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Sammelthread: Verkehrspolitik in Berlin
geschrieben von Arnd Hellinger 
Anonymer Benutzer
Re: Sammelthread: Verkehrspolitik in Berlin
10.01.2020 12:45
Zitat
def


Wer keine Argumente hat, muss halt mit einer möglichst komplizierten Sprache vom fehlenden Inhalt ablenken...

Da stehen doch ganz viele Argumente.
Zitat
Railroader
Zitat
def


Wer keine Argumente hat, muss halt mit einer möglichst komplizierten Sprache vom fehlenden Inhalt ablenken...

Da stehen doch ganz viele Argumente.

Aber keine guten. Das Adjektiv habe ich vergessen. :)
Anonymer Benutzer
Re: Sammelthread: Verkehrspolitik in Berlin
10.01.2020 13:03
Zitat
def


Aber keine guten. Das Adjektiv habe ich vergessen. :)

Na das ist ja subjektiv.
Zitat
Railroader
Da stehen doch ganz viele Argumente.

Keine Ahnung, ganz ehrlich. Wenn ich alle paar Sekunden stocke und drüber nachdenken muss, was das jetzt eigentlich noch mal für ein Wort war und was es im Zusammenhang bedeutet, dann ist zum Nachdenken darüber, was dieser Zusammenhang eigentlich ist, gar keine 'Kapazität' mehr da. Wer so schreibt, richtet sich an eine wirklich kleine Lesergruppe, nämlich an die, die alle diese speziellen Worte kennt und regelmäßig nutzt, die also über einzelne Bedeutungen nicht nachdenken braucht.

~~~~~~
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Zitat
Christian Linow
Vielen Dank für den Hinweis! Ich wäre bis dato sicher nie auf den Gedanken gekommen, die Platzbedarfe der Verkehrsmittel miteinander zu vergleichen. Gewiss hätte ich keine Ahnung davon gehabt, dass in Berlin dem Pkw im Schnitt 19 Mal mehr Fläche als einem Radfahrer zur Verfügung steht (Quelle: Clevere Städte).

Schlimm genug. Es ging aber um den Vergleich ÖPNV zu MIV.

Zitat
Christian Linow
So möchte ich Deine Anregung beherzigen und ein fotografisches Beispiel aus Berlin bringen. Die Wassersportallee bis zu ihrem Ende als Grünauer Straße bezeichnete der Tagesspiegel vor ein paar Monaten einmal als Radfahrhölle und verkehrliches Desaster, das es sicher nicht bleiben müsste, wenn man die sakrosankten Parkplätze entfernte. Oder etwa doch nicht?

Ja. Denn ohne die Parkplätze auf der Gegenseite könnten die Gleise etwas weiter in der Mitte liegen, und schon wäre Platz für beidseitige Radwege gewonnen.

Zitat
Christian Linow
Dass Rillengleise ein erhebliches Risiko für Radfahrer darstellen, ist alles andere als neu. Erst recht, wenn Velos Weichenverbindungen und Gleisbögen passieren müssen. In Essen belegen so genannte Alleinunfälle hervorgerufen durch Straßenbahnschienen exempli causa den ersten Platz der Unfallursachen bei Radfahrern. [www.planet-wissen.de]

In Amsterdam sieht es nach einer Studie von DTV Consultants nicht besser aus. Dort sind es 38% aller Unfälle, die sich darauf zurückführen lassen.

Ja. Da muss man natürlich Wege finden, um diese Gefahren zu minimieren. Interessant wäre hier aber eine weitere Untersuchung der genannten Unfälle. Gerade in Essen halte ich es für nicht unwahrscheinlich, dass durch eine andere Straßengestaltung gefährliche Situationen vermieden werden könnten.

Zitat
Christian Linow
Zitat
def
Aber da kommt dann zum Tragen, was ich im ersten Absatz angesprochen habe: Sobald es bei der Einschränkung des MIV um konkrete Maßnahmen geht, wird sicher geschrien, dass das nicht gehe, überhaupt unerhört sei, unrealistisch, wirklichkeitsfremd, ein Tortur, Zwangsbeglückung!

Ist denn eine Straßenbahn, die als bedingungs- und al­ter­na­tiv­los hochstilisiert wird, nicht eine ebensolche Zwangsbeglückung?

Viele schöne Fremdworte benutzen, aber Sarkasmus und die Bedeutung des Konjunktivs nicht verstehen.

Zitat
Christian Linow
Doch was ist nun das Wohl des Volkes? Artikel 20 Absatz 2 GG klärt (un-)missverständlich: „Alle Staatsgewalt geht vom Volke aus. Sie wird vom Volke in Wahlen und Abstimmungen und durch besondere Organe der Gesetzgebung, der vollziehenden Gewalt und der Rechtsprechung ausgeübt.“

Nirgends steht allerdings, dass simple Umfragen zu diesen Organen gehören.

Zitat
Christian Linow
Mehrheiten, auch die des Volkssouveräns, spielen also sehr wohl eine Rolle, werden indes naturgemäß durch Gesetze und die Gewaltenteilung beschränkt. Ungeachtet dessen wählt das Volk seine Vertreter, deren Programmatik sich jedoch Majoritäten ausbedingt. Salopp ausgedrückt: Wer mit seinen Vorstellungen und mit seinem Parteiprogramm nicht punktet, wird auch nicht gewählt.

Dabei nimmt jeder Wähler allerdings immer Kompromisse in Kauf. Denn eine Partei, die 100 % der eigenen Meinung entspricht, wird es nie geben. Vor diesem Hintergrund würde ich auch die Umfrage aus Hamburg sehen: "ablehnen" ist ein weites Feld. Da passt Ablehnung aus tiefster Überzeugung ebenso rein wie ein "Ich würde die Stadtbahn nicht bauen, aber sollen sie halt".

Zitat
Christian Linow
In Hamburg siegte die SPD unter Olaf Scholz 2011 fulminant, nicht zuletzt auch, weil sich dieser energisch gegen eine Straßenbahn ausgesprochen hat.

Und aktuell liegen die Grünen gleichauf, obwohl sie sich für die Stadtbahn aussprechen.

Zitat
Christian Linow
Lese und interpretiere ich es jetzt richtig, dass Du es offensichtlich auch billigend in Kauf nähmst, wenn Parteien etwas anderes versprächen, mit dem Ziel das Gegenteil davon zu praktizieren? Ist das das Wohl des Volkes? In meinen Augen ist es eher eine Ohrfeige für die Demokratie!

Nein. Da wären wir aber wieder bei den Kompromissen, die jede/r Wähler/in eingeht, indem er sich für eine Partei entscheidet. Das sieht man ja auch daran, dass nicht alle Grünen-Wähler für die Stadtbahn sind, auch wenn diese Teil des Wahlprogramms ist. Dafür sind wiederum auch Bürger für die Stadtbahn, die andere Parteien wählen.

Zitat
Christian Linow
Notabene schreibt Artikel 62 der Verfassung von Berlin:

[Volksbegehren]

Es wäre also hilfreich, auch während der Legislatur gesellschaftliche Mehrheiten herzustellen und zu behalten.

Richtig. Aber deshalb wäre es Aufgabe der politischen Parteien, für ihre Anliegen zu kämpfen (= mein Vorschlag), und nicht den Kopf in den Sand zu stecken und zu sagen "Gibt halt keine Mehrheiten, lassen wir's sein" (= Dein Vorschlag).

Zitat
Christian Linow
Wie sieht es denn mit gefloppten Straßenbahnstrecken aus? [rue89bordeaux.com]

Die Straßenbahn scheint in Bordeaux Instrument der Stadtentwicklung zu sein. Es ist unseriös, kurz nach ihrer Eröffnung (der Artikel ist von 2016, der beschriebene Abschnitt wurde 2015 eröffnet) von einem Flop zu sprechen. Es ist so, als ob Du 1977 gesagt hättest, die S-Bahn nach Marzahn sei ein Flop, weil die Züge meist leer sind. Dito noch vor fünf, sechs Jahren in der Wiener U2 nach Aspern, als um die Endstation herum noch Brache war; inzwischen fährt morgens jede U-Bahn bis zur Seestadt.

Die Ruhrgebietstunnel (und jener in Ludwigshafen) sind hingegen seit Jahrzehnten in Betrieb und haben dennoch keine Nachfrage generiert, die für mehr als einen 30-min-Takt auf vielen Linien reicht. Und trotz der Tunnel ist der MIV-Anteil am Modal-Split mit 58 % im Ruhrgebiet weitaus höher als in anderen (allen?) großstädtischen Räumen Deutschlands. Offensichtlich wurden die Tunnel auch nicht genutzt, um an der Oberfläche Fuß- und Fahrradverkehr zu fördern.



4 mal bearbeitet. Zuletzt am 10.01.2020 13:51 von def.
Zitat
def
(...)
Die Ruhrgebietstunnel (und jener in Ludwigshafen) sind hingegen seit Jahrzehnten in Betrieb und haben dennoch keine Nachfrage generiert, die für mehr als einen 30-min-Takt auf vielen Linien reicht. Und trotz der Tunnel ist der MIV-Anteil am Modal-Split mit 58 % im Ruhrgebiet weitaus höher als in anderen (allen?) großstädtischen Räumen Deutschlands. Offensichtlich wurden die Tunnel auch nicht genutzt, um an der Oberfläche Fuß- und Fahrradverkehr zu fördern.

Immerhin bietet sich u.a. durch die aktuelle Klimadebatte die Chance, stärker auf bessere Angebote zu setzen und für diese zu werben. Ein (teilweiser) Übergang auf 20-Minutentakte und auch eine Erweiterung der Betriebszeiten wären sicher Mittel, um den Anteil des ÖV am Modal Split im Ruhrgebiet zu erhöhen.

Die politische Bereitschaft, für den Ausbau des öffentlichen Verkehrs auch Geld in die Hand zu nehmen, ist natürlich unabdingbar - diese Einsicht sollte auch in Städten wie Essen, Mülheim (Ruhr), Recklinghausen usw. wachsen.
Auch wenn wir sehr deutlich den Threadinhalt verlassen, noch ein paar Worte zu Düsseldorf und die Konsequenzen dieses neuen Tunnels aus ÖPNV-Sicht:

  • Durch die Wehrhahnlinie wurde in Düsseldorf ein drittes unkompatibles System geschaffen (klassische Straßenbahn, Niederflurstadtbahn mit Zugsicherung und Hochflurstadtbahn). Dies bedeutet Restriktionen im Betrieb, getrennte Flottenvorhaltungen und Reserveprobleme, gerade bei der Wehrhahnlinie, deren Fahrzeuge exklusiv aus einer Serie stammen und man auf Wohl und Wehe auf diese angewiesen ist.
  • Die Zugangswege zur neuen Station Heinrich-Heine-Allee (Wehrhahn) sind absurd lang und verlängern die Wegezeiten erheblich. Das dichte Düsseldorfer Innenstadtstraßenbahnnetz ist der entscheidende Vorteil des ÖPNV dort gewesen. Man fällt an jeder Ecke in die Straßenbahn und diese ist für den vorherrschenden Kurzstreckenverkehr hoch attraktiv.
  • Durch die Wehrhahnlinie wurden attraktive Verbindungen aus dem Norden in die Altstadt abgeschnitten und auf die periphere Berliner Allee umgelegt, da es für eine weitere Rampe nicht gereicht hat. In der Berliner Allee hat man jetzt ein überdimensioniertes Angebot und weite Wege zu den eigentlichen Zielen in der Altstadt etc. Und jetzt kommt bitte keiner auf das Argument, das man doch eben kurz vor dem Ziel in den Keller steigen könnte.
  • Der in den 80er Jahren bereits angelegte Mittelbahnsteig brachte das Erfordernis, dass die Wehrhahnfahrzeuge auf beiden Seiten Türen haben mussten. Dies nimmt Sitzplätze. Man vergleiche nur mal den NF8/NF10 als Vergleich zum NF8U: Viele Sitzplätze attraktiv in Fahrtrichtung vs. Wandgebirge ohne vernünftigen Fahrgastfluss. Außerdem werden jetzt an anderen Stellen im Stadtgebiet Mittelbahnsteige angelegt, mit neuen Restriktionen für den flexiblen Fahrzeugeinsatz.
  • Der bisherige Straßenraum war für eine oberirdische Führung mehr als ausreichend. Wenige Abmarkierungen und eigene Bahnkörper ggf. auch zu Lasten von Parkplätzen hätten die Behinderungen ohne Probleme beseitigt und die Fahrzeit deutlich reduziert. Verspätungen der vergangenen Jahre stammen aus den massiven Baumaßnahmen im Bereich Kö-Bogen (Gebäude, Autotunnel) aber auch durch die Wehrhahnlinie selbst. Die von def genannten 100 Mio hätten eine Luxusbeschleunigung hergegeben und die heutige Fahrzeit fast erreicht.
  • Die Zwischenphase als die Straßenbahn provisorisch über den Köbogen geführt wurde (unlautere Vergleichsbilder aus einer Bausituation heraus siehe oben; Marktplatz Bremen oder dortige Obernstraße wäre ein passender Vergleich gewesen) haben nochmal nachdrücklich den Erfolg der oberirdischen Straßenbahn gezeigt. Die Bereiche waren hochfrequentiert und die Kunden sind direkt in die Geschäfte gefallen. Oberirdisch gab es extrem kurze Umsteigewege zu den Berliner-Allee-Linien. Zur Hochflurstadtbahn im Keller ist es nicht wesentlich weiter als heute gewesen (Der Weg von Ebene -2 (Hochflurstadtbahn) zur Ebene -3 ist jetzt auch nicht sooo kurz und außerdem befördern die Haltepositionen schon Wege auf den Bahnsteigen und nervige "Zuläufer" sowie den "erste-/letzte-Tür-Effekt". Die Verteilung aus dem Zwischengeschoss (-1) zwischen Oberfläche und Stadtbahn war vorher gut gelöst. Jetzt sieht man oberirdisch direkt nach Geschäftsschluss leere Straßen.

Fazit: Hier musste Tunnelbau, koste es was es wolle, betrieben werden, insbesondere hat sich m.E. der ehemalige CDU-Bürgermeister durch das ganze Projekt (insbesondere Kö-Bogen) versucht ein Denkmal zu setzen. Direkt nach Verlassen der Tunnel erreicht die "U-Bahn" wieder straßenbündige Führungen und Behinderungsquellen (wobei man jetzt an vielen Stellen gegensteuert, z.B. in der Grafenberger Allee), so dass der Tunnelbonus schnell verbraucht ist. Betrieblich und verkehrlich ist der Tunnel eine neue Spezialität mit entsprechenden Restriktionen. Das alles für 1 Mrd € doch ein recht hoher Preis.
Zitat
Marienfelde
Immerhin bietet sich u.a. durch die aktuelle Klimadebatte die Chance, stärker auf bessere Angebote zu setzen und für diese zu werben. Ein (teilweiser) Übergang auf 20-Minutentakte und auch eine Erweiterung der Betriebszeiten wären sicher Mittel, um den Anteil des ÖV am Modal Split im Ruhrgebiet zu erhöhen.

Die politische Bereitschaft, für den Ausbau des öffentlichen Verkehrs auch Geld in die Hand zu nehmen, ist natürlich unabdingbar - diese Einsicht sollte auch in Städten wie Essen, Mülheim (Ruhr), Recklinghausen usw. wachsen.

Da hast Du Recht, und Bochum investiert ja z.B. gerade einiges, auch in ein verbessertes Angebot. Mülheim ist aber weiterhin ein Krampf.

Allerdings: bitte kein teilweiser Übergang zum 20-min-Takt. Geht man davon aus, dass der Grundtakt im Ruhrgebiet der 30-min-Takt ist (z.B. bei der S-Bahn), würden die Anschlüsse reiner Zufall werden. Wenn, dann bitte so konsequent sein und auf einen 15-min-Takt verdichten. Und, um den Bogen zurück nach Berlin zu schlagen: das gilt natürlich auch hier. Hierzustadt ist nun mal (im Tagesverkehr) der 20-min-Grundtakt durch die S-Bahn vorgegeben, da finde ich solche Späße wie den 15-min-Takt durch der 12 problematisch. Der ist nichts Halbes und nichts Ganzes.



1 mal bearbeitet. Zuletzt am 10.01.2020 15:33 von def.
@M2204: Danke für die Ergänzungen. Eines möchte ich nur richtigstellen:

Zitat
M2204
Die von def genannten 100 Mio hätten eine Luxusbeschleunigung hergegeben und die heutige Fahrzeit fast erreicht.

Die Information kam m.E. von Ingolf. Ich möchte mich ja nicht mit fremden Federn schmücken.
def! Stil!!

Hör doch mal auf, so zu beißen. Ich stimme ja fast allen Deinen Argumenten zu, aber akzeptier das doch bitte, wenn mal jemand Deine Meinung hinterfragt, zumal auf so sachlich-freundliche Art wie Christian. ich habe durch Eure Konversation - durch Euer beider Beiträge - sehr viel mitgenommen und gelernt. Ich war doch selber diesen Herbst sechs Wochen in Karlsruhe und habe bis heute keine finale Meinung, ob das nun der Weisheit letzter Schluss oder eine riesige Geldverschwendung ist. Aber tu' doch nicht gleich mit dem Holzhammer draufhaun, nur weil mal jemand sich anschickt, Deine Sichtweise herauszufordern. Setz Dich mal hin, nimm dir nen Kaffee... Mensch, ich werd ja beim Lesen ganz kirre.

Herzliche Grüße, und nix für ungut,

Arian
Zitat
schallundrausch
def! Stil!!

Ich muss zugeben, dass ich erst gedacht habe, Du hättest am Wortende ein "L" vergessen bzw. statt zwei L zwei Ausrufezeichen getippt, und das eigentlich gemeinte Wort erst nach reichlicher Überlegung erkannt... auch bezeichnend. :)

Ja, ich bin manchmal aufbrausend. Sicher nicht deeskalierend ist es aber auch, durch eine unseriöse Bildauswahl auf subtile Art und Weise seine Meinung beweisen zu wollen: Hier die Straßenbahn zwischen Baustellencontainern und einem Jahrmarkt (bzw. dessen Rückseite), was die Situation sehr eng und verstellt wirken lässt (allerdings nicht wegen der Straßenbahn), da ein freier Blick auf den frisch sanierten Platz, der durch keine Hindernisse getrübt wird. Ja, vielleicht hätte ich diese Kritik eher auch artikulieren sollen statt sie in mich hineinzufressen.

Und als wirklich freundlich-sachlich habe ich die Diskussion auf keiner Seite wahrgenommen. Bei Christian sind diese Dinge etwas subtiler als bei mir, siehe z.B. den auch von Philipp kritisierten Satz (da ging es doch eher um ein "Schau, wie klug ich bin, ich kann Fremdwörter!"), siehe z.B. die Unterstellung, meine Vorstellung von Demokratie sei für selbige eine Ohrfeige (nur weil ich darauf hinwies, dass Deutschland und seine Länder trotz zwischenzeitlicher eingeführter Elemente direkter Demokratie noch immer parlamentarische Demokratien sind).
Anonymer Benutzer
Re: Sammelthread: Verkehrspolitik in Berlin
10.01.2020 20:04
Zitat
def

Diese Sorgen kommen halt auffällig oft dann, wenn der Bau der Straßenbahn zu Einschränkungen im MIV führt.

Diese Sorgen kommen aber ebenso, wenn vor der Haustür eine autofahrerfreundliche Autobahn gebaut werden soll oder die S-Bahn ihren Takt am an der Trasse gelegenen Eigenheim verdichtet (Beispiel Teltow). Es gibt tatsächlich viele Menschen, die Bendenken und Sorgen haben und das nicht immer im Bezug auf ihren Parkplatz. Allen pauschal zu unterstellen, sie schieben diese Argumente nur vor, ist eben recht unfair. Zudem legt keiner fest, an welchen Faktoren sich ein Mensch stören darf und an welchen nicht, welche Sorgen erlaubt sind und welche nicht.
Anonymer Benutzer
Re: Sammelthread: Verkehrspolitik in Berlin
10.01.2020 20:47
Zitat
def

Was manche niemals wahrhaben wollen: die Fahrzeit berechnet sich von Tür zu Tür.

In dieser Hinsicht bin ich vielleicht ein Sonderling. Ich laufe fast immer 10 Minuten zu einer Schnellbahn und fahre mit dieser zum Ziel, statt den Bus vor meiner Haustür zu nehmen, der das gleiche Ziel, rechnet man den Fußweg zur Bahn mit ein, sogar ein paar Minuten früher erreicht. Ebenso habe ich früher zwischen Ostbahnhof und Zoo immer lieber ein paar Minuten länger auf den Regio gewartet, statt die S-Bahn zu nehmen, obwohl der Regio auch nicht schneller am Ziel ist. Oder bin lieber 5 Minuten länger mit der U-Bahn gefahren, statt die nach Fahrzeit schnellere S-Bahn zu nehmen.

Ich beurteile unterbewusst die Zeit für den Weg zur Bahn anders als die für den Aufenthalt in dieser und empfinde auch die Aufenthaltsqualität (zügiges Vorankommen, kein langes Rumstehen etc.) wichtiger als die Reisezeit insgesamt. Weiß nicht, ob das anderen auch so geht. Ich kann mir aber vorstellen, dass es vielen Menschen vor allem darum geht, sich möglichst kurz in öffentlichen Verkehrsmitteln aufzuhalten. Gerade auf dem Weg vom Bahnhof nach Hause verknüpft man den Fußmarsch ja auch gerne noch mit alltäglichen Erledigungen.



2 mal bearbeitet. Zuletzt am 10.01.2020 20:55 von Railroader.
Also ich bin schneller, wenn ich die 11 Min (1,1 km) zur Birkenstr. laufe und in die U9 steige, als wenn ich erst zum Bus laufen muss, mich in diesem an diversen Ampeln vorbeikämpfe und dann noch vom Bus zur U-Bahn umsteigen muss und dort in der Regel eine kurze Wartezeit hinzu kommt. Das hat nichts mit gefühlt schnellerem Vorankommen zu tun, sondern es ist auch tatsächlich von Tür zu Tür schneller.

Ausnahmen: Wenn es hagelt, spricht natürlich was für eine längere Gesamtfahrzeit und den dafür kürzeren Fußweg. Oder als ich mal mot Krücken unterwegs war.
Auch wenn durch Zufall gerade passend ein Bus kommt kann der Bus mal gleich schnell und am Sonntag morgen gar eine Minute schneller sein, das ist aber nicht planbar und auf dem weg zur U-Bahn zu riskant. (Stichwort verpasster Anschluss)

Wobei es mir aber tatsächlich schnurzpiepe ;-) ist, ob ich nun in eine U-Bahn oder vom Autoverkehr möglichst unabhängig geführte Straßenbahn steige.
Anonymer Benutzer
Re: Sammelthread: Verkehrspolitik in Berlin
10.01.2020 21:04
Zitat
PassusDuriusculus
Also ich bin schneller, wenn ich die 11 Min (1,1 km) zur Birkenstr. laufe und in die U9 steige, als wenn ich erst zum Bus laufen muss, mich in diesem an diversen Ampeln vorbeikämpfe und dann noch vom Bus zur U-Bahn umsteigen muss und dort in der Regel eine kurze Wartezeit hinzu kommt. Das hat nichts mit gefühlt schnellerem Vorankommen zu tun, sondern es ist auch tatsächlich von Tür zu Tür schneller.

Ich meinte ja nicht, dass ich mit dem Bus zur S-Bahn fahren könnte und da umsteige, sondern dass der Bus mich ans endgültige Ziel bringen kann, also ich direkt vor meiner Tür einsteige und am Ziel wieder aussteige und das ein paar Minuten früher, als wenn ich zur Bahn laufe und da einsteige. Dennoch wähle ich meistens die Variante mit längerer Fahrzeit, weil mich dieses ständige Anhalten beim Bus nervt.
Solche praktischen Busse gibt es bei mir nicht ^^
Zitat
def
Zitat
Marienfelde
Immerhin bietet sich u.a. durch die aktuelle Klimadebatte die Chance, stärker auf bessere Angebote zu setzen und für diese zu werben. Ein (teilweiser) Übergang auf 20-Minutentakte und auch eine Erweiterung der Betriebszeiten wären sicher Mittel, um den Anteil des ÖV am Modal Split im Ruhrgebiet zu erhöhen.

Die politische Bereitschaft, für den Ausbau des öffentlichen Verkehrs auch Geld in die Hand zu nehmen, ist natürlich unabdingbar - diese Einsicht sollte auch in Städten wie Essen, Mülheim (Ruhr), Recklinghausen usw. wachsen.

Da hast Du Recht, und Bochum investiert ja z.B. gerade einiges, auch in ein verbessertes Angebot. Mülheim ist aber weiterhin ein Krampf.

Allerdings: bitte kein teilweiser Übergang zum 20-min-Takt. Geht man davon aus, dass der Grundtakt im Ruhrgebiet der 30-min-Takt ist (z.B. bei der S-Bahn), würden die Anschlüsse reiner Zufall werden. Wenn, dann bitte so konsequent sein und auf einen 15-min-Takt verdichten. Und, um den Bogen zurück nach Berlin zu schlagen: das gilt natürlich auch hier. Hierzustadt ist nun mal (im Tagesverkehr) der 20-min-Grundtakt durch die S-Bahn vorgegeben, da finde ich solche Späße wie den 15-min-Takt durch der 12 problematisch. Der ist nichts Halbes und nichts Ganzes.

Vorab noch ein Satz außerhalb des Themas: Ich halte die Umstellung des S-Bahntaktes im VRR von 20 auf 30 (15) Minuten für falsch und befürchte deswegen teilweise Rückgänge der dortigen Fahrgastzahlen.

In Berlin gab es seitens der BVG ja vor vielen Jahren auch einmal Überlegungen, vom 20-Minutentakt abzugehen und auf 30 bzw. 15-Minutentakte überzugehen. Soweit ich weiß, unterblieb dies u.a. wegen der dann anzunehmenden massiven Fahrgastverluste auf den "30-Minuten-Linien".

Zur 12: Eine weitere Aufwertung der Linie durch einen 10-Minutentakt an Sonnabenden würde ich auch deswegen für gut halten, weil mit ihr in Teilbereichen der U-Bahnlinien 2 und 8 die "Alternative Oberflächenverkehr" in dichten Innenstadtbereichen gestärkt werden würde.

Ich verstehe Deine Bedenken gegen den 15-Minutentakt, weil er nicht zum in Berlin üblichen Grundtakt von 20 Minuten paßt. Im konkreten Fall der 12 würde ich eine zwischenzeitliche Verdichtung von 20 auf 15 Minuten an Sonntagnachmittagen dennoch für eine Verbesserung halten.

Die dann nicht mehr kalkulierbare Umsteigezeit z.B. von diversen Buslinien in Weißensee ist sicher ein gewichtiges Argument dagegen. Allerdings kann ich die großen, zu bevorzugenden Umsteigebeziehungen nicht erkennen. Daher würde ich in diesem Einzelfall den Vorteil des dichteren Takts (und damit der durchschnittlich kürzeren Wartezeiten) höher gewichten. Klar: Langfristig sollte so eine Linie auch am Sonntag alle 10 Minuten bedient werden, jedenfalls am Nachmittag.
Zitat
def

Ja. Denn ohne die Parkplätze auf der Gegenseite könnten die Gleise etwas weiter in der Mitte liegen, und schon wäre Platz für beidseitige Radwege gewonnen.

Man mag diese rigorose Position zwar vertreten können und als wünschenswert erachten, dass sie sich in der Realität umsetzen lässt, ist jedoch fraglich. Selbst eine partielle Reduktion von Parkraum führt häufig zu lautstarken Einwänden der Anwohner. Was nicht heißen soll, dass man nicht alle Versuche in dieser Richtung unternehmen darf. Aber auch hier geht es um die in Rede stehende Mehrheitsfähigkeit und einen gesellschaftlichen Konsens, der in diesem Falle übrigens auch nicht alle Probleme löste, wie das nachstehende Foto aus der Wassersportallee veranschaulicht.



Zitat
def

Ja. Da muss man natürlich Wege finden, um diese Gefahren zu minimieren. Interessant wäre hier aber eine weitere Untersuchung der genannten Unfälle. Gerade in Essen halte ich es für nicht unwahrscheinlich, dass durch eine andere Straßengestaltung gefährliche Situationen vermieden werden könnten.

Absolut! Und das war irgendwann im Verlauf dieses Threads auch der inhaltliche Ausgangspunkt, bezogen auf die Wehrhahnlinie. Denn auch U-Bahnen können im Einzelfall die Situation für Radfahrer verbessern, wenn eine andere Raumaufteilung mit oberirdischen Strecken nicht konfliktfrei möglich ist. Diesbezüglich hatte ich die Frage aufgeworfen, wie man bei einer dynamischen Straßenraumfreigabe in Anbetracht der erforderlichen Aufstellungen, aber auch der „Pförtnerampeln“ eine angemessene und befriedigende Radinfrastruktur schafft, ohne dass Radfahrer durch den MIV ausgebremst werden oder entlang des Rillengleises fahren müssen.

Wie man es am besten nicht macht, zeigt nach meinem Dafürhalten die gegenwärtige Straßenbahnplanung vom Alexanderplatz zum Potsdamer Platz, wo die Verkehrsteilnehmer aller Couleur wahrhaftig gegeneinander ausgespielt werden, letzteres man mir ja jüngst auch vorwarf.

Gemessen an der durchschnittlichen täglichen Verkehrsstärke von 40.000 - 50.000 Kfz inklusive Lkw ist es nicht ausgemacht, dass die Aufstellflächen und die Abbiegespuren in ihrer Länge kapazitiv auf der Leipziger Straße ausreichen. Entsprechende Vorbehalte wurden bereits bei der Informationsveranstaltung am 5. Juni 2019 in der Marienkirche deutlich. Einer der Projektverantwortlichen merkte während seiner Moderation treffend an: „Das zeigt, Linksabbiegen geht da (eigene Anmerkung: an der Friedrichstraße) nicht mehr. Und an der Wilhelmstraße ist das auch nicht so einfach. Wir wollen natürlich so viele Linksabbiebeziehungen erhalten wie möglich.“

Größter Konfliktherd sind indes die Radwege im Bereich der Straßenbahnstationen. Oder wie es derselbe Sprecher ausdrückte: „Ich weiß, dass dieses Thema Gestaltung der Haltestellen gerade zwischen uns ÖPNV-Planern und den Radverkehrsplanern zu intensiven Diskussionen führen wird.“


Simulation der beiden zu untersuchenden Varianten für eine Straßenbahn auf der Leipziger Straße. Quelle: Senatsverwaltung für Umwelt, Verkehr und Klimaschutz, b(u)ilder. fotografie + architektur h.blaukat

Zitat
def

Viele schöne Fremdworte benutzen, aber Sarkasmus und die Bedeutung des Konjunktivs nicht verstehen.

Ich revanchiere mich im selben oberlehrerhaften Duktus: Bedingte sich in diesem Falle jener Sarkasmus nicht besser den Irrealis anstelle des Konjunktivs I aus?

Zitat
def

Nirgends steht allerdings, dass simple Umfragen zu diesen Organen gehören.

Wozu auch? Sie sind ja lediglich Spiegel und Seismograph jener gesellschaftlichen Mehrheiten, die sich entweder spätestens auf die Wahlergebnisse niederschlagen oder bereits während einer Legislaturperiode zu Volksbegehren führen. Sonach können sie den Parteien und Politikern allerdings eine Hilfe sein, ihre programmatischen Ziele besser einzuordnen.

Zitat
def

Dabei nimmt jeder Wähler allerdings immer Kompromisse in Kauf. Denn eine Partei, die 100 % der eigenen Meinung entspricht, wird es nie geben. Vor diesem Hintergrund würde ich auch die Umfrage aus Hamburg sehen: "ablehnen" ist ein weites Feld. Da passt Ablehnung aus tiefster Überzeugung ebenso rein wie ein "Ich würde die Stadtbahn nicht bauen, aber sollen sie halt".

Insofern wäre es vielleicht hilfreich, ein Plebiszit nach dem Vorbild des Mobilitätsgesetzes durchzuführen, welche Infrastrukturmaßnahmen im Bereich von Straßenbahn und/oder U-Bahn Priorität genießen sollen.

Zitat
def

Richtig. Aber deshalb wäre es Aufgabe der politischen Parteien, für ihre Anliegen zu kämpfen (= mein Vorschlag), und nicht den Kopf in den Sand zu stecken und zu sagen "Gibt halt keine Mehrheiten, lassen wir's sein" (= Dein Vorschlag).

Mitnichten ist das mein Vorschlag. Ich möchte nur einerseits keine Politik, die ihren Wahlversprechen gegenüber eine 180-Grad-Wende hinlegt, und andererseits keine Politik, die sich ideologisch geleitete Denkverbote auferlegt.

Zitat
def

Die Ruhrgebietstunnel (und jener in Ludwigshafen) sind hingegen seit Jahrzehnten in Betrieb und haben dennoch keine Nachfrage generiert, die für mehr als einen 30-min-Takt auf vielen Linien reicht. Und trotz der Tunnel ist der MIV-Anteil am Modal-Split mit 58 % im Ruhrgebiet weitaus höher als in anderen (allen?) großstädtischen Räumen Deutschlands. Offensichtlich wurden die Tunnel auch nicht genutzt, um an der Oberfläche Fuß- und Fahrradverkehr zu fördern.

Von allgemein den Ruhrgebietstunneln zu sprechen, ist schwierig. Die U35 in Bochum hat täglich 94.000 Fahrgäste, was man wohl durchaus als Erfolg ansehen kann. Zum Vergleich nutzten die Straßenbahnlinie 305 im Jahre 1989 täglich rund 18.300 Fahrgäste. Zwar nicht mehr Ruhrgebiet, jedoch Bestandteil der gemeinsamen Stadtbahn-Rhein-Ruhr-Planung: der Düsseldorfer Innenstadttunnel. Allein auf diesem Tunnelabschnitt zwischen Heinrich-Heine-Allee und Düsseldorf Hauptbahnhof stiegen die Fahrgastzahlen zwischen 1988 und 1993 um 75% (Quelle: Landeshauptstadt Düsseldorf - Presseamt, U-Bahn-Bau: Ein neues Etappenziel ist erreicht)!

Aus den Zahlen des Modal Splits jetzt pauschal die Schlussfolgerung zu ziehen, dass der durchaus horrende Anteil des MIV auf den U-Bahnbau bzw. den nicht ausreichend erfolgten Umbau der Oberflächen zurückzuführen ist, kann man getrost als abwegig erachten. Ob in Duisburg die Königstraße oder in Bochum weite Teile der Innenstadt. Die Plätze wurden in erster Linie in Fußgängerzonen umgewandelt. Wie schwierig es ist, anhand des Modal Splits eine Aussage über die Qualität des örtlichen ÖPNVs und seiner Verkehrsmittel ableiten zu wollen, zeigt nicht zuletzt ein Blick nach Chemnitz, wo der MIV-Anteil bei 54% liegt - trotz Straßenbahn und Attraktivierung mittels des Chemnitzer Modells. In Osnabrück wiederum bewegt sich der MIV-Anteil bei „nur“ 53%, der des ÖPNV indes bei 16%, obschon es keinen nennenswerten städtischen SPNV, sondern in erster Linie ein Bussystem gibt.

Die wesentliche Ursache für die hohe MIV-Quote im Rhein- und Ruhrgebiet dürfte vielmehr bei der übergeordneten Straßeninfrastruktur und dem damit verbundenen dichten Autobahnnetz zu suchen sein.
Zitat
M2204

Auch wenn wir sehr deutlich den Threadinhalt verlassen, noch ein paar Worte zu Düsseldorf und die Konsequenzen dieses neuen Tunnels aus ÖPNV-Sicht:

  • Durch die Wehrhahnlinie wurde in Düsseldorf ein drittes unkompatibles System geschaffen (klassische Straßenbahn, Niederflurstadtbahn mit Zugsicherung und Hochflurstadtbahn). Dies bedeutet Restriktionen im Betrieb, getrennte Flottenvorhaltungen und Reserveprobleme, gerade bei der Wehrhahnlinie, deren Fahrzeuge exklusiv aus einer Serie stammen und man auf Wohl und Wehe auf diese angewiesen ist.

In der Tat ist das Dividieren des Stadtbahnsystems in zwei untereinander nicht kompatible Teile auch in meinen Augen ein Problem, wenngleich ich die Intention nachvollziehen kann. Unterdessen gibt es auch bei Straßenbahnsystemen Inkompatibilitäten innerhalb ihrer Netze, die linienbezogene Fahrzeugbindungen erfordern. Man denke an die BVG und ihre Ein- und Zweirichter sowie die linksseitigen Bahnsteige am Frankfurter Tor, der Warschauer Straße/Grünberger Straße und der Eberswalder Straße.

Im Bereich der Zugsicherung vereinheitlicht man ja in Düsseldorf aktuell die Systeme, sodass am Ende zwischen Hoch- und Niederflurstadtbahn zumindest bei den Bauteilen Gleichheit besteht.

Zitat
M2204

  • Die Zugangswege zur neuen Station Heinrich-Heine-Allee (Wehrhahn) sind absurd lang und verlängern die Wegezeiten erheblich. Das dichte Düsseldorfer Innenstadtstraßenbahnnetz ist der entscheidende Vorteil des ÖPNV dort gewesen. Man fällt an jeder Ecke in die Straßenbahn und diese ist für den vorherrschenden Kurzstreckenverkehr hoch attraktiv.

Die Umsteigewege zu den vorherig an der Oberfläche im Richtungsverkehr aufgegliederten und verstreuten Haltestellen waren aber vor allem zur Kasernenstraße hin nicht unbedingt dichter. Über den Abgang am Südkopf der Hochflurstadtbahn ist die -2-Ebene mit der darunter liegenden Wehrhahnlinie direkt miteinander verbunden, was den Umstieg verkürzt.

Zitat
tunnel-online/tunnel 04/2010, Bauverlag BV GmbH


Simulation des zentralen Umsteigebahnhofs U-Heinrich-Heine-Allee. Quelle: tunnel-online/tunnel 04/2010, Bauverlag BV GmbH, Artikel: Wehrhahn-Linie in Düsseldorf: Planung, Architektur und Ausführung

Die Attraktivität des oberirdischen Straßenbahnverkehrs anlangend, kann man es vielleicht darauf herunterbrechen: Was des Kurzstreckenfahrgastes Freud, ist des Langstreckenfahrgastes Leid. Insbesonders der Abschnitt Friedrichstraße/Elisabethstraße war verkehrsbedingt störungsanfällig, was nicht mal der VCD in seiner Stellungnahme zum Planfeststellungsbeschluss der Wehrhahnlinie bestritt: „In punkto Zuverlässigkeit auf der Strecke hat die U-Bahn Vorteile gegenüber dem oberirdischen Status quo ...“

Ich bestreite nicht, dass es Relationen gibt, auf denen sich durch Umsteigezwänge Nachteile ergeben, die mögliche Zeitersparnisse des Tunnels aufzehren. Auf der anderen Seite hat sich die Erreichbarkeit der Altstadt über die S-Bahnhöfe Bilk und Wehrhahn deutlich verbessert.

Zitat
M2204

  • Durch die Wehrhahnlinie wurden attraktive Verbindungen aus dem Norden in die Altstadt abgeschnitten und auf die periphere Berliner Allee umgelegt, da es für eine weitere Rampe nicht gereicht hat. In der Berliner Allee hat man jetzt ein überdimensioniertes Angebot und weite Wege zu den eigentlichen Zielen in der Altstadt etc. Und jetzt kommt bitte keiner auf das Argument, das man doch eben kurz vor dem Ziel in den Keller steigen könnte.
  • Der in den 80er Jahren bereits angelegte Mittelbahnsteig brachte das Erfordernis, dass die Wehrhahnfahrzeuge auf beiden Seiten Türen haben mussten. Dies nimmt Sitzplätze. Man vergleiche nur mal den NF8/NF10 als Vergleich zum NF8U: Viele Sitzplätze attraktiv in Fahrtrichtung vs. Wandgebirge ohne vernünftigen Fahrgastfluss. Außerdem werden jetzt an anderen Stellen im Stadtgebiet Mittelbahnsteige angelegt, mit neuen Restriktionen für den flexiblen Fahrzeugeinsatz.

Ob man noch mal kurz in den Keller steigen möchte oder von U-Schadowstraße die 800 Meter zur Bolkerstraße läuft, kann, darf und muss jeder für sich selbst entscheiden. Richtig ist, dass die Direktverbindung der 715 zur Heinrich-Heine-Allee weggefallen und ein Umsteigezwang entstanden ist. Wobei die Möglichkeiten bei der 705 aus meiner subjektiven Sicht mit den Übergängen U-Nordstraße, U-Schadowstraße, ggf. U-Steinstraße/Königsallee durchaus komfortabel sind.

Es ist der Preis dafür, dass sich 25 Straßenbahnen pro Stunde und Richtung nicht mehr durch Nadelöhre wie die Altstadt kämpfen, deren Platz jetzt vollkommen den Fußgängern zugutekommt.


Die Kasernenstraße vor Inbetriebnahme der Wehrhahnlinie.

Zitat
M2204

  • Der bisherige Straßenraum war für eine oberirdische Führung mehr als ausreichend. Wenige Abmarkierungen und eigene Bahnkörper ggf. auch zu Lasten von Parkplätzen hätten die Behinderungen ohne Probleme beseitigt und die Fahrzeit deutlich reduziert. Verspätungen der vergangenen Jahre stammen aus den massiven Baumaßnahmen im Bereich Kö-Bogen (Gebäude, Autotunnel) aber auch durch die Wehrhahnlinie selbst. Die von def genannten 100 Mio hätten eine Luxusbeschleunigung hergegeben und die heutige Fahrzeit fast erreicht.
  • Die Zwischenphase als die Straßenbahn provisorisch über den Köbogen geführt wurde (unlautere Vergleichsbilder aus einer Bausituation heraus siehe oben; Marktplatz Bremen oder dortige Obernstraße wäre ein passender Vergleich gewesen) haben nochmal nachdrücklich den Erfolg der oberirdischen Straßenbahn gezeigt. Die Bereiche waren hochfrequentiert und die Kunden sind direkt in die Geschäfte gefallen. Oberirdisch gab es extrem kurze Umsteigewege zu den Berliner-Allee-Linien. Zur Hochflurstadtbahn im Keller ist es nicht wesentlich weiter als heute gewesen (Der Weg von Ebene -2 (Hochflurstadtbahn) zur Ebene -3 ist jetzt auch nicht sooo kurz und außerdem befördern die Haltepositionen schon Wege auf den Bahnsteigen und nervige "Zuläufer" sowie den "erste-/letzte-Tür-Effekt". Die Verteilung aus dem Zwischengeschoss (-1) zwischen Oberfläche und Stadtbahn war vorher gut gelöst. Jetzt sieht man oberirdisch direkt nach Geschäftsschluss leere Straßen.

Die von mir gezeigten Fotos sind in meinen Augen keineswegs unlauter. Beispielsweise das nachstehende präsentiert den Schadowplatz vor Inbetriebnahme der Wehrhahnlinie, für den die dahinter liegende Baustelle des Corneliusplatzes unerheblich ist.



Der Querschnitt zwischen den Gebäuden beträgt verjüngt 12 Meter. Hätte man die oberirdische Strecke erhalten, so hätte man zwischen Schadowstraße und Königsallee eine weitere Fußgängerzone geschaffen, die sich auf die Fahrzeit und die Zuverlässigkeit kontraproduktiv ausgewirkt hätte. Bei insgesamt 50 Straßenbahnen pro Stunde ein nicht zu unterschätzender Umstand, weshalb ich wiederholt das Beispiel Karlsruhe bemüht habe, wo Pulkbildungen an der Tagesordnung sind. Darüber hinaus liegt der Mehrwert, so man ihn als Mehrwert sehen möchte, darin, die durch die U-Bahn gewonnen Flächen freigiebig nach den Bedürfnissen von Fußgängern und u. U. Radfahrern aufteilen zu können. Die endgültige Wirkung wird der Kö-Bogen ohnehin erst mit Abschluss des Kö-Bogens II entfalten. Erst dann lässt sich seriös die Besucherentwicklung beurteilen. Und belebtere Fotos vom Schadowplatz als das an einem Sonntag aufgenommene Bild aus Wikipedia findet man z. B. hier: [www.fotocommunity.de]

Überdies ist keineswegs sicher, ob gemessen an der in Rede stehenden dichten Taktfolge eine dynamische Straßenraumfreigabe in der Friedrichstraße bzw. Elisabethstraße überhaupt problemlos möglich wäre. Dr.-Ing. Anette Albers, die über das Thema ihre Dissertation verfasst hat, zieht die Grenze bei 12 Straßenbahnen pro Stunde und Richtung. Last, but not least sollen als Ergebnis des mit den Anrainern geführten Moderationsverfahrens auf beiden Verkehrsadern Stellplätze reduziert, die Gehwege verbreitert und 2,50 Meter breite Radfahrstreifen angelegt werden.

Zitat
M2204

Direkt nach Verlassen der Tunnel erreicht die "U-Bahn" wieder straßenbündige Führungen und Behinderungsquellen (wobei man jetzt an vielen Stellen gegensteuert, z.B. in der Grafenberger Allee), so dass der Tunnelbonus schnell verbraucht ist.

Nicht von ungefähr kommt der jüngste Vorstoß, wider Erwarten doch eine Südverlängerung der Wehrhahnlinie in Angriff nehmen zu wollen: [www.wz.de]
Anonymer Benutzer
Re: Sammelthread: Verkehrspolitik in Berlin
12.01.2020 00:57
@M2204 und Christian Linow: Vielen Dank für euren sachlich fundierten Diskurs und die Mühe, die dahinter steckt! :-)
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