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Wirtschaftlichkeit von Erdgasbussen
geschrieben von Erdgasbus 
Guten Tag,

ich habe mal eine Frage zu den Erdgasbussen. In Frankreich und auch in Teilen Deutschlands werden Erdgasbusse eingesetzt. Frankfurt/Oder hat als einzigster Betrieb in Brandenburg vollständig auf diese Busse umgestellt.

Sind diese Busse wirklich ökologisch und ökonomisch besser als die Standardvariante Dieselbus?

Wie groß sind die Unterschiede und Leistungen?

Viele Grüße

Erdgasbus
Erdgasbus schrieb:
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> Sind diese Busse wirklich ökologisch und
> ökonomisch besser als die Standardvariante
> Dieselbus?

Ich zitiere hier mal einen Artikel, der genau vor 10 Jahren, im August 1995 in der BVG-Mitarbeiterzeitung "signal" stand:

Erdgas im Tank

Zur UNO-Klima-Konferenz im März 1995 in Berlin hatten sie ihre Feuertaufe – die umweltfreundlichen Erdgasbusse (CNG-Busse), die sich gegenwärtig bei der BVG in der Erprobungsphase befinden. Damals wurden sie als Shuttle für die Beförderung der Gäste des Klima-Gipfels vom Betriebshof Helmholtzstraße eingesetzt. Inzwischen sind sie auf den Betriebshof Britz stationiert. Über erste Betriebserfahrungen ihres Einsatzes sprach BVG-Signal mit Burkhard Eberwein von der Abteilung BO-KT2:

Vorteile

Um es vorwegzunehmen – die Emissionswerte der mit Erdgas betriebenen Busse sind entschieden geringer als bei den mit Diesel betriebenen. Hat der Dieselbus 8,9 g/kWh Stickoxyde, so liegt dieser Wert beim Erdgasbus bei 1,0. Bei den Kohlenwasserstoffen stehen die Vergleichswerte 0,49 zu 0,1, bei Kohlenmonoxyd 0,87 zu 0,2 und bei den Partikeln 0,24 zu 0,05. Diese Werte wurden bei einem 13-Stufentest auf einem Leistungsprüfstand – sozusagen unter Laborbedingungen – ermitteln. Wie die Werte im Linieneinsatz der Busse liegen, wird gegenwärtig noch gemessen. Sicher werden sie dann etwas höher sein, aber immer noch unter den Werten eines Dieselbusses, selbst beim modernsten Euro-3-Motor. Deshalb ist der erdgasbetriebene Omnibustyp besonders für den Einsatz in Ballungsgebieten sehr geeignet.
Das sind entscheidende Vorteile, die natürlich für alle von besonderem Interesse sind, geht es doch um den Erhalt unserer Umwelt. Und deshalb wird dieser Versuch auch durch die Europäische Gemeinschaft gefördert. Gegenwärtig denkt die BVG über eine Anschaffung von weiteren 40 Erdgasbussen nach, denn für fünf Jahre werden erhebliche Steuerreduzierungen wirksam.
Gegenwärtig sind sechs CNG-Busse von Mercedes Benz im Einsatz, davon zwei Gelenkomnibusse. Bis zum Jahresende kommen noch vier MAN-Gelenkomnibusse hinzu. Im Straßenbild sind die Erdgasbusse gut an ihrem charakteristischen „Dachbuckel“ zu erkennen. Darunter verbergen sich beim Standardomnibus fünf Druckgasflaschen und beim Gelenkbus sieben. Da Erdgas bei atmosphärischem Druck eine sehr geringe Speicherdichte aufweist, muß das Erdgas auf ca. 200 bar verdichtet werden. Hierfür werden die zur Zeit ausschließlich in Deutschland zugelassenen kunststoffmantelverstärkten Stahltankbehälter eingesetzt. Sie haben ein Fassungsvermögen von maximal 165 l und ein Gewicht von rund 120 kg. Aufgrund des Gewichtes der Stahldruckflaschen mußte beim Standardbus bezogen auf das zugelassene Gesamtgewicht die Anzahl der Stehplätze um vier verringert werden. Beim Gelenkbus ist dagegen durch die günstigere Achslastverteilung keine Einschränkung erforderlich.

Nachteile

Die Omnibusfahrer kommen mit den erdgasbetriebenen Fahrzeugen gut klar. Die Nachteile, die der Einsatz der Erdgasbusse gegenwärtig noch mit sich bringt, sind nicht technischer, sondern überwiegend betriebsorganisatorischer Natur.
Da ist zum Beispiel das Problem der Betankung. Für die geringe Anzahl der Busse lohnt keine eigene Tankstelle. Zur Zeit werden die Busse bei den Berliner Gaswerken durch zwei von der Firma Mercedes Benz AG zur Verfügung gestellten mobilen Tankstellen betankt. Der Betankungsvorgang dauert relativ lange. Über einen in der Tankstelle integrierten Speicher mit der Tankkapazität eines Busses kann auch eine Schnellbetankung durchgeführt werden. Sollte sich die BVG für die Beschaffung der vorher erwähnten 40 CNG-Busse entscheiden, würde sich die Errichtung einer eigenen Erdgastankstelle auf dem Betriebshof Indira-Gandhi-Straße lohnen.
Ein zweites Problem sind die kurzen Reichweiten. Bei Linien mit einer geringen Durchschnittsgeschwindigkeit (15 km/h), d. h. mit hohem Verkehrsaufkommen und dafür typischem Stop- und Go-Betrieb, wurde deutlich, daß die Tagesreichweite unter 200 km liegt. Durch die geringen Reichweiten können die Ergasbusse nur auf verkürzten Linien bzw. für vier bis fünf Stunden in der Früh- oder Nachmittagsspitze eingesetzt werden.
Ein weiteres – vor allem in Hinblick auf die Wettbewerbsbedingungen – nicht zu unterschätzendes Problem sind die höheren Unterhaltungskosten, da die Technik aufwendiger ist und bestimmte Auflagen zur Sicherheit vom Gesetzgeber vorgeschrieben sind. Gegenwärtig werden die Busse auf dem Betriebshof generell im Freien abgestellt. Für Reparaturen in der Werkstatt wird ein mobiles Gaswarngerät eingesetzt, da der bei Arbeiten an den CNG-Omnibussen vorgeschriebene dreifache Luftwechsel pro Stunde nicht an allen Stellen der Halle gewährleistet werden kann. Die gegenüber diesel-betriebenen Bussen höheren Kosten werden durch den Senat erstattet.


Für die BVG überwogen nach dem Testbetrieb die Nachteile, so dass die Testwagen abgestellt und verkauft bzw. auf Dieselantrieb umgebaut wurden. Der Senat war nicht bereit, über den Testzeitraum hinaus weiterhin die Mehrkosten zu erstatten. Dafür erhielten inzwischen fast alle vorhandenen und neu beschafften Busse CRT-Filter, womit in Kombination mit schwefelarmen Dieselkraftstoff ähnlich geringe Emmissionswerte wie beim Erdgasantrieb erzielt wurden. Inzwischen wurden auch die Erdgasbusse technisch weiterentwickelt, die Nachteile sind nunmehr geringer geworden. Die Kraftstoffpreise und Ökosteuern könnten nunmehr ein erneutes Nachdenken bewirken.
Ein auch im Auftrag der BVG fahrendes Berliner Privatunternehmen hat ja bereits mehrere Erdgasbusse im Rennen.


so long

Mario
Hallo Mario,

vielen Dank für den Artikel, dann bleibt die Frage:

Warum möchte die BVG nun wieder einen Versuch mit Erdgas starten? Die Konstellationen haben sich ja nicht wesentlich geändert, oder doch?

Viele Grüße

Erdgasbus
Erdgasbus schrieb:
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> Warum möchte die BVG nun wieder einen Versuch mit
> Erdgas starten? Die Konstellationen haben sich ja
> nicht wesentlich geändert, oder doch?

Doch.

Seit dem Versuch ist ein Jahrzehnt vergangen, die Technik wurde wesentlich verbessert, die jetzigen Erdgasbusse sollen bereits einen doppelt so großen Aktionsradius haben, es gibt mehr und leistungsfähigere Tankstellen. Die Summe aus Mineralölsteuer + Ökosteuer + MWSt ist (leider auch für Nahverkehrsbetriebe) überproportional gestiegen. Die aktuelle Dieselpreisentwicklung kann man an jeder Tankstelle verfolgen. Der Gasantrieb wird teilweise weiterhin gefördert und nicht bzw. nur gering besteuert.

Da muss man wohl eine neue Rechnung aufmachen.



so long

Mario
Moin!

Auch wenn ich immer versuche, die USA nicht als Vorbild zu nutzen, so muss man aber sagen, dass z.B. in San Diego (Californien) bereits seit vielen Jahren die Stadtbusse mit Erdgas fahren. Alltagstauglich ist die Technik allemal inzwischen!

Grüße aus Hamburg!

Tim
Tim Schneider schrieb:
-------------------------------------------------------
> Moin!
>
> Auch wenn ich immer versuche, die USA nicht als
> Vorbild zu nutzen, so muss man aber sagen, dass
> z.B. in San Diego (Californien) bereits seit
> vielen Jahren die Stadtbusse mit Erdgas fahren.
> Alltagstauglich ist die Technik allemal
> inzwischen!

Auch im HVV gibt es eine Stadt, die fast komplett mit Erdgasbussen bedient wird: Lüneburg...

Gruß Ingo
Noch eine Gasbusstadt, dicht bei San Diego ... Los Angeles.

Sicher wird kaum jemandem beim Thema vorbildlicher Nahverkehr diese Stadt einfallen (meine neue Heimat seit einem Jahr), aber gerade deshalb ist es ganz erstaunlich, was hier so an öffentlichem rollt. Die Metropolitan Area hat immerhin 10 Mio Einwohner, und der neue Bürgermeister hat gerade eine große ÖPNV-Kampagne gestartet, nicht nur wegen der derzeitigen schockierenden Benzinpreise von $0.87 pro Liter. Noch was traumhaftes: Die Tageskarte kostet 3 Dollar.

Statistik: aktive Busflotte 2668, davon Erdgas 2045.
Guckt mal rein:

[www.mta.net]

Gruß,
Stefan
st_belger schrieb:
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> ... nicht nur
> wegen der derzeitigen schockierenden Benzinpreise
> von $0.87 pro Liter.

Was ist daran schockierend?
Das sind €0,71 pro Liter (Kurs €->$ 1,2227), etwa die Hälfte von dem, was es hier kostet. Das würden wir hier als billig bezeichnen.
Oder meinst Du eigentlich etwas anderes.

> Noch was traumhaftes: Die
> Tageskarte kostet 3 Dollar.

Das wäre allerdings ein Traum, soviel kostet hier bald der Einzelfahrschein!, wenn es mit den Preiserhöhungen so weiter geht.

Jens
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