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Unpünktlichkeit der Bahn – Vorbestimmt oder änderbar?
geschrieben von NVB 
[www.bahninfo-forum.de]

Zitat
christian schmidt
Naja, Wenn das Wörtchen wenn nicht wär, wär mein Vater Millionär. Es wäre sicher schön, wenn wenn die DB pünklicher wäre, aber ich bin mir nicht sicher, ob es eine gute Idee ist, Planungen zu machen, die nur bei einem Pünktlichkeitsgrad funktionieren, der in der Praxis hier zur Zeit nicht erreichbar ist.


Ich bin vor ein paar Tagen mit dem Zug von Heidelberg nach Hamburg gefahren. Statt dem fahrplanmäßigen ICE kam ein IC-Wendezug mit einer (!) Diesellok. Trotzdem war die Ankunft in Hamburg pünktlich, sogar überpünktlich, nämlich drei Minuten zu früh.

Wie war das möglich? Das Personal hat im Wissen seiner Chancenlosigkeit, pünktlich zu sein, alles gegeben. Nette Ansagen mit Charme und der Bitte, sich beim Aus- und Einsteigen zu beeilen und ein Lokführer, der wirklich auf Zack war und alles aus seiner Maschine herausgeholt hat, haben offensichtlich gewirkt. Geholfen hat auch, dass dieser Zug einen Fahrplan mit einigen Reserven hat, die allerdings kaum in Anspruch genommen werden mussten. Vielleicht waren auch die Stellwerker bestrebt, diesem maschinell benachteiligtem Zug in jedem Fall freie Fahrt zu gewähren.


Zur Pünktlichkeit allgemein:

Die Schweizer sind in der Regel Zeigersprung-pünktlich und die Franzosen auch, wenn auch vielleicht nicht ganz so extrem. Beide haben die innere Einstellung, dass Pünktlichkeit das Normale ist und handeln danach. Und deren Fahrpläne haben Reserven.

Hatten die der Bundesbahn auch. Anfang der achtziger Jahren war die Pünktlichkeit noch flächendeckend und man konnte sich hundertprozentig auf die Bahn verlassen. Einzelne Ausreißer wie die Probleme mit einem neuen Signalsystem auf den Strecken Pforzheim–Horb/Freudenstadt – DB-Spruch „Bermuda-Dreieck“ – waren ebenso überregionales Tagesthema wie die aus Einspargründen untermotorisiert bestellten 628er.

Selbst nach der Wende war die Pünktlichkeit noch gut, vermutlich, bis ein gewisser Herr Mehdorn antrat, alles – aus seiner minderbemittelten Sicht – Überflüssige aus dem Bahnbetrieb zu entfernen. War inzwischen anerkanntermaßen Mist, doch so schnell lässt sich dieser Kahlschlag nicht rückgängig machen.

Nun wissen wir aus der Computertechnik, wenn die Hardware nicht auf optimalem Stand ist, dass zuerst die anspruchsvolle Software abstürzt. Mit anderen Worten, wenn bei den Gleisen Engpässe herrschen, braucht man einfachere Fahrpläne mit Rückfallebenen, sprich Reserven.

Bessere und vor allem besser durchdachte Fahrpläne lassen sich innerhalb eines Jahres realisieren, doch auf die bessere Hardware müssen wir einige Jahrzehnte warten. Und sie muss finanziert werden, was mitunter auch nicht so einfach ist. Was also die Bahn braucht, das sind dem aktuellen Zustand des Gleisnetzes angepasste Fahrpläne, die weitgehend störungssicher sind, also entsprechende Reserven haben, Verspätungen herausfahren zu können.
Tja, leider nichts Neues, dass bei der Bahn in der Vergangenheit viele Dinge kaputtgespart wurden, die nun nur schwer und langsam wieder repariert werden können.

Ein IC mit Diesellok? Das ist interessant. Baureihe 218? Bis Hamburg? Dann muss es aber ein ICE-Ersatz über Friedberg-Gießen gewesen sein - oder über das Ruhrgebiet. Mit der 218 über die Schnellfahrstrecke zu heizen, dürfte eher problematisch werden ;)
Ich stell mir viel eher die Frage, warum darf ein ICE (sagen wir Hamburg -> München) keine Verspätung haben? Der Zug fährt bei besten Bedingungen über 6h !!! Warum sind da 10, 15 oder auch 30 min Verspätung ein Grund im Dreieck zu springen? Klar verpasste Anschlüsse sind super ärgerlich. Klar könnte die Bahn auch einfach sagen "ok die Strecke Hamburg -> München dauert 8h ... und wir kommen einfach jedes mal 'zu früh' an". Doch was hätte man davon?
Wenn die Leute genau so über die Fahrdauer ihres Navigationsgerätes im Auto ausflippen würden, dann würde man ja auch argumentieren "ich fahr nie wieder mit dem Auto. Das kommt immer 'zu spät' an (verglichen mit der initialen Navi anzeige)".
... und so verhält es sich auch mit dem Zug. Sofern er überhaupt Verspätung aufbaut (im Gegensatz zu er startet schon 'zu spät') passiert dies rein statistisch nicht erst zwischen dem vorletzten und letztem Ort. Sondern passiert schon suggestive bzw. ist schon Stunden vor der Ankunft bekannt. Warum kann man zu diesen Zeiten nicht selber seinen ganz persönlichen Reiseplan umplanen?

Lange Rede kurzer Sinn, warum nicht einfach mal einen Schritt zurück treten und die ganze Sache objektiv betrachten?
Aus 6 Stunden fahrplanmäßig 8h machen, wären ja (die etwas arg übertriebenen) Reserven, von denen NVB schrieb.
Aber das konterkariert die Schnelligkeit als ein wesentliches und absichtlich gewähltes Marketinginstrument der ICE-Verbindungen, insbesondere ggü nationaler Flugrouten und dem Auto.

Erste Schritte in diese Richtungen, d.h. 'langsamer' dafür nachhaltiger fahren gibt es bereits, z.B. dass der ICE4 nur noch auf 250 statt 300/330 km/h ausgelegt ist.

Aber Zeiten einfach so entspannt sehen?
Macht dein oder andere Arbeitgeber ja auch nicht einfach so, wenn der Mitarbeiter sagen wir einmal die Woche jedesmal "10, 15 oder auch 30 min Verspätung" anfängt, nehme ich ganz stark an.
Zitat
Arne
Tja, leider nichts Neues, dass bei der Bahn in der Vergangenheit viele Dinge kaputtgespart wurden, die nun nur schwer und langsam wieder repariert werden können.

Ein IC mit Diesellok? Das ist interessant. Baureihe 218? Bis Hamburg? Dann muss es aber ein ICE-Ersatz über Friedberg-Gießen gewesen sein - oder über das Ruhrgebiet. Mit der 218 über die Schnellfahrstrecke zu heizen, dürfte eher problematisch werden ;)


Ja, eine 218, Friedberg-Gießen-Marburg, statt ICE 1578. Ich meine, dass wir auch durch Tunnel gefahren sind, doch ich habe nicht so richtig aufgepasst.
Zitat
flor!an
Ich stell mir viel eher die Frage, warum darf ein ICE (sagen wir Hamburg -> München) keine Verspätung haben? Der Zug fährt bei besten Bedingungen über 6h !!! Warum sind da 10, 15 oder auch 30 min Verspätung ein Grund im Dreieck zu springen? Klar verpasste Anschlüsse sind super ärgerlich. Klar könnte die Bahn auch einfach sagen "ok die Strecke Hamburg -> München dauert 8h ... und wir kommen einfach jedes mal 'zu früh' an". Doch was hätte man davon?


Ist Dein Beitrag als Witz gemeint?

Falls nicht, Verlässlichkeit ist das Wichtigste der Bahn. Denn der riesengroße Vorteil der Bahn gegenüber singulären Verkehrsmitteln ist das Netz, dass nicht nur Punkt-zu-Punkt-Verbindungen anbietet, sondern in gewissen Grenzen die vollständige Mobilität. Funktionierende Anschlüsse sind da das A&O. Ich weiß ja nicht, wovon Du sonst träumst, doch dieses nie wissen, ob man pünktlich ankommt und mit dem damit verbundene Zwang einen Zug eher und damit meist eine Stunde früher fahren zu müssen, geht ganz vielen Reisenden auf die Ketten.

Die Rechnung ist doch ganz einfach: Wenn ich den Fahrplan um 15 Minuten strecke und damit den Anschluss verlässlich sichere, habe ich gegenüber heute 45 Minuten gespart. Müsstest Du doch begreifen können, oder?
Zitat
flor!an
Ich stell mir viel eher die Frage, warum darf ein ICE (sagen wir Hamburg -> München) keine Verspätung haben?

Einen Grund nennst du selbst: Verpasste Anschlüsse, was möglicherweise auch noch zur Folge hat, dass der Reisende nach der Ankunft mit dem verspäteten Zug noch eine Ewigkeit am „Service-Point“ in der Schlange stehen darf.

Verpasste Geschäftstermine sind auch nicht so super.

Das Schlimmste ist meiner Meinung nach aber, dass durch diese Verspätung der Zug in den Trassenlagen anderer Züge verkehrt, die dann ihrerseits Verspätungen bekommen. Wegen einem blöden verspäteten ICE kommen also zahlreiche Pendler in diversen Bundesländern mit ihren Regionalbahnen zu spät, verpassen ggf Anschlüsse und kommen zu spät zur Arbeit bzw. verpassen auf dem Heimweg den selten verkehrenden Bus in die Dörfer. Möglicherweise sogar den letzten.

Übrigens kann man nicht einfach deutlich zu früh ankommen. Zum eine muss der Zug ja, wenn er zu früh ist, an den Unterwegsbahnhöfen seine planmäßige Abfahrtszeit abwarten, zum anderen sind die Trassen ja auch durch vorausfahrende Züge belegt.

Edit: Den zwischenzeitlich von NVB geschriebenen Beitrag stimme ich außerdem voll umfänglich zu.



3 mal bearbeitet. Zuletzt am 02.11.2020 17:57 von Wolf Tiefenseegang.
Zitat
flor!an
Ich stell mir viel eher die Frage, warum darf ein ICE (sagen wir Hamburg -> München) keine Verspätung haben? Der Zug fährt bei besten Bedingungen über 6h !!! Warum sind da 10, 15 oder auch 30 min Verspätung ein Grund im Dreieck zu springen? Klar verpasste Anschlüsse sind super ärgerlich. Klar könnte die Bahn auch einfach sagen "ok die Strecke Hamburg -> München dauert 8h ... und wir kommen einfach jedes mal 'zu früh' an". Doch was hätte man davon?
Wenn die Leute genau so über die Fahrdauer ihres Navigationsgerätes im Auto ausflippen würden, dann würde man ja auch argumentieren "ich fahr nie wieder mit dem Auto. Das kommt immer 'zu spät' an (verglichen mit der initialen Navi anzeige)".
... und so verhält es sich auch mit dem Zug. Sofern er überhaupt Verspätung aufbaut (im Gegensatz zu er startet schon 'zu spät') passiert dies rein statistisch nicht erst zwischen dem vorletzten und letztem Ort. Sondern passiert schon suggestive bzw. ist schon Stunden vor der Ankunft bekannt. Warum kann man zu diesen Zeiten nicht selber seinen ganz persönlichen Reiseplan umplanen?

Lange Rede kurzer Sinn, warum nicht einfach mal einen Schritt zurück treten und die ganze Sache objektiv betrachten?

Sorry, dass ich das jetzt mal so deutlich sagen muss: aber die Bahn ist kein Verkehrsmittel, dass nur ‚just for fun‘ fährt oder einfach nur Urlauber von A nach B bringt, denen es egal ist, ob sie 15 oder 30 min zu spät am Ziel sind. Die meisten Fahrgäste sind Menschen, die Termine haben. Und im heutigen Erwerbsleben ist es eben nicht egal, ob ich pünktlich komme oder eine halbe Stunde später. Der Vergleich mit dem Auto hinkt. Dort gibt es einfach keinen Fahr-‚Plan‘, was ja eben der Vorteil der Bahn ist. Oder sein sollte. Und hier ist Verlässlichkeit unabdingbar. Ich ahne, dass jetzt das Argument kommt: ‚Dann muss man halt einen Zug eher nehmen.‘ Eben nicht. Denn dafür gibt es eben einen Fahrplan. Es ist nicht Aufgabe des Kunden, ständige Verspätungen von vornherein einzukalkulieren.
Um das ganze auch mit einer persönlichen Erfahrung zu garnieren: ich pendele häufig zwischen Hamburg und Baden. Klar... lange Strecke, quer durch Deutschland. Nach meiner Erfahrung klappt in den letzten Jahren gerade einmal die Hälfte aller Fahrten ohne größere Verspätungen oder verpasste Anschlüsse. In einem Fall musste ich in Fulda im Hotel nächtigen. Das ist einfach ein verdammt schlechter Schnitt...



1 mal bearbeitet. Zuletzt am 02.11.2020 21:52 von Arne.
Ein wunderbares Beispiel ist bei uns im Norden die Parade-Vorzeigestrecke der Bahn Hamburg-Berlin. Auf Teufel komm raus muss der Zug das in 93 Minuten schaffen, koste es was es wolle.

270 Kilometer, selbst wenn man dafür zwei Stunden Zeit einplanen würde, wäre man schneller als ein Porschefahrer mit Vollgas - und dazu noch verlässlicher.

Oftmals schleppen die Fernzüge Verspätungen aus München oder Dresden mit an, kommen daher erst mit etwas Verspätung in Berlin los. Unterwegs braucht es dann geeignete Überholstellen, um die Regionalzüge Berlin-Wittenberge, Wittenberge-LuLu-Schwerin und Schwerin-Hamburg zu passieren, ohne dass diese wiederum zu lange warten und damit Verspätung aufbauen müssen.

Der Leidtragende ist dann der Pendler, der in Büchen auf den Regionalzug angewiesen ist, der durch die Überholung durch den verspäteten ICE in Schwarzenbek zehn Minuten Verspätung aufgebrummt bekommt und seinen Anschluss am Hbf verpasst.

Der Schweiz beispielsweise sagt man nach, dass sie verdammt pünktlich sei. Und dies ist der Tatsache geschuldet, dass an allen größeren Bahnhöfen möglichst alle Züge gleichzeitig ankommen und wieder abfahren sollten, um optimale Umsteigebeziehungen zu erreichen. Dafür kommen alle Züge möglichst zur vollen und/oder halben Stunde dort an.

Benötigt ein Zug also bei Volldampf zwanzig Minuten von A nach B, so bekommt er einen Fahrplan, der ihn um drei Minuten nach Voll von A abfahren und um zwei Minuten vor Halb in B ankommen lässt. Also hat er fünf Minuten Reserve, die Trasse ist für eine entsprechend langsamere Durchschnittsgeschwindigkeit für diesen Zug reserviert.

Bis zu fünf Minuten kann der Zug jetzt problemlos am Abfahrtsbahnhof A auf einen eventuell verspäteten Anschluss warten und wäre noch immer pünktlich zu um Halb in B. Kommt er pünktlich in A los, so fährt er nicht unter Volllast, also z.B. mit 140km/h statt mit 160km/h und spart somit gleichzeitig Energie ein.

Sobald der Fahrplan jedoch wie in Deutschland auf die Minute ausgereizt ist, wirkt sich jede noch so kleine Verzögerung auf die Gesamtfahrzeit aus. Und jeder Zug, der ausserhalb seiner planmäßigen Trasse verkehrt, verursacht Trassenkonflikte mit anderen Zügen. Deshalb sind Ankunftsverspätungen von 30+ Minuten in den Abendstunden gerade bei langlaufenden Zügen in Hamburg keine Seltenheit, während beispielsweise der 4:56-ICE nach München im Regelfall selbst in Würzburg gerne mal noch drei Minuten zu früh eintrifft - es gibt um die Zeit noch kaum Trassenkonflikte, die sich über den Tag auf das gesamte Netz hochschaukeln.

Und der Nachtzug nach Innsbruck fährt gerne mal mit drei Stunden Verspätung in HH ab und erreicht München dennoch vor Plan - hier sind also massig Fahrzeitreserven eingeplant (ok, die Nacht wäre sonst vermutlich auch zu kurz...).
Moin reinbeker,

volle Zustimmung und danke für die Infos.

Es stellt sich da für mich die Frage, weil in -D- zum Teil doch andere Entfernungen hingelegt werden, ob sich das so übertragen lässt?
Und da wir eigentlich im Hamburger Nahverkerhsforum unterwegs sind, wo und an welcher Stelle kann man das geschilderte "System" auf die Regios oder gar die S-Bahn übertragen?
Zitat

Ein wunderbares Beispiel ist bei uns im Norden die Parade-Vorzeigestrecke der Bahn Hamburg-Berlin. Auf Teufel komm raus muss der Zug das in 93 Minuten schaffen, koste es was es wolle.

Das ist schon seit bald 10 Jahren nicht mehr so. Die Fahrzeit beträgt minimal 104 Minuten.

Zitat

Oftmals schleppen die Fernzüge Verspätungen aus München oder Dresden mit an, kommen daher erst mit etwas Verspätung in Berlin los.

Der Dresdner IC/EC steht fast 25 Minuten planmäßig in Berlin Hbf. Die aus München durchgebundenen ICE haben i.d.R. 20-30 Minuten Aufenthalt in Berlin Hbf.

Zitat


Der Schweiz beispielsweise sagt man nach, dass sie verdammt pünktlich sei.

Ja. Ist aber im Detail nicht so. Könnt ihr im Detail für jede Strecke für jeden Tag für jede Zuggattung nachsehen:
[puenktlichkeit.ch]

Wenn ich dann auch noch "NVB" hier mit seinen flotten Vorstellungen zu flotten Betriebskonzepten auf zweispurigen Strecken lese, die in der Schweiz "problemlos" machbar seien, geht einem fast der Hut hoch. Die betroffenen Strecken glänzen regelmäßig mit tiefer Pünktlichkeit.



1 mal bearbeitet. Zuletzt am 03.11.2020 09:03 von Herbert.
Zitat
Herbert
Der Schweiz beispielsweise sagt man nach, dass sie verdammt pünktlich sei.

Ja. Ist aber im Detail nicht so. Könnt ihr im Detail für jede Strecke für jeden Tag für jede Zuggattung nachsehen: [puenktlichkeit.ch]

Wenn ich dann auch noch "NVB" hier mit seinen flotten Vorstellungen zu flotten Betriebskonzepten auf zweispurigen Strecken lese, die in der Schweiz "problemlos" machbar seien, geht einem fast der Hut hoch. Die betroffenen Strecken glänzen regelmäßig mit tiefer Pünktlichkeit.


Na Herbert, versuchst Du, uns hier zu veräppeln? Wenn man Dein "Schweiz-Barometer" – übrigens danke für den Link – auf den Schwellwert 5 Minuten stellt, dann hatten die Schweizer Bahnen in den vergangenen 365 Tagen eine Pünktlichkeit von 98,0 Prozent und selbst die gebeutelte BLS mit ihren Problemstrecken in den Bergen noch 96,8 Prozent. Und jetzt denken wir bitte mal daran, dass die DB mit einem Schwellwert von 6 Minuten rechnet und ausgefallene Züge bei der Berechnung ganz unter den Tisch fallen lässt.

Trotzdem schaffte die DB im letzen Monat nur 78,8 Prozent Pünktlichkeit [www.deutschebahn.com]. Und zum grundsätzlichen Vergleich Schweiz/Deutschland: Deutschland hat derzeit 5.687 Bahnhöfe und Halte, die Schweiz 1.998, letztere allerdings bis zum letzten Postbus vertaktet.
Bei der S-Bahn gilt bei der Fahrplanerstellung aber ein ganz anderer Präzisionsgrad als bei der "großen" Bahn. Bei der S-Bahn wird der Fahrplan auf die Zehntelminute genau erstellt und Fahrzeitpuffer bewegen sich im Bereich von höchstens einer Minute und der Faktor "Fahrgastwechsel" hat eine viel höhere Priorität als etwa das Thema "Mischverkehr", das tangiert uns nur auf der S3 zwischen Neugraben und Stade.
Hier schreiben einige, dass die Fahrpläne in Deutschland zu knapp kalkuliert seien. Dabei hat die DB doch mittlerweile massig Puffer eingebaut. Die Linie 25 kann sowohl mit ICE1 und ICE-T gefahren werden, beide Züge schaffen den Fahrplan, obwohl der eine 50km/h langsamer ist als der andere. Wenn man die Fahrzeiten Hamburg–Fulda aus dem Jahr 1991 mit heute vergleicht, merkt man, wie viel zusätzlicher Puffer da vorhanden ist.
Vielleicht relativiert sich das wieder, wenn man die Infrastruktur beider Jahre vergleicht.
Zitat
PAD
Hier schreiben einige, dass die Fahrpläne in Deutschland zu knapp kalkuliert seien. Dabei hat die DB doch mittlerweile massig Puffer eingebaut. Die Linie 25 kann sowohl mit ICE1 und ICE-T gefahren werden, beide Züge schaffen den Fahrplan, obwohl der eine 50km/h langsamer ist als der andere. Wenn man die Fahrzeiten Hamburg–Fulda aus dem Jahr 1991 mit heute vergleicht, merkt man, wie viel zusätzlicher Puffer da vorhanden ist.

1991/92 Hamburg–Fulda = 3:00 Stunden (IC)
2019/20 Hamburg–Fulda = 2:52 bis 2:54 Stunden (ICE)
Zitat
HOCHBAHN-Fan
Bei der S-Bahn gilt bei der Fahrplanerstellung aber ein ganz anderer Präzisionsgrad als bei der "großen" Bahn. Bei der S-Bahn wird der Fahrplan auf die Zehntelminute genau erstellt und Fahrzeitpuffer bewegen sich im Bereich von höchstens einer Minute und der Faktor "Fahrgastwechsel" hat eine viel höhere Priorität als etwa das Thema "Mischverkehr", das tangiert uns nur auf der S3 zwischen Neugraben und Stade.

Ich glaube, mit Zehntel- oder mindestens Sechstelminute arbeitet heute jedes Verkehrsunternehmen.

Als ich vor einigen Wochen zu dem S4-Gesprächskreis eingeladen war, hat der Vertreter des HVV vorgetragen, dass das hamburgische S-Bahnnetz auf 5 Linien im 10-Min-Takt konstruiert ist. Damit eventuelle Störungen sich selbst auflösen können, sollte man aber nur mit 4 Linien fahren. Auf die Frage, warum das heute schon nicht richtig funktioniert und der regelmäßige Stau vor der Südost-Einfahrt des Hauptbahnhof Schlimmes für die S4 befürchten ließe, hieß es, dass sich die S-Bahn besser organisieren müsse (oder so ähnlich).
Zitat

1991/92 Hamburg–Fulda = 3:00 Stunden (IC)
2019/20 Hamburg–Fulda = 2:52 bis 2:54 Stunden (ICE)

1995 Hamburg-Fulda = mehrere Züge mit planmäßig 2:33 h (ICE 1), z.B.

ICE 793

Hamburg Hbf ab 8:08 Uhr
Fulda an 10:41 Uhr

Zitat

Wenn man Dein "Schweiz-Barometer" – übrigens danke für den Link – auf den Schwellwert 5 Minuten stellt, dann hatten die Schweizer Bahnen in den vergangenen 365 Tagen eine Pünktlichkeit von 98,0 Prozent

Nein. 98,0 % Pünktlichkeit bei den S-Bahnen. Die S-Bahnen sind, in der Schweiz und in Deutschland, die pünktlichste Gattung.

Zitat

und selbst die gebeutelte BLS mit ihren Problemstrecken in den Bergen noch 96,8 Prozent.

Nein. Auch der Wert bezieht sich nur auf die BLS-S-Bahnen, die allesamt im Mittelland verkehren. Der BLS-RE-Verkehr hat Abschnitte mit nur ~ 80 % Pünktlichkeit.

Zitat


Trotzdem schaffte die DB im letzen Monat nur 78,8 Prozent Pünktlichkeit [www.deutschebahn.com].

Hier hast du den Wert des Fernverkehrs genommen. Der Fernverkehr ist, in der Schweiz und in Deutschland, die unpünktlichste Gattung. Über alle Züge hinweg kommt die DB deinem Link zufolge auf 94,7 % Pünktlichkeit mit 5 Min Toleranz.

Zitat


Na Herbert, versuchst Du, uns hier zu veräppeln?

Ich würd mich freuen, wenn du weniger auf Krawall aus wärst und die Zeit in kurze Recherche stecken könntest. Alle Informationen hier sind frei zugänglich und würden Deine starke Meinungsbildung um die mitunter fehlende Hälfte Wissen ergänzen.
Hmm.. Als Musiker pendel ich ja auf den verschiedensten Fernbahnstrecken zu den verschiedensten Zeiten durch Deutschland. Ich erlebe dabei häufig eine verfrühte Ankunft von 2 bis 6 Minuten an den Unterwegs- und Zielbahnhöfen, die oft dann im Gleisvorfeld abgestanden werden müssen, bis das Gleis frei ist.
Genauso oft erlebe ich auch Verspätungen von bis zu 15 Minuten. Die werden schnell aufgeholt - auch weil der Fernverkehr ja stark priorisiert wird gegenüber dem Nahverkehr. Und in seltenen Fällen werden daraus mal 25 Minuten, weil dann doch keine Überholmöglichkeit besteht.

Bis zu 10 (Abfahrt)/15 (Ankunft) Minuten Verspätung haben bis jetzt alle Anschlusszüge auf mich gewartet.

Nach einer Fahrt von 4 Stunden kommt es für mich nicht auf 15 Minuten an. Und dabei gab es (vor Corona) durchaus öfter Fälle, wo ich bis Mitternacht Konzert in Ort A hatte (bspw. Mainz) und dann bis 11 Uhr zum Probenbeginn für ein ein Konzert in Ort B (z.B. Oldenburg) sein musste.

Apropos Termin: Da man im Fernverkehr von stündliche Verbindungen ausgehen kann: Da passiert es doch eh selten, dass der Zug genauso ankommt, dass man auf die Minute genau den Termin erreicht. Meist ist man im pünktlichen Fall doch 20/30/40/50 Minuten zu früh am Terminort. Was machen da 15 Minuten Verspätungen aus?



Also bitte nicht pauschal mehr Pufferzeiten (das würde übrigens auch heißen, dass Anschlüsse die heute zu 90% klappen, dann nur noch zu 0% klappen und man 60 Minuten offizielle Umsteigezeit hätte)

Das Problem mit den Verstrickungen bzw. Trassenkonflikten bei Verspätungen zum Regional- (und Güter-)Verkehr muss natürlich bedacht werden. Langfristig durch Infrastrukturausbau.

Wer darauf besteht mit U-Bahn-Präzision - also in der Regel mit maximal 3 Minuten Verspätung am Ziel zu sein, muss dann entweder an seinen Arbeitsort ziehen, für Auswärtstermine auf Videokonferenzen setzen, den Job wechseln oder Meditieren....
Zitat
PassusDuriusculus
Hmm.. Als Musiker pendel ich ja auf den verschiedensten Fernbahnstrecken zu den verschiedensten Zeiten durch Deutschland. Ich erlebe dabei häufig eine verfrühte Ankunft von 2 bis 6 Minuten an den Unterwegs- und Zielbahnhöfen, die oft dann im Gleisvorfeld abgestanden werden müssen, bis das Gleis frei ist.
Genauso oft erlebe ich auch Verspätungen von bis zu 15 Minuten. Die werden schnell aufgeholt - auch weil der Fernverkehr ja stark priorisiert wird gegenüber dem Nahverkehr. Und in seltenen Fällen werden daraus mal 25 Minuten, weil dann doch keine Überholmöglichkeit besteht.

(...)

Apropos Termin: Da man im Fernverkehr von stündliche Verbindungen ausgehen kann: Da passiert es doch eh selten, dass der Zug genauso ankommt, dass man auf die Minute genau den Termin erreicht. Meist ist man im pünktlichen Fall doch 20/30/40/50 Minuten zu früh am Terminort. Was machen da 15 Minuten Verspätungen aus?

(...)


Wer darauf besteht mit U-Bahn-Präzision - also in der Regel mit maximal 3 Minuten Verspätung am Ziel zu sein, muss dann entweder an seinen Arbeitsort ziehen, für Auswärtstermine auf Videokonferenzen setzen, den Job wechseln oder Meditieren....

Haha, gute Tipps. Leider etwas unrealistisch ;-) Um auf das Ausgangsproblem zurückzukommen: Ich kann zwar auch hin und wieder beobachten, dass Fernzüge gut 5 Minuten vor Ankunftszeit am Zielort eintreffen. Aber das ist die absolute Ausnahme. Wie ich oben schrieb: Ein 50-Prozent-Anteil meiner Fernreisen ist pünktlich. Der Rest hat meist deutliche Verspätungen.

Und wer mit dem letzten Zug des Tages Richtung Reiseziel fährt, dann aber den regionalen Anschluss zum Reiseziel verpasst auf einer Strecke, die dann erst Stunden später am frühen Morgen wieder bedient wird, ist doppelt gekniffen. Auch DAS habe ich schon mehrfach erlebt. Und inzwischen weiß ich auch: Hamburger Taxifahrer akzeptieren meist nur ungern die Gutscheine der DB - weil sie offenbar anschließend wochen- bis monatelang auf ihr Geld warten müssen. Das hat mir mal ein Taxifahrer aus Harburg berichtet, der mich nach verpasstem Anschluss zu meinem Zielbahnhof im Kreis Stade gefahren hat. Es war in der Warteschlange übrigens der vierte (!!!) Taxifahrer, der mich dann mit Gutschein transportieren wollte. Die ersten drei haben gesagt: DB-Gutschein? Nehmen wir nicht!
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