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Mal eine selten dämliche Frage
geschrieben von joha 
Leider komme ich nicht von der U-Bahn, weshalb mir seit längerem schon etwas unklar ist:

Vor der Durchbindung der U 2 musste an Anlagen und Fahrzeugen des Ost-Berliner Kleinprofils zunächst die Polarität von Spannung und Strom vertauscht werden.

Es heißt, bei S-Bahn und Großprofil liegt an der Stromschiene -750 Volt an, was bei meinem technischen Verständnis bedeutet, das an der Stromschiene gegen Erde 750 Volt anliegen, weshalb man das Berühren der Stromschiene tunlichst unterlassen sollte, die rückleitende Fahrschiene kann dagegen berührt werden, da hier die Spannung gegen Erde 0 ist. Richtig? Gut!

Beim Kleinprofil hingegen liegen an der Stromschiene +750 Volt an, was ja bedeuten würde, das die Spannung gegen Erde an der Stromschiene 0 in der Fahrschiene hingegen 750 Volt beträgt. Kann ja wohl nicht sein, oder?

Wer kann mir da mal weiterhelfen?
Mal eine selten dämliche Antwort = Erde ist Erde. Stromschiene + 750 V DC und -750 V DC ist ein Potentialunterschied von 1500 V. Daher würde ich NIE eine Stromschiene anfassen, sondern immer die Fahrschiene.

Das ist theoretisch das selbe wie bei der kleinen 1:87 = 12 V + = vorwärts, 12 V - rückwärts - Gesamtpotential 24 V. Mal so etwas volkstümlich ausgedrückt.

Freundliche Grüße
Horst Buchholz - histor
Hmmmmmja!

Aber warum wird diese Unterscheidung hinsichtlich der Polarität gemacht, bezüglich Groß/Kleinprofil? Weshalb die Umbauten vor der Durchbindung der U 2?
Erde gibts beim Gleichstrom nicht - beide Pole sind gegen die Erde isoliert, da ansonsten über das Erdreich fließende Gleichströme durch Korrosion einigen Schaden anrichten könnten. Bei Gleichstrom redet man von einer Rückleitung. Man müsste, wenn die elektrischen Anlagen in ordnungsgemäßen Zustand sind, immer Stromschiene und Gleis anfassen, um den Stromkreis zu schließen. Berührt man nur eins von beiden passiert gar nichts.

Ein Schulfreund von mir, der wollte mir mal nicht glauben, dass der Strom zwischen zwei Zügen nicht abgestellt wird. Er hat also nach passieren der S-Bahn die Stromschiene angefasst - und es ist nichts passiert! Ich stand dann mit meinen 11 Lenzen da wie ein Idiot, der von Eisenbahnen wohl doch keine Ahnung hat. Ich war damals verblüfft, dass er nicht verdampft ist.

Man sollte aber immer die Finger von Gleis und Stromschiene lassen. Es gibt nämlich auch noch sogenannte Erdungskurzschließer, die verhindern, dass sich ein Potenzial zwischen Gleis und Erde aufbaut. Diese Dinger werden ab einer gewissen Spannung geschlossen und tropfen dann weg. Wenn diese Dinger gerade geschlossen sind, während man die Stromschiene berührt schließt man den Stromkreis und ist tot. Also zu meinem Schulfreund: Glück gehabt!

Gruß Nemo
---

Eine Straßenbahn ist besser als keine U-Bahn!!



1 mal bearbeitet. Zuletzt am 17.01.2008 21:54 von Nemo.
@Nemo:
Ach Mensch, jetzt dämmerts!!

Erstes Lehrjahr, und so was hat auch noch bei SIEMENS gelernt, es ist einfach nicht zu fassen und wohl schon zu lange her..:-), und jaja man sagt Gleichspannung und nicht-strom, usw usf

Danke!(Peinlich!)
Zitat

Nemo schrieb:
-------------------------------------------------------
> Erde gibts beim Gleichstrom nicht - beide Pole
> sind gegen die Erde isoliert, da ansonsten über
> das Erdreich fließende Gleichströme durch
> Korrosion einigen Schaden anrichten könnten.

Wow - wieder was gelernt

Freundliche Grüße
Horst Buchholz - histor
Nemo schrieb:
-------------------------------------------------------
> Erde gibts beim Gleichstrom nicht - beide Pole
> sind gegen die Erde isoliert, da ansonsten über
> das Erdreich fließende Gleichströme durch
> Korrosion einigen Schaden anrichten könnten.

Er könnte nicht nur, er tut es auch. Bei der U-Bahn wurden jahrelang
die Joch-Träger im Tunnel leitend verbunden. Über das "3-Erden-System"
kann Mario bestimmt Auskunft geben.
Die Unterteile der Ständerpumpen im Tunnel wurden vom Strom regelrecht
zerlegt - wie auch die Bahnsteigstützen auf dem Bild.



viele Grüße
vom Brückenmeister



2 mal bearbeitet. Zuletzt am 27.01.2008 14:37 von Brückenmeister.
Zitat
joha
Gleichspannung und nicht-strom, usw usf
Nicht ganz, eine Gleichspannung verursacht ja auch einen Gleichstrom - im ungünstigsten Falle beispielsweise durch deinen Körper wenn du auf die Idee kommen solltest den Kreis mit den Händen zu schließen. Im Optimalfalle natürlich durch die Aggregate des Zuges die auf diesen Strom auch dringend angewiesen sind, denn der Strom (und nicht die Spannung) pflegt im Motor das Drehmoment zu erzeugen...

Gruß

Jonas
jonpro schrieb:
-------------------------------------------------------

> Nicht ganz, eine Gleichspannung verursacht ja auch
> einen Gleichstrom - im ungünstigsten Falle
> beispielsweise durch deinen Körper wenn du auf die

Drum merke: Spannung tut nur weh, Strom macht klein, schwarz und häßlich!
"Erde gibts beim Gleichstrom nicht - beide Pole sind gegen die Erde isoliert, da ansonsten über das Erdreich fließende Gleichströme durch Korrosion einigen Schaden anrichten könnten. Bei Gleichstrom redet man von einer Rückleitung. Man müsste, wenn die elektrischen Anlagen in ordnungsgemäßen Zustand sind, immer Stromschiene und Gleis anfassen, um den Stromkreis zu schließen. Berührt man nur eins von beiden passiert gar nichts."

Hier im Forum wird ja des öfteren Schwachsinn verbreitet, aber diese indirekte Aufforderung zur Selbsttötung darf man so nicht stehen lassen!

Erde kann es bei jeder Stromart geben, nämlich dann, wenn einer der beiden Leiter nicht sorgfältig gegen die Erde isoliert ist. Das oben stehende Zitat ist daher absolut tödlicher Schwachsinn, Pfoten weg, wem sein Leben lieb ist !!!

Das international übliche Gleis und Schwellensystem hat immer eine Verbindung zur Erde, selbst im knochentrockenden französischen Mittelmeersommer. Das heißt, dass ein Mensch, so er die Stromschiene berührt, den Stromkreis unweigerlich schließt, der da von der Stromschiene über die Hand, den Körper bis in die Füße und von dort über die Erde und Schwellen ins leitende Gleis geht. Ein fließender Strom von nur 20 mA durch den menschlichen Körper ist bereits tödlich, bei einer Spannung von 750 V kann sich jeder selbst ausrechnen (R ist gleich U durch I), welch geringer ohmscher Widerstand hier dem unweigerlichen Tode Vorschub leistet.

Also noch einmal: Pfoten weg von so einem tödlichen Unsinn! Und an Nemo: Diesbezüglich Pfoten weg von der Tastatur, mit der Beschreibung von solchem Schwachsinn landet man ganz schnell hinter Gittern, wenn etwas passiert!

Gleissysteme, die tatsächlich von der Erde vollständig isoliert sind, findet man in England, insbesondere bei der "Tube", der Londoner U-Bahn. Hier sind wirklich beide Leiter gegenüber der Erde isoliert, zu erkennen an einer isolierten Stromschiene seitlich und einer auf Isolatoren aufgeständerten Mittelschiene.
Wenn beide Gleise beim Gleichstrom nicht gegen die Erde isoliert sind, warum kann man dann nicht einfach eine Oberleitung über das S-Bahngleis spannen, und dann schön locker mit zwei Stromsystemen auf einem Gleis fahren? Müsste doch eigentlich gehen, wenn die beiden Systeme sowieso übers Erdreich verbunden sind?

Es ist natürlich richtig, dass man die Finger unbedingt von der Stromschine lassen muss! Ich wollte auch nicht dazu auffordern, die Dinger anzufassen.

Gruß Nemo
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Eine Straßenbahn ist besser als keine U-Bahn!!



1 mal bearbeitet. Zuletzt am 19.01.2008 00:13 von Nemo.
@NVB: Ist schon richtig, Finger weg von Sromschienen o.ä., aber so viel fundierter als die vorhergehenden war dein Beitrag dann auch nicht...
Im Gefängnis landet auch bestimmt keiner, der als Forenteilnehmer irgendwelche glücklicherweise gut ausgegangenen Versuche aus Schulzeiten mitteilt.

Gruß

Jonas
Nemo schrieb:
-------------------------------------------------------
> Wenn beide Gleise beim Gleichstrom nicht gegen die
> Erde isoliert sind, warum kann man dann nicht
> einfach eine Oberleitung über das S-Bahngleis
> spannen, und dann schön locker mit zwei
> Stromsystemen auf einem Gleis fahren? Müsste doch
> eigentlich gehen, wenn die beiden Systeme sowieso
> übers Erdreich verbunden sind?

Das hat was mit den elektrischen Systemen an sich zu tun. Die Rückleitung erfolgt in erster Linie über die Schienen und nicht über die Erde.
In einem älteren Modelleisenbahner (Fachzeitschrift aus der DDR) war mal ein fundierter Bericht über die elektrischen Anlagen des Bf Birkenwerder zu lesen. Dort wurde genau erklärt, warum es nicht geht mit 2 unterschiedlichen Stromsystemen gleichzeitig auf einem Gleis. Die damals unterschiedlichen Signalanlagen bei S-Bahn und Fernbahn spielten ebenfalls eine Rolle.
Da ich mit diesem Thema angefangen habe:
Der Hinweis von Nemo war interessant, denn auch wir machten solchen Schwachsinn, indem wir mit einem Metallteil unter die Stromschiene schliffen. Bei meinem Freund passierte nichts, als ich es versuchte, kribbelte es jedoch merklich...

Der Hinweis von NVB ist richtig: Bei entsprechender Witterung (so um 0 Grad und etwas Schnee) kann man beobachten, das diejenigen schwellen, die den stromschienenträger halten, schneefrei sind, offensichtlich also doch erhebliche Streuströme fließen, die die betreffende Stelle sogar leicht erwärmen!
Zitat

histor schrieb:
> Wow - wieder was gelernt

Mist - Vielleicht doch nicht? Wie denn nun?

a) "Plus" und "Minus" 750 Volt Gleichstrom und Erde. Irgendwo muss ja wohl eine Leitung von den Schienen zum Stromerzeuger sein ("Erde" ?).

b) Fahrdraht und Seitenschiene auf gleichem Gleis. Soll angeblich nicht gehen. Ging bei der Hamburger S-Bahn in den 1940-er und Anfang der 1950-er Jahre - Fahrdraht allerdings mit Wechselstrom.

Freundliche Grüße
Horst Buchholz - histor
Ääh, vielleicht gelingt es mir die Reste meiner SIEMENS-Lehre zusammenzukratzen.

Bei Wechselstrom fließt kein "Strom", sondern die kleinen Elektronen "zittern" mit 16,67 oder auch 50 Hz hin und her, weshalb man von Wechselspannung spricht.

Da dieses "Zittern" auch in der Erde gut klappt, kann man diese als "Rückleiter" zum Stromerzeuger verwenden.

Beim Gleichstrom fließt hingegen richtiger Elektronenstrom (übrigends nur mit wenigen Zentimetern pro Sekunde -es ist nicht zu fassen!) durch die Leitungen, die Erde würde diesem Elektronenfluß einen viel zu hohen Widerstand entgegensetzen: Ein metallischer Rückleiter muß her. Dieser ist bei S-Bahn und Großprofil die Fahrschiene, beim Kleinprofil hingegen die Stromschiene. Der Rückleiter ist mit der +-Klemme des Gleichrichters verbunden.

Gemeinschaftsbetrieb geht, aber nur eingeschränkt: Die starken Gleichströme würden nicht nur über die Fahrschiene zurückfließen, sondern über jeden Leiter, der einen geringen Widerstand aufweist>Auch über Fahrschiene-Rad der Wechselstromlok in den Trafo welcher mit Erwärmung und hohen Blindleistungen beaufschlagt wäre. Auch die Oberleitung würde von den vagabundierenden Strömen stark belastet werden.

Warum in HH das ging? Es ging nur eingeschränkt: Das Gleichstrom- und das Wechselspannungsnetz waren relativ klein und der Spannungsunterschied zwischen 1200 Volt= und 6000 Volt Wechsel war geringer, als heute bei der Berliner S-Bahn > 750= zu 15000 Wechsel.

Überdies: Je höher die spannung, desto geringer der Strom (bei gleichem Widerstand). In HH fließen wesentlich geringere DC-Ströme, als bei der Berliner S-Bahn.



1 mal bearbeitet. Zuletzt am 19.01.2008 00:54 von joha.
Nemo schrieb:
-------------------------------------------------------
> Wenn beide Gleise beim Gleichstrom nicht gegen die
> Erde isoliert sind, warum kann man dann nicht
> einfach eine Oberleitung über das S-Bahngleis
> spannen, und dann schön locker mit zwei
> Stromsystemen auf einem Gleis fahren?

Wozu zwei Bahnstromsysteme samt Versorgungsleitungen und Schaltanlagen an einem Gleis? Das wäre viel zu viel doppelt gemoppelter Aufwand. "Locker" ist da gar nichts. Aus wirtschaftlichen Gründen werden die Fahrzeuge und nicht die Strecken mehrsystemfähig gemacht.

Nur in besonderen Einzelfällen findet man solche Situautionen (mit zusätzlichem technischen Aufwand, die Stellen sind bekannt), aber ansonsten braucht das eigentlich niemand.

> Müsste doch
> eigentlich gehen, wenn die beiden Systeme sowieso
> übers Erdreich verbunden sind?

...ja, bis es knallt und brennt. Oder: dann müsste man einen Akku auch gefahrlos direkt an die Steckdose klemmen können... Achtung: nicht machen!

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Fahr lieber mit der Bundesbahn
@histor: Stromschiene und Oberleitung auf einem Gleis geht durchaus, das gibt es z.B. in Oslo bei der Holmenkollbahn am Bahnhof Majorstuen (Systemwechsel von Stromschienenbetrieb auf Oberleitungsbetrieb und umgekehrt je nach Fahrtrichtung), weitere Beispiele wären die U-Bahn von Rotterdam, die Metrolinie 51 von Amsterdam und nicht zuletzt die "Alpenmetro" von Martigny bis Chatelard in der Schweiz, in der sich mehrfach Stromschienenabschnitte und auf Oberleitung umgebaute Abschnitte abwechseln, der Systemwechsel geschieht zum Teil sogar während der Fahrt. Voraussetzung ist m.E. nur dasselbe Stromsystem und dieselbe Polarität wegen der von beiden Systemen gemeinsam benutzten Schienen.
Gruß Jürgen
joha schrieb:
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> Leider komme ich nicht von der U-Bahn, weshalb mir
> seit längerem schon etwas unklar ist:

Das ist auch vielen U-Bahnern nicht ganz klar, insofern bist du in guter Gesellschaft. "Selten dämliche Fragen" gibt es eigentlich nicht, nur dämliche Antworten.

> Vor der Durchbindung der U 2 musste an Anlagen und Fahrzeugen des Ost-Berliner Kleinprofils zunächst
> die Polarität von Spannung und Strom vertauscht werden.

Die Polarität der Spannung. Diese ist die treibende Kraft. Der Strom stellt sich erst ein, wenn man eine Spannungsquelle mit einem Widerstand verbindet.

> Es heißt, bei S-Bahn und Großprofil liegt an der Stromschiene -750 Volt an, was bei meinem
> technischen Verständnis bedeutet, das an der Stromschiene gegen Erde 750 Volt anliegen, weshalb
> man das Berühren der Stromschiene tunlichst unterlassen sollte, die rückleitende Fahrschiene
> kann dagegen berührt werden, da hier die Spannung gegen Erde 0 ist. Richtig? Gut!

Fast richtig. In den ersten 80 Jahren der U-Bahn war tatsächlich die Fahrschiene mit den Bauwerken elektrisch verbunden, wurde als "Bahnerde" bezeichnet. Nur gegen das umgebende Erdreich waren die Bauwerke so gut es ging isoliert worden, um Fremdströmen nicht als Leiter zu dienen, was beispielsweise elektrische Signalanlagen beeinflussen, aber auch Material abtragen kann. Letzeres ist für die Dichtigkeit der Bauwerke nicht so toll.

> Beim Kleinprofil hingegen liegen an der Stromschiene +750 Volt an, was ja bedeuten würde,
> das die Spannung gegen Erde an der Stromschiene 0 in der Fahrschiene hingegen 750 Volt beträgt. Kann ja wohl nicht sein, oder?

Auch beim Kleinprofil wurden die Fahrschienen geerdet, so dass auch hier gegen das Bauwerk 750 Volt an der Stromschiene abzugreifen sind. Zwischen den Stromschienen des Groß- und Kleinprofils, die sich aber nur an zwei Stellen bis auf etwa 50m nähern (Klostertunnel und Richard-Wagner-Platz), stehen damit mindestens 1500 V an, wie Histor schon richtig bemerkte. Die Rückleitungsanschlüsse der Gleichrichter für Groß- und Kleinprofil sind unmittelbar und möglichst niederohmig (wenige Milliohm) mit den Fahrschienen verbunden.


> Aber warum wird diese Unterscheidung hinsichtlich der Polarität gemacht, bezüglich Groß/Kleinprofil?

Der Polaritätsunterschied ist historisch bedingt. Weil es beim Bau der ersten Strecke um 1900 schon viele elektrische Straßenbahnen gab, verwendete Siemens bei der Errichtung der Hochbahn der Einfachheit halber die bei der Straßenbahn übliche Polarität der Gleichspannung. Die Nachteile dieser Wahl wurden erst einige Jahre später erkannt, so dass beim Entwurf der Großprofillinien ab etwa 1912 von vornherein die technisch bessere Variante gewählt werden konnte, Verbindungen waren ursprünglich überhaupt nicht vorgesehen. Die Reichsbahn (später auch die Erbauer der Moskauer Metro) hat sich bei der "Großen Elektrisierung" so manches von der U-Bahn abgeschaut, natürlich unter anderem auch die Stromart, Nennspannung und Polarität der Fahrstromversorgung.

> Weshalb die Umbauten vor der Durchbindung der U 2?

Die BVG-Ost hatte nach der Netztrennung 1961 zwei Inselstrecken mit unterschiedlicher Polarität, nur eine Bw, aber einen Verbindungstunnel. Es lag also nahe, auch die Kleinprofilstrecke mit der technisch besseren Polarität einzuspeisen. Das geschah ab 1977, als zur Einführung der G-Züge die Bahnstromversorgung der Linie A ohnehin völlig zu erneuern war. Dadurch wurden die Überführungsfahrten mit Kleinprofilwagen über die Linie E nach Friedrichsfelde und die Instandsetzung dort sehr erleichtert, das Gleichrichterwerk Alexanderplatz speist seitdem neben den Linien D und E auch die Linie A ein. Die Rückleitungssysteme waren durch den Klostertunnel ohnehin schon verbunden.

Nach der Wiedervereinigung konnte sich die bessere technische Lösung der BVB leider nicht behaupten. Wegen des viel höheren Aufwandes, das restliche Kleinprofilnetz polaritätsmäßig zu drehen, gegenüber dem Nordteil der U2 (die BVB-Züge sollten ohnhin schnellstmöglich durch Neubauten ersetzt werden) wurde 1992 die kostengünstigere Möglichkeit verwirklicht und die Polarität wieder zurückkorrigiert.

so long

Mario
joha schrieb:
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> Ääh, vielleicht gelingt es mir die Reste meiner SIEMENS-Lehre zusammenzukratzen.

Das scheint schon etwas her zu sein, im Zweifelsfall helfen Fachbücher wieder auf die Sprünge.

> Bei Wechselstrom fließt kein "Strom", sondern die
> kleinen Elektronen "zittern" mit 16,67 oder auch
> 50 Hz hin und her, weshalb man von Wechselspannung
> spricht.

Reine Wechselstromsysteme gibt es kaum noch. Sie sind unwirtschaftlich, weil sie einen leitwertgleichen Rückleiter benötigen. Seit Jahrzehnten eingeführt ist das Drehstromsystem, bei dem im Idealfall die Ströme in den drei Phasen die Summe Null ergeben, so dass kein Rückstrom nötig ist. Das Erdpotential kann so seine Funktion als Schutzleiter besser erfüllen.

> Beim Gleichstrom fließt hingegen richtiger Elektronenstrom (übrigends nur mit wenigen
> Zentimetern pro Sekunde -es ist nicht zu fassen!) durch die Leitungen, die Erde würde diesem
> Elektronenfluß einen viel zu hohen Widerstand entgegensetzen: Ein metallischer Rückleiter muß her.

Nein, für jegliche elektrische Ströme, unabhängig von der Frequenz ist die Erde ein ideal guter Leiter. Die Bahnrückleitung über Fahrschienen und Rückleitungskabel dient nur der Verhinderung der sehr schädlichen Nebenwirkungen des Gleichstromes.
Die Bewegung eines einzelnen Elektrons im Leiter ist ohnehin nicht zu verfolgen. Durch das Anstoßen des jeweils nächsten Ladungsträgers fließt der Strom in der ganzen Leitung sofort beim Anlegen der treibenden Kraft, der Spannung, also annähernd mit Lichtgeschwindigkeit.

> Dieser ist bei S-Bahn und Großprofil die Fahrschiene, beim Kleinprofil hingegen die
> Stromschiene. Der Rückleiter ist mit der +-Klemme des Gleichrichters verbunden.

Vorsicht! Auch beim Kleinprofil und bei der Straßenbahn ist die Fahrschiene der Rückleiter, egal welcher Pol des Gleichrichters mit ihr verbunden ist. In Kreuzungs-Unterwerken von Groß- und Kleinprofil (beispielsweise Alex und Hallesches Tor) gibt es Gleichrichter für beide Netzteile, aber nur eine gemeinsame Rückleitungssammelschiene. Die Rückleiterkabel beider Netzteile sind an fast allen Kreuzungspunkten miteinander verbunden.

> Gemeinschaftsbetrieb geht, aber nur eingeschränkt:
> Die starken Gleichströme würden nicht nur über die
> Fahrschiene zurückfließen, sondern über jeden
> Leiter, der einen geringen Widerstand
> aufweist>Auch über Fahrschiene-Rad der
> Wechselstromlok in den Trafo welcher mit Erwärmung
> und hohen Blindleistungen beaufschlagt wäre.

Konventionelle Wechselstromtriebfahrzeuge erleiden unter Umständen bleibende Leistungseinbußen durch Vormagnetisierung des Transformatorkerns. Mit Blindleistung hat das nichts zu tun. Diese entsteht durch Phasenverschiebung im Wechselstromkreis.

> Auch die Oberleitung würde von den vagabundierenden Strömen stark belastet werden.

Nur wenn mehrere Wechselstrom-Stromabnehmer anliegen.

> Warum in HH das ging? Es ging nur eingeschränkt:
> Das Gleichstrom- und das Wechselspannungsnetz
> waren relativ klein und der Spannungsunterschied
> zwischen 1200 Volt= und 6000 Volt Wechsel war
> geringer, als heute bei der Berliner S-Bahn > 750=
> zu 15000 Wechsel.

Sehr lang werden die Gemeinschaftsstrecken nicht gewesen sein. Durch fahrplantechnische und signaltechnische Maßnahmen kann man die zu dichte Folge unterschiedlicher Zugtypen verhindern.
Schließlich gibt es eine Reihe von technischen Gegenmaßnahmen, um unerwünschte Folgen des Gemeinschaftbetriebes zu verhindern oder zu verringern. Sie sind jedoch allesamt sehr aufwändig und damit teuer.

> Überdies: Je höher die spannung, desto geringer der Strom (bei gleichem Widerstand). In HH fließen
> wesentlich geringere DC-Ströme, als bei der Berliner S-Bahn.

Aus diesem Grund spielte die Berliner S-Bahn jahrzehntelang mit der Option, die Spannung auf 1500 V zu verdoppeln, erst in den letzten Jahren wurde diese (ganz leise) beerdigt. Unter den heutigen Bedingungen ist damit kein wirtschaftlicher Vorteil mehr nachweisbar.

so long

Mario
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