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1922: Ringbahnunfall mit 40 Toten?
geschrieben von christoph324 
Hallo Leute,

habe gelesen, daß es im Juni 1922 offenbar einen schweren Unfall auf der Ringbahn gab klick und klick. Er ereignete sich zwischen Gesundbrunnen und Schönhauser Allee. Angeblich gab es dabei 40 Tote. Habe versucht im Internet mehr darüber erfahren, leider ziemlich erfolglos. Weiß jemand von euch mehr darüber bzw. kennt jemand weitere Quellen dazu?

Gruß Chris



1 mal bearbeitet. Zuletzt am 08.03.2013 16:31 von christoph324.
Ich zitiere aus deiner zweiten Quelle:

"Berlin (Deutschland) – Trittbrettfahrer
Am Nachmittag des 27. Juni 1922, dem Tag der Beisetzung von Walter Rathenau, legte das Personal der Berliner Verkehrsbetriebe die Arbeit nieder und es verkehrten keine U-Bahnen, Straßenbahnen oder Omnibusse. Deshalb waren die Vorortzüge der Berliner Ringbahn völlig überfüllt und viele Passagiere fuhren stehend auf den Trittbrettern der Abteilwagen mit. Aus dem Rucksack eines Trittbrettfahrers ragte eine lange Stange. In Höhe der Schönfließer Brücke zwischen den Bahnhöfen Gesundbrunnen und Schönhauser Allee sprang in einer Kurve die Tür, an der sich dieser Reisende festhielt, auf. Dadurch geriet die Stange ins Lichtraumprofil des Gegengleises und riss 40 Trittbrettfahrer eines entgegenkommenden Zuges in den Tod. Mehr als 30 Menschen wurden schwer verletzt."

______________________

Nicht-dynamische Signatur
Danke, dass du nicht nur dem Fragesteller aus seiner eigenene Quelle zitierst, sondern auch dem Rest der Leserschaft den Klick auf den bereits geposteten Link ersparst.

*rolleyes*

Gruß
Zitat
christoph324
Habe versucht im Internet mehr darüber erfahren, leider ziemlich erfolglos.

Ja, das liebe Internet weiß eben auch nicht alles.
Ich empfehle den Besuch eines Zeitungsarchivs Deines Vetrauens.
Da kannst Du dann sicherlich diverse Artikel vom damaligen Tag lesen, sofern Du die alte deutsche Schrift lesen kannst.

Es soll ja tatsächlich Menschen geben, die meinen bis 1942 habe man in Deutschland eine andere Sprache geschrieben ...

Linie 88
Zitat
christoph324
[...] Weiß jemand von euch mehr darüber bzw. kennt jemand weitere Quellen dazu?

Ich verweise auf das Buch "Historische Eisenbahn-Katastrophen. Eine Unfallchronik von 1840 bis 1926" von Bernhard Püschel (Freiburg: Eisenbahn-Kurier, 1977) und zitiere daraus den entsprechenden Textabschnitt von Seite 124/125, der kaum noch Fragen offen lassen dürfte:

Zitat

Einzureihen in die Serie schwerer Unfälle während der schrecklichen Nachkriegsjahre war das Berliner S-Bahn[-]Unglück am 27. Juni 1922 nachmittags zwischen den Bahnhöfen Schönhauser Allee und Gesundbrunnen unter der Schönfließer Brücke. Infolge Einstellung des Straßenbahn-, Omnibus- und U-Bahnverkehrs waren die S-Bahn[-]Züge derart überfüllt, daß [nach alter Rechtschreibung korrekt für heutiges "dass"] viele Fahrgäste dichtgedrängt auf den Trittbrettern standen. Die Stationsbeamten ließen die Züge nicht eher abfahren, bis alle Trittbrettreisenden auf den Bahnsteig zurückgetreten waren. Bei der Abfahrt des Zuges sprangen sie aber alle wieder auf die Trittbretter. Dabei hat sich nun an diesem Tag ein grauenvolles Unglück ereignet. Einer der auf dem Trittbrett stehender [gemeint ist: "stehenden"] Männer hatte einen Rucksack mit langen Stangen darin auf dem Rücken. Unglücklicherweise stand er vor einer Tür, die nicht fest verschlossen war und auf und zu schwankte. Bei einem Ruck in einer Kurve wurde der Mann nach außen geschleudert[,] und zwar in dem Moment, als ein Gegenzug vorbeifuhr, der ebenfalls viele Trittbrettfahrer mit sich führte.
Die Tür, an der der Mann sich krampfhaft festhielt, ging nun ganz auf. Dadurch rettete er sein Leben, riß [nach alter Rechtschreibung korrekt für heutiges "riss"] aber gleichzeitig mit seinen Stangen im Rucksack viele Trittbrettfahrer vom Gegenzug herunter. Es entstand hierbei eine furchtbare Panik, die das Unglück noch verschlimmerte. Als die beiden Züge zum Stehen kamen, bot sich allen, den Helfern und Insassen, ein grauenhafter Abblick [gemeint ist: "Anblick"]. Zwischen den beiden Gleisen lagen massenhaft die Toten und Verwundeten, die ob ihrer schweren Verletzungen gellend um Hilfe schrieen. Insgesamt wurden 40 Personen getötet und über 30 schwer verletzt. Ein Verschulden der Bahnbeamten lag nicht vor.

Dazu ist (in schlechter Bildqualität) ein Foto eines solchen überbesetzten Abteilwagen-Zuges mit Trittbrettfahrern abgedruckt, im Bildtext wird auf den Streik als Ursache für die Überfüllung hingewiesen.

Herzliche Grüße von bt
@Linie 88
Ja, daß man mit Googeln ausschließlich nicht immer sehr weit kommt ist mir klar. Der Gedanke in alten Zeitungen zu recherchieren ist mir auch schon gekommen. Das werde ich evtl im weiteren Verlauf auch noch tun. Allerdings erschien es mir einfacher, erstmal hier im Forum zu fragen. Es besteht ja durchaus die Möglichkeit, daß einer der Teilnehmer hier sich mit diesem Thema schon näher auseinandergesetzt hat. Ich selbst beschäftige mich ja auch nur aus privatem Interesse damit.

@bt
Vielen Dank, für den Ausschnitt. Da sind ja durchaus einige neue Informationen dabei. Was mir allerdings weiter unklar ist, ist der Ort, an dem das alles passiert sein soll. In dem Artikel ist davon die Rede, daß in einer Kurve die Tür aufgesprungen sein soll. Die einzige Kurve in der Nähe der Brücke war laut alten Luftbildaufnahmen von 1943 bei GoogleEarth die etwas östlich davon gelegene. Eine offenbar recht leichte Kurve. Denke aber nicht, daß sich der Gleisverlauf zwischen 1922 und 1943 dort groß verändert hat. Nach den Beschreibungen des Vorfalls muß der Zug in Richtung Schönhauser Allee unterwegs gewesen sein. Demnach wäre der Unfall schon ein Stück östlich, fast am Bhf Schönhauser Allee passiert.
Sind in dem Buch evtl. weitere Quellen genannt?
Zitat

"christoph324" am 11.3.2013 um 17.15 Uhr:

Was mir allerdings weiter unklar ist, ist der Ort, an dem das alles passiert sein soll.

Der Ort ist eigentlich durch die Formulierung "zwischen den Bahnhöfen Schönhauser Allee und Gesundbrunnen unter der Schönfließer Brücke" recht eindeutig beschrieben worden. Die Schönfließer Straße wurde früher mit einer Brücke über den Bahngraben geführt und ab Kopenhagener Straße als Sonnenburger Straße weitergeführt. Unmittelbar östlich dieser Schönfließer Brücke befand sich die in den Texten erwähnte Kurve. So weit ich das erkennen kann, die einzige etwas längere Kurve dieses Streckenabschnitts. 1928 sah der Bahngraben an dieser Stelle nicht viel anders aus als heute, hier ein verkleinerter Ausschnitt aus einem Luftbild aus diesem Jahr. Zu sehen ist die Strecke zwischen den Bahnhöfen Gesundbrunnen (links am Rand) und Schönhauser Allee (rechts am Rand), die durch die Sonne auffällig hell erleuchtete Brücke ist die Schönfließer Brücke:



Aus der Beschreibung des Unfalls und der oben angegebenen Ortsbeschreibung schließe ich allerdings, dass der Fahrgast mit den Stangen im Rucksack an einem Zug hing, der von Schönhauser Allee Richtung Gesundbrunnen fuhr, durch den Ruck in der Kurve (vielleicht waren die Fahrten mit der Ringbahn damals etwas ruppiger als heute) seitwärts vom Zug in südlicher Richtung wegschwenkte und dadurch in das Lichtraumprofil des Gegenzugs Richtung Schönhauser Allee geriet. Das kann dann durchaus direkt unter der Brücke geschehen sein.

Hoffe, dies hilft.

Gruß, Thomas

--
Thomas Krickstadt, Berlin, Germany, usenet@krickstadt.de
Hallo Christoph & Thomas!

Zitat
krickstadt
Aus der Beschreibung des Unfalls und der oben angegebenen Ortsbeschreibung schließe ich allerdings, dass der Fahrgast mit den Stangen im Rucksack an einem Zug hing, der von Schönhauser Allee Richtung Gesundbrunnen fuhr, durch den Ruck in der Kurve (vielleicht waren die Fahrten mit der Ringbahn damals etwas ruppiger als heute) seitwärts vom Zug in südlicher Richtung wegschwenkte und dadurch in das Lichtraumprofil des Gegenzugs Richtung Schönhauser Allee geriet. Das kann dann durchaus direkt unter der Brücke geschehen sein.

Deine Vermutung stimmt vollkommen, Thomas! (Immer wieder unglaublich, was Du so alles weißt und Wissen sinnvoll zusammenfügst. So macht das Forum dann doch Spaß, obwohl ich mich weitgehend vor allem wegen der leidigen Querelen und vieler darauf bezogener sinnloser Posts zurückgezogen habe. Zurück zum Thema ;-) ).

Vorab noch ein ACHTUNG: Das folgende Zitat ist nicht für schwache Gemüter geeignet!
In der Vossischen Zeitung vom Tag nach dem Unglück hieß es, ich zitiere auszugsweise: "[...] Auf dem von der Schönhauser Allee nach Gesundbrunnen fahrenden Nordringzug 1814 befand sich auch ein Arbeiter, aus dessen Rucksack mehrere Holzlatten weit zur Seite herausragten. An der Millionenbrücke[sic!]* kam aus der entgegengesetzten Richtung der Vollringzug 1815. [...] Einige Fahrgäste, die im Innern der Wagen saßen, hatten noch Besinnung genug, die Notbremse zu ziehen. Nach ungefähr 150 Meter standen endlich beide Nordringzüge.

Die nächste halbe Stunde war grauenvoll. Im Verein mit dem Fahrpersonal sowie den sofort herbeieilenden Beamten des Bahnhofes Gesundbrunnen stürzten die Fahrgäste zur Unglücksstelle und versuchten den dort herumliegenden und teilweise schrecklich verstümmelten Verunglückten die erste Hilfe zu bringen. Es war ein fürchterlicher Knäuel blutender, zerfetzter Menschenleiber, aus dem gellendes Hilfegeschrei und Wimmern erscholl."

Interessant auch noch folgende Anmerkung zu den unmittelbar anschließenden Untersuchungen: "Es wurde aber festgestellt, daß tatsächlich vor der Abfahrt beider Nordringzüge alle Reisenden besonders davor gewarnt worden sind, auf den Trittbrettern mitzufahren. Aber die Beamten waren dem Massensturm nicht gewachsen und es war daher auch unmöglich der Warnung Geltung zu verschaffen."
Das würde heute so nicht mehr passieren!

Weiter an anderer Stelle:
"Der nach Wedding fahrende Zug 1815 war von der Station fahrplanmäßig abgefahren. Der Andrang war so ungeheuer, wie er seit Jahren nicht mehr zu verzeichnen war. Tatsächlich befand sich noch wenige Sekunden bevor das Abfahrtssignal gegeben wurde, niemand auf dem Trittbrett. Als der Zug sich aber langsam in Bewegung setzte, sprangen etwa 150 Personen auf die Trittbretter [...]"

Über den tatsächlichen Unfallgrund äußerten sich die Zeugen (andere Reisende; Bahnpersonal) übrigens unterschiedlich.

Frage: Kann jemand etwas zu den Zugnummern sagen? 1814 u. 1815. Von wo nach wo fuhren sie genau bzw. in diesem Falle: sollten sie fahren? Abfahrt- und Zielbahnhof? Ggf. Fahrzeiten? Würde mich mal interessieren. Helfen alte Kursbücher? Vielleicht weiß jemand etwas dazu oder kann sogar nachschlagen?

----
*Millionenbrücke: Das wäre die Brücke im Verlauf der Swinemünder Str. An anderer Stelle in der Voss heißt es aber in etwa: unweit des Bhfs. Schönhauser Allee.

Danke auch für den Kartenausschnitt, Thomas. Hier sind eine Karte aus der Zeit mit den entsprechenden Straßennamen und Brücken: [www.alt-berlin.info]


@christoph324: Prophylaktisch: Leider darf ich nicht mehr als oben zitieren, aber eine Durchsicht historischer Zeitungen, z.B. im Zentrum für Berlin-Studien (Breite Str. in Berlin-Mitte), dürfte sich bei Interesse lohnen.


Gruß,
stichbahn


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Edith hat die Frage zu den Zugnrn. (hoffentlich) etwas präzisiert.



1 mal bearbeitet. Zuletzt am 11.03.2013 22:43 von Stichbahn.
Zitat
christoph324
Sind in dem Buch evtl. weitere Quellen genannt?

Am Ende des Buches findet sich eine auf den gesamten Inhalt bezogene "Bibliograhie", enthaltend 12 Bücher (Titel, Autor, Erscheinungsjahr, z. T. Erscheinungsort) sowie die Titel (und nur die Titel!) einer ganzen Reihe von Zeitschriften und Zeitungen.
Ich bin jetzt aber zu faul, diese Bibliographie abzutippen, zumal ich davon ausgehe, dass fast alle dort genannten Titel keine Angaben zu dem Ringbahn-Unfall enthalten.

Herzliche Grüße von bt
Kann mir vielleicht bitte jemand erklären, welches Trittbrett genau gemeint ist? Ich habe große Probleme, mir das gerade bildlich vorszustellen.

Ich habe mal ein Foto hinzugefügt; ich vermute, dass das gemeint sein könnte. Jedoch würde das nicht erklären, weshalb der Bretter-Freund und die anderen auf den Trittbrettern gestanden haben, aber erst in der Kurve herausgeschleudert wurden (diese Leiste auf dem Foto ist ja bereits draußen).


Bitte um Aufklärung.


D

In Bus und Bahn offenbaren sich die sozialen Abgründe unserer Mitbürger.


überleg mal bitte, wie die Züge 1922 ausgesehen haben, gewiss nicht wie auf dem Foto. ich gehe von normalen Vorortzugwagen mit richtigen Trittbrettern aus.
Zitat
Heidekraut
überleg mal bitte, wie die Züge 1922 ausgesehen haben, gewiss nicht wie auf dem Foto. ich gehe von normalen Vorortzugwagen mit richtigen Trittbrettern aus.

Das stimmt sicherlich, aber mit denen kenne ich mich ja erst recht nicht aus … also waren die Türen die ganze Zeit offen, oder wie?


D

In Bus und Bahn offenbaren sich die sozialen Abgründe unserer Mitbürger.
Die meisten Wagen vor Einführung des S-Bahn-Systems waren zwei und dreiachsige Abteilwagen, wo jedes Abteil links und rechts eine eigene Tür hatte. Die Trittbretter waren meist zweistufig und reichten von beiden Wagenendseiten durchgehend in der kompletten Wagenlänge.

So konnten theoretisch und praktisch zig Mitfahrer auf den Trittbrettern mitfahren
So in etwa sah das wohl aus: [www.insel-usedom-wollin.de]
Wenn die S-Bahn so etwas heute noch hätte, wäre beim aktuellen Chaos sicher auch schon einmal jemand drauf mitgefahren, auch wenn bei dem Unfall natürlich eine extremere Betriebssituation (auch schon vor dem Unfall) vorlag.

Zumindest das Grundprinzip des Abteilwagens mit zahlreichen Türen und Stufen ist noch nicht so veraltet, wie es scheint: ich bin noch in den 1990er-Jahren in England mit derartigen Wagen gefahren - im regulären Regionalverkehr wohlgemerkt, nicht bei Museumsbahnen.
Zitat
Stahldora
Zitat
Heidekraut
überleg mal bitte, wie die Züge 1922 ausgesehen haben, gewiss nicht wie auf dem Foto. ich gehe von normalen Vorortzugwagen mit richtigen Trittbrettern aus.

Das stimmt sicherlich, aber mit denen kenne ich mich ja erst recht nicht aus … also waren die Türen die ganze Zeit offen, oder wie?


D

Das waren die Vorläufer der elektrischen S-Bahnzüge in Berlin. Hast Du doch sicherlich schon mal gesehen! ;-)
Und die Türen waren vermutlich nicht offen, sondern die Leute haben sich vermutlich einfach noch von außen aufs Trittbrett gestellt.



Hier mal ein Bild von einem sogenannten Hamsterzug aus der unmittelbaren Nachkriegszeit, aber ähnlich dürfte es 1922 bei dem Unfall auch gewesen sein (denke ich mal). Nur daß 1922 niemand auf dem Dach gesessen haben dürfte ;-)






3 mal bearbeitet. Zuletzt am 12.03.2013 22:27 von Vollring über Westkreuz.
Zitat
Stichbahn

Vorab noch ein ACHTUNG: Das folgende Zitat ist nicht für schwache Gemüter geeignet!

Interessant, wie realistisch aber eigentlich nicht reißerisch formuliert hat!



Zitat
Stichbahn
Weiter an anderer Stelle:
"Der nach Wedding fahrende Zug 1815 war von der Station fahrplanmäßig abgefahren. Der Andrang war so ungeheuer, wie er seit Jahren nicht mehr zu verzeichnen war. Tatsächlich befand sich noch wenige Sekunden bevor das Abfahrtssignal gegeben wurde, niemand auf dem Trittbrett. Als der Zug sich aber langsam in Bewegung setzte, sprangen etwa 150 Personen auf die Trittbretter [...]"

So verhielt man sich wohl auch bei den Hamsterzügen, denn eine Abfahrt mit Personen auf den Trittbrettern war eben verboten. Das hieß also: bei jedem Halt ´runter vom Trittbrett, neben den Zug stellen und nach dem Anfahren wieder Aufspringen! Gut, dass Dampfloks darin nicht so schnell waren...

Zitat
Stichbahn
Frage: Kann jemand etwas zu den Zugnummern sagen? 1814 u. 1815. Von wo nach wo fuhren sie genau bzw. in diesem Falle: sollten sie fahren? Abfahrt- und Zielbahnhof? Ggf. Fahrzeiten? Würde mich mal interessieren. Helfen alte Kursbücher? Vielleicht weiß jemand etwas dazu oder kann sogar nachschlagen?

Bemerkenswert, dass die Zeitung die Zugnummern nennt! Woher haben sie die Angaben? Ob sie stimmen?

Bereits damals wurden in den Tabellen der Kursbücher für den Berliner Stadtverkehr im Wesentlichen die Fahrplantakte angegeben. Zugnummern erschienen nicht, da man ja auch nicht alle Fahrten einzeln aufführte. Mir liegen aus dieser Zeit Kursbuchnachdrucke von 1917 und 1927 vor.

Ob vielleicht irgendwo Dienstfahrpläne aus der damaligen Zeit überlebt haben?

Beste Grüße
Harald Tschirner
Vielen Dank für die weiteren Ausführungen!
Allerdings gibt es jetzt zwei verschiedene Orte, an denen sich der Unfall zugetragen haben könnte. Die Millionenbrücke klingt in Zusammenhang mit den von Gesundbrunnen herbeieilenden Helfern plausibler. Dort scheint es allerdings gar keine Kurve gegeben zu haben. Dazu ist in den neueren Beschreibungen nur noch von der Schönfließer Brücke die Rede. Beide Orte liegen ca 1km voneinander entfernt.
Damit ist die Verwirrung jetzt koplett;)
Zitat
christoph324
Vielen Dank für die weiteren Ausführungen!
Allerdings gibt es jetzt zwei verschiedene Orte, an denen sich der Unfall zugetragen haben könnte. Die Millionenbrücke klingt in Zusammenhang mit den von Gesundbrunnen herbeieilenden Helfern plausibler.

Nicht nur in der zitierten Vossischen Zeitung vom 28.6, sondern auch in der vom 29.6 ist vom "Eisenbahnunglück an der Millionenbrücke" die Rede. Die "Kurve" kann ja schlichtweg eine Weichenverbindung sein, die gibts ja dort zur Genüge.



1 mal bearbeitet. Zuletzt am 14.03.2013 12:04 von Global Fisch.
Das stimmt. Das mit der Kurve sollte man warscheinlich nicht überbewerten. Hier noch ein Augenzeugenbericht vom Gesundbrunnen:

Zitat

Die Züge waren damals völlig überlastet, und man fuhr viel auf Trittbrettern, hielt sich draußen fest, was heute nicht mehr möglich ist. Damals gab’s noch die alte Kutschenform der Eisenbahnwagen, wo also Eingang neben Eingang war und Messinggriffe zum Festhalten, soweit sie wegen des Messings nicht gestohlen waren. Und mit einem dieser Züge fuhren wir dann Richtung Zentrum, auf den Trittbrettern stehend, wie Trauben förmlich. Und da bot sich uns ein grausiger Anblick.

Kurz vorher, es musste zehn Minuten vorher gewesen sein, war einer dieser völlig überlasteten Züge mit einem Gegenzug, der einfahren wollte und bei dem die Türen ebenfalls auf diese Weise besetzt waren und offen standen, aneinander geraten. Ich weiß es genau, es waren 32 Arbeiter, die auf diesen Trittbrettern gestanden hatten, die waren runtergefegt, runtergerissen worden, als die Züge aneinander vorbei gingen, und die lagen, zum Teil lebend, hinter dem Bahnhof Gesundbrunnen, hingelegt auf die Böschung. Es war ein entsetzlicher Anblick, ich hatte so eine Anzahl von Toten noch nicht gesehen. Und das war das erste, was ich von dieser Demonstration gegen den Tod von Walter Rathenau sah. Und es stand in allen Zeitungen.
Quelle
Zitat

"christoph324" am 14.3.2013 um 13.29 Uhr:

Zitat

hingelegt auf die Böschung

Der Hinweis auf eine Böschung deutet aber wieder auf einen Unfallort östlich der Linie Malmöer / Ystader Straße hin, da die Böschung des Bahngrabens im Bereich des Bahnhofs Gesundbrunnen sehr viel weiter von den Gleisen entfernt ist, als in der Nähe des Bahnhofs Schönhauser Allee.

Gruß, Thomas

--
Thomas Krickstadt, Berlin, Germany, usenet@krickstadt.de
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