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Sammelthread: Verkehrspolitik in Berlin
geschrieben von Arnd Hellinger 
Zitat
schallundrausch

Das "schnell" in RSV steht für zügiges vorankommen, nicht notwendigerweise für hohe Maximalgeschwindigkeit. RSV sollen keine Trainigsrouten für Rennradfahrer sein. Darauf spielt auch das Statement von Streese an, wenn er sagt, "wir wollen keine rasenden Radfahrer."
(Wobei hier anzumerken ist, wie absurd groß hier der Bias in der Betrachtung von Geschwindigkeiten ist: ein Radfahrer "rast" mit 30 km/h, während dieselbe Geschwindigkeit bei Autofahrern als Schneckentempo und Gängelung empfunden wird.)

RSV dienen auch nicht vorrangig dem Freizeitverkehr, der Erholung, oder den Fernradreisenden. Sie sollen im Gegenteil ein Angebot an Alltagsradfaher sein, um schnell von A nach B zu kommen. Besonderes Augenmerk liegt auf Berufspendler.

Ja, aber wie ist das Stement einzuordnen. Wird sich das infrastrukturell niederschlagen? Werden Rennradfahrer gebeten anderswo zu fahren? Was ist der Sinn dieses Statements?

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Das Gegenteil von ausbauen ist ausbauen.
Zitat
Logital an schallundrausch
Ja, aber wie ist das Stement einzuordnen. Wird sich das infrastrukturell niederschlagen? Werden Rennradfahrer gebeten anderswo zu fahren? Was ist der Sinn dieses Statements?

Ich interpretiere es mal (auja, ist ja wie im Deutschunterricht hier :)). Man sollte Arians Beitrag als Antwort auf Ruhlebener lesen, der für die Radschnellwege dauernde Konflikte zwischen Rennradlern und gemütlich nebeneinander herradelnden an die Wand gemalt hat - und damit den Radverkehr nebenbei auf seine Freizeitfunktion reduziert hat.

Deshalb ist der Hinweis, dass diese Radschnellwege eben auch alltäglichen Wegen, insbesondere Arbeitswegen dienen, wichtig. Rennradfahrer dürfen sie selbstverständlich auch benutzen - aber sie müssen eben damit leben, dass ihre Belange da nicht im Vordergrund stehen. Auch für die ersten Fahrversuche von Vierjährigen wäre dann vielleicht ein Spielplatz der bessere Ort. Man fährt ja auch mit dem Auto nicht in der ersten Fahrstunde auf die Autobahn.

Ich bin mir aber nicht sicher, ob das viele Radrennfahrer verstehen: bei diversen Ausflügen mit dem Rad auf die Wiener Donauinsel habe ich auch kopfschüttelnd auf viele Rennradmachos geschaut, die unbedingt an einem schönen Frühlings- oder Sommersonntag ausgerechnet an einem der beliebtesten Draußen-Aufenthaltsorte der Stadt (mit starkem Rad- und Fußverkehr, Grillenden, Kindern, die über den Weg rennen) unbedingt ihre persönlichen Rekorde brechen wollten. (Einmal habe ich sogar wegen eines solchen Idioten eine Beinahe-Massenkarambolage auf einer engen, aber stark befahrenen Brückenrampe erlebt.) Dabei könnte man seine Geschwindigkeitsrekorde völlig problemlos auf dem weniger stark befahrenen Donauradweg brechen, sowohl Richtung Bratislava als auch Richtung Tulln. Aber da würden auch weniger sehen, was für ein toller Hecht man ist.

Es hat mich zu der etwas gewagten These geführt, dass im Auto- und Radverkehr die gleiche Regel gilt: je teurer das Fahrzeug (relativ gesehen, nicht Auto gegen Fahrrad), desto höher die Wahrscheinlichkeit, dass es ein Idiot fährt. (Wobei man fairerweise auch sagen muss: diejenigen, die tatsächlich Richtung Tulln oder Bratislava unterwegs sind, nehme ich ja auf der Donauinsel nicht wahr.)

Kurz: die Radschnellwege können natürlich gern von Rennradfahrern genutzt werden, um zu den Strecken zu gelangen, wo sie dann aufdrehen können. Bis dahin müssen sie halt bei Bedarf zurückstecken - sie können schnell fahren, dürfen es aber nicht durchsetzen, und erst recht nicht sich und andere gefährden (das gilt natürlich immer).

Und was das infrastrukturell heißt? Wie Arian schon schrieb: drei Meter Breite für Einrichtungsradwege, mindestens vier Meter für Zweirichtungsradwege. Dann sind übrigens Werte, die beim Pkw-Verkehr selbst in den meisten Nebenstraßen erreicht werden. Da dürfte man es doch im Radverkehr wohl schaffen, wenigstens ganze neun Schnellwege stadtweit entsprechend auszubauen.

Überholen sollte m.E. aber nicht nur auf den paar Radschnellwegen, sondern überall möglich sein - was ein weiteres Argument dagegen ist, Radwege zwischen Fußweg und Stellplätzen zu verstecken. Denn wenn auf der Straße ein Radfahrstreifen markiert ist, kann man wenigsten Überholen, wenn keine Autos kommen.



2 mal bearbeitet. Zuletzt am 30.06.2020 09:37 von def.
Zitat
def
Überholen sollte m.E. aber nicht nur auf den paar Radschnellwegen, sondern überall möglich sein - was ein weiteres Argument dagegen ist, Radwege zwischen Fußweg und Stellplätzen zu verstecken. Denn wenn auf der Straße ein Radfahrstreifen markiert ist, kann man wenigsten Überholen, wenn keine Autos kommen.

Langsamfahrenden sollte aber auch bewußt sein, daß andere schneller unterwegs sind und ein Überholen ermöglichen. Das ist häufig nicht der Fall: Oft wird zu zweit nebeneinanderher getrödelt oder die ganze Radwegbreite für sich alleine beansprucht und dabei gerade so schnell gefahren, daß das Fahrrad nicht umkippt. Ich frage mich dann jedesmal, mit welcher Übersetzung solche Personen fahren und bin fasziniert, wie sie trotz halber Schrittgeschwindigkeit kräftig in die Pedale treten, während ich einfach nur durch Ausrollen näher komme und ohne weitere Pedalbenutzung überholen könnte.


Das Gegenteil von pünktlich ist kariert.
Die Kritik muss mE weiter gehen: Eine der Hauptkritiken am MIV ist ja aber gerade auch die Denke vom höher-schneller-weiter: Alle langsameren haben Platz zu machen. Das wird inhaltlich nicht besser, wenn es nun von Radrasern kommt - denn es ist eben keine Änderung in der Denkweise.
Ein Denken von der_m schwächsten Teilnehmer*in her muss anders aussehen (und heißt im Zweifel auch mal hinterherfahren) - so lange Radverkehrspolitik aber mehrheitlich aus dieser Richtung heraus gemacht wird, erwarte ich da leider nicht zu viel Veränderung.
Zitat
eiterfugel
Eine der Hauptkritiken am MIV ist ja aber gerade auch die Denke vom höher-schneller-weiter: Alle langsameren haben Platz zu machen. Das wird inhaltlich nicht besser, wenn es nun von Radrasern kommt - denn es ist eben keine Änderung in der Denkweise.

Um mal eines richtigzustellen: Mit einer Durchschnittsgeschwindigkeit von etwa 16 km/h, eher noch darunter, bin ich wohl alles andere, als ein "Radraser".
Und es bräuchte auch niemand Platz machen, wenn jeder nur den Platz für sich beansprucht, den er benötigt, ausreichend breite Wege natürlich vorausgesetzt. Den Grundsatz des Rechtsfahrgebots, der durchaus auch für Fußgänger und Radfahrer gilt, kennen offenbar nur noch die wenigsten.


Das Gegenteil von pünktlich ist kariert.
Wenn man euch so zuhört, scheint das Hauptproblem der Verkehrspolitik in Berlin noch immer das Fahrrad zu sein und nicht die U-Bahn. Ich bin beruhigt.
Zitat
Alter Köpenicker
Den Grundsatz des Rechtsfahrgebots, der durchaus auch für Fußgänger und Radfahrer gilt, kennen offenbar nur noch die wenigsten.

Das dürfte nur bei der überschaubaren Gruppe an Zeitgenossen (meist in der Adoleszenzphase) umsetzbar sein, die Schuhe mit Hackenrollen tragen.

Viele Grüße
Florian Schulz

--
Das Gegenteil von umfahren ist umfahren.
Zitat
eiterfugel
Die Kritik muss mE weiter gehen: Eine der Hauptkritiken am MIV ist ja aber gerade auch die Denke vom höher-schneller-weiter: Alle langsameren haben Platz zu machen. Das wird inhaltlich nicht besser, wenn es nun von Radrasern kommt - denn es ist eben keine Änderung in der Denkweise.
Ein Denken von der_m schwächsten Teilnehmer*in her muss anders aussehen (und heißt im Zweifel auch mal hinterherfahren) - so lange Radverkehrspolitik aber mehrheitlich aus dieser Richtung heraus gemacht wird, erwarte ich da leider nicht zu viel Veränderung.

Wenn Dir der Vorrang des Langsamen so am Herzen liegt, dann setze Dich doch für eine flächendeckende Senkung der KfZ-Geschwindigkeit und einen Vorrang für Fußgänger auf Fahrbahnen ein.

"Ein Denken von der_m schwächsten Teilnehmer*in her muss anders aussehen " - es muss ganz bestimmt nicht zuerst bei "Radrasern" ansetzen, sondern bei Kfz, die a) schneller sind und b) wegen Platz und Masse auch andere stärker gefährden.

Wenn man dabei konsequent wäre, käme man auf Schritttempo, das würde dann natürlich auch die Radfahrer betreffen.

Aber einen Radfahrer, der nicht schneller fährt als es Kfz erlaubt ist, als "Radraser" zu titulieren, halte ich nicht nur für unsachliche Polemik sondern einfach nur für abstrus.



1 mal bearbeitet. Zuletzt am 30.06.2020 14:39 von Global Fisch.
Zitat
Florian Schulz
Zitat
Alter Köpenicker
Den Grundsatz des Rechtsfahrgebots, der durchaus auch für Fußgänger und Radfahrer gilt, kennen offenbar nur noch die wenigsten.

Das dürfte nur bei der überschaubaren Gruppe an Zeitgenossen (meist in der Adoleszenzphase) umsetzbar sein, die Schuhe mit Hackenrollen tragen.

Gibts für Rollkoffer eigentlich ein Rechtsfahrgebot?
(Und nebenbei, ähnlich wie bei Motorrädern, ein Verbot lärmmäßig hochgetunter Maschinen?)
Zitat
Global Fisch
Zitat
eiterfugel
Die Kritik muss mE weiter gehen: Eine der Hauptkritiken am MIV ist ja aber gerade auch die Denke vom höher-schneller-weiter: Alle langsameren haben Platz zu machen. Das wird inhaltlich nicht besser, wenn es nun von Radrasern kommt - denn es ist eben keine Änderung in der Denkweise.
Ein Denken von der_m schwächsten Teilnehmer*in her muss anders aussehen (und heißt im Zweifel auch mal hinterherfahren) - so lange Radverkehrspolitik aber mehrheitlich aus dieser Richtung heraus gemacht wird, erwarte ich da leider nicht zu viel Veränderung.

Wenn Dir der Vorrang des Langsamen so am Herzen liegt, dann setze Dich doch für eine flächendeckende Senkung der KfZ-Geschwindigkeit und einen Vorrang für Fußgänger auf Fahrbahnen ein.

"Ein Denken von der_m schwächsten Teilnehmer*in her muss anders aussehen " - es muss ganz bestimmt nicht zuerst bei "Radrasern" ansetzen, sondern bei Kfz, die a) schneller sind und b) wegen Platz und Masse auch andere stärker gefährden.

Wenn man dabei konsequent wäre, käme man auf Schritttempo, das würde dann natürlich auch die Radfahrer betreffen.

Aber einen Radfahrer, der nicht schneller fährt als es Kfz erlaubt ist, als "Radraser" zu titulieren, halte ich nicht nur für unsachliche Polemik sondern einfach nur für abstrus.

Prinzipiell gebe ich eiterfugel insofern Recht, als dass wir aufpassen müssen, dieses Schneller-Höher-weiter-Denken auf Kosten des Stadtlebens nicht 1:1 vom Auto- auf den Radverkehr zu übertragen. Allerdings sind wir davon doch weit entfernt (und da bin ich wieder bei Dir): letztlich geht es darum, Standards, die in den meisten Nebenstraßen gelten, wenigstens auf Hauptrouten aufs Rad zu übertragen (v.a. hinsichtlich Fahrbahnbreite und Geschwindigkeit). Und dass der Radverkehr letztlich doch weitaus stadtverträglicher ist als der MIV, sollte man bei dem Vergleich auch nicht vergessen.

Vor allem sollte man anfangen, Radwege auf Hauptrouten aus Sicht Radfahrender und nicht aus Sicht Autofahrender zu planen. Sprich: es sollte nicht darum gehen, unter dem Deckmänteclhen des Umweltschutzes die Radfahrenden auf Umwege darstellende Nebenstraßen oder in beliebte Parks abzuschieben (dann kommen solche Fahrradstraßenparodien raus wie in Biesdorf-Süd), sondern den Radfahrenden attraktive Verbindungen anbieten: mit Platz zum Überholen, möglichst flach, auf möglichst direktem Weg. (Das heißt im Umkehrschluss nicht, dass die Hauptradouten prinzipiell nicht durch Parks und Nebenstraßen geführt werden sollten - aber eben nur, wenn es einen Vorteil darstellt; und ohne insbesondere bei Parks deren Erholungsfunktion zu stören.)
Für @def bauen wir eine extra Fahrradstadt, keine Autos, keine Fußgänger und ja keine U-Bahnen.
Zitat
Global Fisch
Gibts für Rollkoffer eigentlich ein Rechtsfahrgebot?

Wenn man sich drauf setzt und der Rollkoffer dadurch zum Fahrzeug wird, dann auf alle Fälle ;)
Hmmm. Was ich überlege. Ob man vielleicht zwei Kategorien von Radlern Verkehrstechnisch einführen könnte.

Kategorie 1: Fahrräder, die sich nach Fußgängerregeln verhalten und beachtet werden. Für alle, die sich nicht trauen auf der Straße zu fahren. Es darf quasi in alle Richtungen gefahren werden. Allerdings müsste dann aber eine strenge Geschwindigkeitsbegrenzung von z.B. 10 oder 15 km/h gelten.

Kategorie 2: Fahrräder, die wie jedes Fahrzeug auf der Fahrbahn fahren. Die dürfen 30/50/80 km/h fahren, je nach Verkehrsschild, haben je nach Straße ihre eigenen Fahrradspuren, die an Kreuzungen aber links der Rechtsabbieger verlaufen und generell muss sich an Kreuzungen aber entsprechend eingeordnet werden. Das erscheint mir auch heute schon als die sicherste Art Fahrrad zu fahren.


In wie weit man Kategorie 1 und 2 trennen soll, weiß ich nicht. Vielleicht erhalten Kategorie 2 Fahrräder ein Nummernschild. Oder jede/r darf mit jedem Fajrrad zwischen den Kategorien hin- und herwechseln. Also es gibt da viele Ungereimtheiten.


Nur als Denkanstoß, da sich die einen nicht trauen auf der Straße zu fahren, und wenn dann sich lieber ganz am Rand quetschen, wo sie von Rechtsabbiegern z.B. gerne übersehen werden und die anderen mit einem innerstädtischen Verkehrstempo von 20-30 km/h voran kommen wollen und sowas schwer in der Nähe von parkenden Autos, an Wartehäuschen von Haltestellen etc. funktioniert.



@Heidekraut: Hä? Verstehe ich nicht.



1 mal bearbeitet. Zuletzt am 30.06.2020 16:00 von PassusDuriusculus.
@PassusDuriusculus: nein, bitte nicht. Das wäre eine Zumutung für Zu-Fuß-Gehende und außerdem schwer voneinander abzutrennen. Das Ziel muss vielmehr sein, dass sich jede/r Radfahrende auf der Fahrbahn sicher fühlt. Sonst haben wir den gleichen Mist wie die letzten 70 Jahre: der MIV nimmt sich den Raum, den er braucht, und alle anderen dürfen um den Rest kämpfen.

Außerdem dürfte dadurch seitens der Autofahrenden eine Erwartungshaltung gefördert werden, derzufolge Radfahrende grundsätzlich auf den Bürgersteig ausweichen und entsprechend langsam fahren sollen. Viele Autofahrende sind ja schon mit nicht benutzungspflichtigen Radwegen überfordert.



1 mal bearbeitet. Zuletzt am 30.06.2020 16:25 von def.
Zitat
def
Zitat
Global Fisch
Wenn Dir der Vorrang des Langsamen so am Herzen liegt, dann setze Dich doch für eine flächendeckende Senkung der KfZ-Geschwindigkeit und einen Vorrang für Fußgänger auf Fahrbahnen ein.

"Ein Denken von der_m schwächsten Teilnehmer*in her muss anders aussehen " - es muss ganz bestimmt nicht zuerst bei "Radrasern" ansetzen, sondern bei Kfz, die a) schneller sind und b) wegen Platz und Masse auch andere stärker gefährden.

Wenn man dabei konsequent wäre, käme man auf Schritttempo, das würde dann natürlich auch die Radfahrer betreffen.

Aber einen Radfahrer, der nicht schneller fährt als es Kfz erlaubt ist, als "Radraser" zu titulieren, halte ich nicht nur für unsachliche Polemik sondern einfach nur für abstrus.

Prinzipiell gebe ich eiterfugel insofern Recht, als dass wir aufpassen müssen, dieses Schneller-Höher-weiter-Denken auf Kosten des Stadtlebens nicht 1:1 vom Auto- auf den Radverkehr zu übertragen.

Wir sind jasehr ähnlicher Meinung; aber hier gehe ich schon im Ansatz nicht mit. Wie gesagt: wenn der Kfz-Verkehr flächendeckend (auch auf Hauptstraßen) mit einer Maximalgeschwindigkeit von deutlich unter 30 km/h geführt wird, können wir drüber nachdenken. Aber nicht vorher. (Und derzeit ist das nicht in Sicht und wird von keiner größeren Gruppe gefordert).

Ähnlich abstrus fand ich Stimmen (hört man heute seltener, aber waren vor 15-20 Jahren auch in grünen Kreisen vernehmlich), man solle doch den ÖPNV nicht ausbauen, Verkehrsvermeidung wäre wichtiger. Stimmt ja auch im Kern. Taugt aber als Entscheidungshilfe für aktuelle Probleme nicht, solange der Modal Split im deutschen Verkehr mehrheitlich beim MIV liegt. Die im Kern sinnvollen Ziele (weniger schneller höher-weiter, Verkehrsvermeidung) sind in dieser Situation nichts mehr als ein Vorwand.

Übrigens bin ich dezidiert für eine schneller-weiter-Infrastruktur fürs Fahrrad! Die Leute sollen schneller vorankommen als jetzt und weiter (auf längeren Strecken als jetzt) auf bequemer und sicherer Infrastruktur fahren können.

Wie schallundrausch schon weiter oben sagte, wird "schnell" dabei weniger durch die Höchstgeschwindigkeit als vielmehr durch das Fehlen von zeitlichen Hindernissen bestimmt.

Zitat

Vor allem sollte man anfangen, Radwege auf Hauptrouten aus Sicht Radfahrender und nicht aus Sicht Autofahrender zu planen. Sprich: es sollte nicht darum gehen, unter dem Deckmänteclhen des Umweltschutzes die Radfahrenden auf Umwege darstellende Nebenstraßen oder in beliebte Parks abzuschieben (dann kommen solche Fahrradstraßenparodien raus wie in Biesdorf-Süd), sondern den Radfahrenden attraktive Verbindungen anbieten: mit Platz zum Überholen, möglichst flach, auf möglichst direktem Weg. (Das heißt im Umkehrschluss nicht, dass die Hauptradouten prinzipiell nicht durch Parks und Nebenstraßen geführt werden sollten - aber eben nur, wenn es einen Vorteil darstellt; und ohne insbesondere bei Parks deren Erholungsfunktion zu stören.)

Genau. Und ohne die abstrusen Zwänge, Hauptstraßen, die in gleiche Richtung führen, unnötig kreuzen zu müssen.
Einen ganz interessanten Artikel habe ich beim Tagespiegel gefunden:

1888 Parkplätze, 0 Sitzbänke: So werden Autofahrer bevorzugt.

Weniger als 20% aller Prenzlauer-Berger sollen ein Auto besitzen (gibt's dazu irgendwo eine zugängliche Quelle?), während trotzdem über 50% der Flächen für (mehr oder weniger) fließenden und ruhenden Pkw-Verkehr reserviert sind.
Zitat
Latschenkiefer
Weniger als 20% aller Prenzlauer-Berger sollen ein Auto besitzen (gibt's dazu irgendwo eine zugängliche Quelle?)...

Ja, die Zusammenstellung "Mobilität der Stadt - Berliner Verkehr in Zahlen 2017" gibt in einem Plan auf Seite 20 diesen Wert an: [www.berlin.de]
Zitat
Latschenkiefer
Einen ganz interessanten Artikel habe ich beim Tagespiegel gefunden:

1888 Parkplätze, 0 Sitzbänke: So werden Autofahrer bevorzugt.

Weniger als 20% aller Prenzlauer-Berger sollen ein Auto besitzen (gibt's dazu irgendwo eine zugängliche Quelle?), während trotzdem über 50% der Flächen für (mehr oder weniger) fließenden und ruhenden Pkw-Verkehr reserviert sind.

Ein kurzer und dennoch lehrreicher Artikel. Deutlich wird auch der enorme Flächenverbrauch des "ruhenden (Auto-) Verkehrs". Am wichtigsten erscheinen mir aber die Diskussionsprozesse mit den Anwohner/innen, von denen "viele die bisherige Raumnutzung nicht hinterfragen“, obwohl die Mehrheit gar nicht über einen eigenen PKW verfügt.

Es werden aber auch Handlungsperspektiven deutlich: Wenn man die Anzahl der Parkplätze in diesem Kiez zum Beispiel von 1.888 um 2% (!) auf 1.850 reduziert, kann man auf den so für andere Nutzungen gewonnenen Flächen kleine Akzente mit vielleicht 12 Sitzbänken sowie Fahrradstellplätzen setzen, wobei die "Autofraktion" damit wahrlich nicht überfordert wäre.

Noch ein Gedanke zum Oberflächenverkehr: Die Lage einer Bushaltestelle ist immer auch eine verkehrspolitische Aussage, welchen Stellenwert man dem Bus einräumt: Liegt die Haltestelle dort, wo sie Autofahrer/innen am wenigsten stört - oder dort, wo sie aus Fahrgastsicht den größten Nutzen hat?

Solche "Kleinigkeiten" sind nicht so unwichtig, wie die Mehrheit glaubt,
meint Marienfelde.
Jedem Menschen steht es zu, sich einen Tunnelblick zuzulegen. Die Straßen in Wohngebieten sind eben kein Privileg der Autofahrer. Sie dienen auch der Müllabfuhr, der Feuerwehr und anderen Einsatzfahrzeugen. Handwerker, Lieferfahrzeuge, Umzugswagen die nicht immer klein sind. Das kann beliebig fortgeführt werden. Jeder, der plötzlich vor der Haustür einen Fahrradbügel vorfindet und dann eher länger im Kreis fahren muß, bis er endlich sein Auto irgendwo abstellen kann, ist auch nicht gut für die Umwelt. Und nicht jeder fährt einen "stinkenden, lauten dreckmachenden SUV". Diese Vorstellung stammt noch aus früheren Zeiten und hat sich bei manchen tief eingebrannt. Selbst wenn sich die Elektromobilität weiter ausbreiten sollte, diese Fahrzeuge kann man auch nicht irgendwo hochkant an die Wand stellen.
Aus meiner Sicht muß es hier Konsens geben und jede politische Kraft ist gut beraten, eben keinen Krieg gegen die Hälfte der Bewohner einer Stadt zu führen. Früher oder später gibts dafür die Rechnung. Die Stadt ist für alle da.
Noch ein Satz am Ende: in der deutschen Sprache umfaßt die grammatikalische Mehrzahl alle Geschlechter, sächlich, weiblich und männlich (Hach, ich hab die Reihenfolge extra umgedreht). Die vielen *,. ,/ innen haben aus meiner Sicht nur den Zweck viel zu reden und dabei wenig zu sagen. Zeit ist zu kostbar für soetwas.
So halte ich mich denn lieber an Dieter Hallervorden: Auf Wiederinnen und Wiedersehen!

Gruß O-37
Zitat
O-37
Jedem Menschen steht es zu, sich einen Tunnelblick zuzulegen. Die Straßen in Wohngebieten sind eben kein Privileg der Autofahrer. Sie dienen auch der Müllabfuhr, der Feuerwehr und anderen Einsatzfahrzeugen. Handwerker, Lieferfahrzeuge, Umzugswagen die nicht immer klein sind. Das kann beliebig fortgeführt werden.

Wie immer die paar Prozent notwendigen Autoverkehrs bemüht werden, um die Bequemlichkeit der anderen 95 % zu rechtfertigen, ist lächerlich.

Zitat
O-37
Jeder, der plötzlich vor der Haustür einen Fahrradbügel vorfindet und dann eher länger im Kreis fahren muß, bis er endlich sein Auto irgendwo abstellen kann, ist auch nicht gut für die Umwelt.

Wenn er es gar nicht mehr versucht oder sich überlegt, ob er seinen Platz aufgibt, um zum Bäcker zu fahren, wird aber weniger gefahren.

Zitat
O-37
Aus meiner Sicht muß es hier Konsens geben und jede politische Kraft ist gut beraten, eben keinen Krieg gegen die Hälfte der Bewohner einer Stadt zu führen. Früher oder später gibts dafür die Rechnung. Die Stadt ist für alle da.

Nur warum beansprucht dann das Verkehrsmittel, mit dem ein Drittel aller Wege zurückgelegt werden, zwei Drittel der Verkehrsfläche für sich?
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