Willkommen! Einloggen Ein neues Profil erzeugen

erweitert
Sammelthread: Verkehrspolitik in Berlin
geschrieben von Arnd Hellinger 
Zitat
Alter Köpenicker
Zitat
Marienfelde
Ich spitze mal zu: Die wirklich reichen Leute mit Garagen auf dem eigenen Grundstück in Dahlem, Westend oder vielleicht auch im Berliner Südosten wären natürlich nicht betroffen, wohl aber z.B. Angehörige der Mittelschicht mit kleinem Betrieb (und zwingend erforderlichem Kfz) in Innenstadtlagen.

Der Berliner Südosten ist ohnehin nicht betroffen, da hier eine Parkraumbewirtschaftung einst per Volksentscheid verhindert worden ist.

Der Volksentscheid hat keine Relevanz mehr und ein kleines Stück vom Kuchen bekommt der Südostbezirk Treptow-Köpenick ja auch ab. Charlottenburg hat damals ebenfalls gegen die Parkraumbewirtschaftung gestimmt und bekommt sie nun trotzdem.

Sinnvoll wäre sie auch in Köpenick im Gebiet Altstadt/Alte Försterei/Bahnhof und in Friedrichshagen.

--- Signatur ---
Bitte beachten Sie beim Aussteigen die Lücke zwischen Bus und Bordsteinkante!
Zitat
andre_de
Zitat
Marienfelde
Noch kurz etwas zu einer "zweiten oder (nach den Betriebskosten) dritten Miete" (11 € pro Tag; abgerundet 300 € monatlich): Die üblichen "Marktschreier/innen" (Leute, die ansonsten "alles" marktwirtschaftlich regeln wollen) sind hier ja nicht ganz so laut zu vernehmen. Allerdings wären solche Bewohnerparkgebühren durchaus sozialpolitischer Sprengstoff.

Guter Aspekt, ich wollte auch gerade was ähnliches schreiben. Die (auf den ersten Blick naheliegende) Idee, Dinge ausschließlich über den Preis zu regeln, ist grundsätzlich asozial.

Einerseits - ja. Andererseits möchte ich zu bedenken geben, dass es sich letztlich um öffentlichen Raum handelt. Worauf begründet sich eigentlich der Anspruch, diesen entweder kostenlos oder zu einem lächerlich niedrigen Preis für sein Privateigentum in Anspruch zu nehmen? Wenn mein Sofa für die Wohnung zu groß ist, habe ich weder den Anspruch, dass mir eine größere Wohnung zum gleichen Preis zur Verfügung gestellt wird, noch darf ich mein Sofa einfach so auf die Straße stellen.

Man sollte nicht vergessen: gerade in der Innenstadt ist das Auto letztlich in den allermeisten Fällen ein Luxusgut. Und ist es nicht ebenso ungerecht, dass dieses Luxusgut durch alle - auch durch diejenigen, die sich kein Auto leisten können - gefördert wird?

Letztlich gilt doch: Wer sich ein Auto leisten kann, darbt nicht. Wer es sich in einer Gegend mit dichtem ÖPNV und kurzen Wegen zu Einkaufsmöglichkeiten leistet, erst recht nicht. Und für diejenigen, die das Auto TATSÄCHLICH beruflich brauchen, sollten sich steuerliche Abschreibungsmöglichkeiten für Parkgebühren finden. Meinetwegen auch für Härtefälle, z.B. alleinerziehende Elternteile.



2 mal bearbeitet. Zuletzt am 05.01.2020 14:14 von def.
Zitat
andre_de
Zitat
Marienfelde
Noch kurz etwas zu einer "zweiten oder (nach den Betriebskosten) dritten Miete" (11 € pro Tag; abgerundet 300 € monatlich): Die üblichen "Marktschreier/innen" (Leute, die ansonsten "alles" marktwirtschaftlich regeln wollen) sind hier ja nicht ganz so laut zu vernehmen. Allerdings wären solche Bewohnerparkgebühren durchaus sozialpolitischer Sprengstoff.

Guter Aspekt, ich wollte auch gerade was ähnliches schreiben. Die (auf den ersten Blick naheliegende) Idee, Dinge ausschließlich über den Preis zu regeln, ist grundsätzlich asozial.

Das ist grundsätzlich richtig. ;.)

Nur leider ist es so, dass sich gegen alle andere Ansätze, wie man regelt, wenn für etwas mehr Nachfrage besteht als Angebot, ebenso "grundsätzliche" Bedenken finden.
(Als Ansätze fielen mir etwa ein: Verbote; amtliche Bestimmung der jeweiligen Dringlichkeit des Einzelnen; striktes First-come-first-serve; Großvaterrechte; Wartezeitenregelung; Losen; gar keine Regelungen und einfach schauen was passiert...)

Jeder Ansatz mag für bestimmte einzelne Probleme funktionieren, "grundsätzlich" gibt es aber gegen jeden der Ansätze gravirerende Argumente, so dass ein Regeln über den Preis oft eben nicht der schlechteste Weg ist.

Was die konkrete Fragestellung, "Autoabstellen für (fast) lau" angeht:

Zum einen:
Hier beleuchtet heute der Tagesspiegel wieder die Problematik und verweist auf die ADAC-Studie, dass ein Golf durchschnittlich im Monat zwischen 579 und 936 Euro pro Monat kostet. Da sind die Beträge, die hier diskutiert fürs Anwohnerparken werden, eher gering (selbst, wenn es billigere Formen der Autonutzung gibt).

Zum anderen:
Hier soll der Preis fürs Parken auch ein Hebel sein, dass der einzelne abwägt, ob ein eigenes Auto für ihn wirklich die günstigste Lösung ist, oder ob es bessere Ansätze gibt. Ich sehe keinen Anlass dafür, die Lösung "eigenes Auto" durch Bereitstellen günstiger Parkplätze öffentlich zu unterstützen..

Die Idee, Dinge ausschließlich über den Preis zu regeln, kann manchmal asozial sein. Für dieses Problem aber finde ich das nicht, im Gegenteil.



2 mal bearbeitet. Zuletzt am 05.01.2020 14:29 von Global Fisch.
@GlobalFish - alles was Du sagst. Sehr gut argumentiert. Wir können nicht auf der einen Seite weniger Autos in der Innenstadt fordern, aber durch preisliche Anreize den Autobesitz fördern. Genau das passiert aber gerade. Nicht vergessen, der MIV ist der aktuell am stärksten subventionierte Verkehrsträger, weit vor dem ÖV.

@André, prinzipiell ist das eine wahre Aussage. Im konkreten Fall trifft sie aber nicht zu. Wir müssen vielmehr Autofahren - und vor allem Autobesitz - als Luxusgut ansehen, zumal in der Stadt. Ausgerechnet dieses zu fördern, um Mobilität sicherzustellen (denn darum, und nichts anderes, geht es), ist absurd. So lange Leute ins Auto steigen, weil das billiger ist, und sie sich den ÖV nicht leisten wollen(können), so lange läuft gehörig was schief. Und diese Argumentation ist leider tägliche Realität.

@Marienfelde - danke für das Merkantilismus<>Sozialismus-Argument. Dass ausgerechnet die konservativ-'liberale' Ecke die Totalsubvention von privat genutzten öffentlichem Raum befürwortet, ist einfach nur gaga.

Zu Deiner Befürchtung, die Jay schon entkräftet hat, noch eine Ergänzung. Es gibt nicht nur Auto und ÖV als Alternativen. Und Wege müssen nicht 1:1 substituiert werden, da gerade Autofahren zu vielen unnötigen Wegen zwingt oder verleitet.
50% der Autofahrten in berlin sind "Bequemlichkeitsfahrten" unter 5 km, über 30% sind sogar kürzer als 3 km. Das kann man auch locker mit dem Rad abdecken (zumal wenn durch wegfallende Parkplätze endlich Platz für vernünftige Radwege wird, siehe unten.)
Vielmehr geht es in der aktuellen Debatte um öffentlichen Raum, der angemessen bepreist werden soll. Oder andersrum: diejenigen, die das Gemeingut "Öffentlicher Raum" privat und exklusiv nutzen (denn nichts anderes passiert, wenn ich mit einem Auto eine Parklücke "besetze"), die sollen sich in angemessener Höhe an den dadurch verursachten Kosten beteiligen. Wieviel % "angemessen" sind, das können wir gerne diskutieren.
Das kann aber nur eine Maßnahme sein von vielen. Die andere wichtige muss sein: Reduktion von "Laternenparkplätzen". Wie oben schon ein User beschrieben hat, zeigt sich nach Einführung von Parkraumbewirtschaftung regelmäßig, dass vorher anscheinend viel zu viele Parkplätze vorhanden waren, und ein großer Teil nun leer bleibt. Diese können dann einer sinnvolleren Nutzung zugeführt werden. Ob das nun Radwege sind oder Aufenthaltsflächen, Sitzecken oder einfach nur breitere Bürgersteige...

Klar ist: wir können nicht von heute auf morgen einen radikalen Schnitt vollziehen. Es werden nicht über nacht die Hälfte aller Straßenparkplätze abgeschafft, genausowenig wird der Preis der Anwohnervignette sofort auf einen vierstelligen Betrag angehoben. Ebensowenig werden über Nacht hunderte Neu U-Bahnwagen vom Himmel fallen, aber ebenso werden die Fahrgastzahlen nicht über Nacht um hunderttausende pro Tag ansteigen. Es sind viele Maßnahmen, die alle untereinander abhängig sind. Die Notwendigkeit, an vielen andern Stellen ebenfalls nachsteuern zu müssen kann aber kein Argument sein, eine dieser Maßnahmen per se abzulehnen.

Die Maßnahmen müssen sich die Waage halten, sie müssen schrittweise aber kontinuierlich durchgeführt werden. Hier konkret erwarte ich eine jährliche Steigerung der Parkgebühren unter kontinuierlicher Wegnahme von Straßenparkplätzen. Anders wird es nicht gehen.
Zitat
tramfahrer
So lange wie Anwohnerparken günstiger ist als ein Platz in den vorhandenen und teilweise leerstehenden Tiefgaragen ist, wird sich da nicht viel zum ÖPNV hin verschieben.
So werben viele Häuser entlang der Kleiststr und Bülowstr mit Tiefgaragenplätzen. Diese liegen monatlich (zwischen 35€ bis 70€) höher als die geplante Erhöhung des Anwohnerparkens auf 200€ jährlich (ca 17€ monatlich). Selbst wenn sich diese beiden Werte annähern werden die Anwohner auf Tiefgaragenplätze ausweichen.
Immerhin hat die Parkraumbewirtschaftung dafür gesorgt, dass es in der Bülowstr jetzt tagsüber freie Parkplätze unter dem U Bahnviadukt gibt. Weit mehr als die Hälfte der Parkplätze bleibt seit dem leer. Hier hat man recht schön gesehen, dass viele Berufstätige der City West ihr Auto tagsüber rund um den Nollendorfplatz kostenlos abgestellt hatten.
Anwohner hat es dagegen überhaupt nicht bewegt das Auto abzuschaffen. Für 85 Cent pro Monat Anwohnerparken bekommt man halt keine Monatskarte. Und in der Tiefgarage kommt das Auto auch nicht so günstig.
Was wäre wenn man das noch schaffen würde? Der Bereich unter dem Viadukt könnte dann als Parkraum abgeschafft werden. Es bleiben ja immer noch die Parkplätze am Straßenrand.

Der jetzt zu einem Teil von parkierenden PKW "befreite" Bülowbogen ist ja gerade ein Ausdruck der Verlagerungen von Pendlerfahrten vom MIV zum ÖV (ohne jetzt z. B. in "meinem" auf der Nordseite der Bülowstraße befindlichen Finanzamt Schöneberg die Kolleginnen und Kollegen dazu befragt zu haben).

Die Verlagerungen zum ÖV finden bei den Pendlern mit Zielen in Parkraumbewirtschaftungszonen statt; nach meiner Erinnerung war der auch dadurch verursachte größere Zuwachs bei den "Öffis" im Tarifgebiet A in "Verkehr in Zahlen" auch deutlich erkennbar (ohne jetzt noch extra danach zu suchen).

Die Bewohner der Bülowstraße werden zu einem (weiteren) Teil "umsteigen", wenn ihr "Pendlerziel" parkraumbewirtschaftet wird.
Zitat
def
Zitat
andre_de
Zitat
Marienfelde
Noch kurz etwas zu einer "zweiten oder (nach den Betriebskosten) dritten Miete" (11 € pro Tag; abgerundet 300 € monatlich): Die üblichen "Marktschreier/innen" (Leute, die ansonsten "alles" marktwirtschaftlich regeln wollen) sind hier ja nicht ganz so laut zu vernehmen. Allerdings wären solche Bewohnerparkgebühren durchaus sozialpolitischer Sprengstoff.

Guter Aspekt, ich wollte auch gerade was ähnliches schreiben. Die (auf den ersten Blick naheliegende) Idee, Dinge ausschließlich über den Preis zu regeln, ist grundsätzlich asozial.

Einerseits - ja. Andererseits möchte ich zu bedenken geben, dass es sich letztlich um öffentlichen Raum handelt. Worauf begründet sich eigentlich der Anspruch, diesen entweder kostenlos oder zu einem lächerlich niedrigen Preis für sein Privateigentum in Anspruch zu nehmen? Wenn mein Sofa für die Wohnung zu groß ist, habe ich weder den Anspruch, dass mir eine größere Wohnung zum gleichen Preis zur Verfügung gestellt wird, noch darf ich mein Sofa einfach so auf die Straße stellen.

Man sollte nicht vergessen: gerade in der Innenstadt ist das Auto letztlich in den allermeisten Fällen ein Luxusgut. Und ist es nicht ebenso ungerecht, dass dieses Luxusgut durch alle - auch durch diejenigen, die sich kein Auto leisten können - gefördert wird?

Letztlich gilt doch: Wer sich ein Auto leisten kann, darbt nicht. Wer es sich in einer Gegend mit dichtem ÖPNV und kurzen Wegen zu Einkaufsmöglichkeiten leistet, erst recht nicht. Und für diejenigen, die das Auto TATSÄCHLICH beruflich brauchen, sollten sich steuerliche Abschreibungsmöglichkeiten für Parkgebühren finden. Meinetwegen auch für Härtefälle, z.B. alleinerziehende Elternteile.

"Die Straße gehört dem Verkehr. Ich warne Neugierige." (Traugott von Jagow, Polizeipräsident in Berlin von 1909 bis 1916 in einem Kommentar zur Anmeldung einer linken Demonstration).

Straßen sind (sicher ganz unstrittig) auch ein Teil der Daseinsvorsorge. Außer dem "ruhenden" gibt es auch noch den (mehr oder weniger) "fließenden" Verkehr. Ich denke, die Ausweitung der jetzigen Form der Parkraumbewirtschaftung ist ein richtiger Schritt zu einer teilweisen Bepreisung des Parkraums für Nichtbewohner. Je größer die parkraumbewirtschafteten Gebiete werden, umso wahrscheinlicher "trifft" es dann auch Bewohner von Parkraumzonen in den anderen Parkraumzonen, woraus sich mit Sicherheit Umorientierungen im Verkehrsverhalten ergeben.

Ein weiterer denkbarer Schritt wäre die Einführung einer "City-Maut" für PKW (und die Erhebung einer leistungsabhängigen Schwerverkehrsgabe für LKW auf allen Straßen).

Noch einmal zurück zur Frage der Kapazitäten im ÖV: Die heute auf dem Kreuzberger Hochbahnabschnitt angebotenen 96 Kleinprofilwagen je Stunde und Richtung (12 Sechswagenzüge auf der U 3 plus 6 Vierwagenzüge auf der U 1) hätte man zu Westberliner Zeiten jedenfalls zur HVZ als Zumutung empfunden.

Mir wäre wohler, wenn die Parkraumbewirtschaftung im Altbezirk Kreuzberg erst dann kommen würde, wenn die Hochbahn mit 108 Wagen in der Stunde bedient wird und sich eine Wiederausweitung der Kapazitäten auf 120 Wagen pro Stunde bereits abzeichnet.
Zitat
Marienfelde

Mir wäre wohler, wenn die Parkraumbewirtschaftung im Altbezirk Kreuzberg erst dann kommen würde, wenn die Hochbahn mit 108 Wagen in der Stunde bedient wird und sich eine Wiederausweitung der Kapazitäten auf 120 Wagen pro Stunde bereits abzeichnet.

Da sind wir gegenteiliger Meinung, im allgemeinen wie im konkreten.

Im allgemeinen:
Mir wäre wohler, wenn die ersten konkreten Schritte zu einer Reduzierung des MIV kommen würden, ohne dass man damit solange wartet, bis der ÖPNV sich messbar verbessert hat.

Mir wäre ebenso wohler, wenn die konkreten Schritte zu einer Verbesserung des straßengebundenen ÖPNV (Busspuren, Vorrangschaltungen, neue Straßenbahnstrecken) kommen, ohne dass man solange wartet, bis sich der MIV soweit reduziert hat, dass man ihn damit nicht stört.

Man muss mit beiden anfangen, Schritt für Schritt. Aber man darf nicht ewig warten und kann nicht immer wieder fehlende Schritte auf der einen Seite mit fehlenden Schritten auf der anderen Seite begründen!

Und im konkreten:
sorry, irgendwelche nennenswerten sozialen Auswirkungen einer Parkraumbewirtschaftung in Kreuzberg sehe ich nicht. Da geht um völlig läppische Beträge, die gemessen an den Kosten des Autos an sich marginal sind.
Ich wiederhole mich: Für jede Sinnvolle Maßnahme wird sich wer finden, der -zig andere Maßnahmen sinnvoller findet und fordert, die müssten erst umgesetzt werden, bevor diese eine umgesetzt wird. Leider gilt das für die -zig anderen Maßnahmen genauso, da finden sich dann wieder andere, mit dem einzigen Effekt, dass nichts passiert.

Bitte lass' uns diesen Leuten nicht auf den Leim gehen.

Anwohnerparken ist in der gesamten Stadt viel zu billig, quasi kostenlos. Eine massive Erhöhung ist jetzt sofort geboten. Auch die Ausschöpfung des höchsten aktuell diskutierten Rahmens wird nicht die Kosten nach Vollkostenansatz decken, Autoparken bleibt stark subventioniert. Eine höhere Belastung des ÖV, inbesondere in dem von Dir angenommenen Ausmaß, ist argumentativ nicht begründbar und quantitativ nicht nachweisbar. Du hast dafür schlicht keine Belege. Umgekehrt kann man sehr wohl annehmen, dass insbesondere diejenigen ihr Auto ganz abschaffen, die es nur wenige Male im Monat nutzen, und es sonst geparkt rumstehen lassen. Jedes Auto weniger auf den Straßen macht den Oberflächen-ÖV schneller, leistungsfähiger und kosteneffizienter. Wien, Amsterdam, London und andere progressive Städte lassen die Einnahmen aus Parkgebühren (manche sogar aus Parkstrafgeldern) komplett in den Ausbau und Stärkung des ÖV fließen. Auf diese Mittel heute zu verzichten ist töricht und fahrlässig.
Ich würde es schon für einen großen Fortschritt halten, wenn in der Parkraumbewirtschaftung erstmal geltendes Recht durchgesetzt würde. So lange es nämlich geduldet wird, dass derjenige, der keinen kostenlosen Parkplatz findet, seine Blechkiste einfach irgendwo ins Halteverbot stellt, kannst du die Parkgebühren erhöhen wie du willst, ohne dass sich etwas ändert.

Wenn man in Schöneberg, Kreuzberg, Moabit, Treptow oder Wilmersdorf mit offenen Augen durch die Nebenstraßen fährt, sind die Autos in Zufahrten, vor abgesenkten Bordsteinen an Kreuzungen, oder auf Baumscheiben nicht zu übersehen. Das formal existierende Halteverbot in Hauptstraßen wie beispielsweise der Dörpfeldstraße in Adlershof oder der Potsdamer Straße in Schöneberg wird faktisch nicht durchgesetzt, selbst wenn der ÖPNV dort täglich massiv behindert wird. Stattdessen wird selbst hier von Angestellten der BVG gegen die Radfahrer gehetzt, die angeblich schuld sind, wenn Busse und Bahnen im Stau stehen.

Also bitte seitens der Ordnungsämter erstmal Personal aufstocken. Bei konsequenter Anwendung geltenden Rechtes finanzieren sich die Stellen von alleine.
Zitat
schallundrausch
(…)
Anwohnerparken ist in der gesamten Stadt viel zu billig, quasi kostenlos. Eine massive Erhöhung ist jetzt sofort geboten. Auch die Ausschöpfung des höchsten aktuell diskutierten Rahmens wird nicht die Kosten nach Vollkostenansatz decken, Autoparken bleibt stark subventioniert. Eine höhere Belastung des ÖV, inbesondere in dem von Dir angenommenen Ausmaß, ist argumentativ nicht begründbar und quantitativ nicht nachweisbar. Du hast dafür schlicht keine Belege. Umgekehrt kann man sehr wohl annehmen, dass insbesondere diejenigen ihr Auto ganz abschaffen, die es nur wenige Male im Monat nutzen, und es sonst geparkt rumstehen lassen. Jedes Auto weniger auf den Straßen macht den Oberflächen-ÖV schneller, leistungsfähiger und kosteneffizienter. Wien, Amsterdam, London und andere progressive Städte lassen die Einnahmen aus Parkgebühren (manche sogar aus Parkstrafgeldern) komplett in den Ausbau und Stärkung des ÖV fließen. Auf diese Mittel heute zu verzichten ist töricht und fahrlässig.

Umgekehrt: Die Kapazitäten auf der Kreuzberger Hochbahn wurden in den letzten Jahrzehnten rücksichtslos abgebaut, obwohl es keine Fahrgastrückgänge gab - eher im Gegenteil. Daher fährt diese Hochbahn in der HVZ meines Erachtens teilweise an der Kapazitätsgrenze - und nicht nur diese.

Die an sich richtige Ausweitung der Parkraumbewirtschaftung wird insbesondere zu den HVZ und insbesondere im Tarifgebiet A (also genau dort, wo die Besetzungen auch jetzt schon höher sind als in "B" oder "C") zu weiteren Fahrgastzuwächsen führen.

Ich würde mir einfach wünschen, nicht in einem Sektor auf biegen und brechen als richtig erkannte Ziele von jetzt auf gleich durchsetzen zu wollen, obwohl man in einem anderen Sektor (hier der Zahl der U-Bahnzüge) weit hinter früher erreichte Stände zurückgefallen ist.

Die mittelfristigen Perspektiven sind sowohl bei der S-Bahn als auch (wenn die große Bestellung erfolgen kann) bei der U-Bahn gut. Auch die Moabiter Straßenbahn wird kommen. Wenn die eine oder andere Parkraumbewirtschaftungszone z. B. ein Jahr später kommt (Neukölln wird nach meiner Einschätzung ohnehin noch eine Weile brauchen), wird sich die Erde vsl. dennoch weiter um die Sonne drehen.

Übrigens benötigt man für eine Verkehrspolitik, die das Ziel einer Reduzierung des PKW-Verkehrs verfolgt, auch politische Mehrheiten. Diese Mehrheiten wird man vor allem dann bekommen, wenn es weniger "100 Prozent-Meldungen" und weniger übervolle Züge gibt,

meint Marienfelde.
Zitat
Marienfelde
Noch einmal zurück zur Frage der Kapazitäten im ÖV: Die heute auf dem Kreuzberger Hochbahnabschnitt angebotenen 96 Kleinprofilwagen je Stunde und Richtung (12 Sechswagenzüge auf der U 3 plus 6 Vierwagenzüge auf der U 1) hätte man zu Westberliner Zeiten jedenfalls zur HVZ als Zumutung empfunden.

Mir wäre wohler, wenn die Parkraumbewirtschaftung im Altbezirk Kreuzberg erst dann kommen würde, wenn die Hochbahn mit 108 Wagen in der Stunde bedient wird und sich eine Wiederausweitung der Kapazitäten auf 120 Wagen pro Stunde bereits abzeichnet.

Soweit sind wir doch schon wieder.
Letzte Woche gab es Kurzzüge nur noch in den Tagesrandlagen. Die U3 fuhr stabil mit Sechswagenzügen, ebenso die U1. Zeitweilig auf der U1 eingesetzte IK-Doppeltraktionen erhöhten das Angebot auf über 108 Wagen pro Stunde.

Allerdings wird sich das Niveau durch die Notwendigkeit weiterer Grundsanierungen an den größtenteils über 100-jährigen Stahlviadukten nicht halten lassen. Zwischen Kotti und Warschauer wird sich das Angebot ab April auf maximal 30 Gelenkbusse pro Stunde stark verringern. Fatal wirkt hier die Verringerung der Kapazität der Oberbaumbrücke zugunsten von Fahrradwegen seit dem Herbst, die die Einrichtung von Busspuren nicht mehr ohne weiteres ermöglicht.

so long

Mario
Zitat
der weiße bim
Fatal wirkt hier die Verringerung der Kapazität der Oberbaumbrücke zugunsten von Fahrradwegen seit dem Herbst, die die Einrichtung von Busspuren nicht mehr ohne weiteres ermöglicht.

"Fatal" ist doch etwas reißerisch, nicht wahr? Bei einer ordentlichen Verkehrslenkung, Busspur + Bauampel mit Vorrangschaltung davor, dann die Busse als Pulkführer über die Brücke. Alles kein Problem. Die Fahrradspur ist nicht für den ÖPNV-SEV fatal, sondern die Verkehrslenkung in Berlin. Wann wird das endlich begriffen?
Zitat
der weiße bim
Zitat
Marienfelde
Noch einmal zurück zur Frage der Kapazitäten im ÖV: Die heute auf dem Kreuzberger Hochbahnabschnitt angebotenen 96 Kleinprofilwagen je Stunde und Richtung (12 Sechswagenzüge auf der U 3 plus 6 Vierwagenzüge auf der U 1) hätte man zu Westberliner Zeiten jedenfalls zur HVZ als Zumutung empfunden.

Mir wäre wohler, wenn die Parkraumbewirtschaftung im Altbezirk Kreuzberg erst dann kommen würde, wenn die Hochbahn mit 108 Wagen in der Stunde bedient wird und sich eine Wiederausweitung der Kapazitäten auf 120 Wagen pro Stunde bereits abzeichnet.

Soweit sind wir doch schon wieder.
Letzte Woche gab es Kurzzüge nur noch in den Tagesrandlagen. Die U3 fuhr stabil mit Sechswagenzügen, ebenso die U1. Zeitweilig auf der U1 eingesetzte IK-Doppeltraktionen erhöhten das Angebot auf über 108 Wagen pro Stunde.

Allerdings wird sich das Niveau durch die Notwendigkeit weiterer Grundsanierungen an den größtenteils über 100-jährigen Stahlviadukten nicht halten lassen. Zwischen Kotti und Warschauer wird sich das Angebot ab April auf maximal 30 Gelenkbusse pro Stunde stark verringern. Fatal wirkt hier die Verringerung der Kapazität der Oberbaumbrücke zugunsten von Fahrradwegen seit dem Herbst, die die Einrichtung von Busspuren nicht mehr ohne weiteres ermöglicht.

Wunderbärchen - dann ist mir wohler. Wenn man sich der anderen Frage (der Kapazität der Straße am Oberbaum während der Hochbahnsanierung) unter dem Gesichtspunkt der optimalen Platzausnutzung nähern würde, läge die Lösung auf der Hand: Nötigenfalls Reduzierung des besonders platzintensiven PKW-Verkehrs bis auf 0.

Es ergäbe sich dann "nur" die Frage: Wer setzt so eine Lösung mit wem - und vor allem gegen wen - politisch durch?



1 mal bearbeitet. Zuletzt am 05.01.2020 20:27 von Marienfelde.
Zitat
Marienfelde
[...]
Die an sich richtige Ausweitung der Parkraumbewirtschaftung wird insbesondere zu den HVZ und insbesondere im Tarifgebiet A (also genau dort, wo die Besetzungen auch jetzt schon höher sind als in "B" oder "C") zu weiteren Fahrgastzuwächsen führen.

Ich würde mir einfach wünschen, nicht in einem Sektor auf biegen und brechen als richtig erkannte Ziele von jetzt auf gleich durchsetzen zu wollen, obwohl man in einem anderen Sektor (hier der Zahl der U-Bahnzüge) weit hinter früher erreichte Stände zurückgefallen ist.
[...]

Hier wird gar nichts auf biegen und brechen veranstaltet. Die Ausweitung der Parkraumbewirtschaftung wurde im Koalitionsvertrag vereinbart und soll nun Schritt für Schritt in diesem und nächstem Jahr umgesetzt werden. Angesichts der Lahmarschigkeit der Berliner Verwaltung, bezweifle ich, dass dieses gemächliche Tempo gehalten wird.

Ich glaube, wie bereits oben geschrieben, auch nicht an dein Schreckgespenst. Der ÖPNV wird sicher auch in diesem Jahr weiter wachsen, aber eine große Verlagerung durch die Parkraumbewirtschaftung sehe ich einfach nicht. Viel drastischer wirkt sich da die seit diesem Schuljahr geltende Freifahrt für Schüler aus, die eine Verlagerung innerhalb des Umweltverbundes weg vom Rad und hin zum ÖPNV erzeugt. Das kostenlose Schülerticket war aus Steuerungssicht eine völlige Fehlentscheidung, bei der man es noch nicht mal geschafft hat die Bürokratie klein zu halten, indem man die Freifahrt an den Schülerausweis I koppelt. Stattdessen muss für jeden Schüler separat ein Abo abgeschlossen werden.

--- Signatur ---
Bitte beachten Sie beim Aussteigen die Lücke zwischen Bus und Bordsteinkante!
Zitat
def
Worauf begründet sich eigentlich der Anspruch, diesen entweder kostenlos oder zu einem lächerlich niedrigen Preis für sein Privateigentum in Anspruch zu nehmen?

Dieser Anspruch wird von Automobilisten regelmäßig aus der gezahlten Kfz-Steuer hergeleitet, was ich auch teilweise nachvollziehen kann.


Das Gegenteil von pünktlich ist kariert.
Zitat
Jay
Zitat
Alter Köpenicker
Der Berliner Südosten ist ohnehin nicht betroffen, da hier eine Parkraumbewirtschaftung einst per Volksentscheid verhindert worden ist.

Der Volksentscheid hat keine Relevanz mehr

Wie kommst Du darauf? Ein Artikel der Morgenpost vom 8. April 2019 greift das Thema auf und stellt (leider) genau das Gegenteil fest.

Zitat
Jay
Sinnvoll wäre sie auch in Köpenick im Gebiet Altstadt/Alte Försterei/Bahnhof und in Friedrichshagen.

Das ist eigentlich längst überfällig, aber das Ergebnis des Volksentscheids bindet dem Bezirk offenbar die Hände.


Das Gegenteil von pünktlich ist kariert.
Zitat
TomB
Zitat
der weiße bim
Fatal wirkt hier die Verringerung der Kapazität der Oberbaumbrücke zugunsten von Fahrradwegen seit dem Herbst, die die Einrichtung von Busspuren nicht mehr ohne weiteres ermöglicht.

"Fatal" ist doch etwas reißerisch, nicht wahr? Bei einer ordentlichen Verkehrslenkung, Busspur + Bauampel mit Vorrangschaltung davor, dann die Busse als Pulkführer über die Brücke. Alles kein Problem. Die Fahrradspur ist nicht für den ÖPNV-SEV fatal, sondern die Verkehrslenkung in Berlin. Wann wird das endlich begriffen?

Danke. Exakt dieses Denken (von Bim) meinte ich mit meinem Beitrag oben. Die Radfahrer sind schuld, wenn die Busse im Stau stehen und nicht, dass es für Autofahrer unzumutbar wäre, 30 Sekunden länger an der Ampel zu stehen, bis die Busse als erstes von der Busspur in der Oppelner Straße auf die Oberbaumstraße vorgefahren sind.
Zitat
VvJ-Ente
Die Radfahrer sind schuld, wenn die Busse im Stau stehen und nicht, dass es für Autofahrer unzumutbar wäre, 30 Sekunden länger an der Ampel zu stehen, bis die Busse als erstes von der Busspur in der Oppelner Straße auf die Oberbaumstraße vorgefahren sind.

Autofahrer stellen sich inzwischen fast überall hinten an. Nicht 30 Sekunden sondern nicht selten 30 Minuten. Die Verlangsamung des Straßenverkehrs ist inzwischen unübersehbar und behindert oft auch den ÖPNV mit Bussen und Straßenbahnen.
Vielleicht sollte man auf der Brücke die Fahrradspur während des etwa einjährigen Ersatzverkehrs etwas breiter machen und für Busse freigegeben. Schließlich sind anderswo Busspuren immer auch für Fahrradfahrer freigegeben.

so long

Mario



1 mal bearbeitet. Zuletzt am 05.01.2020 21:50 von der weiße bim.
Zitat
Alter Köpenicker
Zitat
Jay
Zitat
Alter Köpenicker
Der Berliner Südosten ist ohnehin nicht betroffen, da hier eine Parkraumbewirtschaftung einst per Volksentscheid verhindert worden ist.

Der Volksentscheid hat keine Relevanz mehr

Wie kommst Du darauf? Ein Artikel der Morgenpost vom 8. April 2019 greift das Thema auf und stellt (leider) genau das Gegenteil fest.

Zitat
Jay
Sinnvoll wäre sie auch in Köpenick im Gebiet Altstadt/Alte Försterei/Bahnhof und in Friedrichshagen.

Das ist eigentlich längst überfällig, aber das Ergebnis des Volksentscheids bindet dem Bezirk offenbar die Hände.

Tja, da wird eben schön die Verblödungsmasche gefahren. Hier mal einen "Gegenlink" von damals, der die dazu entscheidende Passage enthält: [www.tagesspiegel.de]
Zitat
TSP
Beim Bürgerentscheid ging es um den gesamten Bezirk, für den gebührenpflichtiges Parken allgemein für unzulässig erklärt werden sollte. Der Entscheid ist nicht bindend, doch der Bezirk werde das Ergebnis übernehmen, hatte Igel am Sonntag bekräftigt.

Alle Klarheiten beseitigt? ;)

--- Signatur ---
Bitte beachten Sie beim Aussteigen die Lücke zwischen Bus und Bordsteinkante!
Zitat
VvJ-Ente
Zitat
TomB
Zitat
der weiße bim
Fatal wirkt hier die Verringerung der Kapazität der Oberbaumbrücke zugunsten von Fahrradwegen seit dem Herbst, die die Einrichtung von Busspuren nicht mehr ohne weiteres ermöglicht.

"Fatal" ist doch etwas reißerisch, nicht wahr? Bei einer ordentlichen Verkehrslenkung, Busspur + Bauampel mit Vorrangschaltung davor, dann die Busse als Pulkführer über die Brücke. Alles kein Problem. Die Fahrradspur ist nicht für den ÖPNV-SEV fatal, sondern die Verkehrslenkung in Berlin. Wann wird das endlich begriffen?

Danke. Exakt dieses Denken (von Bim) meinte ich mit meinem Beitrag oben. Die Radfahrer sind schuld, wenn die Busse im Stau stehen und nicht, dass es für Autofahrer unzumutbar wäre, 30 Sekunden länger an der Ampel zu stehen, bis die Busse als erstes von der Busspur in der Oppelner Straße auf die Oberbaumstraße vorgefahren sind.

Laut Senat sind die Fahrspuren 4,45cm breit + 0,47cm Mittelstreifen, also rund 9m für den MIV. Es könnten also bei Bedarf auch 2 Fahrspuren und eine Busspur mit je 3m Breite markiert werden. Der Bereich der Radfahrenden müsste nicht verändert werden.


Sorry, in diesem Forum dürfen nur registrierte Benutzer schreiben.

Hier klicken, um sich einzuloggen