Hallo Mathias,
nun also etwas verspätet meine Antwort...
Zunächst Folgendes: Es ist ja nur ein kleines Detail. Aber daraus gleich auf die politische Einstellung des Schreibers zu schließen. So wirkte jedenfalls Deine Kommentierung meiner Ausführungen auf mich; das sehe ich allerdings nicht so.
Eins auch noch vorneweg: Ich sehe die Gefahr, dass diese Diskussion polemisiert und gefühlsbewogen wird, viell. auch schon ist. Deine vielen, vielen Ausrufezeichen sprechen dafür. Ein sparsamer Gebrauch erhöht die Wirkung eines einzelnen Ausrufungszeichens.
Ich glaube nicht, dass wir in diesem Punkt auf einen gemeinsamen Nenner kommen werden. Wichtig, und da wirst Du mir hoffentlich zustimmen, ist, dass in diesem Punkt einheitlich in einem Aufsatz/einer Publikation verfahren wird und nicht mal so, mal so.
Mathias Hiller schrieb:
-------------------------------------------------------
> Stichbahn schrieb:
> --------------------------------------------------
> -----
>
> > Jetzt wird es natürlich ein wenig offtopic.
>
> Das können wir uns doch leisten?!
Na, dann!
>
> > Allgemeingültig halte ich das für die nicht
> > glücklich gewählte Art und Weise. Von welcher
> Zeit
> > sprichst Du? Von der Zeit bis 1945, noch davor
> > oder ab 1945 oder lässt Du das aussen vor? Der
> > deutsche Ortsname gehört nur vor die Klammer,
> wenn
> > der behandelte Zeitraum sich auch auf die
> deutsche
> > Zeit bezieht.
>
> Eben nicht. Warum sich so eine auf wenig
> Selbstvertrauen aufbauende Selbstverleugnung in
> beiden Teilen Deutschlands entwickeln konnte und
> noch immer nicht abgelegt ist? Sammel
> Selbstvertrauen zu Deiner Muttersprache und Deiner
> Geschichte! Desöfteren habe ich mit Polen darüber
> sprechen können, und sie verstehen diese deutsche
> Selbstverleugung nicht.
Das hat weder mit mangelndem Selbstvertrauen, Verleugnung (was verleugne ich bitte?), noch mit sonst etwas in dieser Richtung zu tun, sondern ausschließlich um den Fakt, dass es sich um eine polnische Stadt/einen polnischen Ort heute handelt, der (auch) eine deutsche Geschichte hat.
Das es im Redefluss natürlich einfacher ist, zu sagen: "Ich bin gestern nach Küstrin gefahren." Oder: "Ich habe ein Museum in Grünberg besucht." ist wohl klar. De facto ist es allerdings deshalb nicht richtiger, nur in der Alltagssprache angebracht. Ich habe schließlich keine Zeitreise ins Jahr 1900 gemacht.
>
> > Wenn aber der heutige Ausbau der
> > Strecke nach Gorzów Wlkp. behandelt wird, dann
> hat
> > dort nur in Klammern "Landsberg an der Warthe"
> > bzw. "Landsberg/Warthe" o.ä. etwas zu suchen.
>
> Völliger Quatsch!
Freundlicher ging es nicht?!
>
> 1.) In einem deutschen Text steht dort Landsberg
> (Warthe) oder Landsberg/Warthe (Gorzów
> Wielkopolski) --> letztere Variante ermöglicht die
> Klammer für den polnischen Namen.
>
> 2.) Mit dem abgekürzten Begriff Wlkp. kann
> Otto-Normal-Leser kaum etwas anfangen; entweder
> als Wielkopolski ausschreiben oder fortlassen,
> sofern der Kontext das erlaubt.
Gut. Da hast Du (fast) Recht. "Wlkp." sollte man ausschreiben, aber es gibt ja z.B. noch "Gorzów Sl." = Landsberg in Schlesien, ebenfalls eine Stadt. Manchmal einfach über den Tellerrand schauen ;-). Das macht schon einen Unterschied und er Zusatz Wlkp. oder Wielkopolski muss schon sein (mindestens bei Erstnennung im Text).
>
> > Der
> > Ortsname ist nicht mehr Landsberg,
>
> Auf deutsch heißt die Stadt nach wie vor
> Landsberg.
Aha? Das ist doch Unfug. Sie hieß früher so, man kann sie so nennen, aber korrekt ist es - im Sinne einer wissenschaftlichen Arbeit - deshalb nicht!
> Und das ist ebenso natürlich, wie die
> Polen ihre polnischen Ortsbezeichnungen für Städte
> und Dörfer in Weißrußland und der Ukraine
> verwenden.
Das ist weder ein Argument für, noch dagegen. Wenn es an einem Ort "falsch" gemacht wird und einem anderen Ort ähnlich gehandthabt wird, macht es die Sache nicht richtiger. Ich möchte ja gar nicht ausschließen, den alten Namen zu verwenden. Aber sonst machst Du auf mich doch den Eindruck eines gewissenhaften Autors. (Und das darfst Du als aufrichtiges Kompliment werten.)
> Um Deinen Klammerfetischismus mal etwas zu
> füttern: gucke mal hier, welcher Begriff vor oder
> nach der Klammer steht:
> - [
pl.wikipedia.org]
> - [
pl.wikipedia.org]
> - [
pl.wikipedia.org]
> - [
pl.wikipedia.org]
Die Polen machen das besonders gerne. Aber: Wir sagen ja auch: Ich fahre nach Warschau, nicht nach "Warszawa", weil es sich um eine Stadt von weitüberregionaler Bedeutung handelt. Ebenso sprachen wir nicht von "Lanndän", sondern von London - wie die Polen auch. Bei kleineren Orten östlich der Oder verhält es sich aber anders. Es sind keine Metropolen und nur, weil sie einst deutsche Ortschaften waren, gilt auch ihr Name bis heute.
>
> Soviel zum Thema Normalität in Europa! Und das ist
> auch Wowereit!
Das hat nichts mit Normalität zu tun, sondern wichtige Städte (z.B. Hauptstädte) wurden schon seit jeher der Landessprache, in der sie verwendet wurden, angepasst.
>
> > nur der Bezug
> > zum alten Namen und zur Verbesserung des
> > Verständnisses und der Leserlichkeit für ein
> > deutsches, nicht wissenschaftliches Publikum
> > erlauben es eventuell, den deutschen Ortsnamen
> zu
> > benutzen und den polnischen in die Klammer zu
> > setzen.
>
> Diese Sicht halte ich für arrogant!Woher nimmst
> Du das Wissen, die deutsche Leserschaft könnte
> nichts mit Mailand, Rom, Warschau, Breslau,
> Moskau, Lemberg, Brüssel, Freiburg (Schweiz,
> Schlesien, diverse in Deutschland) anfangen?
Weil es sich bei den von Dir genannten Ortschaften um Orte größerer Bedeutung in Europa oder Deutschland handelt. Siehe oben.
>
> Mensch! Komme mal auf den Teppich runter! Weder
> Landsberg tut weh noch Breslau noch Mailand!
Naja, wie gesagt, es ist eben was anderes, ob ich von Breslau u.ä. oder z.B. von Schlawa bzw. Slawa spreche (zwischenzeitlich von den @#$%& in Schlesiersee umgermanisiert).
>
> > Schreibt man allerdings über, sagen wir,
> > 1930, dann ist natürlich der deutsche Name zu
> erst
> > zu verwenden und der polnische in Klammern
> > dahinter zu setzen.
>
> Kokolores! Zwar gibt es 'ne Menge Leute, die auf
> der Schiene "Sag' mir den Namen -- und ich sage
> Dir, welcher Gesinnung Du bist" herumreiten. Aber
> das ist von vorgestern!
Darum geht es gar nicht. Und ich bin mir sicher, dass Du Dir darüber im Klaren bist!
>
> > Ausgenommen - wie gesagt - sind
> > populärwissenschaftliche Artikel und Schriften.
> > Korrekt ist es deshalb noch lange nicht, nur
> > leserlicher für den der polnischen
> (Aus-)Sprache
> > nicht Mächtigen.
>
> Nee, ist es nicht. Du verrennst Dich da in einem
> Gedankenmodell, wie es die DDR-Ideologie oder
> Leute vom linken Spektrum der alten Bundesrepublik
> gerne gesehen haben. Aber das ist vorbei!
Quatsch. Das ist nicht ideologiegeladen, sondern schlicht realitätsnah. Mir soetwas unterschieben zu wollen, ist schon beinahe hinterlistig.
>
> Zu Deiner Erbauung: Achte mal auf die
> Entfernungsanzeiger an den Autobahnen nach
> Stettin, Frankfurt (Oder) oder Breslau, oder auf
> jene an den Bundesstraßen Richtung Polen. Dort
> wirst Du Orstnamen in einer Art und Weise finden,
> die Dein Weltbild womöglich ins Wanken bringen:
> Zuerst steht der deutsche Name, dann der polnische
> in Klammern.
Immernoch handelt es sich um Orte von überregionaler Bedeutung, die in Deutschland durchaus bekannt sind. Stettin und Breslau kennt jeder auch nur halbwegs gebildete Mensch in Deutschland.
Nach Deinem Gedankenkonzept müsste ich auch einen Flieger nach "Neu-Jork" bzw. "Neu Jork" nehmen. So wurde zumindest früher diese eine amerikanische Großstadt an der Ostküste in Deutschland genannt. Ähnliche Beispiele lassen sich einige finden.
Auf der anderen Seite nimm das polnische Inowroclaw. Was wirst Du sagen? Hohensalza? Ich bin gespannt. Die Stadt wurde - wie zahlreiche andere Orte auch - germanisiert und hieß gerade mal von 1904 bis zum Ende des Ersten Weltkriegs Hohensalza und wurde im Zweiten Weltkrieg dann nochmals so bezeichnet. Trotzdem: Sprichst Du also nun von Hohensalza. Was machst Du mit jenen Ortsnamen, die besonders im 19. Jhdt. germanisiert worden sind, als Preußen einen großen Landzuwachs durch die Dreiteilung Polens erhielt? Müsste man dann nicht die alten slawischen Ortsnamen des 17. und 18. Jhdts. (und der Zeit davor) wieder hervorholen? Das waren schließlich häufig die ursprünglichen Ortsnamen, nicht jene, die Du als offensichtlich ursprünglich "Deutsch" ansiehst. Die Welt begann nicht erst mit der Industrialisierung und dem sich gleichzeitig entwickelnden Eisenbahnnetz. Denke mal über die geschichtlichen Grenzen deutscher Sicht hinweg. Inowroclaw ist dabei keineswegs ein Einzelfall.
>
> In anderen Regionen Europas, beispielsweise von
> Frankreich nach Deutschland, wirst unter Umständen
> vergebens den deutschen Namen suchen; dort gibt's
> nur den französischen. Und daß Aachen ganz
> verschiedene Namen hat, mit denen unsere nahen
> oder fernen Nachbarn ganz unverkrampft umgehen
> können zeigen diese Links (bitte unbedingt auf die
> Klammern achten -- jetzt kannst Du etwas übers
> richtige Klammern lernen!):
>
> [
ca.wikipedia.org]à
> [
cs.wikipedia.org]áchy
> [
it.wikipedia.org]
> [
fr.wikipedia.org]
> [
ksh.wikipedia.org]
> [
la.wikipedia.org]
> [
lb.wikipedia.org]
> [
lv.wikipedia.org]
> [
li.wikipedia.org]
> [
lt.wikipedia.org]
> [
nds.wikipedia.org]
> [
nl.wikipedia.org]
> [
pl.wikipedia.org]
> [
wa.wikipedia.org]Åxhe
> (Für die Faulen siehe unten.)
Das macht die Sache aber nicht einfacher. Es hat sich historisch so ergeben, dass z.B. römische Ortsnamen in anderen Sprachen neben unserem deutschen Ortsnamen Eingang gefunden haben. Die Problematik wurde bereits in diesem "Thread" zu Teilen erörtert. Nur warum zwanghaft sich daran festhalten und nicht den polnischen Ortsnamen in Aufsätzen usw. verwenden? Wie bereits gesagt: Im Gespräch ist die Verwendung von - um beim Beispiel zu bleiben - Landsberg für Gorzów doch vollkommen unproblematisch und genauso akzeptabel wie der polnische Name.
>
> Wie war das nochmal mit den Klammern?!
>
> > Die ist in jedem Fall gut und sehr
> empfehlenswert,
> > denn nicht jeder hat eine gute, ausführliche
> > Ortsnamenkonkordanz im Regal zu stehen.
>
> Inzwischen wurde sogar das Internet erfunden, wo
> sich verschiedene Listen finden lassen.
Nicht jeder hat einen direkten Internetzugang und schon gar nicht immer dort, wo ein Buch gelesen wird (z.B. im Zug durch die polnische Provinz ;-) ). Vielleicht möchte man nur kurz nachschlagen. Als Autor sollte man dem Leser etwas anbieten und nicht Lücken lassen, wo sie nicht nötig sind.
>
> > identifizieren ist, denn es gibt Ortsnamen, wo
> > z.B. ein z mit Punkt im polnischen ein ganz
> > anderer ist, als ohne - aber das muss ich Dir
> > wahrscheinlich nicht erklären. ;-)
>
> Ein Polnischkurs hat mich etwas erleuchtet.
Schön, dass es auch andere Leute gibt, die sich mit der Sprache beschäftigen. ;-) Ist ja immerhin unser Nachbar. ;-)
> Spricht man den polnischen Namen richtig aus,
> ergibt sich oft eine sehr ähnliche Lautung wie der
> deutsche (oder andere fremdländische) Name.
Zustimmung. Das Polnische ist ja sowieso in dieser Hinsicht interessant. Z.B. dzinsy = Jeans. Wenn man es richtig aussprechen kann, versteht man es sofort. ;-)
>
> > Kommt ganz darauf an, für welchen Personenkreis
> > geschrieben. Sehr aufwendig, schadet aber auch
> > nicht.
>
> Sofern es die Umstände zulassen bin ich immer für
> mehr Service am Leser -- als ihn in der Wüste
> stehen zu lassen.
Na siehste! Siehe oben bereits (nicht jeder ständig einen Internetzugang).
>
> > der NS-Zeit geschehen ist. Aber
> Germanisierungen
> > fanden auch schon bereits im 19. und auch im
> 20.
> > Jahrhundert vor der NS-Zeit statt. Man kann
> > natürlich keine Ortsnamengeschichte schreiben.
>
> Gucke Dir mal die polnischen Ortsnamen für
> Ortschaften an, die bis 1945 im Deutschen Reich
> lagen und hernach polnisch wurden: Die Namen
> unterscheiden sich mitunter deutlich; es gab da
> zwei Umbenennungswellen. Und Landsberg an der
> Warthe ist dafür ein gutes Beispiel, auch Orte in
> Niederschlesien!
Darüber brauchst Du mich nicht aufzuklären. ;-) Umgekehrt ist das ganze auch ganz interessant. Ortsnamen, die vormalig Polnisch waren und z.B. im 19. Jhdt. umbenannt wurden (s. oben).
>
>
>
> Für alle Klammerfetischisten in Klammern: (Aachen)
>
> Für alle anderen unverklammerten Menschen:
> Aquisgrà, Cáchy, Aquisgrana, Aix-la-Chapelle,
> Oche, Aquisgranum, Oochen, Āhene, Aoke,
> Achenas, Aken, Akwizgran, Åxhe
>
> Noch Fragen zu Klammern?
Nein, Hauser!