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Deutsche Großstädte ohne städtischen Schienenverkehr (2. Aktualisierung, Stand 31.12.19)
geschrieben von Marienfelde 
Deutsche Großstädte ohne städtischen Schienenverkehr (2. Aktualisierung, Stand 31.12.19)

Erlaubt mir, Euch mit einer aktualisierten, nach Einwohnerzahlen sortierten Liste westdeutscher Großstädte ohne städtisches Schienenverkehrsmittel (in Ostdeutschland gibt es keine Großstadt ohne Straßenbahn/Stadtbahn) zu beglücken.
Frühere Listen finden sich hier: [www.drehscheibe-online.de] [www.drehscheibe-online.de]

Zum 31.12.2019 ergab sich eine Zahl von 33 (bisher 32) Großstädten. Diesmal ist Kaiserslautern dazugekommen. Die dortige Straßenbahn wurde aber bereits 1935 eingestellt – aber die Stadt ist nach 20 Jahren mit 100.030 Einwohnern wieder eine Großstadt. Die Zahl der Großstädte in Deutschland blieb mit insgesamt 81 gleich, weil zwar Kaiserslautern hinzukam, aber das brandenburgische Cottbus mit einer Einwohnerzahl von nur noch 99.678 erstmals seit 1976 seinen Großstadtstatus verlor (die Zahlen folgen den Angaben in der Wikipedia-Liste der Großstädte in Deutschland).

Wie in den Vorjahren sind Hamburg ("Hochbahn" vorhanden), Wuppertal (Schwebebahn), Herne (Linien U 35 und 306 der Bogestra), Neuss am Rhein (Rheinbahn erreicht Neuss), Fürth (U-Bahn Nürnberg fährt bis Fürth) und Bergisch Gladbach (Stadtbahn Köln fährt bis Bensberg) nicht in der Liste enthalten.

Wenn ich meinen Taschenrechner richtig informiert habe, ergibt sich für diese 33 Städte eine Einwohnerzahl von 5.056.096 Menschen (Angaben zum 31.12.19). Insgesamt hat sich die Zahl der Einwohner in diesen 33 Städten im Jahr 2019 kaum noch erhöht.

Ist der Stadtname fettgedruckt, so halte ich die Wiederaufnahme des (kommunalen) Schienenverkehrs für wahrscheinlich, eine fettgedruckte Anmerkung deutet meist auf eine "objektiv" mögliche Wiederaufnahme des Schienenverkehrs hin (über einen vorhandenen Betrieb in einer Nachbarstadt). Die Zahl der "fettgedruckten" Städte liegt weiterhin bei 5. Darüber hinaus erscheinen "Pro-Tram-Beschlüsse" in einigen weiteren Städten in der nächsten Zeit nicht unwahrscheinlich (etwa: Hagen, Offenbach, Bottrop, Bremerhaven).

Den fragwürdigen ersten Platz in der Liste nimmt wie immer Münster (im Land Nordrhein-Westfalen) ein. Diese Stadt ist mittlerweile auf weit über 300.000 Einwohner angewachsen, woraus sich bei (etwas zurückhaltend geschätzt) 3 täglichen Wegen pro Einwohner etwa 945.000 Wege ergeben – ohne Einpendler in die Stadt. Der Anteil des ÖV am Modal Split liegt bei etwa 10% - für deutsche Verhältnisse eine grottenschlechte Zahl.

Vielleicht noch einige Sätze zum „Aufsteiger“ Kaiserslautern: Diese Stadt verfügte relativ lange, nämlich von 1949 bis 1985, über einen Obus. Über die Einstellung zum 30. November 1985 finden sich auf der Wikipedia-Seite u.a. die folgenden Sätze:

„Am 25. November 1985 beschloss der Kaiserslauterer Stadtrat mit 28 Stimmen von SPD und Grünen gegen 24 Stimmen der CDU die Abkehr vom Obus. Als Gründe für die Abschaffung wurden vor allem die höheren Kosten des elektrischen Betriebs genannt, aber auch die ausgereiftere Dieseltechnologie und die höhere Flexibilität von Dieselbussen.“

Für Anregungen, Ergänzungen und Korrekturen wäre ich dankbar.


Großstädte ohne städtischen Schienenverkehr (Stand 31.12.2019)

1. Münster (315.293 Einwohner/ Tram bis 1954/ Stadtbahn Münster in Diskussion)

2. Wiesbaden (278.474 Einwohner/ Tram bis 1955/ Tram in Mainz, Citybahn in Planung)

3. Mönchengladbach (261.034 Einwohner/ Tram bis 1969)
4. Aachen (248.960 Einwohner/ Tram bis 1974/ Negativer Ratsbürgerentscheid 2013, Euregio-Tram in Diskussion)
5. Kiel (246.794 Einwohner/ Tram bis 1985/ Stadtbahn Kiel wird angestrebt)
6. Lübeck (216.530 Einwohner/ Tram bis 1959)

7. Hagen (188.686 Einwohner/ Tram bis 1976, Stadtbahn im Nahverkehrsplan angedacht)
8. Hamm (179.916 Einwohner/ Tram bis 1961)
9. Oldenburg (169.077 Einwohner/ Pferdebahn bis 1888)
10. Osnabrück (165.251 Einwohner/ Tram bis 1960)
11. Leverkusen (163.729 Einwohner/ Tram bis 1963/ Stadtbahn Köln vorhanden)
12. Solingen (159.245 Einwohner/ Tram bis 1959/ Obusnetz vorhanden)
13. Regensburg (153.094 Einwohner/ Tram bis 1964/ Stadtbahn Regensburg wird angestrebt)
14. Paderborn (151.633 Einwohner/ Tram bis 1963)

15. Ingolstadt (137.392 Einwohner/ Pferdebahn bis 1921, Umstellung gescheitert)
16. Offenbach (130.280 Einwohner/ Tram bis 1996/ Tram in Frankfurt (Main)/ Tram in Diskussion)
17. Pforzheim (125.957 Einwohner/ Tram bis 1964/68 / Stadtbahn Karlsruhe vorhanden)
18. Wolfsburg (124.371 Einwohner/ bisher keine Tram)
19. Göttingen (118.911 Einwohner/ Tram scheiterte kriegsbedingt)
20. Bottrop (117.565 Einwohner/ Tram bis 1976/ Stadtbahn in Diskussion)
21. Reutlingen (115.865 Einwohner/ Tram bis 1974/ Regionalstadtbahn Neckar-Alb in Planung)
22. Koblenz (114.052 Einwohner/ Tram bis 1967)
23. Bremerhaven (113.643 Einwohner/ Tram bis 1982/ Stadtbahn wird geprüft)
24. Erlangen (112.528 Einwohner/ keine Tram/ positiver Bürgerentscheid für STUB in Erlangen selbst im Jahr 2016)
25. Trier (111.534 Einwohner/ Tram bis 1951)
26. Recklinghausen (111.397 Einwohner/ Tram bis 1982/ U 35 bis Herne, Schloß Strünkede)
27. Remscheid (111.338 Einwohner/ Tram bis 1969)

28. Salzgitter (104.291 Einwohner/ bisher keine Tram)
29. Moers (103.902 Einwohner/ Tram bis 1963)
30. Siegen (102.770 Einwohner/ Tram bis 1956)
31. Hildesheim (101.693 Einwohner/ Tram bis 1945 bzw. 1958/ ÜSTRA-Betrieb bis Sarstedt)
32. Gütersloh (100.861 Einwohner/ bisher keine Tram/ 2018 erstmals Großstadt)
33. Kaiserslautern (100.030 Einwohner/ Tram bis 1935/ Obus von 1949 – 1985/ 2019 wieder Großstadt)


Nicht in der Liste enthalten/ Grund

1. Hamburg (1.847.253 Einwohner/ Tram bis 1978 / U-Bahnnetz vorhanden - Stadtbahn in den Jahren 2001 und 2010 gescheitert)

2. Wuppertal (355.100 Einwohner/ Tram bis 1987/ Schwebebahn vorhanden)

3. Herne (156.449 Einwohner/ Tram bis 1959/ Bogestra fährt nach Herne (U 35 und 306)

4. Neuss am Rhein (153.896 Einwohner/ Tram bis 1971/ Rheinbahn fährt nach Neuss)

5. Fürth (128.497 Einwohner/ Tram bis 1981/ U-Bahn Nürnberg fährt bis Fürth)

6. Bergisch Gladbach (111.846 Einwohner/ Tram bis 1958/ Stadtbahn Köln fährt bis Bensberg, negative wirtschaftliche Bewertung von 4 Verlängerungsoptionen im Jahr 2019)


Nachtrag: Insgesamt 13 der 33 genannten Städte, nämlich Münster, Wiesbaden, Aachen, Kiel, Lübeck, Hagen, Hamm, Leverkusen, Bottrop, Koblenz, Erlangen, Trier und Moers, haben den sogenannten "Klimanotstand" ausgerufen. Im Rahmen dieser Entscheidungen sollen sämtliche Projekte und Aktivitäten mit einem stärkeren Fokus auf Klimafreundlichkeit und Emissionen betrachtet werden. Eine Konsequenz könnte sein, außer den "gesunden Verkehrsarten" auch dem ÖPNV deutlich mehr Aufmerksamkeit zu widmen - zum Beispiel mit der Wiederaufnahme kommunaler Schienenverkehre.



7 mal bearbeitet. Zuletzt am 29.07.2020 05:23 von Marienfelde.
Wegen eines Hinweises im dso-Forum habe ich bei Pforzheim die Anmerkung "Stadtbahn Karlsruhe vorhanden" ergänzt, sh. hier: [www.drehscheibe-online.de]

Ergänzung: Eine Untersuchung von 4 Verlängerungsoptionen der KVB-Linie 1 in Bergisch Gladbach führte zu negativen Nutzen-Kosten-Quotienten, daher habe ich die Anmerkung angepaßt, sh. hier: [rbk4.rbkdv.de]
In Auswertung einer kleineren "Hamburg-Debatte" im dso-Forum (die dort wegen Löschung einiger Beiträge durch den "Wächterrat" des Forums nicht mehr nachvollzogen werden kann) habe ich die Anmerkung zur Nr. 1 der nicht in der Liste enthaltenen Städte (Hamburg) geändert von "Stadtbahn in Diskussion" in "Stadtbahn in den Jahren 2001 und 2010 gescheitert".
Zitat
Marienfelde
In Auswertung einer kleineren "Hamburg-Debatte" im dso-Forum (die dort wegen Löschung einiger Beiträge durch den "Wächterrat" des Forums nicht mehr nachvollzogen werden kann) habe ich die Anmerkung zur Nr. 1 der nicht in der Liste enthaltenen Städte (Hamburg) geändert von "Stadtbahn in Diskussion" in "Stadtbahn in den Jahren 2001 und 2010 gescheitert".

Korrekt. Diese Diskussion damals erreichte schon ein hoffnungsvolles Stadium, wurde dann aber geknickt.

Freundliche Grüße
Horst Buchholz - histor
Zitat
histor
Zitat
Marienfelde
In Auswertung einer kleineren "Hamburg-Debatte" im dso-Forum (die dort wegen Löschung einiger Beiträge durch den "Wächterrat" des Forums nicht mehr nachvollzogen werden kann) habe ich die Anmerkung zur Nr. 1 der nicht in der Liste enthaltenen Städte (Hamburg) geändert von "Stadtbahn in Diskussion" in "Stadtbahn in den Jahren 2001 und 2010 gescheitert".

Korrekt. Diese Diskussion damals erreichte schon ein hoffnungsvolles Stadium, wurde dann aber geknickt.

Ja. Eine einmal eingestellte Straßenbahn läßt sich nicht mal eben so wiederherstellen. Hamburg hatte zweimal die historische Chance, den Fehler der Gesamteinstellung von 1978 zu korrigieren. Sowohl 2001 als auch 2010/11 wurden diese Chancen von verkehrspolitischen Dummköpfen zunichte gemacht. Ob sich in absehbarer Zeit eine dritte Chance ergibt und diese dann genutzt wird, wird man sehen.

Auch wenn der Schwerpunkt des heutigen Hamburger ÖV bei der S-Bahn und der Hochbahn liegen mag, wäre eine ergänzende Stadtbahn im Oberflächenverkehr sicherlich geeignet, den Anteil des ÖV in Bereichen auszubauen, in denen der Bus an Grenzen stößt, eine U-Bahn nicht vorhanden bzw. ungeeignet ist - und die von der S-Bahn u.a. wegen der zu großen Halteabstände sowieso nicht erreicht werden können.

Der Anteil des Hamburger ÖV am Modal Split wird u.a. wegen der ja auch dort voranschreitenden Parkraumbewirtschaftung eher zunehmen - aber durch die fehlende Stadtbahn werden Potentiale des ÖV entweder qualitativ schlechter bedient oder sogar verschenkt,

meint Marienfelde.
Nun ja - Hamburg plant mit einer U5 gerade eine U-Bahn dort, wo der Neubeginn mit einem Straßenbahn- oder "Stadtbahn"-Netz am aussichtsreichsten wäre. Die dann noch übrig bleibenden straßenbahnwürdigen Strecken dann tatsächlich als Straßenbahn zu realisieren, ist dann natürlich noch schwieriger.

Freundliche Grüße
Horst Buchholz - histor
Zitat
histor
Nun ja - Hamburg plant mit einer U5 gerade eine U-Bahn dort, wo der Neubeginn mit einem Straßenbahn- oder "Stadtbahn"-Netz am aussichtsreichsten wäre. Die dann noch übrig bleibenden straßenbahnwürdigen Strecken dann tatsächlich als Straßenbahn zu realisieren, ist dann natürlich noch schwieriger.

Nun ja - "eine U-Bahn schadet auch nicht", meinte einmal ein früheres IGEB-Vorstandsmitglied in Bezug auf die Berliner U 5 vom Alexanderplatz zum Hauptbahnhof, die vsl. am 19.11.2020 in Betrieb gehen wird.

Dennoch: Wenn in einer Stadt wie Hamburg 100% der Mittel für den Ausbau der Schienennetze auf die Schnellbahnen konzentriert werden, und damit für ein "langsameres", mehr auf die "engmaschigere" Erschließung geeignetes Schienensystem genau 0% vorgesehen sind, so kann diese Politik nur als falsch bewertet werden.

Ich kann und will die Hamburger U 5-Planungen (trotz ihrer astronomisch hohen Kosten) nicht bewerten. Sicherlich wird man mit dieser U-Bahn auch eine Stärkung des ÖV bewirken.

Unabhängig davon halte ich die fortgesetzte "Tramverweigerung" der Hamburger Politik für einen schweren Fehler, der möglichst rasch korrigiert werden sollte.
Wiesbaden: Kampf für die City-Bahn
Am 1. November 2020 gibt es einen Bürgerentscheid zur Citybahn in Wiesbaden.

Die Fragestellung lautet dann:
Soll der Verkehr in Wiesbaden, zur Vermeidung von Staus und weiteren Verkehrsbeschränkungen für den Autoverkehr, durch eine leistungsfähige Straßenbahn (Citybahn) von Mainz kommend über die Wiesbadener Innenstadt bis Bad Schwalbach weiterentwickelt werden, um Verkehrszuwächse aufzufangen und Umweltbelastungen (Luftverschmutzung, Lärmbelastung) zu verringern?
[www.wiesbaden.de]

Die FDP bekämpft seit Jahren mit unredlichen Aussagen und bösartiger Stimmungsmache den für Wiesbaden so dringend notwendigen ÖPNV-Ausbau.
Sie unterstützt die sogenannte Bürgerinitiative gegen die City-Bahn, deren hochprofessionell und kostspielig hergestellten Protestplakate an zahlreichen Zäunen großer Villen-Grundstücke entlang der geplanten Fahrstrecke auf der Biebricher Allee hängen. (Bild 1)

Aber es gibt auch eine Bürgerinitiative Pro City-Bahn, die nimmermüde dazu aufruft, die moderne Variante der Straßenbahn in Wiesbaden wiederauferstehen zu lassen.

Alleine diese Zahlen sprechen eine deutliche Sprache:
Ein Omnibus hält durchschnittlich 10 Jahre, eine Straßenbahn 40 Jahre.
In einen Gelenkomnibus ist Platz für rund 150 Fahrgäste. In einem Dreiwagen-Stadtbahnzug ist Platz für rund 500 Fahrgäste.
Und eine moderne Stadtbahn ist keinesfalls ein Verkehrsmittel von Gestern, im Sinne von heute nicht mehr zeitgemäß, wie es die Gegner der City-Bahn verleumderisch behaupten.

Die Lügen- und Angstmasche der City-Bahn-Gegner haben auch viele Wiesbadener durchschaut und sich in der Initiative Pro-City-Bahn zusammengeschlossen. (Bild 2)


Man, sind das verkehrspolitische Dumpfdinos (sh. Jules Bild 1) - noch dümmer geht es kaum.

Immerhin gab es auch eine Demonstration für die Citybahn, auf der auch die Oberbürgermeister von Wiesbaden und Mainz Farbe bekannten: [www.hessenschau.de]

Jedenfalls wünsche ich unseren Leuten in Wiesbaden viel Glück,
Marienfelde.
Zitat
Marienfelde
Man, sind das verkehrspolitische Dumpfdinos (sh. Jules Bild 1) - noch dümmer geht es kaum.

Zumal der ÖPNV in Wiesbaden mit den ganzen Bussen wirklich eine einzige Katastrophe ist - das dürfte jeder Nutzer längst erkannt haben. Es kann mit der Citybahn also nur besser werden, schlimmer geht es jedenfalls nicht.


Das Gegenteil von pünktlich ist kariert.
Leider wird der Ist-Zustand wohl auf längere Zeit zementiert, denn die "Verkehrpolitischen Dumpfdinos" haben sich durchgesetzt. Die Tatsache, dass die Wahlbeteiligung lachhaft gering gewesen ist, interessiert keinen und die Politiker haben kein Rückgrat, um sich durchzuseten, sondern knicken ein, vor der lauten Minderheit der Verkehrs-Revisionisten, NIMBYS und Verhinderer aus Prinzip, hauptsache das Automobil und der unantastbare Parkplatz ist sicher, die anderen sollen sich unterordnen. Wozu den ÖPNV weiterentwickeln und an einer lebenswerteren Stadt arbeiten, wenn das heilige Blech über allem steht...
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