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Arnd Hellinger
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Lopi2000
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Arnd Hellinger
...Ergo bestand für sie seitdem durchaus die Möglichkeit, selbst den Einbau von Schallschutzfenstern etc. - sogar steuermindernd - in Auftrag zu geben.
Warum sollten sie diese auf Verdacht vorzeitig selbst einbauen, wenn im Grundsatz das Verursacherprinzip gilt und das Problem ohnehin noch nicht akut ist?
Man kann allerdings auch darüber streiten, ob Dein "Verursacherprinzip" vorliegend überhaupt zur Anwendung kommen kann. Schließlich geht es hier in erster Linie um die Wiederherstellung eines bis 1952 gegebenen Zustands, der eisenbahnrechtlich nie aufgehoben war. Dass man heute im Zuge dessen S-Bahn und "Fernbahn" trennt, ist in erster Linie den unterschiedlichen Stromsystemen geschuldet (unabhängig von der resultierenden Möglichkeit dichterer Zugfolge und einer stabileren Betriebsführung) und hätte unter "normalen politischen Rahmenbedingungen" spätestens Anfang der 1960er Jahre ohnehin stattgefunden.
Insofern hätten die Anwohner sehr wohl mit der Reaktivierung (spätestens eben ab 1992) rechnen müssen und entsprechend agieren können. Bei reaktivierten Straßen jener Zeit ging's doch auch - warum also nicht bei der Dresdener Bahn...?
Gefühlt gehe ich ja total mit Deiner Argumentation mit - > da war schon immer eine Eisenbahnstrecke > da war schon immer Lärm > jetzt fahren da halt ein paar Züge mehr > kein Grund sich aufzuregen. Im Prinzip deckt sich das mit meiner heuristischen Vorstellung von Gerechtigkeit.
So, jetzt haben wir aber eine wesentliche Änderung der baulichen Anlagen, damit braucht's eine neue Planfeststellung und alle aktuellen Normen, hier geht es ja vor allem um das Bimschg (herrliches Wort, bitte nie wieder aussprechen, nur noch das Akronym verwenden), müssen zwingend beachtet werden. Das ist ja auch gut und nur fair, die Lichtenrader sollen ja nicht besser oder schlechter gestellt werden als irgendwer sonst in der Republik, auch der Verkehrsträger Bahn wird ja hier nicht benachteiligt, denn für eine Beurteilung maßgeblich ist ja der Immissionsschallpegel beim "Lärmopfer" und nicht die Schallemmission beim Verursacher, so müsste eine neue Autobahn ja genauso eingewandelt werden, wenn sie hinreichend nah an Wohnbebauung vorbeiführt.
So weit Recht und Gesetz. Das kann natürlich ziemlich affig ausarten, gerade zu sehen in Friedrichshagen - Gleise ein paar Zentimeter weiter auseinander > Bumm!, Lärmschutzwand. Aber gerecht ist es trotzdem. Für die 'gefühlte' Gerechtigkeit muss man aber auf jeden Fall auch bedenken, dass die Dresdener Bahn eben nicht 'wiederaufgebaut' wird. Die hat es vorher so nie gegeben. Die alte Dresdener Bahn war zwei- maximal dreigleisig und hat Fern-, Güter- und Vorortzüge im Mischverkehr abgewickelt. Der viergleisige Ausbau mit Trennung in Fern- und S-Bahn ist ein kompletter Neubau, dann darf man den wohl auch rechtlich als solchen behandeln und die einschlägigen Normen an ihn anlegen.
Ganz nebenbei wird die Anlage nicht nur signifikant breiter, durch die seitlichen Verschiebungen rückt sie einigen Anwohnern ganz erheblich dichter auf den Pelz. Mal abgesehen von diversen Pieperlauben, die plattgemacht werden. Man kommt wohl fast ohne Privatgrundstücke aus, weil man Böschungen durch Stützwände ersetzt oder Reserveflächen links und rechts der Trasse schon in weiser Voraussicht beim Bau vor über hundert Jahren mit erworben wurden. Diverse Gartengrundstücke, die bisher durch die ungenutzte Wildnis dazwischen sich de facto bis zum alten Bahndamm erstreckt haben, werden nun zumindest gefühlt viel kleiner, wenn die Bahn 5 m Lärmschutzwand bündig an die Grundstücksgrenze knallt. Das würde mir auch nicht gefallen.
Was ich eben beschrieben habe, kommt aus dem PFB zum Marienfelder Abschnitt. Und jetzt wird's lustig - ich habe nirgends in der Presse oder sonstwo ein Wort des Protests aus dem Bereich vernommen, obwohl dort exakt die gleichen Einschränkungen auftreten wie in Lichtenrade: Lärm, Flächenverbrauch, Zerschneidungswirkung durch Umwandlung vom BÜ zu EÜ. Also entweder sind die Marienfelder Stoiker par excellence, oder sie haben einfach weniger starke Fürsprecher...
So, und das bringt mich zu meiner conclusio - der Tunnel war natürlich Quatsch von Beginn an. Einfach, weil er das Verhältnismäßigkeitsprinzip eklatant verletzt. Natürlich wäre er 'schöner' als eine ebenerdige Führung. Aber es gibt eben schutzwürdige Güter und die lassen sich mit ebenso geeigneten aber weniger aufwendigen Mittel schützen. Lärmschutzwände, Schallschutzfenster, Entschädigung in Geld. Es gibt eben keinen gesetzlichen Anspruch auf freie Weitsicht, und deswegen muss auch eine Klage auf Errichtung eines Tunnels konsequent scheitern. Das Problem ist doch, dass lange Zeit das oberste Exekutivorgan in Lichtenrade seinen Heimat- wie auch Wahlbezirk hatte und deswegen die Politik die Planung jahrelang mutwillig verschleppt hat. Die Idee mit dem Tunnel kam doch aus dem Senat, nicht aus der BI. Da wäre ich als Bürgeraktivist doch auch dankbar für solch eine Vorlage. Den hätte man ja selbst 'politisch bauen' können wenn man ihn denn aus Landesmitteln finanziert bekommen hätte und es einem die Sache das wert gewesen wäre (gut, dass das nicht passiert ist). Aber einen Rechtsanspruch gegenüber der Bauherrin zu konstruieren, weil ein RegBM mal mit dem Zuckerbrötchen vor der Nase rumgewedelt hat, das kann ja nicht gehen.
Gut, das ist jetzt nun passé und so wird nach rechtsstaatlichen Prinzipien die Variante gebaut, die von Anfang an am sinnvollsten war.