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Sammelthread: Verkehrspolitik in Berlin
geschrieben von Arnd Hellinger 
Zitat
def
Zitat
Logital
Um festzustellen ob Frau Nikutta nur nach Auftrag handelt müsste doch erstmal öffentlich klar sein welchen Auftrag sie überhaupt hat und in der Vergangenheit hatte.

Dazu sind bisher nur Mutmaßungen bekannt a la "Die Politik ist eh immer schuld"
Oder "Die BVG soll Gewinne machen".

Ich denke ja (zugegebenermaßen ohne Kenntnis dieser Details), dass weder Nikutta noch die sPD ihre Hände in Unschuld waschen können. Denn zum einen: Wer ist eigentlich für das Funktionieren der BVG verantwortlich, wenn nicht ihre oberste Mitarbeiterin? (Und wenn dem nicht so ist, haben wir es hier einen gewaltigen Fehler im Unternehmenskonstrukt zu tun.) Zum anderen spricht aber auch das Einhauen der sPD auf Nikutta Bände: getroffene Hunde bellen. Im fraglichen Spare-es-egal-was-es-koste-Zeitraum war die sPD sowohl für Verkehr als auch für Finanzen zuständig, also für die Ressorts, die U-Bahnen hätten beschaffen müssen. Das scheint auch der sPD klar selbst zu sein, weshalb sie - eh schon im völlig verdienten Umfragetief - panisch mit dem Finger auf andere zeigt, auch wenn es dann Personen trifft, die sie selbst eingesetzt hat. (Denn das ist ja das wirklich lustige, was diese einst sozialdemokratische Partei in ihrer Panik nicht bedenkt: die sPD hat - natürlich mit ihren jeweiligen Koalitionspartnern - Nikutta jahrelang gewähren lassen. Selbst wenn man es schafft, die Schuld völlig an ihr abzuladen, bleibt etwas an der Partei hängen.)

Man muß aber doch immer die jeweilige konkrete Situation beachten, in der Entscheidungen für oder eben auch gegen neue U-Bahnzüge fallen soll(t)en. Die von Klaus Wowereit geführten Senate haben aus meiner Sicht eine insgesamt überzogene Sparpolitik betrieben. Dazu gab es Finanzsenatoren, denen man eine übertriebene Wertschätzung des ÖPNV sicher nicht nachsagen kann - einer dieser Senatoren gehörte der (sozialdemokratischen) Partei bezeichnenderweise nicht einmal an (o.k. - "Folien-Thilo" war auch nicht besser).

Unter solchen Bedingungen konnte man sicherlich auf den sich abzeichnenden Ersatzbedarf bei der U-Bahn hinweisen, vielleicht ist das intern ja auch geschehen. Irgendwann läßt man es vielleicht aber auch bleiben, wenn man den Eindruck gewinnt, mit einer Wand zu reden. Dazu kam dann ab 2011 noch ein ja auch nicht immer nur starker Senator (Michael Müller), der in der damaligen Konstellation ein wenig auf verlorenem Posten gestanden haben mag - beim damaligen Koalitionspartner zumal.

Wichtig ist doch, wenigstens jetzt die begangenen Fehler Schritt für Schritt zu korrigieren. Mittelfristig (in fünf bis zehn Jahren) wird es dann auch wieder besser werden,

meint Marienfelde.
Zitat
Marienfelde
Unter solchen Bedingungen konnte man sicherlich auf den sich abzeichnenden Ersatzbedarf bei der U-Bahn hinweisen, vielleicht ist das intern ja auch geschehen. Irgendwann läßt man es vielleicht aber auch bleiben, wenn man den Eindruck gewinnt, mit einer Wand zu reden.

In diesem Fall schreibt man eine E-Mail an die beiden zuständigen Senator/innen, in der man seine Bedenken zusammenfasst, und speichert diese Mail nochmal ab (im Falle eines Jobwechsels auch extern). Es heißt nicht umsonst "Wer schreibt, der bleibt" - wahrscheinlich aber auch nur unterhalb eines gewissen Einkommens, in einem Bereich, in dem man für sein Tun oder Nichtstun tatsächlich verantwortlich ist.



1 mal bearbeitet. Zuletzt am 23.01.2019 09:12 von def.
Anonymer Benutzer
Re: Sammelthread: Verkehrspolitik in Berlin
23.01.2019 20:11
Zitat
def

Ernsthaft? [....]

Wenn ich Dein Argument zu Ende denke, finde ich es extrem bedenklich: wenn noch nicht mal denjenigen, die keinen wirtschaftlichen Absturz fürchten müssen, die äußerst weich fallen, die wegen der Verantwortung, die sie angeblich tragen, ziemlich viel Geld verdienen, die ja angeblich die Elite dieses Landes bilden, Rückgrat zuzumuten ist - wer soll dann überhaupt Rückgrat zeigen? [...] Und da soll es einer äußerst privilegierten Managerin, die höchstwahrscheinlich wirtschaftlich abgesichert ist, nicht zuzumuten sein, den Kauf von U-Bahnen oder eine bessere Bezahlung des Personals auf das Risiko des Jobverlusts hin durchzusetzen?

Es ging mir nicht darum, diese Ansicht zu befürworten oder Zumutbarkeit abzusprechen, es war nur eine ganz nüchterne Betrachtung einer möglichen Sichtweise. Ich halte diese Posten eh für überbezahlt und vielleicht ist das auch das Problem. So einen attraktiven Job gibt man dann vielleicht wegen fehlender Überzeugung nicht so schnell auf. Es muss aber eben auch ziemlich ernüchternd sein zu wissen, dass man im Zweifel gegen Windmühlen kämpft, kaum Rückendeckung hat, vieles riskiert, wenig erreicht und am Ende, wenn man zu unbequem wird, einfach gegen jemanden, der die Ziele des Unternehmens besser vertritt, ausgetauscht wird. Leider möchte ja heute kaum noch jemand Verantwortung übernehmen. Ansonsten bin ich grundsätzlich der Meinung: Wenn man mit Bauchschmerzen zur Arbeit geht und sich nicht mehr im Spiegel ansehen kann, sollte man neue Wege gehen.
Ich will Frau Nikutta nichts unterstellen. Ich glaube nicht, dass es die einfache Entscheidung zwischen Kopf einziehen und Pfründe schützen und offener Rebellion wirklich gibt. Aber sollte sie wirklich das Wohlwollen der Politik über das Funktionieren des Betriebes stellen, dann hat sie von mir keine Mitleid zu erwarten. Dafür ist ihr Job einfach zu gut dotiert.
Was anderes, heute musste sie vor der sPD-Fraktion Rede und Antwort stehen. Der RegBM hat sich wohl schon vorher verkrümelt, da wichtigeres zu tun war (allein das finde ich schlimmer als alle unterstellte Nikutta-Untätigkeit).
Jedenfalls hat sie dort - meines Wissens erstmals, korrigiert mich bitte! - öffentlich ein ungeschminktes (und wenn ihr mich fragt: recht düsteres) Bild des Zustandes der BVG gezeichnet. Ganz ohne die markigen Sprüche von Frau Nelken oder ihrer Marketingabteilung. Das allein ist kein Grund zur Freude, aber es geht endlich mal in die richtige Richtung. Die der ehrlichen Kommunikation von Mißständen.

Im übrigen sind sich Politiker parteiübergreifend einig, dass eine Verbesserung des Ist-Zustandes auch gerne mehr Geld kosten darf. Immerhin bemerkenswert.

Peter Neumann hat das - wie ich finde ganz hübsch - in einem Thesenpapier (und einer Infografik) zusammengefasst:
https://www.berliner-zeitung.de/berlin/verkehr/bvg-krise-was-sich-aendern-muss--damit-sich-der-betrieb-wieder-stabilisiert-31926306
Anonymer Benutzer
Re: Sammelthread: Verkehrspolitik in Berlin
24.01.2019 01:59
Zitat
schallundrausch

Peter Neumann hat das - wie ich finde ganz hübsch - in einem Thesenpapier (und einer Infografik) zusammengefasst:

Dazu gehört neben dem Ausbau der Fahrzeugflotten auch der Personalaufbau bei Fahrerinnen und Fahrern, in den Werkstätten und für Sicherheit und Service.“ 2019 soll es 1100 Einstellungen geben, davon 720 im Fahrdienst und 113 in den Werkstätten.

Da brennen mir aber die Fragen auf der Zunge: Wo bekommen sie dieses Personal her und wie viele gehen, beispielsweise in Rente oder orientieren sich um? Die S-Bahn schafft es nicht, 720 Leute in einem Jahr im Fahrdienst zusätzlich einzustellen, trotz gutem Gehalt und unbefristeter Arbeitsverträge. Man kommt vielleicht auf 150 am Ende Einsatzfähigen, wobei dann wiederum eben auch viele in Rente gehen oder das Unternehmen verlassen. 720 (!) ist für mich eine absolut utopische Zahl, allein wenn man bedenkt, wie lange ein Lehrgang dauert und die Durchfallquote berücksichtigt. Oder hat die BVG mittlerweile extrerne Stellen, die für sie ausbilden? Bei uns arbeiten schätzungsweise 1400 Tf. Bei der BVG will man es schaffen, in einem Jahr die Hälfte davon ausgebildet in den Fahrdienst zu schicken? Respekt.

Für mich sind das Zahlen, die auf dem Papier existieren, sozusagen auf der Wunschliste. Realisieren lassen wird sich das nicht.



2 mal bearbeitet. Zuletzt am 24.01.2019 02:02 von Railroader.
^^

... ich hoffe, Du wirst nicht recht behalten, aber ich hatte beim Lesen einen sehr ähnlichen Gedanken.
Zitat
Railroader
Da brennen mir aber die Fragen auf der Zunge: Wo bekommen sie dieses Personal her und wie viele gehen, beispielsweise in Rente oder orientieren sich um? Die S-Bahn schafft es nicht, 720 Leute in einem Jahr im Fahrdienst zusätzlich einzustellen, trotz gutem Gehalt und unbefristeter Arbeitsverträge. Man kommt vielleicht auf 150 am Ende Einsatzfähigen, wobei dann wiederum eben auch viele in Rente gehen oder das Unternehmen verlassen. 720 (!) ist für mich eine absolut utopische Zahl, allein wenn man bedenkt, wie lange ein Lehrgang dauert und die Durchfallquote berücksichtigt. Oder hat die BVG mittlerweile extrerne Stellen, die für sie ausbilden? Bei uns arbeiten schätzungsweise 1400 Tf. Bei der BVG will man es schaffen, in einem Jahr die Hälfte davon ausgebildet in den Fahrdienst zu schicken? Respekt.

Für mich sind das Zahlen, die auf dem Papier existieren, sozusagen auf der Wunschliste. Realisieren lassen wird sich das nicht.

Das das kein leichtes unterfangen wird bzw ist, das sollte jedem klar sein. Tollist es jedoch das endlich was passiert in hoher Anzahl, auch wenn es erstmal nur ein Ziel ist und manaktuell alles mögliche dran setzt, um dieses zu erreichen!

Von den 720 Fahrpersonalen sind es ja alleine 500 beim Bus, wo ja die Ausbildung auch externe Unternehmen könnten(bzw. die fahrer schon ausgebildet sind), nichts desto trotz arbeitet man wohl gerade daran die Fahrschulen im Schichtsystem auszubauen, weil es ja logischer Weise nicht ausreicht von den Kapazitäten. In den Werkstätten ist es schon was anderes, weil man dort ja schon ausgebildete Arbeitskräfte einstellen kann und diese dann erst im Anschluss weiterbildet. Aber auch dort ist es nicht so einfach geeignetes Personal zu finden, Hauptproblem ist die Schichtarbeit im dem Sektor.

Wie lange dauert den die Ausbildung zum S-Bahn Fahrer, beim Busfahrer sind es ca. 4 Monate.

Gut ist es, dass das Thema unmittelbar vor der Tarifrunde angesprochen wurde, um der Politik auch mal aufzuzeigen, dass der jetzige TV-N nicht unbedingt das beste Schriftstück ist, was es auf dem Markt gibt und da noch viel Luft nach oben ist. Sind wir mal gespannt.
Wie flexibel wäre eigentlich die Bezahlung über Zulagen möglich? Könnte die BVG jemandem, der abgesehen von den gesetzlichen Pausen und Ruhezeiten 24/7 parat steht, das drei- oder sogar vierfache zahlen, im Vergleich zu jemand, der Mo-Fr 9-18 Uhr arbeitet?
Zitat
Railroader
Zitat
schallundrausch

Peter Neumann hat das - wie ich finde ganz hübsch - in einem Thesenpapier (und einer Infografik) zusammengefasst:

Dazu gehört neben dem Ausbau der Fahrzeugflotten auch der Personalaufbau bei Fahrerinnen und Fahrern, in den Werkstätten und für Sicherheit und Service.“ 2019 soll es 1100 Einstellungen geben, davon 720 im Fahrdienst und 113 in den Werkstätten.

Da brennen mir aber die Fragen auf der Zunge: Wo bekommen sie dieses Personal her und wie viele gehen, beispielsweise in Rente oder orientieren sich um? Die S-Bahn schafft es nicht, 720 Leute in einem Jahr im Fahrdienst zusätzlich einzustellen, trotz gutem Gehalt und unbefristeter Arbeitsverträge. Man kommt vielleicht auf 150 am Ende Einsatzfähigen, wobei dann wiederum eben auch viele in Rente gehen oder das Unternehmen verlassen. 720 (!) ist für mich eine absolut utopische Zahl, allein wenn man bedenkt, wie lange ein Lehrgang dauert und die Durchfallquote berücksichtigt. Oder hat die BVG mittlerweile extrerne Stellen, die für sie ausbilden? Bei uns arbeiten schätzungsweise 1400 Tf. Bei der BVG will man es schaffen, in einem Jahr die Hälfte davon ausgebildet in den Fahrdienst zu schicken? Respekt.

Für mich sind das Zahlen, die auf dem Papier existieren, sozusagen auf der Wunschliste. Realisieren lassen wird sich das nicht.

Die Ausbildung zum Fahrdienst im Straßenverkehr hat aber längst nicht so hohe Anforderungen wie die zum Triebfahrzeugführer. Auch an die gesundheitlichen Anforderungen sind nicht so hoch.

*******
Das Gegenteil von ausbauen ist ausbauen.



1 mal bearbeitet. Zuletzt am 24.01.2019 07:39 von Logital.
Zitat
schallundrausch
Ich will Frau Nikutta nichts unterstellen. Ich glaube nicht, dass es die einfache Entscheidung zwischen Kopf einziehen und Pfründe schützen und offener Rebellion wirklich gibt.
(...)
Was anderes, heute musste sie vor der sPD-Fraktion Rede und Antwort stehen. Der RegBM hat sich wohl schon vorher verkrümelt, da wichtigeres zu tun war (allein das finde ich schlimmer als alle unterstellte Nikutta-Untätigkeit).
Jedenfalls hat sie dort - meines Wissens erstmals, korrigiert mich bitte! - öffentlich ein ungeschminktes (und wenn ihr mich fragt: recht düsteres) Bild des Zustandes der BVG gezeichnet. (...) Das allein ist kein Grund zur Freude, aber es geht endlich mal in die richtige Richtung. Die der ehrlichen Kommunikation von Mißständen.

Im übrigen sind sich Politiker parteiübergreifend einig, dass eine Verbesserung des Ist-Zustandes auch gerne mehr Geld kosten darf. Immerhin bemerkenswert.

Peter Neumann hat das - wie ich finde ganz hübsch - in einem Thesenpapier (und einer Infografik) zusammengefasst:
https://www.berliner-zeitung.de/berlin/verkehr/bvg-krise-was-sich-aendern-muss--damit-sich-der-betrieb-wieder-stabilisiert-31926306


Vielen Dank für den Link, das geht alles in die richtige Richtung. Einiges ist mir aufgefallen:

1. Die Mitglieder der SPD-Abgeordnetenhausfraktion wußten überhaupt nicht, zu welchen Löhnen die von der Partei seit Jahrzehnten betriebene Politik bei der BVG geführt hat. Das läßt ja schon wieder hoffen, wenn man sich die Lebenssituation der Leute, die man angeblich vertritt, immerhin einmal nahebringen läßt.

2. Weit in die Zukunft blickt Jens Wieseke von der IGEB mit dem automatischen Zugbetrieb bei der Berliner U-Bahn. Wenn im Laufe der nächsten Jahrzehnte Zugdichten von 20 oder gar 24 Zügen pro Stunde und Richtung erforderlich werden, sollte man sich diesem Thema auch in Berlin (wieder) nähern, trotz der damit verbundenen nicht unerheblichen Kosten.

3. Im Jahr 2018 fanden von jeweils geplanten 1.000 Straßenbahnfahrten 31 nicht statt. Von 969 durchgeführten Fahrten waren 90,1% pünktlich, also rund 873 Fahrten. 127 von 1.000 Fahrten fielen also entweder aus oder waren sehr verspätet - mehr als jede achte Fahrt.

4. Während im BVG-Zahlenspiegel seit Jahr und Tag immer nur "Planzahlen" zur angeblichen durchschnittlichen Reisegeschwindigkeit der Busse angegeben werden, scheint man sich nunmehr zur Veröffentlichung "noch realerer" Zahlen durchgerungen zu haben.

Demnach ist die Reisegeschwindigkeit der BVG-Busse von 19,3 km/h im Jahr 2009 auf 17,9 km/h im Jahr 2018 gefallen. Hier spiegelt sich jedenfalls auch das bisherige Desinteresse der Stadt an einem gut funktionierendem Oberflächenverkehr der BVG insgesamt wider. Das muß sich ändern, auch und gerade beim Bus.

5. Die "E-Busstrategie" der BVG und des Landes wird meines Erachtens nicht zu Unrecht hinterfragt. Mir selbst hätte es immer eingeleuchtet, zur Begrenzung lokaler Emissionen die eine oder andere stärkere innerstädtische Buslinie auf den seit vielen Jahrzehnten bewährten Obusbetrieb umzustellen.

6. Eher am Gemeinwohl ausgerichtete Vorstandsboni scheinen mir auch eine gute Idee zu sein, nicht nur bei der Eisenbahn.

7. Unter ganz schwierigen Bedingungen haben die nicht besonders gut bezahlten Kolleginnen und Kollegen der BVG im letzten Jahr 1.098 Millionen Fahrgäste befördert, trotz vermehrter Ausfälle und Verspätungen ein sehr ordentlicher Zuwachs von rund 34 Millionen Fahrgästen. Das verdient eine hohe Wertschätzung der Menschen, die hinter dieser Leistung stehen.

So, nun wünsche ich Euch einen schönen Donnerstag,
Marienfelde.
Zitat
VvJ-Ente
Wie flexibel wäre eigentlich die Bezahlung über Zulagen möglich? Könnte die BVG jemandem, der abgesehen von den gesetzlichen Pausen und Ruhezeiten 24/7 parat steht, das drei- oder sogar vierfache zahlen, im Vergleich zu jemand, der Mo-Fr 9-18 Uhr arbeitet?

Auch Zulagen sind im Tarifvertrag definiert.
Jetzt einfach mal so ginge nicht, dazu ist der Manteltarifvertrag gekündigt und es laufen aktuelle Verhandlungen dazu.
Es fällt aber auch auf, das die Lohngruppen der Mo-Fr 9-18.00 Jobs in den Stellenausschreibungen weit besser dotiert sind,
als die von Fahr und Werkstattpersonal nebst Infrastrukturabteilungen etc..

T6JP

PS: @ Marienfelde, grade zu Punkt zwei schwillt einem Kamm.
Anscheinend haben die Politikheinis immer irgendwelche reisserischen Zahlen im Hinterkopf, die von der Springerpresse suggeriert werden,
wenn es um Tarifverhandlungen und ähnlichem geht, da werden Beträge genannt die das Brutto irgendwelcher uraltbeschäftigten Busfahrer aus Westberliner Zeiten sind,
während die Wirklichkeit abdeckt, das z.B. bei der Straßenbahn ( Fahrpersonal ) schon mehr als die Hälfte Neubeschäftigte nach TVN sind, mit entsprechend weit schmalerem Salär.
Ein bisschen Eskalation tut ja manchmal ganz gut. Zumindest fordert keine Fraktion auch nur Ansatzweise Einsparungen, allenfalls wird angemahnt, dass die Regierung viel zu wenig tut.

Die tägliche Dosis Verkehrspolitik gibt es hier:
https://www.tagesspiegel.de/berlin/krise-der-verkehrsbetriebe-verstopftes-berlin-28-milliarden-euro-fuer-den-nahverkehr/23904926.html

Regine Günther wagt anscheinend die Flucht nach vorn. 28.000.000.000 Euro Investitionen in den nächsten 15 Jahren, 1650 U-Bahnwagen, 500 Straßnbahnzüge, 85 km neue Straßenbahnstrecke... mir wird ja ganz schwindelig bei diesen zahlen. OK, sind alles nur Absichten. Aber positiv ist: So wie sie sich gerade aufregt hat die Opposition kein Grund, gegen eine der Maßnahmen zu stellen, wenn sie denn zur Abstimmung vorgelegt wird. Man wird sehen.

Immer wieder erhellend, unterhaltsam und für die eigene politische Selbsteinordnung nicht ganz unhilfreich sind die Redebeiträge im O-Ton:
https://www.rbb-online.de/imparlament/berlin/2019/24--januar-2019/24-januar-2019---36--Sitzung-des-Berliner-Abgeordnetenhauses.html
Hier mal ein Redebeitrag herausgegriffen:
https://www.rbb-online.de/imparlament/berlin/2019/24--januar-2019/24-januar-2019---36--Sitzung-des-Berliner-Abgeordnetenhauses/oliver-friederici--cdu---as.html

OK, Friederici ist bei Sachthemen nun auch nicht unbedingt zuhause, wettert immer wieder über den BER (gibt es ma irgendwann einen Debattenbeitrag ohne diesen Gähner, hat was von nem Berliner Godwin?), das Faseln von einer U7 zum BER und einer U1 zum Ostkreuz ist nun auch ein wenig beliebig, bei den Radspuren steckt er einfach nicht in der Materie, die Mitverantwortung für die Haushaltsschieflage, die erst zu dem Spahrwahn führte, hat er auch irgendwie vergessen... drauf g'schissn, ABER: das Sozenbashing in der Einleitung fand ich einfach zu köstlich und leider auch sehr zutreffend. Allein die bedröppelten gesichter von Saleh und Müller, zum piepen. Der Gag zu den SPD-Finanzsenatoren war super vorbereitet, da musste selbst der Kollatz lachen. Herrlich. Das hat schon Kabarett-Qualitäten. Ich finde Politik was tolles.
Zitat
schallundrausch
Der Gag zu den SPD-Finanzsenatoren war super vorbereitet, da musste selbst der Kollatz lachen. Herrlich. Das hat schon Kabarett-Qualitäten. Ich finde Politik was tolles.

Ich nicht. Das ist, als wenn wir auf dem Niveau unserer Forumstreitigkeiten (aber mit noch weit weniger Fachkenntnissen) ernsthaft was zu entscheiden hätten.
Zitat
Global Fisch
Zitat
schallundrausch
Der Gag zu den SPD-Finanzsenatoren war super vorbereitet, da musste selbst der Kollatz lachen. Herrlich. Das hat schon Kabarett-Qualitäten. Ich finde Politik was tolles.

Ich nicht. Das ist, als wenn wir auf dem Niveau unserer Forumstreitigkeiten (aber mit noch weit weniger Fachkenntnissen) ernsthaft was zu entscheiden hätten.

Ich denke, im Verkehrsausschuss des Abgeordnetenhauses kommt man schon mindestens auf unser Kompetenzniveau, dort diskutiert man dann fachlich alles aus... Das Abgeordnetenhaus ist in dieser Hinsicht nur eine Show.

Gruß Nemo
---

Eine Straßenbahn ist besser als keine U-Bahn!!
Anonymer Benutzer
Re: Sammelthread: Verkehrspolitik in Berlin
25.01.2019 19:51
Zitat
Logital

Die Ausbildung zum Fahrdienst im Straßenverkehr hat aber längst nicht so hohe Anforderungen wie die zum Triebfahrzeugführer. Auch an die gesundheitlichen Anforderungen sind nicht so hoch.

Gut, da kenne ich mich nicht aus. Ich weiß, dass der Einstellungstest bei der U-Bahn damals recht anspruchsvoll war. Hat der Bus einen anderen Test?

Hauptsächlich geht es mir aber auch eher um die Frage, wie viele Leute überhaupt Bock auf die Tätigkeit haben und -ohne jetzt zu politisch werden zu wollen- muss man sich in diesem Zusammenhang eben auch fragen, ob Diskussionen über die Streichung von Hartz IV-Sanktionen der gegenwärtigen Situation auf dem Arbeitsmarkt zuträglich sind.



1 mal bearbeitet. Zuletzt am 25.01.2019 19:54 von Railroader.
@Railroader

Zu Deinen Ausführungen zu Sanktionen bei Hartz IV:

Ist denn den Fahrgästen, dem Verkehrsbetrieb und letztendlich dem Arbeitslosen gedient, wenn dieser in einen Job gezwungen wird, den er dann widerwillig macht ?

Derjenige, der dazu gezwungen wird, leidet vielleicht unter dem Zwang, lässt sich öfter mal krankschreiben bei jeder Kleinigkeit oder führt dann nur lustlos seinen Job aus.

Im Gegensatz dazu kenne ich jemanden, der Jahre arbeitslos war und Dank Umschulung nun Busfahrer bei der BVG ist und seinen Job mit Leib und Seele macht. Nur er wollte das machen.

Also mal gesagt, es ist alles nicht so einfach. Nur mal so ein Gedanke von mir.

**** Viele Grüße **** bleibt gesund !
Anonymer Benutzer
Re: Sammelthread: Verkehrspolitik in Berlin
25.01.2019 20:15
@Wollankstraße: Ich habe auch nicht gesagt, dass ich gänzlich gegen die Abschaffung der Sanktionen bin, aber ich bin eben auch nicht gänzlich dafür. Es gibt hier ein ausgewogenes Pro und Kontra, am Liebsten wäre mir, wenn man häufiger auch Einzelfallentscheidungen treffen könnte/würde und den Empfänger von Sozialleistungen mehr als Individuum betrachtet.

Ich kenne viele Kollegen, die die Chance genutzt haben und sehr dankbar dafür sind. Ich kenne aber im näheren und entfernten Bekanntenkreis auch viele Leute, die einfach keinen Bock haben zu arbeiten und Maßnahmen stets ablehnen, weil ihnen die Gruppe in der Weiterbildungsmaßnahme zu groß ist, sie immer so früh aufstehen müssen oder Wochenende gerne frei hätten. Und denen wird es schon jetzt zu einfach gemacht.

Ich bin weder dafür, jeden konsequent in eine Arbeitsmaßnahme zu stecken, noch dafür, jedem Faulenzer einen Freibrief zu erteilen. Und letztendlich gibt es auch heute schon sehr fleißige Leute, die eigentlich kaum Lust auf ihren Job haben und zusätzlich noch staatliche Hilfe benötigen. Bevor man also gänzlich Sanktionen abschafft sollte man erstmal zusehen, dass eben die Arbeit dieser Menschen auch anerkannt wird.

Das sind aber auch nur subjektive Gedanken, ich bin da recht unschlüssig.



1 mal bearbeitet. Zuletzt am 25.01.2019 20:23 von Railroader.
Anonymer Benutzer
Re: Sammelthread: Verkehrspolitik in Berlin
25.01.2019 20:21
Zitat
Wollankstraße

Derjenige, der dazu gezwungen wird, leidet vielleicht unter dem Zwang, lässt sich öfter mal krankschreiben bei jeder Kleinigkeit oder führt dann nur lustlos seinen Job aus.


Ich leide eben auch unter dem Zwang arbeiten zu müssen, wenn ich eine Frühschicht machen muss, weil ich frühes Aufstehen hasse. Wäre nun eine Krankschreibung in jedem Frühdienstblock gerechtfertigt? Du glaubst gar nicht, wie lustlos ich als Nachteule da meinen Job manchmal ausführe. ;-)
Die Sanktionen haben das Problem, dass sie das Modell Hartz-IV ad absurdum führen. Da rechnet ein Heer von hochbezahlten Spezialisten aus, was das allernötigste ist, was man zum Leben braucht. Mehr will man den nicht arbeitsfähigen oder -willigen ja nicht zugestehen. Und dann kürzt man dieses Minimum um beispielsweise 20% für einen geplatzten Termin, eine verweigerte Arbeit oder zu wenig Bewerbungen. Statt Geld für 30 Tage wird also nur welches für 24 Tage ausgezahlt. Frage: Wovon lebt der Mensch in den restlichen 6 Tagen? Wenn er das Geld während des Monats einsparen kann, war es vorher nicht das Minimum. Wenn der normale Satz das Minimum ist, wäre die korrekte Bezeichnung der Sanktion "6 Tage hungern".
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