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Sammelthread: Verkehrspolitik in Berlin
geschrieben von Arnd Hellinger 
Mehr aus Interesse noch eine ergänzende Frage zu Express-U-Bahnen: Wenn ich das richtig sehe, gibt es so etwas außer in New York auch noch bei der "Elevated" in Chicago, hier mal einige Links dazu:

Netz: [upload.wikimedia.org]
Fahrplan der Red Line: [www.transitchicago.com]
einige Bilder: [www.wikizero.com]

Auch die "Elevated" hat demnach (wie die Subway in New York) wohl viergleisige Abschnitte.

Frage: Kennt jemand das (ja nicht uninteressante) System in Chicago aus eigener Anschauung und kann daher etwas dazu schreiben?

Nachtrag: Auszug aus dem Gleisplan der CTA mit viergleisiger Strecke bei Belmont: [www.bing.com]



1 mal bearbeitet. Zuletzt am 03.01.2020 21:00 von Marienfelde.
Zitat
Marienfelde
Frage: Kennt jemand das (ja nicht uninteressante) System in Chicago aus eigener Anschauung und kann daher etwas dazu schreiben?

Kann zwar nichts aus eigener Erfahrung beisteuern, wohl aber diesen link: [www.gleisplanweb.eu]
Zitat
J. aus Hakenfelde
Zitat
Marienfelde
Frage: Kennt jemand das (ja nicht uninteressante) System in Chicago aus eigener Anschauung und kann daher etwas dazu schreiben?

Kann zwar nichts aus eigener Erfahrung beisteuern, wohl aber diesen link: [www.gleisplanweb.eu]

Oh, danke für diesen Link, darauf bin ich nicht gekommen. Die vielen Abstellanlagen wirken auf mich als recht großzügig bemessen.
Es gibt in Chicago eine viergleisige Strecke zwischen Fullerton und Howard. Historisch sind dort zwei Linien gefahren, heute wird in Howard zwischen Chicago und Evanston gebrochen, nur in der HVZ gibt es durchgehende Expresszüge von Evanston in die Innenstadt. Diese nutzen bis Fullertondie "Expressgleise", danach die alte Hochbahnstrecke zum Loop in der Innenstadt. "Lokalzüge" der roten Linie nutzen ab Fullerton den Tunnel über die State Street nach Süden.

Dies ist die einzige wirkliche Expressstrecke im Netz.

Linienführungen in der Innenstadt werden auf diesem Plan recht deutlich: Plan Innenstadt Chicago

Auf anderen Linien (besonders Brown Line, wenn ich mich recht erinnere) wurde in den 80er Jahren (nur in der HVZ) "Skip-Stop-Service" als eine Art Expressangebot gefahren. Einzelne Haltestellen wurden jeweils ausgelassen, entsprechend gab es A, B und AB-Halte. AB-Halte wurden von allen Zügen bedient.
Angesichts insgesamt recht geringer Fahrzeitersparnis, steigenden Fahrgastzahlen und damit nötiger geringerer Taktfrequenzen wurde das System jedoch recht bald wieder aufgegeben. Sucht man nach "Skip-Stop-Service" im Internet ist festzustellen, dass auch andere Städte damit experimentiert haben. Allerdings wird klar, dass ein solches System nur in einem Nischensektor (abhängig von nötiger Taktfrequenz, Eigenarten der Linie, Umsteigeverbindungen entlang der Line und Streckenlänge) evtl. sinnvoll und erfolgreich sein kann.
Zitat
Marienfelde
Zitat
J. aus Hakenfelde
Zitat
Marienfelde
Frage: Kennt jemand das (ja nicht uninteressante) System in Chicago aus eigener Anschauung und kann daher etwas dazu schreiben?

Kann zwar nichts aus eigener Erfahrung beisteuern, wohl aber diesen link: [www.gleisplanweb.eu]

Oh, danke für diesen Link, darauf bin ich nicht gekommen. Die vielen Abstellanlagen wirken auf mich als recht großzügig bemessen.

Speziell zur Frage kann ich leider auch nichts beisteuern. Ich bin nicht dazugekommen, dort mit der "L" zu fahren, da meine Begleiter alle sehr autofixiert waren - stereotypische Amis eben. Aber ich kann dir die Video von CTAConnections an's Herz legen, u.A.

CTA's Ride the Rails: Red Line to 95th/Dan Ryan Real-time (2019)

Chicago Transit Authority hat dort hochauflösende Führerstandsmitfahrten ihrer Linien in beide Richtungen erstellt mit dem besonderen Clou, dass man an Umsteigebahnhöfen in das Video der jeweils anderen Linie(n) "umsteigen" kann, natürlich am gleichen Bahnhof, sprich die richtige Stelle im Video.

Im oben genannten Video wird der längte U-Bahnhof der Welt befahren, von Lake (37:15) nach Jackson (39:35) über Monroe (etwa 38:33). Es handelt sich dabei um einen mehr als 1km langen U-Bahnhof, an dem mehrfach gehalten wird. Die Haltepositionen haben die Namen der genannten "Stationen".

Aber zum Thema Express ist doch die Red Line gar nicht die idealste. Schau dir doch mal die Purple Line an:

CTA's Ride the Rails: Purple Line Real-time (2019) v1.1

Von etwa 16:07 bis etwa 29:53 wird der Expressabschnitt von Howard nach Belmont southbound befahren. Ich weiß nicht, warum im Video bei etwa 22:47 in Wilson gehalten wird, lt. Plan fahren die Züge da durch. Von etwa 1:27:08 bis etwa 1:41:41 wird der Expressabschnitt von Belmont nach Howard northbound durchfahren. Auch wird wieder in Wilson (etwa 1:34:10) gestoppt, obwohl das lt. Plan nicht vorgesehen ist.

Im gleichen Video wird übrigens auch der Loop clockwise durchfahren, etwa 49:16 bis etwa 1:05:57.
@ GruebelDuebel, Wutzkman: Vielen Dank für Eure Informationen und die Links. Angesehen habe ich mir zunächst den FFideo über die rote Linie. Auffällig fand ich die teilweise äußerst kurzen Stationsabstände, die (im älteren Streckenteil) sehr schmalen Bahnsteige und Zugänge, außerdem natürlich den nirgends "abgegitterten" U-Bahnsteig zwischen Lake und Jackson mit dem Zwischenhalt Monroe - bei uns hätten sich längst "Sicherheitsexperten" gemeldet.

Der viergleisige Abschnitt in Chicago befindet sich also ausschließlich im Hochbahnteil. Ein richtig schön vergifteter "Vorschlag" für die Berliner CDU fällt mir da natürlich ein, nämlich der einer "Elevated" vom Zoo über den Kaiserdamm und die Heerstraße nach Staaken: Wie gewünscht blieben die Straßen wie seit 1938/1966 vorwiegend in Autohand, während sich die Hochbahn insbesondere in die Charlottenburger Stadtlandschaft harmonisch einfügen würde und ihre Baukosten durch die oberirdische Führung weniger hoch wären. Im Parallelabschnitt mit der U-Bahnlinie 2 würde ich allerdings nur Sophie-Charlotte-Platz auslassen wollen - alles gute ist eben nicht beisammen.

Nein, wirklich: Ich halte meine Überlegungen für nicht dümmer als die der Berliner CDU.

Noch einen schönen Sonnabendabend wünscht Euch
Marienfelde
Ehrlich gesagt sehe ich keinen Sinn darin bei der U-Bahn einzelne Bahnhöfe zu durchfahren oder dritte und vierte Gleise an den Strecken zu errichten. Falls man sowas wie einen Expressverkehr bei der U-Bahn haben möchte, dann ginge das beispielsweise durch den Bau neuer Strecken parallel zu bestehenden Straßenbahn- oder U-Bahnstrecken mit einem größeren Haltestellenabstand. Dabei muss die Express-U-Bahn auch nicht zu 100% parallel zu den Lokalstrecken gebaut werden. Vorallem müsste man dann die Straßenbahn und Busse als Lokalverkehrsmittel beibehalten. Ist natürlich super, dass diese Idee von der CDU kommt. Ich freue mich, diese Idee bei einer zukünftigen Grün-Schwarzen-Koalition in Berlin verwirklicht zu sehen. Die U-Bahn nach Weißensee wird mir da glatt sympathisch - sie hätte dann vielleicht die Halte Rathaus Weißensee, Weißer See, Antonplatz, Ostseestraße, Greifswalder Straße, Danziger Straße, Mollstraße und Alexanderplatz. In der Innenstadt müsste diese Linie dann auch nur an den Umsteigeknoten Alex, Stadtmitte, Potsdamer Platz, Magdeburger Platz (die U4 ist schließlich wichtig und wir brauchen Möbel nicht nur aus Schweden!) und am Wittenbergplatz halten - Ku'Damm und Uhlandstr. existieren als Bahnhöfe ja bereits. Da oben Busse fahren kann man dann auch ohne Halt weiter über Adenauerplatz zum Westkreuz fahren.

Beispielsweise könnte eine Express-U9 dereinst in Pankow-Heinersdorf beginnen und dann mit wenigen Halten (nur Pankow Kirche und Wollankstr.) zur Osloer Straße fahren. Von dort aus könnte die Express-U9 dann über die Halte Wedding, Kriminalgericht Moabit direkt zum Zoo/Kurfürtstendamm (eine gemeinsame Haltestelle) führen. Dann hätte man eine kurze, schnelle Strecke... Weiter Richtung Süden müsste man dann unter der U9 eine zweite Strecke graben, man hätte dann die Halte Spichernstr., Berliner Str. sowie Bundesplatz und dann über die U10-Strecke nach Steglitz. Die U9 könnte dann Lankwitz erreichen und die Express-Linie ab Steglitz über einen Halt am Klinikum den Bahnhof Lichterfelde Ost... Zum Ausbau der Halte Berliner Str. und Bundesplatz sollte man dann die Straßenunterführungen schließen und den Platz für den U-Bahnhof nutzen ebenso sollte man bei der Gelegenheit auch die Umsteigesituation an der Spichernstr. verbessern. Alternativ kann der Express hier natürlich dann auch einfach unter der U9 durchkacheln. Berliner Str. und Bundesplatz reichen ja eigentlich vollkommen als Halte...

Kurzstrecke geht dann in der Express-U-Bahnen natürlich nicht.

So, ich meine diese Ideen nur begrenzt ernst, ich halte es für leichter und auch besser, das S-Bahnnetz in Richtung Express zu entwickeln - dort hätte man dann auch mehr Chancen auf Platz für zusätzliche Gleise.

Nebenbei nutzt es natürlich nichts, wenn man im Bus auf dem Weg zur U-Bahn weiterhin im Stau steht. Daher sollte man vielleicht auch erstmal die Straßenbahn ausbauen, die Idee mit der schnelleren U-Bahn aber im Hinterkopf behalten, wenn man denn mal nach Weißensee will oder wenn es wirklich mal eine überlastete Linie geben sollte (Überlastung heißt hier über 100% Auslastung bei mind 2min-Takt).

Gruß Nemo
---

Eine Straßenbahn ist besser als keine U-Bahn!!
"Der nächste Schritt des Senats ist es, in der Innenstadt noch dieses Jahr etliche Parkzonen mehr auszuweisen. Damit wären zum Jahresende große Teile des S-Bahnrings abgedeckt (…)."

„Wir müssen darüber reden, wie sich die Preise für das Anwohnerparken entwickeln sollen, damit wir wirklich nur noch die Autos in der Stadt haben, die unvermeidlich sind“, sagt Verkehrssenatorin Regine Günther (Grüne).

Stattdessen soll es mehr Platz für Busse und Bahnen, für Carsharing-Autos, aber auch für Radfahrer und andere Verkehrsteilnehmer geben."

Dies ist der heutigen Ausgabe der Berliner Zeitung (Seite 9, Schlagzeile in der gedruckten Ausgabe: "Parken in der Zone") zu entnehmen, hier noch ein Link zur Online-Fassung des Artikels: [www.berliner-zeitung.de]
Zum Thema Express-U-Bahnen.

Der Drops ist in Berlin seit Anbeginn gelutscht, mangels Platz.
Durch meine USA Reisen habe ich mich sehr mit dem System in New York beschäftigt. Hier hat man viele Trassen gleich beim Bau mit 3 bzw. 4 Gleisen ausgestattet.
Besonders großzügig war man beim heutigen Kleinprofilnetz, dem ehemaligen IRT Netz, der Linien 1-7. Hier sind alle Strecken mit Expressgleisen ausgestattet.
Die Stadt ist sehr schnell gewachsen also mussten auch sehr schnell leistungsfähige Lösungen her. Allerdings hatte man auch entsprechenden Platz und durch das Rasternetz der Straßen war der Bau auch einfacher.
So ist es noch heute möglich vom Norden Manhattans mit nur 4 Stops bis an die Südspitze Manhattans in nur 20 Minuten zu gelangen.
Die Subway ist auf New Yorker Stadtgebiet heute allerdings das einzige Schienenverkehrsmittel

In Berlin hat man parallel zur U-Bahn noch das Vorort- bzw. S-Bahn-System gehabt...und daran hat sich praktisch seit 100 Jahren nichts geändert.
In der Zeit des dritten Reiches sollte im Rahmen des Umbaus Berlins die gesamte Stadtbahn vom Fernbahnverkehr befreit und alle 4 Gleise für die S-Bahn genutzt werden.
Wobei ein Gleispaar für die s.g. Fern-S-Bahn im Express Betrieb vorgesehen war.
Nun hat die Geschichte die Stadt Berlin in vielerlei Hinsicht um Jahrzehnte zurückgeworfen, so dass wir heute vor enormen Herausforderungen stehen was die Bewältigung der immer weiter wachsenden Verkehrsströme angeht.

Da sind solche Ideen natürlich nachvollziehbar...aber eben heute nicht mehr umsetzbar.

--
Neues vom Ostkreuz im Ostkreuzblog
Hallo zusammen!

Absolut richtig.

Im Bezirk Pankow (ob das in anderen Bezirken abweicht, weiß ich nicht) kostet der Anwohnerparkausweis (vermutlich pro Jahr) derzeit gerade einmal 20,40 Euro. Das deckt laut offizieller Aussage lediglich die Verwaltungskosten für die Ausstellung und hat in dieser Höhe keinerlei Lenkungswirkung.

Die benötigten Parkflächen werden also nach wie vor überwiegend aus Steuermitteln bereit- und instandgehalten und gereinigt. Hinzu kommen lediglich die Parkgebühren von Kurzzeitnutzern, die bezirksweit nur einen minimalen Anteil ausmachen dürften.

Nicht wirklich einzusehen.

Viele Grüße
Manuel

Zitat
Marienfelde
„Wir müssen darüber reden, wie sich die Preise für das Anwohnerparken entwickeln sollen, damit wir wirklich nur noch die Autos in der Stadt haben, die unvermeidlich sind“, sagt Verkehrssenatorin Regine Günther (Grüne).
Zitat
manuelberlin
Im Bezirk Pankow (ob das in anderen Bezirken abweicht, weiß ich nicht) kostet der Anwohnerparkausweis (vermutlich pro Jahr) derzeit gerade einmal 20,40 Euro. Das deckt laut offizieller Aussage lediglich die Verwaltungskosten für die Ausstellung und hat in dieser Höhe keinerlei Lenkungswirkung.

20,40 Euro für zwei (!) Jahre, dies gilt berlinweit. Wobei Berlin hierbei nicht einmal den zulässigen Rahmen (30,70 Euro pro Jahr) ansatzweise ausreizt. Zufälligerweise schreibt der Tagesspiegel auch gerade über das Thema:
https://www.tagesspiegel.de/berlin/anwohnerparken-in-berlin-verkehrsverwaltung-will-hoehere-gebuehren/25387976.html

Viele Grüße
André
Hallo André,

danke! Bei den zwei Jahren war ich mir nicht mehr sicher. Ich hatte es auch so in Erinnerung, wollte aber nichts Falsches schreiben. Habe ja mein Auto schon vor Jahren abgeschafft.

Unabhängig von den offiziellen Verlautbarungen schöpft die Verwaltung nicht nur den zulässigen Rahmen nicht aus, ich würde sogar vermuten, dass die 20,40 Euro zumindest inzwischen auch die Verwaltungskosten nicht mehr decken.

Viele Grüße
Manuel

Zitat
andre_de
Zitat
manuelberlin
Im Bezirk Pankow (ob das in anderen Bezirken abweicht, weiß ich nicht) kostet der Anwohnerparkausweis (vermutlich pro Jahr) derzeit gerade einmal 20,40 Euro. Das deckt laut offizieller Aussage lediglich die Verwaltungskosten für die Ausstellung und hat in dieser Höhe keinerlei Lenkungswirkung.

20,40 Euro für zwei (!) Jahre, dies gilt berlinweit. Wobei Berlin hierbei nicht einmal den zulässigen Rahmen (30,70 Euro pro Jahr) ansatzweise ausreizt. Zufälligerweise schreibt der Tagesspiegel auch gerade über das Thema:
https://www.tagesspiegel.de/berlin/anwohnerparken-in-berlin-verkehrsverwaltung-will-hoehere-gebuehren/25387976.html

Viele Grüße
André
Zitat
Nemo
ich halte es für leichter und auch besser, das S-Bahnnetz in Richtung Express zu entwickeln - dort hätte man dann auch mehr Chancen auf Platz für zusätzliche Gleise.

@Nemo, aber wir wissen doch wirklich alle, dass unser S-Bahn-Netz aktuell an zu vielen eingleisigen Abschnitten krankt? Und dass erst in xx Jahren zusätzliches rollendes Material zur Verfügung stehen könnte? Und dass aktuell keiner wesentlich mehr Geld in die Hand nehmen möchte/kann? Und dass Priorität dann erst mal der Aufbau der zusätzlichen Gleisanlagen zu den zusätzlichen Instandsetzungswerken nach dem neuen S-Bahn-Konzept haben muss?
Ist ja alles ne schöne Märchenstunde, aber mehr als ein Traum ist das in Berlin nicht.

Mit besten Grüßen

phönix
Zitat
Stefan Metze

In der Zeit des dritten Reiches sollte im Rahmen des Umbaus Berlins die gesamte Stadtbahn vom Fernbahnverkehr befreit und alle 4 Gleise für die S-Bahn genutzt werden.
Wobei ein Gleispaar für die s.g. Fern-S-Bahn im Express Betrieb vorgesehen war.

Interessanterweise hat sich ja genau dieses Konzept mittlerweile - leicht abgewandelt - durchgesetzt. Der Fernverkehr geht überwiegend durch den Tunnel, und der dichte Regionalverkehr hat innerhalb der Stadtgrenzen schon den Charakter einer Express-S-Bahn.
Zitat
andre_de
Zitat
manuelberlin
Im Bezirk Pankow (ob das in anderen Bezirken abweicht, weiß ich nicht) kostet der Anwohnerparkausweis (vermutlich pro Jahr) derzeit gerade einmal 20,40 Euro. Das deckt laut offizieller Aussage lediglich die Verwaltungskosten für die Ausstellung und hat in dieser Höhe keinerlei Lenkungswirkung.

20,40 Euro für zwei (!) Jahre, dies gilt berlinweit. Wobei Berlin hierbei nicht einmal den zulässigen Rahmen (30,70 Euro pro Jahr) ansatzweise ausreizt. Zufälligerweise schreibt der Tagesspiegel auch gerade über das Thema:
https://www.tagesspiegel.de/berlin/anwohnerparken-in-berlin-verkehrsverwaltung-will-hoehere-gebuehren/25387976.html

Viele Grüße
André

Dabei ist der rechtliche Rahmen interessant - Parkraumbewirtschaftung darf (!) in Deutschland ausschließlich dazu dienen, eine Auslastungssteuerung zugunsten der Anwohner zu erwirken. Eine Deckung der Kosten (oder eines Teils davon) der Bereitstellung dieser Parkplätze fließt explizit nicht in die Berechnung der Gebühren ein.
Vereinfacht: die Parkscheine am Automaten sollen gerade so teuer sein, dass Anwohner stets einen Parkplatz finden. Anwohner hingegen zahlen einen symbolischen Betrag für die Vignette, der die Kosten für deren Ausstellung deckt, aber nicht mehr. Sowohl die Kosten der Errichtung und der Unterhaltung von Parkplätzen, aber auch die Kosten der Parkraumüberwachung oder gar die gesellschaftlichen Kosten, Externe Effekte oder Opportunitätskosten bleiben vollkommen unberücksichtigt.

Da erscheinen selbst die 30,70 Euro/Jahr lächerlich wenig, ebenso der Fakt, dass es unabhängig von Bedarf und realen Kosten überhaupt einen bundeseinheitlichen gesetzlichen Deckel gibt. Die 10,20 Euro, die Berlin real verlangt, sind dagegen blanker Hohn.

Vom deutschen Städtetag wird gerade eine Anhebung des Deckels auf 200,- Euro/Jahr diskutiert. Wenn das kommt und der von den Kommunen ausgeschöpft würde, dann wäre schon viel gewonnen. Damit läge die Parkgebühr für Anwohner aber immer noch deutlich unter den verursachten Kosten und würden nur einen kleinen Teil jener decken. Studien gehen nach dem Vollkostenansatz von Kosten pro Parkplatz in Höhe von 5 bis 11 Euro PRO TAG aus.
Witzigerweise ist das ungefähr der Bereich, in dem sich Innenstadtparkplätze auf dem freien Markt bewegen.
Zitat
schallundrausch
Zitat
andre_de

20,40 Euro für zwei (!) Jahre, dies gilt berlinweit. Wobei Berlin hierbei nicht einmal den zulässigen Rahmen (30,70 Euro pro Jahr) ansatzweise ausreizt. Zufälligerweise schreibt der Tagesspiegel auch gerade über das Thema:
https://www.tagesspiegel.de/berlin/anwohnerparken-in-berlin-verkehrsverwaltung-will-hoehere-gebuehren/25387976.html

Viele Grüße
André

Dabei ist der rechtliche Rahmen interessant - Parkraumbewirtschaftung darf (!) in Deutschland ausschließlich dazu dienen, eine Auslastungssteuerung zugunsten der Anwohner zu erwirken. Eine Deckung der Kosten (oder eines Teils davon) der Bereitstellung dieser Parkplätze fließt explizit nicht in die Berechnung der Gebühren ein.
Vereinfacht: die Parkscheine am Automaten sollen gerade so teuer sein, dass Anwohner stets einen Parkplatz finden. Anwohner hingegen zahlen einen symbolischen Betrag für die Vignette, der die Kosten für deren Ausstellung deckt, aber nicht mehr. Sowohl die Kosten der Errichtung und der Unterhaltung von Parkplätzen, aber auch die Kosten der Parkraumüberwachung oder gar die gesellschaftlichen Kosten, Externe Effekte oder Opportunitätskosten bleiben vollkommen unberücksichtigt.

Da erscheinen selbst die 30,70 Euro/Jahr lächerlich wenig, ebenso der Fakt, dass es unabhängig von Bedarf und realen Kosten überhaupt einen bundeseinheitlichen gesetzlichen Deckel gibt. Die 10,20 Euro, die Berlin real verlangt, sind dagegen blanker Hohn.

Vom deutschen Städtetag wird gerade eine Anhebung des Deckels auf 200,- Euro/Jahr diskutiert. Wenn das kommt und der von den Kommunen ausgeschöpft würde, dann wäre schon viel gewonnen. Damit läge die Parkgebühr für Anwohner aber immer noch deutlich unter den verursachten Kosten und würden nur einen kleinen Teil jener decken. Studien gehen nach dem Vollkostenansatz von Kosten pro Parkplatz in Höhe von 5 bis 11 Euro PRO TAG aus.
Witzigerweise ist das ungefähr der Bereich, in dem sich Innenstadtparkplätze auf dem freien Markt bewegen.

Ja, die auf 10,20 € abgerundeten 20 DM pro Jahr für die Vignette sind natürlich ein Lacher. Mit den Einnahmen aus der Parkraumbewirtschaftung können lediglich die laufenden Bewirtschaftungskosten (Überwachungspersonal, Parkscheinautomaten, ...) gedeckt werden; außerdem entstehen relativ kleine Überschüsse.

Die Ausweitung der Parkraumbewirtschaftung wird den Druck in Richtung ÖV im Tarifgebiet A weiter erhöhen, weil "normale Autopendler/innen" nicht zur Zahlung der ansonsten anfallenden Parkgebühren bereit sein werden.

Dies bereitet mir deswegen Sorgen, weil die weitere Aufnahmefähigkeit des ÖV insbesondere in diesem Tarifgebiet (A) im Moment sehr begrenzt ist. Im Jahr 2021 wird die Ringbahn nicht mit Vollzügen bedient werden, evtl. nötige Verdichtungen auf der Stadtbahn sind wegen fehlender Züge ausgeschlossen, ebenso evtl. Zugverlängerungen auf den Nordsüdstrecken der Berliner S-Bahn.

Taktverdichtungen bei der U-Bahn sind wegen des (jedenfalls im Großprofil) weiter fehlenden neuen Rollmaterials auch unrealistisch - hier wäre b.a.w. eine eher gegenteilige Entwicklung (weitere Reduzierungen) zu befürchten.

Der Ausbau der Straßenbahn kommt auch nicht schnell genug voran: Die Neuauslegung der Planunterlagen für die Moabiter Strecke wegen des nunmehr geplanten 5-Minutentaktes hat fast zwei Jahre "gekostet" - ohne diesen nach meiner Überzeugung vermeidbaren Planungsfehler wäre die Strecke womöglich vor drei Wochen in Betrieb gegangen und könnte zumindest für einen Teil der durch die Parkraumbewirtschaftung in Moabit erforderlichen Mehrkapazitäten im ÖV sorgen.

Wann die "neue" Straßenbahnstrecke in SO 36 und im Neuköllner Norden zum Hermannplatz zur Verfügung steht, ist im Moment noch nicht absehbar.

Kurz: Wenn man die Ausweitung der Parkraumbewirtschaftung zeitlich noch ein wenig weiter nach vorn "schieben" würde - bis man neuen "ÖV-Pendler/innen" mit mehr S- und U-Bahnen und jedenfalls der Tramstrecke in der Turmstraße begegnen könnte - wäre mir wohler.

Noch kurz etwas zu einer "zweiten oder (nach den Betriebskosten) dritten Miete" (11 € pro Tag; abgerundet 300 € monatlich): Die üblichen "Marktschreier/innen" (Leute, die ansonsten "alles" marktwirtschaftlich regeln wollen) sind hier ja nicht ganz so laut zu vernehmen. Allerdings wären solche Bewohnerparkgebühren durchaus sozialpolitischer Sprengstoff.

Ich spitze mal zu: Die wirklich reichen Leute mit Garagen auf dem eigenen Grundstück in Dahlem, Westend oder vielleicht auch im Berliner Südosten wären natürlich nicht betroffen, wohl aber z.B. Angehörige der Mittelschicht mit kleinem Betrieb (und zwingend erforderlichem Kfz) in Innenstadtlagen.

Bei einer "zweiten (bzw. dritten) Miete" für das Bewohnerparken würde ich eine Verstärkung der ja ohnehin stattfindenden Segregationsprozesse in den betreffenden Innenstadtlagen befürchten. Es muß einen Weg dazwischen (zwischen den lächerlichen abgerundeten 20 DM für die Vignette und 3.600 € p.a. für einen Stellplatz in einer Parkraumbewirtschaftungszone) geben,

meint Marienfelde.



2 mal bearbeitet. Zuletzt am 05.01.2020 07:52 von Marienfelde.
Ich glaube du überschätzt die Wirkung der Parkraumbewirtschaftung auf den Pendlerverkehr. Da wird sich nicht viel verschieben. Die Effekte dürften viel mehr im Freizeitverkehr eintreten und da bietet der ÖPNV vielerorts Kapazitätsreserven.

--- Signatur ---
Bitte beachten Sie beim Aussteigen die Lücke zwischen Bus und Bordsteinkante!
Zitat
Marienfelde
Noch kurz etwas zu einer "zweiten oder (nach den Betriebskosten) dritten Miete" (11 € pro Tag; abgerundet 300 € monatlich): Die üblichen "Marktschreier/innen" (Leute, die ansonsten "alles" marktwirtschaftlich regeln wollen) sind hier ja nicht ganz so laut zu vernehmen. Allerdings wären solche Bewohnerparkgebühren durchaus sozialpolitischer Sprengstoff.

Guter Aspekt, ich wollte auch gerade was ähnliches schreiben. Die (auf den ersten Blick naheliegende) Idee, Dinge ausschließlich über den Preis zu regeln, ist grundsätzlich asozial.

Viele Grüße
André
So lange wie Anwohnerparken günstiger ist als ein Platz in den vorhandenen und teilweise leerstehenden Tiefgaragen ist, wird sich da nicht viel zum ÖPNV hin verschieben.
So werben viele Häuser entlang der Kleiststr und Bülowstr mit Tiefgaragenplätzen. Diese liegen monatlich (zwischen 35€ bis 70€) höher als die geplante Erhöhung des Anwohnerparkens auf 200€ jährlich (ca 17€ monatlich). Selbst wenn sich diese beiden Werte annähern werden die Anwohner auf Tiefgaragenplätze ausweichen.
Immerhin hat die Parkraumbewirtschaftung dafür gesorgt, dass es in der Bülowstr jetzt tagsüber freie Parkplätze unter dem U Bahnviadukt gibt. Weit mehr als die Hälfte der Parkplätze bleibt seit dem leer. Hier hat man recht schön gesehen, dass viele Berufstätige der City West ihr Auto tagsüber rund um den Nollendorfplatz kostenlos abgestellt hatten.
Anwohner hat es dagegen überhaupt nicht bewegt das Auto abzuschaffen. Für 85 Cent pro Monat Anwohnerparken bekommt man halt keine Monatskarte. Und in der Tiefgarage kommt das Auto auch nicht so günstig.
Was wäre wenn man das noch schaffen würde? Der Bereich unter dem Viadukt könnte dann als Parkraum abgeschafft werden. Es bleiben ja immer noch die Parkplätze am Straßenrand.
Zitat
Marienfelde
Ich spitze mal zu: Die wirklich reichen Leute mit Garagen auf dem eigenen Grundstück in Dahlem, Westend oder vielleicht auch im Berliner Südosten wären natürlich nicht betroffen, wohl aber z.B. Angehörige der Mittelschicht mit kleinem Betrieb (und zwingend erforderlichem Kfz) in Innenstadtlagen.

Der Berliner Südosten ist ohnehin nicht betroffen, da hier eine Parkraumbewirtschaftung einst per Volksentscheid verhindert worden ist.


Das Gegenteil von pünktlich ist kariert.
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