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Früher Anlauf zur Stadtbahn-Elektrifizierung?
geschrieben von manuelberlin 
Hallo zusammen,

vorhin bin ich in dem Südring-Thread auf diese Aussage von Arnd gestoßen:

Zitat
Arnd Hellinger
Auf der Stadtbahn wurden 1914 auch schon mindestens Masten und Querjoche für die damals geplante Wechselstrom-S-Bahn gesetzt, bevor Wilhelm II. [...] ...

Davon hatte ich bisher noch nie etwas gehört oder gelesen. Aber vor einiger Zeit sind mir in der Margarete-Steffin-Straße zwischen Reinhardtstraße und Luisenstraße (das ist hinter dem Gebäude der Bundespressekonferenz) gemauerte Konsolen am Stadtbahnviadukt aufgefallen, die eigentlich nur zur Aufstellung von Fahrleitungsmasten vorgesehen sein konnten.

Wo kann man mehr über diese frühen Planungen und anscheinend ja sogar schon Bauausführungen erfahren?

Viele Grüße
Manuel


Im gesamten Verlauf der Margarete-Steffin-Straße zwischen Reinhardtstraße und Luisenstraße befinden sich im Abstand von je zwei Bögen gemauerte Konsolen am Stadtbahnviadukt, hier vier davon im Bild.

Ich meine mal etwas von einem bewilligten Kredit über 25 Millionen Reichsmark im Jahre 1913 gehört zu haben. Daran kann kann ich mich auch nur erinnern, weil eine gewisse Parallele zum Kredit über 12 Millionen D-Mark für die BVG vierzig Jahre später besteht. (Das Geld wurde auch nicht für die Straßenbahn, sondern für Autobusse verwendet).

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Für mehr gelbe Farbe im Netzplan: die Farben der U4 und U7 tauschen!
Dafür gab es sogar - nach heutigem Verständnis - recht abenteuerliche Prototypfahrzeuge. Vorgesehen war, die aus den Dampfzügen der Stadt-, Ring. und Vorortbahnen vorhandenen Abteilwagen fest zu mehrteiligen Einheiten zu kuppeln und an deren Enden "Triebgestelle" zu setzen, wobei Abteile zu Führerständen umgebaut werden sollten.

Nach 1919 entstanden dann aus bereits gelieferten Triebgestellen Loks der Baureihe E77(?) für Personenzüge in Mitteldeutschland und Schlesien.

(Bücher im Keller, daher nur in Kurzfassung...)

Viele Grüße
Arnd
Zitat
manuelberlin
Wo kann man mehr über diese frühen Planungen und anscheinend ja sogar schon Bauausführungen erfahren?

Das beste zum Thema ist m.E. immer noch das Buch von Karl Remy "Die Elektrisierung der Berliner Stadt-, Ring- und Vorort bahnen als Wirtschaftsproblem". Berlin, 1931, Verlag Julius Springer. Sonderpublikation der "Verkehrstechnischen Woche", wenn mich mein Gedächtnis nicht täuscht.

Ich hab das weitgehend eingescannt und texterkannt.

Irgendjemand muß das in diesem Forum mal gesehen haben, was dann dazu führt, daß mich ein Antiquar anfragte, ob ich das Buch in meinem Eigentum hätte, weil ich ja in einem Forumsbeitrag darauf bezug genommen hatte oder gar länger daraus zitiert hatte. Ich hab dem Antiquar vorgeschlagen, er solle seinem Kunden meine Koordinaten geben, damit der Kunde mich direkt kontaktieren könne, aber wahrscheinlich ist das einer von diesen Forumsteilnehmern, die schon alles wissen und eine durch Fakten nicht erschütterliche feste Meinung zu allem haben, also hat die Person sich geschämt, der immer alles nachprüfen will, Kontakt aufzunehmen.

Nun gut.


immer noch keine richtige sig
Zitat
Arnd Hellinger
Dafür gab es sogar - nach heutigem Verständnis - recht abenteuerliche Prototypfahrzeuge. Vorgesehen war, die aus den Dampfzügen der Stadt-, Ring. und Vorortbahnen vorhandenen Abteilwagen fest zu mehrteiligen Einheiten zu kuppeln und an deren Enden "Triebgestelle" zu setzen, wobei Abteile zu Führerständen umgebaut werden sollten.

Nach 1919 entstanden dann aus bereits gelieferten Triebgestellen Loks der Baureihe E77(?) für Personenzüge in Mitteldeutschland und Schlesien.

(Bücher im Keller, daher nur in Kurzfassung...)

...und auf die Schnelle kann ich auch nur diesen eher mageren (Unter-)Abschnitt hier [de.wikipedia.org] aus dem Netz beisteuern. Evtl. recherchiere ich morgen aber weiter.

Viele Grüße
Arnd
Hallo Arnd, hallo zusammen,

danke für diese ersten interessanten Antworten!

Die Frühzeit der Bahnelektrifizierung (oder Elektrisierung, wie man damals sagte) - die Metapher, von etwas "elektrisiert" zu sein kommt sicher nicht von ungefähr - ist für mich auch heute noch sehr faszinierend.

Allein, wie man vor 100 Jahren mit der Hochspannungstechnik zurechtgekommen ist, beispielsweise hinsichtlich der Steuerung und der damals verfügbaren Isolationsmaterialien. In Erkner sind einige sehr schöne und betriebsfähige Exponate zu sehen.

Vielleicht ist das von L.Willms erwähnte Buch in einer Berliner Bibliothek verfügbar?

Über weitere Details zum konkreten Thema würde ich mich auf jeden Fall sehr freuen. Gibt es noch an anderen Stellen der Stadtbahnviadukte solche Mastkonsolen, wie ich sie im Bild gezeigt hatte? Oder sind noch anderswo Relikte dieses frühen Anlaufs vorhanden?

Danke und viele Grüße
Manuel
@Manuel:

Wenn ich nächste Woche ins DTMB (Technikmuseum) komme, werde ich im dortigen Archiv einmal nachsehen, ob ich dort etwas zum Thema finde.

Das Archiv der Reichsbahndirektion Berlin wurde ja leider im Zuge der Bahnreform ins Bundesarchiv überführt...

Viele Grüße
Arnd
Leider gibt es von den Prototypen aus 1914 nur wenige Bilder -> [www.bing.com]

Viele Grüße
Arnd
M. W. wurden Maste und Fahrleitungsanlagen probeweise nur zwischen Pankow (Schönhausen) und Pankow Heinersdorf errichtet. Davon gibt es in der Literatur auch Bilder.

Beste Grüße
Harald Tschirner
Zitat
manuelberlin

Vielleicht ist das von L.Willms erwähnte Buch in einer Berliner Bibliothek verfügbar?

Laut Katalog des Kooperativen Bibliotheksverbund Berlin-Brandenburg ist das Buch in mehreren Bibliotheken in Berlin verfügbar:
Suchergebnis KOBV



1 mal bearbeitet. Zuletzt am 21.08.2015 16:36 von Flachlandradler.
Sind die gelben Klinker nicht erst zur Unterbauverstärkung im Rahmen der Elektrisierung Ende der Zwanziger angebracht worden?
Unter der gelben Klinkerschicht steckt m.W. die ältere rote - wären hier rote Konsolen analog zum Gesamtbauwerk gelb verkleidet worden, dürften sie wohl kaum ausreichend groß für die Aufnahme von Masten gewesen sein, von der Statik mal ganz zu schweigen.
Die Konsolen dürfte daher Ende der Zwanziger enstanden sein, etwaige Vorläufer hätte man sicher vollständig ersetzen müssen.

Berlins Straßen sind zu eng, um sie nur dem MIV zu opfern!
Zitat
dubito ergo sum
Sind die gelben Klinker nicht erst zur Unterbauverstärkung im Rahmen der Elektrisierung Ende der Zwanziger angebracht worden?
Es hat ungefähr in derselben Zeit wie der Elektrifizierung auch eine Renovierung der Stadtbahn gegeben, aber nicht wegen der Anbringung der Stromschienen, sondern weil die Brücken nach 50 Jahren und zunehmender Last zu schwach geworden waren.

Informationen dazu in "50 Jahre Berliner Stadtbahn. Zum Jubiläum am 7. Februar 1932"
Hrsg. Prof. Dr.ing. Blum, Hannover und Reichsbahndirektor Dr.ing. Dr.rer.pol. Baumann, Berlin
Technisch-Wirtschaftliche Bücherei, Heft 51. Sonderdruck aus der "Verkehrstechnische Woche", Heft 5/1932.

Darin
"Die Auswechslung eiserner Brücken auf der Stadtbahn", von Reichsbahnrat Wehrmeister
und
"Die Verstärkung der Stadtbahnbögen", von Reichsbahnrat Böttcher.

Gibts sicherlich auch in mehreren Berliner Bibliotheken.


immer noch keine richtige sig
Zitat
Arnd Hellinger
Leider gibt es von den Prototypen aus 1914 nur wenige Bilder -> [www.bing.com]

Das Triebgestell ist nur auf dem ersten Bild zu sehen.

Das war so wie ein Tender, der aber wie ein Zugpferd vor den ersten Wagen gespannt wurde, und auch vom ersten Wagen aus gesteuert wurde. Das Triebgestell war niedrig genug, daß der Lokführer darüber hinweg nach vorne sehen konnte.


immer noch keine richtige sig
Zitat
L.Willms
"50 Jahre Berliner Stadtbahn. Zum Jubiläum am 7. Februar 1932"
Hrsg. Prof. Dr.ing. Blum, Hannover und Reichsbahndirektor Dr.ing. Dr.rer.pol. Baumann, Berlin
Technisch-Wirtschaftliche Bücherei, Heft 51. Sonderdruck aus der "Verkehrstechnische Woche", Heft 5/1932.

Darin

"Die Verstärkung der Stadtbahnbögen", von Reichsbahnrat Böttcher.

Daraus die ersten 5 Absätze:

Zitat
Reichsbahnrat H. Böttcher, Berlin
Die Verstärkung der Stadtbahnbögen

Fünfzig Jahre lang wird jetzt die viergleisige Stadtbahn auf ihrer rund 12 km langen Strecke zwischen Schlesischem Bahnhof und Bahnhof Charlottenburg betrieben. Als Unterbau dienen auf rund 8 km Länge steinerne Pfeiler mit rund 600 Bögen an der freien Strecke und rund 160 Bögen an den Bahnhöfen. Die Breite der Fahrbahn beträgt auf der freien Strecke in der Geraden 15,5 m.

Beim einstigen Bau der Stadtbahn wechselten die Spannweiten der Bögen von 2,5 bis 15 m. 245 Bögen mit 0,51 m Scheitelstärke hatten 8 m Weite, 145 Bögen mit 0,64 m Scheitelstärke 12 m. Die Pfeilerstärken betrugen 1,0 bis 1,65 m am Kämpfer. Jeder vierte bis sechste Pfeiler war als Gruppenpfeiler mit 2,0 bis 2,25 m Stärke am Kämpfer ausgebildet. Der Baustoff bestand aus guten Hintermauerungssteinen mit Hartbrandsteinen als Verblendung in Kalkmörtel. Als Abdichtung diente eine doppelte Papplage mit Goudronanstrich. Etwa jeder zweite Pfeiler hatte einen Entwässerungsschacht, der meist als Sickerschacht ohne Anschluß an die städtische Entwässerung ausgebildet war.

Die Berechnung erfolgte für die Achsdrücke der Lokomotiven der [18]80er Jahre von etwa 12 t mit einem Abstand von durchschnittlich 2,0 m. Der Lastenzug von 1895 mit 14 t Achslasten brachte keine nennenswerte Mehrbelastung. Jedoch trat mit Einführung des Lastenzuges A (17 t Achslasten) im Jahre 1903 eine wesentlich erhöhte Beanspruchung der Bauteile und des Baugrundes ein.

Verbunden mit der Erhöhung der Lasten war auch ihre vermehrte Häufigkeit durch den immer dichter werdenden Zugverkehr. Dadurch machten sich vor nunmehr 25 Jahren die ersten Schäden bemerkbar. Bei den Pfeilern traten Senkungen ein. An den Bögen zeigten sich Längs-, Quer- und Schrägrisse. Insbesondere traten häufig Risse an den in den Pfeilern befindlichen Oeffnungen und ungefähr in der Mitte zwischen den beiden Fern-und Stadtbahngleisen auf. Durch die Gewölberisse wurde die Abdichtung beschädigt. Infolge der vielfach ungenügenden Entwässerung entstanden nun außer an den Bögen auch noch an den Pfeilern starke Schäden durch das Wasser (Auslaugen des Mörtels im Mauerwerk) und seine Frostwirkungen (Bild 1). Die angeführten Mängel nahmen im Laufe der Jahre ständig zu. Zur Unterhaltung des Bauwerks wurden daher die Abdichtungen stellenweise erneuert, schadhafte Mauerwerkteile ausgewechselt, auch einzelne Bögen mit Ankern gegen die auftretenden Risse versehen (Bild 2). Während des Krieges kamen diese Arbeiten jedoch ganz zum Stillstand.

Im Jahre 1922 entschloß man sich, das Bauwerk von Grund aus instand zu setzen. Es kam darauf an, die Gewölbe und Pfeiler zu verstärken, für eine neue Abdichtung und einwandfreie Entwässerung zu sorgen und die Stadtbahngleise von denen der Fernbahn zu trennen. Hierfür wurden nachstehende Vorschläge gemacht.

Wie man sieht, die Elektrifizierung der Stadtbahngleise kommt darin als Grund und Ursache nicht vor.


immer noch keine richtige sig
Zitat
Flachlandradler
Zitat
manuelberlin
Vielleicht ist das von L.Willms erwähnte Buch in einer Berliner Bibliothek verfügbar?

Laut Katalog des Kooperativen Bibliotheksverbund Berlin-Brandenburg ist das Buch in mehreren Bibliotheken in Berlin verfügbar:
Suchergebnis KOBV

Ich bitte darum, die Bücher schonend zu behandeln, damit noch viele andere Leute sie lesen können, damit das Buch nicht wegen durch den Gebrauch erlittener Schäden für die Benutzung gesperrt wird.


immer noch keine richtige sig
Zitat
Arnd Hellinger
Nach 1919 entstanden dann aus bereits gelieferten Triebgestellen Loks der Baureihe E77(?) für Personenzüge in Mitteldeutschland und Schlesien.

Korrektur: die Drehgestelle wurden bei den E42 verwendet. (siehe Wikipedia)



1 mal bearbeitet. Zuletzt am 22.08.2015 01:10 von Vornesitzer.
Zitat
L.Willms
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Flachlandradler
Zitat
manuelberlin
Vielleicht ist das von L.Willms erwähnte Buch in einer Berliner Bibliothek verfügbar?

Laut Katalog des Kooperativen Bibliotheksverbund Berlin-Brandenburg ist das Buch in mehreren Bibliotheken in Berlin verfügbar:
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Ich bitte darum, die Bücher schonend zu behandeln, damit noch viele andere Leute sie lesen können, damit das Buch nicht wegen durch den Gebrauch erlittener Schäden für die Benutzung gesperrt wird.

Hast Du manchmal das Gefühl anmaßend zu sein? Ich Frage, da ich die Unterstellung einer unangemessenen Behandlung des
Leihgutes... nunja, halt unangemessen und frech finde.



1 mal bearbeitet. Zuletzt am 22.08.2015 08:37 von Blaschnak.
Zitat
L.Willms
Ich bitte darum, die Bücher schonend zu behandeln, damit noch viele andere Leute sie lesen können, damit das Buch nicht wegen durch den Gebrauch erlittener Schäden für die Benutzung gesperrt wird.

Ich bitte darum, immer seinen Müll zu entsorgen, sowie Kinder und Tiere ordentlich zu behandeln. Außerdem bitte ich um Abendkleidung bei einer Ball-Veranstaltung. Und wo wir schonmal dabei sind: Hört endlich auf, nachts um zwei mit Rollkoffern durch Wohngebiete vor Schlafzimmerfenstern vorbeizutingeln! Ich bitte darum! Hat zwar weder mit dem Forum, noch mit dem Thread was zu tun, aber wo wir schonmal dabei waren...
Ich bitte darum, sich auch in öffentlichen WC-Anlagen einigermaßen anständig zu verhalten. Ich bitte darum, eine beendete Toilettenpapierrolle auf den WC-Deckel zu stellen, damit dem Nächsten sofort klar wird, was Sache ist.

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Nur gut, dass jeder irgendetwas sinnentstellendes interpretiert und dann sich dann in Belehrungen ergeht, statt auf die zeitliche Einordnung einzugehen und beim Thema zu bleiben! "Im Rahmen der Elektrisierung" bedeutet nur, dass beide Maßnahmen zeitlich zusammengefasst wurden, statt mehrmals sperren zu müssen. Und da den meisten hier eher der Zeitpunkt der Elektrisierung geläufiger sein dürfte, habe ich das assoziiert.

Berlins Straßen sind zu eng, um sie nur dem MIV zu opfern!
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