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Stellungnahme und Programm der Grünen zur Strassenbahn
geschrieben von Thorsten Bartel 
Hallo,

soeben wurden zwei Beiträge aufgrund von themenfremden Inhalts entfernt. Bitte beachtet das politische Diskussionen hier nicht geduldet werden, es sei denn es handelt sich um Verkehrspolitik.

Eine Frage aus dem gelöschten Beitrag von 54E möchte ich hiermit zitieren, damit sie nicht untergeht:
"Apropos, wies sieht eigentlich das Programm der WASG aus, weiß da einer was näheres?"

Bitte nur in Bezug auf Verkehrspolitik beantworten.

Gruß,

Jens Fleischmann
Forummaster BahnInfo-Berlin



1 mal bearbeitet. Zuletzt am 22.08.2006 23:14 von Forummaster BahnInfo-Berlin.
Thorsten Bartel schrieb:
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> Ich habe, nachdem hier jemand das Gerücht streute, Herr necker wolle 10 Strassenbahnstrecken in den
> nächsten 12 Monaten stillegen, mich noch einmal an die GRÜNEN gewandt.
> Frau Hämmerling schrieb mir, daß es stimmt, Herr Necker wolle 10 Straßenbahnlinien stillegen.

Er muss die Strecken sogar stilllegen, weil der Berliner Senat nicht willens ist, die für die Grundinstandsetzung benötigten Mittel bereitzustellen. Da diese Gelder seit einiger Zeit nur nach positiv beschiedenen Wirtschaftlichkeitsberechnungen bereitgestellt werden, kann nur eine politische Entscheidung des Eigners die Strecken retten.

Zu Zeiten der Großen Koalition war das anders, da wurden auch so sinnlose Strecken wie Bersarinplatz - Loeperplatz mit 30 ... 40 Mio € pro km erneuert.

Bislang hat sich noch keine Partei dazu bekannt, auch weiterhin "unwirtschaftliche" Strecken über das Förderprogramm (GVFG aus Bundesmitteln und komplemtären Landesmitteln) zu erneuern. Aus den laufenden Zuwendungen an die BVG sind nur Aufwendungen für die Aufrechterhaltung der Betriebssicherheit (also Reparaturen) abzudecken. Irgendwann ist aber der Punkt erreicht, dass nur noch eine grundlegende Erneuerung möglich ist. In der DDR war über Ausnahmegenehmigungen der Bahnaufsicht viel mehr zu machen, bei dem heutigen Vorschriftenwerk nach bundesdeutscher Rechtsprechung bleibt wirklich nur die Einstellung.

Ich zitiere hier mal aus einer Antwort der Senatsverwaltung für Stadtentwicklung auf eine "Kleinen Anfrage": [www.parlament-berlin.de]

Zitat

Die Entscheidung, ob eine Straßenbahnstrecke eingestellt oder verändert wird, trifft der Senat in Abstimmung mit der BVG. Bei der Entscheidung über die Grundsanierung der Straßenbahnstrecke nach Schmöckwitz wird der Senat die Wirtschaftlichkeit aus betrieblicher und volkswirtschaftlicher Sicht, die touristischen und stadtentwicklungspolitischen Aspekt sowie die finanziellen Rahmenbedingungen in die Abwägung einbeziehen.

Die Meinung eines einzelnen BVG-Vorstandsmitgliedes ist also hier nicht wirklich massgeblich.



so long

Mario



1 mal bearbeitet. Zuletzt am 24.08.2006 12:27 von der weiße bim.
Lieber Mario!

Deinen Schluß, wenn die BVG die Strecken nicht wirtschaftlich betreiben kann, müßten diese stillgelegt werden, kann ich nicht teilen. Vielmehr wäre es Aufgabe des Senates, einen anderen Betreiber zu suchen, der die Strecken wirtschaftlich betreiben kann, wenn die BVG meint, sie könne es nicht.

Sicherlich wird man künftig nicht mehr jeden Meter Schiene ersetzen können aber unter den Strecken, die die BVG stillegen möchte, befinden sich einige, die einer solchen Wirtschaftlichkeitsprüfung mit Leichtigkeit standhalten sollten, Bsp. die 62 zwischen Köpenick und Mahlsdorf. Hier gäbe es sogar die Möglichkeit, mit einem 10 - Minutentakt weitere Fahrgäste anzulocken, doch scheitert dieser am Fehlen einer zusätzlichen Ausweichmöglichkeit. Was in Woltersdorf am Berliner Platz geklappt hat - der Einbau einer Begegnungsmöglichkeit - sollte auch hier machbar sein. Es fehlt wohl vielmehr am guten Willen als wirklich am Geld dafür.

Solange man aber von der BVG den Eindruck bekommt, sie träumt mit Wonne von einer Stillegungsorgie - nun sollen ja bereist 10 Strecken stillgelegt werden - solange mag ich nicht so recht an wirtschaftliche bzw. alleinige wirtschaftliche Zwänge glauben.

Man kann eine Straßenbahn auch ohne Probleme teuer rechnen - das habe ich in Hamburg, Bremerhaven und Kiel erlebt, wie man sich einer Straßenbahn entledigt!

MfG
Thorsten
Da kann ich Thorsten in allen Punkten zustimmen... :)
Thorsten Bartel schrieb:
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> Deinen Schluß, wenn die BVG die Strecken nicht wirtschaftlich betreiben kann, müßten diese
> stillgelegt werden, kann ich nicht teilen. Vielmehr wäre es Aufgabe des Senates, einen
> anderen Betreiber zu suchen, der die Strecken wirtschaftlich betreiben kann, wenn die BVG meint,
> sie könne es nicht.

Du verstehst nicht. Es geht nicht um den Betrieb von Straßenbahnstrecken, sondern um die Erhaltung der dazu nötigen Infrastruktur. Die Aufwendungen für den Betrieb durch die BVG haben einen leicht über dem Bundesdurchschnitt liegenden Kostendeckungsgrad, den Rest müsste das Land Berlin als Besteller über die vereinbarte Umlage zahlen. Damit werden alle vom Land Berlin bestellten Linien bedient, unabhängig von ihrer Nutzung (volle oder leere Busse und Bahnen). Leider erreicht die Höhe dieser Ausgleichszahlungen schon lange nicht mehr die Höhe des wirklichen Aufwandes, so dass trotz Rationalisierung und Lohnverzicht der Beschäftigten der Fehlbetrag kontinuierlich wächst. Dazu kommen die steigenden Zinsbelastungen für die Schulden, die ja eigentlich Schulden des Senats sind (derzeit etwa 40 Mio € jährlich).

Ein zweiter, anderer Punkt ist die Erhaltung und Erneuerung der Infrastruktur. Für die Erhaltung zahlt der Seanat einen vereinbarten Betrag, den die BVG für die Instandhaltung von Fuhrpark und Strecken benötigt. Nun kann man Fahrzeuge und Anlagen nicht ewig nutzen. Für die Erneuerung der Strecken gibt es Förderprogramme, die bislang ohne große Probleme ausgeschöpft werden konnten. Beispielsweise wurden durch die BVG zwischen 1990 und 2005 423,9 Mio € für die Grundinstandsetzung von Straßenbahnstrecken ausgegeben. Wird das Programm nach den gleichen (hohen) Standards weitergeführt, werden für die Grundinstandsetzung der restlichen, meist schwächer belasteten Strecken 337,9 Mio € benötigt. Obwohl ein Großteil der Mittel vom Bund kommt (um die 20% Landesmittel sind dabei), meint der Berliner Senat, sich die knapp 68 Mio € zu sparen und die bislang nicht sanierten Abschnitte mittelfristig durch andere Verkehrsmittel (also Busse) bedienen zu lassen. Der vom Senat eingesetzte BVG-Vorstand soll das durchsetzen. Eine der wenigen Ausnahmen ist die "Grundinstandsetzung und verkehrliche Aufwertung der Straßenbahn Nord-Süd-Tangente" (M17).

Der dritte Punkt sind die Neubaustrecken, die nicht von der BVG, sondern immer noch von SenStadt geplant und (seltener) gebaut werden. Die Hinhalte-, Verögerungs- und Verhinderungtaktik, unterstützt von der Autolobby, ist hier offensichtlich.

> Solange man aber von der BVG den Eindruck bekommt, sie träumt mit Wonne von einer Stillegungsorgie -
> nun sollen ja bereist 10 Strecken stillgelegt werden - solange mag ich nicht so recht an
> wirtschaftliche bzw. alleinige wirtschaftliche Zwänge glauben.

Ich kenne keinen Mitarbeiter der Straßenbahn (derzeit sind es noch fast 1600), der mit Wonne von der Stilllegung der Straßenbahn träumt. Nach der Kürzung ihrer Löhne um über 10% in vergangenen Jahr ist das Vertrauen der BVGer in politische Entscheidungen aber endgültig dahin. Wenn der durch Rückgang von Einnahmen (nicht durch zu hohe Ausgaben) defizitären Berliner Haushalt durch Lohnsenkung der Mitarbeiter und über höhere Preise für den Bürger saniert werden soll, wird der Senat auf Widerstand stoßen.

> Man kann eine Straßenbahn auch ohne Probleme teuer rechnen - das habe ich in Hamburg, Bremerhaven und
> Kiel erlebt, wie man sich einer Straßenbahn entledigt!

Du scheinst ja öfter umgezogen zu sein. Ich habe in Berlin die beste Zeit der Straßenbahn in der Nachkriegszeit, gleichzeitig die letzten Jahre der SED-Regierung erlebt. In den Jahren 1975 bis 1991 entstanden dutzende km Neubaustrecken, Deutschlands größter Straßenbahn-Betriebshof, dutzende neue Gleichrichterwerke und hunderte km Fahrleitungen und Kabelanlagen. Mehrere eingleisige Strecken in Buchholz, Hohenschönhausen, Schöneweide und Köpenick wurden zweigleisig ausgebaut, viele km Gleise auf besonderen Bahnkörper neu trassiert. Gleichzeitig wurde der Wagenpark fast vollständig durch großräumige, schnelle Vierachser ersetzt. Da wurde nicht viel gerechnet, sondern investiert und schwere Fehler der 60er Jahre korrigiert.

Leider ist der Einfluss der Rechtsnachfolger der SED auf die Politik des heutigen Senats trotz Koalition eher gering, obwohl die PDS den Wirtschaftssenator stellt. Hier wäre mehr wirkliches Engagement für die Stärkung des ÖPNV sehr angebracht.

so long

Mario
Lieber Mario!

Sicher hast Du Recht, Unterhalt und Neubau bzw. Erneuerung sind zwei verschiedene Paar Schuhe. Doch frage ich mich, wenn die Messlatte dafür so hoch liegt, wie sich dann relativ kleine Städte - wie z.B. Freiburg und Bremen - da heute noch den Bau bzw. die Erneuerung von Straßenbahnstrecken leisten können.

Mit dem Ausspruch : bei der BVG träumt man von einer Stillegungsorgie meinte ich selbstverständlich den Vorstand, ganz bestimmt nicht einen Straßenbahn- oder Busfahrer, in dessen Haut ich in der heutigen Zeit eh nicht mehr stecken möchte...

Zum Thema Unzug: Da wir Verwandte im Osten haben (hatten) und man ja als West - berliner Bürger eine ganze Zeit lang nicht in die DDR bzw. nach Ost - Berlin durfte, ist ein Teil unserer Familie nach Hamburg gezogen. Ich selbst habe meine Kindheit in Hamburg und West - Berlin verbracht. Von Hamburg aus waren Bremerhaven und Kiel nicht weit und ich habe heute noch Freunde aus dieser Zeit, die um den Erhalt der dortigen Straßenbahnen kämpften.

Brauchte also gar nicht umziehen, jedenfalls deswegen nicht.

Die Neubaustrecken aus DDR - Zeiten habe ich hier in Hohenschönhausen quasi vor der Tür und nutze sie auch rege. Von diesen Strecken ist ja im Moment auch noch nicht die Rede. Und für die M17 sollte sich wirklich eine Sanierung / Rekonstruktion lohnen.

Gruß Thorsten
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