Ulrich Conrad schrieb:
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> Das ist nicht ganz richtig. Während der ÖPNV
> subventioniert wird, nimmt der Staat in Form von
> Steuern hohe Beträge durch den MIV ein, so dass
> dieser wirtschaftlicher erscheint, auch wenn dies
> im ökologischen Sinn anders aussehen mag.
Zahlen öffentliche Verkehrsbetriebe keine Umsatz-, Mineral-, Öko-, Lohnsteuer, Sozialabgaben etc. etc. etc.?
Die Propaganda vom ADAC lautet wie folgt(nachzulesen immer wieder in der Motorwelt): Nur ein Drittel der Einnahmen durch den MIV werden in den Ausbau des Straßennetzes investiert.
Für den ADAC ist das ein unglaublicher Skandal, das ganze Geld sollte natürlich für den Ausbau eingesetzt werden.
Der Unterhalt soll also von der Allgemeinheit getragen werden und so ist es auch.
Im Gegensatz zu so ziemlich jedem Land der Welt kann in Deutschland fast jeder kostenlos Strassen benutzen.
Das bisschen LKW-Maut deckt nie und nimmer die Betriebskosten.
Schienenverkehrsunternehmen dagegen zahlen kostendeckende Trassenpreise.
In Frankreich ist es andersrum - der Staat stellt die Eisenbahninfrastruktur kostenlos zur Verfügung, die Autobahnen werden privatwirtschaftlich betrieben.
Betriebskosten des Straßennetzes und Folgekosten des Verkehrs werden von der Allgemeinheit getragen, da sie die Steuern bei weitem übersteigen.
Wäre der
> MIV so viel unwirtschaftlicher als der ÖPNV müsste
> es ideal sein, wenn der MIV schnellstens ganz
> aufgegeben werden würde und statt dessen nur noch
> der ÖPNV genutzt werden würde.
Es ist also wirtschaftlicher jede Person einzeln in anderthalb Tonnen Stahl mit einem Platzbedarf von 20 Quadratmetern zu befördern und die all gesundheitlichen und Bauschäden hinzunehmen, als zu einem Bruchteil der Kosten und Ressourcen zusammen Bahn oder Bus zu fahren?
Irgendwas stimmt doch da nicht.
Doch was gäbe das
> an Steuerverlusten?
Es ist ein Märchen des ADAC, dass die Autofahrer alles finanzieren.
Die wegfallenden Kosten würde die wegfallenden Steuern überkompensieren.
Der Staat wäre wohl weitgehend
> ruiniert und könnte sich den ÖPNV gar nicht mehr
> leisten!
Er muss sich den ÖPNV leisten, weil er sich den MIV leistet.
Wie war Verkehr denn überhaupt finanzierbar, bevor es Autos gab?
Er erwirtschaftete Gewinne.
Die BVG beispielsweise bis 1948.
Zuschussbedürftige öffentliche Verkehrsträger sind erst seit der Massenmotorisierung ein Massenphänomen.
>
> > > Es fällt sowieso auf, daß es hier kaum
> jemanden
> > > gibt, der den ÖPNV und MIV als Einheit
> betrachtet
> > > und begreift.
>
> Das tue ich durchaus. Beide System müssen
> funktionieren. Leider ist jedoch der MIV in diesem
> Forum bei vielen so verpönt, dass man besser daran
> tut ihn zu verteufeln.
Immer wenn ich in eine Straße sehe, frage ich mich, ob es unumgänglich so sein muss, dass der Großteil der Fläche für der MIV vorgehalten wird.
Wer kein Auto hat, wird systematisch benachteiligt, weil ihm deutlich weniger Raum eingeräumt wird als jedem Autofahrer und er auch noch unter dem Autoverkehr leiden darf.
Jeder soll seine Meinung haben - meine ist, das es reichen würde, sich in Berlin nur noch die Hälfte des jetzigen MIV zu leisten und den verbleibenden Verkehr anders zu organisieren.
Mit anderen Worten: Ich betrachte 50% des MIV für notwendig.
Aber der gesellschaftliche Reflex funktioniert folgendermaaßen: Wer den MIV kritisiert, ist folglich für seine komplette Abschaffung - das ist nicht realistisch - also redet er Müll.
Niemand warte mit seinem Urteil, bis erkennbar ist, was für Konsequenzen derjenige zeihen würde.
Er ist gegen Autos.
Das reicht.
>
> > Warum auch?
> > Eine Minderheit parkt die Stadt zu, verstopft
> die
> > noch verbleibenden Verkehrsflächen ebenfalls,
> > verseucht und verlärmt die Luft aller und lässt
> > sich noch nicht einmal dadurch irritieren, dass
> > sie fast alle Unfälle verursacht, die zu Toten
> und
> > Verletzten führen.
> > Dieser Minderheit gehört offensichtlich die
> Stadt,
> > sie nimmt keinerlei Rücksichtauf auf die
> Mehrheit,
> > mit der zusammen sie sich erst recht nicht als
> > Einheit begreift.
>
> Bei den vielen Millionen Pkw die es in Deutschland
> gibt, kann man wohl kaum von einer Minderheit
> reden.
Wir sind im Berliner Nahverkehrsforum, also reden wir von Berlin.
Und da ist der Umweltverbund in der Mehrheit und der MIV in der Minderheit im modal split.
Da mehr als jeder zweite Bundesbürger ein
> eigenes Auto besitzt, handelt es sich bei den
> Autofahrern eindeutig um die Mehrheit!
Das ganze bezog sich nicht auf konkrete Personen, sondern auf den modal split.
Die konkrete Person verhält sich daher mal wie die Mehrheit, mal wie die Minderheit.
Es gibt eine ganze Menge Autofahrer, die mehr mit öffentlichen Verkehrsmitteln fahren, als mit ihrem PKW, demzufolge beim fließenden Verkehr eher der Mehrheit angehören, dennoch beim ruhenden Verkehr der Minderheit.
Dann gibt es welche, die ihr Auto auf eigenem Grund und Boden abstellen, statt sich von der Allgemeinheit einen kostenlosen Parkplatz sponsern zu lassen, diese beanspruchen wie die Mehrheit kaum Verkehrsfläche, wenn sie sich nicht bewegen.
In Berlin hat nichtmal jeder zweite ein Auto.
Warum also
> Straßenbahnen bauen, wenn diese die Mehrheit in
> ihren Autos behindern könnten?
Da in der Straßenbahn deutlich mehr Personen auf deutlich weniger Raum befördert werden, ist klar, wer wen behindert.
Eine Straßenbahnstrecke übersteigt die Beförderungskapazität einer Straße um ein vielfaches.
Hier kann es nicht
> um Mehrheiten gehen, sondern darum, dass man allen
> Menschen gewisse Möglichkeiten der Mobilität geben
> muss.
Wo habe ich das bestritten?
Dabei ist der MIV schon wegen des
> Lieferverkehrs unverzichtbar.
Lieferverkehr ist kein MIV. Dennoch halte ich den MIV nicht für verzichtbar, sondern betrachte nur sein heutiges Ausmass als unnötig.
Auf ein vernünftiges
> Miteinander kommt es an.
Richtig. Und deshalb nehme ich die unsolidarische übermäßige Inanspruchnahme des begrenzten städtischen Raums und diverser anderer Ressourcen durch eine Mobilitätsform nicht widerspruchslos hin.
Deine autofeindliche
> Polemik scheint aber auch nicht gerade auf ein
> friedliches Miteinander hinzuwirken, oder wurde da
> nur ein Smilie vergessen?
Ich denke, dass Autofahrer sich solidarischer verhalten sollten.
Die Gründe habe ich dargelegt.
Ausserdem äußere ich nur meine Meinung, ich behindere den MIV in keinster Weise.
Ich ertrage die mir entstehenden Nachteile ohne jemanden zur Rechenschaft zu ziehen.
Ist das friedliches Miteinander genug?
> Im übrigen halte ich es für völlig unverständlich,
> warum man ständig verschiedene Verkehrsteilnehmer
> gegeneinander ausspielen will.
Es gibt endliche Ressourcen.
Raum in der Stadt zum Beispiel, den man versiegeln kann oder begrünen.
Atemluft.
Ruhe.
Um diese Ressourcen wird gerungen.
Es gibt nicht genug, um jedem jede erdenkliche Freiheit zu ermöglichen.
In der Gesellschaft ist das selbstverständlich.
Meine Freiheit endet da, wo sie die eines anderen beeinträchtigt.
Im Verkehr ist man in einer Art Urzustand steckengeblieben.
Die Städte sind zu klein für einen modal split von 100% MIV.
Da wird von
> Autofahrern gegen ÖPNV-Benutzer geschrieben ohne
> zu bedenken, dass manch Autofahrer auch durchaus
> den ÖPNV benutzt.
Es wird viel zu schnell und oft anderen unterstellt, geistig minderbemittelt zun sein. s.o.
Es gibt auch Autofahrer, die
> gelegentlich mit dem, Fahrrad unterwegs sind,
> genauso wie Radfahrer gelegentlich auch ohne ihr
> Fahrzeug im ÖPNV zu finden sind. Und als reine
> Fußgänger sind wir sicher alle mal unterwegs.
> Eigentlich sind dass Selbstverständlichkeiten,
> aber es scheint, das müsste mal betont werden.
Nö. In einem Forenbeitrag hat man selten den Platz, alles darzulegen.
Sie dienen nicht der Erklärung kompletter Welten.
Einfach dem gegenüber ein bisschen mehr Intelligenz unterstellen.
>
> > Das ist asozial.
>
> Als asozial bezeichnet man das Leben auf Kosten
> anderer.
Richtig.
Die Definition teilen wir.
Die Einschätzung, wer wen subventioniert, nur teilweise: ökologisch ja, ökonomisch nicht.
Damit kann ich leben.
Ich halte fest: Der MIV ist ökologisch betrachtet asozial.
Ökonomisch gehen die Meinungen auseinander.
> Warum tun sie es wohl dennoch? Weil der ÖPNV für
> noch schlechter gehalten wird.
Gelegentlich ist er das sogar.
Aber das lässt sich ja ändern.
Ich kritisiere Verhältnisse, keine Menschen.
>
> > - doch die Alternativen werden systematisch an
> > ihrer Entfaltung gehindert.
>
> Das stimmt wenigstens.
>
> > > Statt dessen hängt jeder seinem
> > > Lieblingsverkehrsmittel hinterher und
> flüchtet
> > > sich in kindlich naive Träumereien.
>
> Es muss für alle Verkehrsmittel der nötige Raum
> geboten werden, aber auch für den MIV.
Wüsste nicht das Gegenteil geschrieben zu haben.
Nur halte ich nicht den gesamten Raum für nötig, der dem MIV derzeit geboten wird.
> Das klingt, als hätte diese Entwicklung zur Folge,
> dass der MIV entsprechend zurückgeht. Das ist aber
> zumindest im Moment noch nicht der Fall.
Der öffentliche Verkehr ist dieses Jahr deutschlandweit bereits um 2% gewachsen.
Die Fahrgeldeinnahmen der Berliner S-Bahn um 8%.
Bei steigenden Anteilen von Fußgänger- und Radverkehr.
Es wird weniger Auto gefahren.
Alles noch nicht dramatisch, aber bereits spür- und messbar.
Ich gebe
> dir zwar in sofern recht, dass der
> umweltfreundliche Verkehr mehr Unterstützung
> braucht, dass sollte aber nicht unnötig zu Lasten
> des MIV gehen.
Nur dort, wo es nötig ist.
Vielmehr käme es darauf an den
> vorhandenen Platz optimal zu nutzen, damit für
> alle Verkehrsarten genügend Platz vorhanden ist.
>
Es geht meist um die Straßen, in denen das nicht möglich ist.
Und da muss man Prioritäten setzen, um den ungenügenden Platz wenigstens optimal nutzen zu können.
Zugunsten von Verkehrsarten mit wenig Flächenverbrauch.
1 mal bearbeitet. Zuletzt am 22.08.2008 06:52 von dubito ergo sum.