am Straßenrand geparkt (und u.a. das will ich ja erreichen), und wenn sie an den PKW vorbei bis vorn an die Kreuzung/Ampel fahren könnten, z.B. auf gesonderten Spuren. Wenn denn nun wirklich irgendwo ein geringfügig ausgebremster Bus gegen die generelle Einführung von Tempo 30km/h (auch ganz woanders) spricht, dann muss der eben anderweitig Vorrang bekommen. Ich sehe da kein unüberwindbares Problem, das Tempo 30km/h "ausbremsen" könnte.


Gruß, Matthias

Moin,

sicherlich trifft das auch für viele Linien im Innenstadtbereich zu. Allerdings protestiert der HVV regelmäßig bei partiellen Tempo 30-Einführungen auf Hauptstraßen, da diese über den Tag zusätzliche Fahrzeugeinsätze generieren und die Fahr- und Anschlußzeiten nicht mehr eingehalten werden können.
Re: Umdenken
06.08.2021 12:59
Zitat
Djensi
Allerdings protestiert der HVV regelmäßig bei partiellen Tempo 30-Einführungen auf Hauptstraßen, da diese über den Tag zusätzliche Fahrzeugeinsätze generieren und die Fahr- und Anschlußzeiten nicht mehr eingehalten werden können.

Wichtig für stabile Fahrzeiten und damit zuverlässige Verbindungen ist der Ausschluss von zufälligen Fahrzeitschwankungen. Diese sind m.E. das größte Problem in HH und entstehen durch die nervigen Barverkaufsvorgänge und schwankende Zeiten an Ampeln. Dazu kommen noch Verkehrsstockungen, die nicht planbar sind.

Vor diesem Hintgergrund ist ein Tempo 30 noch das kleinere Übel. Wenn der HVV sonstige Verluste reduziert hat, kann man sich ja um die Reisegeschwindigkeit der freien Strecke kümmern.
Re: Umdenken
06.08.2021 15:25
Das sehe ich ähnlich. Auch in den Wohngebieten empfinde ich als Busfahrer nicht die Geschwindigkeitsbegrenzung als das große Problem, sondern die vielen Engstellen, an denen man immer wieder anhalten und den Gegenverkehr durchlassen muss. Wenn man konsequent seine Tempo 30 von Hst zu Hst fahren könnte, das wäre ein schöner Traum.

Sollte es zu Tempo 30 in ganz Hamburg kommen kann man die Fahrpläne auch dementsprechend anpassen, dass die Anschlüsse wieder funktionieren. Meist funktionieren sie eh nur an einzelnen Knotenpunkten.
Re: Umdenken
06.08.2021 19:42
Zitat
Djensi
...sicherlich trifft das auch für viele Linien im Innenstadtbereich zu. Allerdings protestiert der HVV regelmäßig bei partiellen Tempo 30-Einführungen auf Hauptstraßen, da diese über den Tag zusätzliche Fahrzeugeinsätze generieren und die Fahr- und Anschlußzeiten nicht mehr eingehalten werden können.

Mit "flächendeckend" meine ich ja nun auch nicht ausnahmslos und überall ab Orteingangsschild Tempo 30km/h, sondern die Innenstadt bzw. urbane Zentren. Aber keine Ausfallstraßen oder "Dorfstraßen", wo sowieso keiner wohnt (ich hab mal in Ochsenwerder gewohnt, übrigens auch ohne Auto, da gibt es solche Straßen). Und natürlich müssten dafür Fahrpläne und ggf. Linienwege angepasst werden. Dass im aktuellen Fahrplan eine vorübergehende 30km/h-Stelle einiges durcheinander würfeln kann, glaube ich gern. Ich rede aber von einem deutlich tiefergreifenden Eingriff in den Verkehr.

Und apropos Ochsenwerder: Selbst dort, also "innerstädtisch", halte ich es für vollkommen aussichtslos, ein ÖPNV-Angebot zu schaffen, das mehr als einige wenige Leute zum (völligen!) Verzicht auf ein (eigenes) Auto bringen könnte.


Gruß, Matthias
Re: Umdenken
08.08.2021 13:01
Zitat
Wolf Tiefenseegang
Zitat
Djensi
Aber die Menschen kann man mit einem ordentlichen PR-System vor der Stadt abfangen,
da gibt es noch eine Menge Potenzial.

Auch hier würde zutreffen, was Neu Wulmstorf schon geschrieben hat. Mit dem PR-System wäre jedes berufstätige Haushaltsmitglied gezwungen, einen PKW mit all seinen Kosten vorzuhalten, um den PR-Platz überhaupt erreichen zu können. Sind dieses Kosten und das Auto da, ist der Anreiz, sich auch noch eine Fahrkarte zu kaufen nicht so hoch.

Auch der innere Schweinhund dürfte eine Rolle spielen. Sitze ich erstmal im Auto auf dem Weg zur Arbeit in wohlklimatisierter Wohnzimmeratmosphäre überlege ich mir doch dreimal, ob ich am PR-Platz wirklich meinen Wagen abstelle, raus in die Hitze oder in das Unwetter gehe, Treppen runter, Kellergänge, Treppe hoch, voller Bahnsteig, volle Züge, ob ich mir das wirklich antue.

Ich halte die P+R-Plätze dennoch für nötig. Im inneren Hamburger Stadtgebiet (Ring 2) wird das Auto zurückgedrängt und parken wird immer schwieriger. Es werden Alternativen für Hamburger aufgebaut. Was ist aber mit den Leuten von außerhalb? Wie sollen die denn ihre Ziele im inneren Stadtgebiet überhaupt noch erreichen? Es geht mir hier nicht um den Fahr- und Parkpreis, es geht mir ums überhaupt Ermöglichen.

Ohne Auto-ÖPNV-Schnittstellen können Landbewohner Ziele in der Stadt nicht vernünftig aufsuchen, so wie Stadtbewohner ohne Auto Ziele auf dem Land nicht vernünftig aufsuchen können. Daher müssen Stadtbewohner einfach Autos leihen können (Car2Go etc) und Landbewohner müssen einfach in die Bahn umsteigen können.

Andernfalls führt das zu einer gesellschaftlichen Spaltung in Stadt und Land. Das ist nicht gut.
Re: Umdenken
08.08.2021 13:11
Zitat
masi1157
...
Ich behaupte aber, dass die genannten Verbesserungen fast keinen "eingefleischten" Autofahrer zum umdenken bringen. Die Vorteile, die er dadurch gewinnt, sind viel zu klein. ...

"Eingefleischte" Autofahrer gibt es sicherlich auch. Viel stärker sogar noch bei den Motorradfahrern. Motorrad fährt man als Lebensgefühl, das kann ein öffentliches Verkehrsmittel ersetzen.

Ich muss gestehen, als ich während der Corona-Zeit vermehrt in Hamburg das Auto genutzt habe, spürte ich tief in mir auch ein Gefühl der Freiheit. Klar, Corona-bedingt waren und sind die Straßen immer noch leer genug dafür. Keine Abhängigkeit mehr von anderen, ich bin mein eigener Herr. Kein besorgter Blick auf die App, ob die Bahn wieder rumspackt. Keine merkwürdigen Leute neben mir. Ich flitze dahin wohin ich hin will, wann ich will. Regen? Egal. Abends? Kein Problem. Gepäck? Kein Problem, kann sogar im Auto aufbewahrt werden. Freiheit!
Re: Umdenken
08.08.2021 17:15
Zitat
Neu Wulmstorf

Ohne Auto-ÖPNV-Schnittstellen können Landbewohner Ziele in der Stadt nicht vernünftig aufsuchen, so wie Stadtbewohner ohne Auto Ziele auf dem Land nicht vernünftig aufsuchen können. (...)

Andernfalls führt das zu einer gesellschaftlichen Spaltung in Stadt und Land. Das ist nicht gut.

Korrekt, das ist der Ist-Zustand. Darum wünsche ich mir als flächendeckende Lösung deutschlandweit das, was der aktuelle Koalitonsvertrag in Baden Württemberg vorsieht. Nämlich dass jeder Ort bis Mitternacht mindestens im Stundentakt an den ÖPNV angeschlossen sein soll. Im 20-Min-Takt wäre m. E. noch besser, aber als erster Schritt wäre dies schon mal ein deutlicher Fortschritt. Wenn dann noch gewährleistet würde, dass die Busse auf verspätete Anschlüsse warten, wäre dies schon ein Traum.



1 mal bearbeitet. Zuletzt am 08.08.2021 17:16 von Wolf Tiefenseegang.
Re: Umdenken
08.08.2021 20:32
Zitat
Neu Wulmstorf
"Eingefleischte" Autofahrer gibt es sicherlich auch. Viel stärker sogar noch bei den Motorradfahrern. Motorrad fährt man als Lebensgefühl, das kann ein öffentliches Verkehrsmittel ersetzen.

Motorrad bin ich tatsächlich viel länger gefahren als (mit eigenem) Auto. Das Motorrad war für mich aber nie das Verkehrsmittel der Wahl, wenn ich in der Stadt "mal eben schnell" irgendwohin wollte. Zur Arbeit schon sowieso nicht, das An- und Ausgeplünne war einfach nervtötend.

Dagegen kenne ich viele auch hier in meiner Nachbarschaft, die völlig selbstverständlich auch kurze Wege mit dem Auto fahren, statt zu Fuß zu gehen oder Fahrrad zu fahren. Ein Nachbar fährt regelmäßig 800m zur S-Bahn und parkt da den ganzen Tag im Haltverbot. Ihn und mehrere andere Nachbarn treffe ich regelmäßig bei Lidl (300m) oder Rewe/Aldi (500m) auf dem Parkplatz. Der Haken: Der Rückweg per Auto geht hintenrum und ist fast 2km. Ich mache das per Fahrrad, ggf. mit Anhänger. Eine Nachbarin fährt jeden Morgen ihre Köter in den Volkspark, dabei ist hier ganz in der Nähe auch eine große Wiese, perfekt für Hunde. Auch das meine ich mit "eingefleischt". Die kommen gar nicht auf die Idee, dass es auch ohne Auto geht.

Zitat
Neu Wulmstorf
Freiheit!

Und für mich ist es eine Form von Freiheit, nach dem Ende meiner Besorgungen nicht zum irgendwo geparkten Auto zurück zu müssen, weil ich entweder mein Fahrrad von Tür zu Tür mitgenommen habe oder einfach anderswo in Bus oder Bahn steigen und nach Hause fahren kann. Für mich ist ein Auto in der Stadt einfach ein Klotz am Bein.


Gruß, Matthias
Re: Umdenken
08.08.2021 21:15
Zitat
Neu Wulmstorf
Andernfalls führt das zu einer gesellschaftlichen Spaltung in Stadt und Land. Das ist nicht gut.

Diese Spaltung gibt es soch sowieso, auch und gerade im Hinblick auf den Verkehr. Es muss ja sowieso nicht jeder Landbewohner regelmäßig in die Stadt. Er muss evtl. in die Kreisstadt, ins Nachbardorf, zum Supermarkt. Diese Wege kann auf dem Land kein ÖPNV so bieten, dass Leute deshalb freiwillig aufs eigene Auto verzichten. Ja, vielleicht muss man denen, die in die Stadt wollen/müssen, ein P&R-Angebot machen. Ohne Auto werden die viele Jahre lang sowieso nicht auskommen können.

Natürlich gibt es auch andere Gründe, auf dem Land zu wohnen. Bei Airbus kannte ich aber Dutzende Kollegen, die irgendwo am Stadtrand von Elmshorn, Stade, sogar Lüneburg ein Haus gebaut haben, weil das Land billig war und die zwangsläufig nötige Autofahrt nicht teuer, lang oder nervtötend genug. Die haben sich bewusst gegen eine gute ÖPNV-Anbindung entschieden. Muss der HVV denen jetzt hinterher laufen?


Gruß, Matthias
Re: Umdenken
08.08.2021 23:53
Zitat
masi1157
Zitat
Neu Wulmstorf
Andernfalls führt das zu einer gesellschaftlichen Spaltung in Stadt und Land. Das ist nicht gut.

Diese Spaltung gibt es soch sowieso, auch und gerade im Hinblick auf den Verkehr. Es muss ja sowieso nicht jeder Landbewohner regelmäßig in die Stadt. Er muss evtl. in die Kreisstadt, ins Nachbardorf, zum Supermarkt. Diese Wege kann auf dem Land kein ÖPNV so bieten, dass Leute deshalb freiwillig aufs eigene Auto verzichten. Ja, vielleicht muss man denen, die in die Stadt wollen/müssen, ein P&R-Angebot machen. Ohne Auto werden die viele Jahre lang sowieso nicht auskommen können.

Natürlich gibt es auch andere Gründe, auf dem Land zu wohnen. Bei Airbus kannte ich aber Dutzende Kollegen, die irgendwo am Stadtrand von Elmshorn, Stade, sogar Lüneburg ein Haus gebaut haben, weil das Land billig war und die zwangsläufig nötige Autofahrt nicht teuer, lang oder nervtötend genug. Die haben sich bewusst gegen eine gute ÖPNV-Anbindung entschieden. Muss der HVV denen jetzt hinterher laufen?

Ich finde deine Einstellung sehr krass. Wer raus gezogen ist hat sich nicht mutwillig gegen eine gute ÖPNV-Anbindung ausgesprochen, sondern musste dies als Kröte schlucken. Die Wohnsituation auf dem Markt zeigt doch, dass nicht alle in Hamburg wohnen können. Das Angebot an Wohnungen und Häuser passt nicht zur Nachfrage und das Wohnen ist in Hamburg auch nicht für jedermann bezahlbar.

Daher ist es eine wichtige politische Aufgabe, das Umland durch eine bessere Infrastruktur (ÖPNV und Glasfaser) attraktiver zu machen. So wird nämlich auch der Hamburger Wohnungsmarkt entlastet.

Und es soll auch Menschen geben, die nicht bewusst dort hin gezogen sind, sondern die dort seit ihrer Kindheit leben. Denen zu sagen, es gibt sowieso diese Spaltung, also belassen wir es doch dabei, damit für uns in der Stadt mehr finanzielle Mittel für was weiß ich zur Verfügung stehen, finde ich schon sehr egoistisch.

Natürlich kann man Buslinien einrichten, die die Gemeine mit den Nachbargemeinden, der Kreisstadt und dem nächsten Bahnhof verbinden, ggf mit Umstieg an Treffpunkt-Haltrstellen. Es können ja auch Klein- oder Anrufbusse sein. Oder wie denkst du dir, will man das in Baden-Württemberg machen?
Re: Umdenken
11.08.2021 12:25
Zitat
Wolf Tiefenseegang
Ich finde deine Einstellung sehr krass. Wer raus gezogen ist hat sich nicht mutwillig gegen eine gute ÖPNV-Anbindung ausgesprochen, sondern musste dies als Kröte schlucken. Die Wohnsituation auf dem Markt zeigt doch, dass nicht alle in Hamburg wohnen können. Das Angebot an Wohnungen und Häuser passt nicht zur Nachfrage und das Wohnen ist in Hamburg auch nicht für jedermann bezahlbar.
Das ist ja eine Milchmädchenrechnung. Billig in die Prärie zu ziehen, um ins Zentrum einer Metropole zu pendeln, ist so gut wie nie finanziell günstiger. Das entspricht mehr den individuellen Lebensstil-Wünschen ("Haus im Grünen"). Erst recht bei Leuten, die bei Airbus und co. gutes Geld verdienen.

Da sind mir genug Paare schon begegnet, die sich in Hamburg über ihren Vermieter ärgerten. Dem zeigen wir es mal! Und ziehen dann weit ins Umland fernab von einer Schienenanbindung. Zack, statt einmal wöchentlich mit dem Pkw einzukaufen, braucht man ihn nun jeden Tag und fährt viele Kilometer, was bekanntlich nicht nur Sprit, sondern auch Wertverlust und Verschleiß/Wartung kostet (neben den oft ignorierten Steuern, Stellplatzkosten, Versicherungen usw.).

Die Kinder müssen dann zur Schule, Sportverein, Freunden, Musikunterricht etc. mit dem Auto, ebenso der Besuch von Bekannten der Eltern. Und wenn Taxiunternehmen Mama dann noch ein eigenes Auto benötigt und ggf. kürzer tritt bei der Arbeit, ist man da schnell mehrere hundert Euro im Minus (im Vergleich zu den Lebenskosten in der Stadt). Da verrechnen sich vor allem verträumte junge Pärchen sehr gerne, die ihre Mobilitätskosten ignorieren oder zumindest schönrechnen.

Und dann soll man nachträglich defizitär eine schöne ÖPNV-Anbindung ermöglichen, während es in der Stadt vielerorts daran noch hapert?

Zitat

Daher ist es eine wichtige politische Aufgabe, das Umland durch eine bessere Infrastruktur (ÖPNV und Glasfaser) attraktiver zu machen. So wird nämlich auch der Hamburger Wohnungsmarkt entlastet.
Es ziehen bereits mehr Leute in die angrenzenden Umkreise als nach Hamburg.

Zitat

Und es soll auch Menschen geben, die nicht bewusst dort hin gezogen sind, sondern die dort seit ihrer Kindheit leben.
Ist ja auch voll in Ordnung und nicht verwerflich. Aber dann ist es halt ihre Entscheidung mit entsprechenden Konsequenzen, weil ihnen das Ideal "Ich zieh nicht aus dem Ort aus, wo ich zufällig geboren bin" wichtiger ist. Muss ja jeder für sich selbst bewerten. Aber warum soll man das belohnen?
NVB
Re: Umdenken
11.08.2021 12:56
Anfang der 60er-Jahre hatte die Bewobau – ein Ableger der Neuen Heimat – in Wellingsbüttel zwei Siedlungen von Einzel- und Reihenhäusern gebaut. Nachdem diese in Nullkommanix verkauft waren, hat man das Gleiche in Quickborn gemacht. Doch die Häuser dort ließen sich nicht verkaufen und standen in der Mehrzahl über ein Jahr leer. Als jemand die Idee hatte, den Käufern einen VW-Käfer zu schenken, waren auch diese Häuser in kürzester Frist verkauft.

Heute kaufen die Leute ihr Auto aus eigenem Antrieb und die Entfernung von Wohnen und Arbeit scheint keinen mehr zu jucken ...
Re: Umdenken
11.08.2021 14:57
Nun kommt mit Kalle der nächste hier mit einer Neiddebatte.

Mit solchen Einstellungen erreichen wir weder Mobilitäts- noch Klimawende. Dass diese Meinungen nicht mehrheitsfähig sind zeigt, dass Menschen mit längeren Arbeitswegen mit einer Entfernungspauschale entlastet werden.

Es fordert niemand einen attraktiven 5-Min-Takt in der Provinz. Nachteile zum Großstadtleben werden zu eurer Beruhigung auch weiterhin bleiben. Auch der Nachteil, dass die Wege "weiter draußen" zu den meisten Freizeiteinrichtungen länger sind, bleibt.

Zitat
kalle_v

Und dann soll man nachträglich defizitär eine schöne ÖPNV-Anbindung ermöglichen, während es in der Stadt vielerorts daran noch hapert?

Aber die, die in den Teilen der Stadt wohnen, wo es "noch vielerorts an einer "schönen" ÖPNV-Anbindung harpert" soll man schon belohnen?

Viele in der Stadt wollen ja gar keine bessere Anbindungen, gehen gegen ebenirdische Bahnen auf die Barrikaden während man sich auf dem Land darüber freut, dass (leider viel zu wenig) stillgelegte Bahnstrecken reaktiviert werden.



2 mal bearbeitet. Zuletzt am 11.08.2021 15:32 von Wolf Tiefenseegang.
Re: Umdenken
11.08.2021 15:55
Vielleicht sollte man auch mal darüber nachdenken, ob Geschwindigkeit bei Bahnen im Umland das wichtigste ist.

Wieviele bewohnte Gebiete liegen direkt an Bahnstrecken, haben aber keinen Bahnhof (mehr), damit die Reisezeit kürzer ist. Hier könnte man mit vergleichsweise geringen Aufwand Verbesserungen schaffen, zumal inzwischen spurtstarke Triebwagen die schwerfälligen Loks abgelöst haben.
Re: Umdenken
11.08.2021 16:14
Zumal es in der derzeitigen Lage keine Milchmädchenrechnung mehr ist, oder das Mädchen schon sehr oft Milch holen gehen muss.... egal ;-)

Beispiel Bekanntenkreis: MRH, Anfang 80er, teilsaniert, ca. 170 qm Rasenrestflächen :-) für 600.000 €, in einer "normalen" Wohnlage in Hamburg.
Dagegen MRH in einem Örtchen im Kreis Ratzbenurg 280.000 € , fairerweise würde er noch 100.000 € für die Sanierung dazu rechnen. Oder für ein Endreihenaus, Neubau, sind dort im gleichen Ort 420.000 € auszugeben. Der Ort hat sogar RB-Anschluss!
Verhandlungsspielraum gibt es im übrigen bei dem 600TEUR-Haus nicht, weil der Verkäufer zu viele Interessenten an der Hand hat.

Diese Verhältnismäßigkeit macht doch deutlich, warum man sich als junge Familie gern für ein Objekt außerhalb der Stadt entscheidet und den Pendlerweg nach Hamburg in Kauf nimmt, zumal der Fahrweg zeitlich (PKW) kürzer ist als in HH mit Bahn oder PKW.
Re: Umdenken
11.08.2021 18:01
Zitat
Wolf Tiefenseegang
Vielleicht sollte man auch mal darüber nachdenken, ob Geschwindigkeit bei Bahnen im Umland das wichtigste ist.

Wieviele bewohnte Gebiete liegen direkt an Bahnstrecken, haben aber keinen Bahnhof (mehr), damit die Reisezeit kürzer ist. Hier könnte man mit vergleichsweise geringen Aufwand Verbesserungen schaffen, zumal inzwischen spurtstarke Triebwagen die schwerfälligen Loks abgelöst haben.

Die AKN zeigt, dass das klappen kann, jedoch gleichzeitig auch, dass ein Pendeln von Kaltenkirchen mit der Bahn aufgrund der vielen Halte und damit langen Reisezeit trotz gutem Takt eher unattraktiv ist.

Freundliche Grüße

Roman – Der Hanseat
Re: Umdenken
11.08.2021 21:44
Zitat
Der Hanseat

Die AKN zeigt, dass das klappen kann, jedoch gleichzeitig auch, dass ein Pendeln von Kaltenkirchen mit der Bahn aufgrund der vielen Halte und damit langen Reisezeit trotz gutem Takt eher unattraktiv ist.

Ich würde nicht sagen, dass die Fahrt mit der AKN unattraktiv ist, wenn ich mir die Besetzung der Fahrzeuge so anschaue. Man muss die Fahrzeit nur zu nutzen wissen, indem man z. B. Rätsel macht oder über Kopfhörer Musik oder Hörbücher genießt. Und der gute Takt (ab Kaltenkirchen) ist nicht zu unterschätzen. Was nützt mit der schnelle Zug, wenn dieser nur stündlich fährt und ich dadurch im ungünstigsten Fall jeden Tag 59 Min zu früh auf der Arbeit bin und nach der Arbeit 59 Min warten muss, weil ich den Zug davor aufgrund meiner Arbeitszeiten nicht erreiche.

Ein großes Plus bei der AKN ist auch, dass ich beim Umsteigen in Ulzburg Süd, Eidelstedt und Norderstedt Mitte bequem und ohne Treppen und Tunnelgänge oder Fußgängerüberführungen (wie in Buchholz) den anderen Zug erreiche. Wir brauchen mehr AKNs in Deutschland (wobei Neumünster und Elmshorn da ja leider negativ aus der Reihe tanzen.



1 mal bearbeitet. Zuletzt am 11.08.2021 21:46 von Wolf Tiefenseegang.
Re: Umdenken
11.08.2021 23:12
Zitat
Wolf Tiefenseegang
Ich finde deine Einstellung sehr krass. Wer raus gezogen ist hat sich nicht mutwillig gegen eine gute ÖPNV-Anbindung ausgesprochen, sondern musste dies als Kröte schlucken.

Es war absichtlich als Frage formuliert! Aber dennoch: Wer weit aufs Land zieht, weil das Haus da billiger ist, hat (hoffentlich!) die täglichen Transportkosten, -zeiten und - ärgernisse der nächsten Jahrzehnte mit ins Kalkül gezogsn und dann als untergeordnet gewichtet. Sonst hätte er sich anders entschieden. Also war die Entscheidung gegen eine gute ÖPNV-Anbindung und zugunsten der eventuellen finanziellen oder sonstigen Vorteile bewusst. Und mehr habe ich nicht gesagt.

Zitat
Wolf Tiefenseegang
Neiddebatte

Das nehme ich nun allerdings persönlich, also.spar Dir das bitte! Ich persönlich hätte auch gleich mehrere Häuser in Elmshorn, Stade, Lüneburg in bar bezahlen können, habe ich aber nicht. Uns war es wichtiger, nicht gleich auf 2 Autos.angewiesen zu sein, sondern stattdessen Fahrrad und ÖPNV sinnvoll nutzen zu können.


Gruß, Matthias
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