Neue BVG-Tarife: Wer weit fährt, soll mehr zahlen
Vorstandschef fordert mehr Zonen und billigeres Kurzstrecken-Ticket
Peter Neumann
Neue Tickets, eine neue Tarifzone sowie höhere Preise vor allem für Langstreckenfahrer - so möchte der Vorstandsvorsitzende der Berliner Verkehrsbetriebe (BVG), Andreas Sturmowski, das Tarifsystem weiter entwickeln. Viele Preise im Berliner Nahverkehr seien "zu niedrig", die Reisenden zahlten für weite Entfernungen "drastisch zu wenig", sagte er während einer Diskussion im Verein Berliner Kaufleute und Industrieller (VBKI). Doch der Manager schlug auch neue, preiswertere Fahrkartenangebote vor.
Eine seiner Ideen: billigere Tickets, die nur im Berliner Tarifbereich A gelten - also nur auf dem S-Bahn-Ring und in der von ihm umschlossenen Innenstadt. Ein solches Angebot, das den vielen Fahrgästen im Stadtzentrum nützen würde, hätte eine "gewisse Logik", sagte der BVG-Chef. Ein weiterer Vorschlag: ein neuer Einzelfahrschein für kurze Strecken. Er könne es verstehen, wenn in der Politik Forderungen nach einem Ein-Euro-Ticket laut werden.
Für Weitstreckenkunden forderte Sturmowski dagegen höhere Fahrpreise. "Nirgendwo in Deutschland kann man für so wenig Geld so weit fahren wie in Berlin", sagte er. "Lange Strecken sind zu billig." Reisende, die für eine einzelne Fahrt von Köpenick nach Potsdam derzeit 2,60 Euro zahlen, wären momentan "in ihrer Zahlungsbereitschaft unterfordert". Als eine Möglichkeit, künftig für mehr Tarifgerechtigkeit zu sorgen, sieht Sturmowski die Einführung einer weiteren Tarifzone im Umland. Zusätzlich zu den heutigen Tarifbereichen A, B und C könnte es die Zone D geben, schlug er vor.
Allerdings sollen Käufer von Abonnements und Jahreskarten, die in den vergangenen Jahren drastische Preissprünge verkraften mussten, zunächst von Verteuerungen verschont bleiben. Die Zahl der Stammkunden war nach der jüngsten Tariferhöhung im August 2005 stark gesunken. Alle anderen Tickets in Berlin und Brandenburg sollen dagegen 2007 teurer werden - ob im Januar oder zum Beispiel im April, ist noch nicht beschlossen. Für die Zeit danach will die BVG noch in diesem Jahr ein Konzept vorlegen, wie die Tarifstruktur verändert werden soll, kündigte Sturmowski an.
Seine Tarifideen stießen gestern auf ein geteiltes Echo. Ein Ticket nur für den Innenstadt-Tarifbereich A "ist genau das, was wir seit langem gefordert haben", lobte Christian Gaebler, verkehrspolitischer Sprecher der SPD-Fraktion. Allerdings befürchtet er, dass es nur etwas weniger als ein Ticket für die gesamte Stadt kosten wird - und damit unattraktiv sei. "Ein gesonderter Tarif nur für den Bereich A würde das Tarifsystem komplizierter machen", sagte Matthias Horth vom Fahrgastverband IGEB. "Zumal es dann auch separate Tickets nur für den Tarifbereich B geben müsste. Denn schließlich ist es nicht einzusehen, warum eine Fahrt innerhalb von Wilmersdorf preiswerter sein soll als eine Tour durch Spandau."
Eine Tarifzone D sei dagegen sinnvoll, weil dadurch der Preissprung zu den anderen Umlandtarifen verkleinert wird, so Horth. Doch Gaebler lehnte dies ab: "Es besteht die Gefahr, dass das Tarifsystem dann zu kleinteilig wird."
Mit einer anderen Idee wollen die Grünen im September zur Abgeordnetenhaus-Wahl antreten. "Wir wollen eine Berlin-Vignette für alle Kraftfahrzeuge einführen, die in Berlin fahren oder im öffentlichen Straßenraum parken - auch die Autos, die von auswärts kommen", sagte Claudia Hämmerling, die verkehrspolitische Sprecherin. Für einen Teil ihres Geldes sollen die Vignettenkäufer Gutscheine bekommen - zum Beispiel für BVG und S-Bahn, Taxis oder Mietfahrräder. Eine unabhängige Kommission soll Vorschläge erarbeiten, unter anderem zum Preis dieser Vignette.
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