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Öffi-Flatrate
geschrieben von Tradibahner 
Re: Öffi-Flatrate
30.05.2015 10:56
Zitat
MarkusH.
Die Pendler fahren im Regelfall 2x am Tag und nicht zig mal, so wie es eine Flatrate für alle höchstwahrscheinlich nach sich ziehen würde. Welchen Vorteil gibt es überhaupt wenn der ÖPNV völlig überlastet ist?
Wie stellt man sich die Flatrate überhaupt vor, sollen Eltern mit mehreren Kindern dann monatlich hundert und mehr Euro zwangsweise zahlen müssen oder gelten die 30€ pro Haushalt?
Ich persönlich möchte keine ÖPNV-GEZ und lehne diesen Vorschlag grundlegend ab!

Nur weil es umsonst ist, werden nicht alle Berliner ihre Jobs kündigen und den ganzen Tag Bus und Bahn fahren. Dennoch müssen natürlich die Kapazitäten der steigenden Nachfrage angepasst werden. Da Massentransport bei einer hohen Auslastung aber sicher effizienter ist als der Individualverkehr mit seinen erheblich größeren Flächenbedarfen und bei einer steigenden Auslastung noch effektiver wird, ist dies sinnvoll investiertes Geld.

Warum sollten Familien denn nicht hundert Euro oder mehr zahlen? Bei vielen Familien kann dann auf den Zweitwagen verzichtet werden und am Ende ist sogar mehr Geld da. Bei vielen anderen sind ohnehin schon Monatskarten vorhanden, so dass sie diese hundert Euro oder mehr schon jetzt zahlen. Und für soziale Härtefälle kann man immer noch Lösungen erarbeiten, wie es sie ja auch im bestehenden Tarifsystem schon gibt. Grundsätzlich fände ich eine Steuerfinanzierung aber besser, weil die Einkommensteuersätze die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit der Haushalte besser berücksichtigen.
Zitat
MarkusH.
Die Pendler fahren im Regelfall 2x am Tag und nicht zig mal, so wie es eine Flatrate für alle höchstwahrscheinlich nach sich ziehen würde.

Der Berufsverkehr nimmt in Berlin (wie auch im Rest der Republik) nur ein Drittel aller Verkehrswege ein. Der wesentlich größere Anteil besteht aus Freizeit-, Einkaufs- und Erledigungsverkehr.

--
Das Gegenteil von umfahren ist umfahren.
Re: Öffi-Flatrate
30.05.2015 13:16
Zitat
Tradibahner
Zitat
T6Jagdpilot
[...]wegen der geringen Löhne noch viel mehr Überstunden geknüppelt[...]

T6JP

geringeren Löhne?

1.) wurde in Berlin auch zu DDR-Zeiten schon besser entlohnt

2.) waren zu DDR-Zeiten die Lebenshaltungskosten auch um ein vielfaches geringer

Zu DDR Zeiten bei der BVB gearbeitet- ??
Wenn nicht dann dürften sich Diskussionen über Lohnhöhen Deinerseits erübrigen..
In der Werkstatt gabs bis 87 durchschnittlich 680 Ostmark für Schicht und Wochenendarbeit
im Dreck und mit hohem Anteil körperlicher Arbeit...

Mögen Mieten und Lebensmittelpreise gering gewesen sein-
etwas mehr als in der übrigen DDR war es Berlin, Brot kostete z.B. 1,05 Ostmark statt 93 Pfennig in der "Zone"..
Und wie mein Vorschreiber richtig erwähnt-
die Abschöpfung der Kaufkraft erfolgte nicht über Waren des täglichen Bedarfs,
sondern bei Elektrogeräten, Motorrädern/Autos, Möbeln usw.-so man es überhaupt zu kaufen bekam.

T6JP
Re: Öffi-Flatrate
30.05.2015 14:23
Zitat
Lopi2000
Nur weil es umsonst ist, werden nicht alle Berliner ihre Jobs kündigen und den ganzen Tag Bus und Bahn fahren. Dennoch müssen natürlich die Kapazitäten der steigenden Nachfrage angepasst werden. Da Massentransport bei einer hohen Auslastung aber sicher effizienter ist als der Individualverkehr mit seinen erheblich größeren Flächenbedarfen und bei einer steigenden Auslastung noch effektiver wird, ist dies sinnvoll investiertes Geld.

Deinen ersten Satz hat niemand behauptet. Die durchschnittliche Nutzung der BVG eines normalen berufstätigen Pendlers würde ich mit durchschnittlich 4 Fahrten pro Tag aufs Jahr gerechnet ansetzen. Die Kapazitäten werden kaum in dem Maße steigen wie die plötzliche Nachfrage es benötigen würde. Selbst wenn dies ÖPNV-GEZ erst in 5 Jahren in Kraft treten würde, wäre keine ausreichende Zeit die Kapazität nennenswert zu erhöhen. Da wir einen Verbund haben, trifft es ja nicht nur die BVG.
Der aktuelle Flächenbedarf des MIV würde dadurch auch nicht signifikant zurück gehen. Möglicherweise ließen sich an der ein oder anderen Straße dauerhafte Busspuren oder breite Radstreifen einrichten. Der Anteil der Straßenfläche wird dabei aber nicht spürbar kleiner werden.


Zitat
Lopi2000
Warum sollten Familien denn nicht hundert Euro oder mehr zahlen? Bei vielen Familien kann dann auf den Zweitwagen verzichtet werden und am Ende ist sogar mehr Geld da. Bei vielen anderen sind ohnehin schon Monatskarten vorhanden, so dass sie diese hundert Euro oder mehr schon jetzt zahlen. Und für soziale Härtefälle kann man immer noch Lösungen erarbeiten, wie es sie ja auch im bestehenden Tarifsystem schon gibt. Grundsätzlich fände ich eine Steuerfinanzierung aber besser, weil die Einkommensteuersätze die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit der Haushalte besser berücksichtigen.

Du unterstellst also jeder Familie generell 2 PKW. Wer heute bereits eine Monatskarte bezieht, hat bereits seine Flatrate, allerdings zu einem weit günstigeren Preis:
VBB Umweltkarte AB im Abo: 61,67€ monatlich
VBB Schülerticket AB im Abo: 22,50€ monatlich
VBB Geschwister AB im Abo: 13,84€ monatlich

Das macht bei einer Familie mit 2 Kindern und 1 PKW, welcher von einem Arbeitnehmer auch weiter genutzt werden müßte, eine aktuelle monatliche Belastung von 98,01€ für den ÖPNV. Mit der Flatrate-Idee würde hier die Belastung auf 120€ im Monat ansteigen, ohne das ein Mehrwert entstünde.
Menschen, die die BVG nur 2x die Woche benutzen, weil sie ihr Arbeits- und Einkaufs-/Freizeitumfeld in fuß- oder radläufiger Entfernung haben, würden mehrfach bestraft ohne einen Nutzen zu haben.
Der Vorschlag dieser ÖPNV-Flatrate ist absolut populistisch und weder durchdacht, noch zu ende gedacht.
Re: Öffi-Flatrate
30.05.2015 14:43
Das verstehe ich jetzt nicht. Die jenigen, die jetzt schon deutlich mehr als 30 € zahlen, fahren nur zwei mal am Tag, aber wenn alle (weniger als bisher) zahlen müssen, fahren sie auch nicht notwendige Kurzfahrten mit dem ÖPNV? Warum sollten sie das tun, und warum tut es der Pendler mit Zeitkarte jetzt noch nicht?

Eher ist es doch so, dass heute schon Fahrgäste mit einer Zeitfahrkarte auch für drei Haltestellen in den Bus steigen, wenn er gerade kommt. Wenn er gerade nicht kommt, laufen die Leute eben die paar Minuten. Jemand, der heute schon so ÖV-affin ist, dass er kurze Strecken mit dem Bus fährt, weil viele seine Ziele von der Haltestelle vor der Haustür mit einem Verkehrsmittel im dichten Takt direkt erreichbar sind, hat vermutlich eh schon eine Monatskarte und knipst nicht jedes mal das 4er-Ticket. Vielleicht sind es ein dann ein paar mehr Leute, die das machen, aber wir reden da ja bei dem Berliner Modal Split nicht über den Faktor 5 oder so, sondern eher vielleicht über maximal 50% mehr Kurzstreckenfahrten.

Ich will mich hier gar nicht positiv oder negativ über dne Vorschlag eine ÖPNV-Umlage äußern, aber ich denke, die Folgen werden stark überschätzt. Auch die Fahrgastzuwäche werden sicher überschätzt: Jemand, der jetzt schon jeden Tag mit dem PKW zur Arbeit fährt, tut das vermutlich, weil es für ihn bequemer ist, oder auf der spezifischen Relation schneller geht. Das es mit dem ÖPNV vermutlich schon bei den reinen Spritkosten billiger wäre, ist ja klar. Ich glaube nicht, dass diese Gruppe von PKW-Nutzern dann für den Arbeitsweg in den Bus steigt, nur weil das jetzt für 30 Euro im Monat inklusive ist. Eher nutzten solche Gruppen den ÖPNV dann für Freizeitfahrten am Abend oder Wochenende, und das sind eher Zeiten, in denen die Mehrfahrgäste nicht schaden.
Re: Öffi-Flatrate
30.05.2015 15:39
Zitat
Lopi2000
Zitat
MarkusH.
Die Pendler fahren im Regelfall 2x am Tag und nicht zig mal, so wie es eine Flatrate für alle höchstwahrscheinlich nach sich ziehen würde. Welchen Vorteil gibt es überhaupt wenn der ÖPNV völlig überlastet ist?
Wie stellt man sich die Flatrate überhaupt vor, sollen Eltern mit mehreren Kindern dann monatlich hundert und mehr Euro zwangsweise zahlen müssen oder gelten die 30€ pro Haushalt?
Ich persönlich möchte keine ÖPNV-GEZ und lehne diesen Vorschlag grundlegend ab!

...
Warum sollten Familien denn nicht hundert Euro oder mehr zahlen? Bei vielen Familien kann dann auf den Zweitwagen verzichtet werden und am Ende ist sogar mehr Geld da. ....

In Berlin ist die Ausrüstung der Haushalte mit PKW weit unter dem Bundesdurchschnitt. Also kaum Zweitwagen.
Zweitwagen haben eher alle die, die raus in die Zone gezogen sind, und mit Kind +Kegel +Hund im Häuschen wohnen.
Der Zweitwagen ist dort oft unverzichtbar, sobald z.B. zwei Schichtarbeiter nach Berlin pendeln,
denn ausserhalb von Berlin ist der ÖPNV in keinem Fall so Taktdicht wie in Berlin.
Dort würde eher so mancher 11m Bus besser gefüllt sein oder ein Bonsaibus überfüllt werden.
Die RE nach Berlin platzen jetzt schon im Berufsverkehr oft aus allen Nähten-
also werden die nötigen Kapazitätserweiterungen hohe Kosten bei den ÖPNV Betrieben im Unland produzieren,
denn am WE stehn die Flotten dann auf den Höfen herum.
So einfach wie sich das manche denken ( Politiker inclusive) ist das nicht,da wie schon erwähnt die BVG nicht die einzigen sind,
es müsste eine VBB konforme Lösung gefunden werden.
Und in der Zone wird kaum jemand bereit sein, der das Angebot des ÖPNV auf Grund seiner Arbeitszeiten oder Wege
nicht nutzen kann, dafür extra zu bezahlen und trotzdem auf seine(n) PKW angewiesen zu sein.

T6JP
Re: Öffi-Flatrate
30.05.2015 15:53
Ich finde die Idee gut, habe aber von einem Argument gehört, das ich noch nicht entkräften konnte:

Könnte es bei einem fahrscheinlos nutzbaren ÖPNV nicht passieren, dass die Fahrzeuge im Winter von Obdachlosen als Wärmestuben genutzt werden? Dass also viel mehr als heute mitfahren würden (vllt. sogar noch von anderen Städten angezogen)?

Um das Problem wiederum zu lösen, müsste man also auch weitere Angebote für Obdachlose sorgen – was man in die Preisberechnung einbeziehen müsste.



2 mal bearbeitet. Zuletzt am 30.05.2015 15:55 von jorges.
Joe
Re: Öffi-Flatrate
30.05.2015 17:07
Zitat
Arec

Ich will mich hier gar nicht positiv oder negativ über dne Vorschlag eine ÖPNV-Umlage äußern, aber ich denke, die Folgen werden stark überschätzt. Auch die Fahrgastzuwäche werden sicher überschätzt: Jemand, der jetzt schon jeden Tag mit dem PKW zur Arbeit fährt, tut das vermutlich, weil es für ihn bequemer ist, oder auf der spezifischen Relation schneller geht.

Da glaube ich hast Du recht. Wer jahrelang keinen Fuß in die Öffis gesetzt hat wird es auch bei 30 Euro nicht machen. Seinen bequemen Wagen, wo man Wetter geschützt ist und rauchen kann gegen einen Stehplatz in den Fahrzeugen eintauschen? Nun ja, wers glaubt...
In meinen Augen ist das Wahlkampfgetöse und wenn es dann wirklich in 3-4 Jahren umgesetzt werden soll, ist die Koalition eventl. schon wieder beendet.
Re: Öffi-Flatrate
30.05.2015 17:30
Zitat
Joe
Zitat
Arec

Ich will mich hier gar nicht positiv oder negativ über dne Vorschlag eine ÖPNV-Umlage äußern, aber ich denke, die Folgen werden stark überschätzt. Auch die Fahrgastzuwäche werden sicher überschätzt: Jemand, der jetzt schon jeden Tag mit dem PKW zur Arbeit fährt, tut das vermutlich, weil es für ihn bequemer ist, oder auf der spezifischen Relation schneller geht.

Da glaube ich hast Du recht. Wer jahrelang keinen Fuß in die Öffis gesetzt hat wird es auch bei 30 Euro nicht machen. Seinen bequemen Wagen, wo man Wetter geschützt ist und rauchen kann gegen einen Stehplatz in den Fahrzeugen eintauschen? Nun ja, wers glaubt...
In meinen Augen ist das Wahlkampfgetöse und wenn es dann wirklich in 3-4 Jahren umgesetzt werden soll, ist die Koalition eventl. schon wieder beendet.

Und dazu kommen jede Menge Leute die auch in der Stadt den PKW auf dem Weg zur Arbeit nutzen,
allein schon wegen unmöglicher Dienstbeginn und Endzeiten-
und da sind jede Menge Leute von BVG, DB usw.bei obwohl sie eine Freifahrtberechtigung haben ( mit Eintrag auf Lohnsteuerkarte).
In meinem Fall ist die Rechnung sehr einfach: 15-20 min mit Auto oder Motorrad durchfahren
gegen 45-60 min Fahrzeit der Öffis mit umsteigen...
das ist allein schon beim Frühdienst der ausschlaggebende Punkt fürs eigene Verkehrsmittel.

T6JP
Re: Öffi-Flatrate
30.05.2015 20:58
Die Linke(n) meint das ja ernst. Ich bin erschrocken...
Re: Öffi-Flatrate
30.05.2015 21:37
Ja, krass. Im Straßenverkehr wird das Modell sogar schon durchgeführt. Alle nutzen sie, und alle finanzieren sie, egal ob ich mit dem zarten Fahrrad drüber rolle oder mit dem LKW. Schade, dass sich die nutzungsabhängige Finanzierung hier (noch) nicht durchgesetzt hat. Das wär ein Spaß, bitte mit denselben komplizierten tarifen wie im Nahverkehr, mit 8 Uhr, 9 Uhr, 10 Uhr und sonstwas Ticket!

*******
Das Gegenteil von ausbauen ist ausbauen.
Re: Öffi-Flatrate
30.05.2015 21:38
Hallo zusammen,

ehrlich gesagt halte ich von solchen Vorschlägen gar nichts. Entschuldigt bitte die Wortwahl, aber damit würde man auf dem Gebiet des ÖPNV letztlich den Sozialismus wieder einführen und nach einigen Jahren das entsprechende Ergebnis bekommen.

1. Der Vorschlag würde dazu führen, dass die Nutzung gefühlt nichts kostet. Was nichts oder fast nichts kostet, wird aber auch nicht wertgeschätzt. Es wird missbraucht werden, den Beschäftigten wird noch weniger Respekt erwiesen werden wie teils heute leider schon.

2. Viel schwerer wiegt aber: Es gehen wichtige Anreize verloren, eine einwandfreie Leistung zu liefern, da dem Kunden ein entscheidendes Druckmittel aus der Hand genommen wird. Er hat kein Druckmittel bei Reklamationen, und zahlen muss er dann selbst dann, wenn er aufgrund enttäuschender Leistungen das Angebot gar nicht mehr nutzen will. Die Kunden werden so wieder zu Beförderungsfällen, zu Bittstellern.

3. Der größte Negativpunkt besteht für mich aber darin, dass der ÖPNV dann noch weit mehr als bisher zum politischen Spielball werden wird. Angesichts der Mehrheit der Nicht-Nutzer, die dann trotzdem zahlen müssen, wird die Höhe der Abgabe zum Thema von Lobbygruppen und zum Dauerthema im Wahlkampf werden.

Man muss deshalb davon ausgehen, dass auf längere Sicht die Abgabe nicht in dem Maße regelmäßig erhöht wird, wie es der Entwicklung angemessen wäre. Sehr wahrscheinlich nicht mal in dem Maße, wie es den steigenden Kosten entspricht. Wenn die Abgabe heute 30 Euro beträgt, und in zehn Jahren immer noch, oder vielleicht 35 Euro, dann ist klar, dass das Angebot immer weiter zurückgefahren werden muss. Und so wird es m.E. kommen.

Damit wären wir wieder beim zweiten Punkt, es wird sich unvermeidlich eine Abwärtsspirale in Gang setzen. Und ich würde befürchten, dass schon nach zehn Jahren der Schaden so groß ist, dass er sich mit politisch durchsetzbarem Aufwand kaum noch korrigieren lässt.


Hinzu kommt das Problem, wie man mit Nutzern umgeht, die nicht in Berlin leben, seien es Touristen und andere Besucher, seien es Pendler aus dem Umland. Da man für diese Nutzer weiter eine Vertriebsorganisation benötigt, die dann nur noch von diesen genutzt wird, werden diese Nutzer langfristig mehr zahlen müssen und daher zum Teil aufs Auto abwandern. Das kann ebenfalls nicht Sinn der Sache sein.

Viele Grüße
Manuel



3 mal bearbeitet. Zuletzt am 30.05.2015 23:27 von manuelberlin.
Re: Öffi-Flatrate
30.05.2015 22:30
Danke Manuel, genau so sehe ich das auch !
Jay
Re: Öffi-Flatrate
31.05.2015 00:24
Ich halte zwar auch nicht viel von dieser Form des Modells, aber genau genommen treffen Manuels Punkte doch auch eher mehr als weniger auf den Status Quo zu.

1. Die Wertschätzung ist auch heute schon nahe dem Nullpunkt. Seien es die Füße auf den Sitzen oder die überall anzutreffenden Hinterlassenschaften der Wegwerfgesellschaft. Ich hab mir inzwischen angewöhnt immer erst den Sitz abzutasten, bevor ich mich hinsetze, damit im Zweifel nur die Hand nass ist.

2. Anreize? Welche Anreize? Die Leistung ist weder bei der BVG noch der S-Bahn oder Regio einwandfrei. Beschwerden, z.B. über Verfrühungen bringen gar nichts - sie werden als Einzelfälle abgestempelt und finden weiterhin systematisch(!) statt. Die BVG-Garantie wird nach Gutdünken mal gewährt und mal nicht.

3. Der ÖPNV ist doch bereits Spielball der Politik. Die Politik entscheidet welche Strecken (nicht) gebaut werden, die Politik entscheidet, wieviel Geld sie für den laufenden Betrieb zur Verfügung stellt und die Politik genehmigt die Fahrpreise, die in den letzten Jahren regelmäßig erhöht wurden. Ausgerechnet da, wo die Politik nicht reinredet - nämlich beim solidarisch finanzierten Semesterticket - war die Steigerung mit inzwischen etwa 75% seit 2003 mit Abstand am Höchsten.

Ein zweckgebundene Abgabe hat aus meiner Sicht durchaus ihren Reiz. Ein Stück weit sehe ich da das französische Modell als mögliches Vorbild, wo die Arbeitgeber pro Arbeitsplatz eine Abgabe zahlen müssen, die dann in den ÖPNV investiert wird. Die Erhebung einer solchen Abgabe wäre auch in Deutschland legal und hat gegenüber dem allgemeinen Steueraufkommen den Vorteil der Zweckbindung.

--- Signatur ---
Bitte beachten Sie beim Aussteigen die Lücke zwischen Bus und Bordsteinkante!
Re: Öffi-Flatrate
31.05.2015 12:07
Zitat
Jay
Ich halte zwar auch nicht viel von dieser Form des Modells, aber genau genommen treffen Manuels Punkte doch auch eher mehr als weniger auf den Status Quo zu.
(...)
Ein zweckgebundene Abgabe hat aus meiner Sicht durchaus ihren Reiz. Ein Stück weit sehe ich da das französische Modell als mögliches Vorbild, wo die Arbeitgeber pro Arbeitsplatz eine Abgabe zahlen müssen, die dann in den ÖPNV investiert wird. Die Erhebung einer solchen Abgabe wäre auch in Deutschland legal und hat gegenüber dem allgemeinen Steueraufkommen den Vorteil der Zweckbindung.

Das sehe ich insgesamt ähnlich.
Kaum abzustreiten ist, dass der ÖPNV hierzulande grundsätzlich in einer Finanzierungskrise steckt. Lange Zeit hat man versucht, den immer stärkeren Rückzug der öffentlichen Hand aus diesem Sektor durch überproportional steigende Preise, innerbetriebliche Rationalisierungen und Leistungseinschränkungen auszugleichen.

Doch in all diesen Bereichen sind wird inzwischen an Grenzen gestoßen - gerade auch in Berlin. Berlin hatte in Vergleich mit anderen Ballungsräumen in den letzten Jahren trotz Bevölkerungs- und Tourismusboom nur unterdurchschnittliche Nachfragezuwächse im ÖPNV. In Fachkreisen wird das stark auf die überproportionalen Fahrpreiszuwächse, aber auch auf unzureichende Leistungen (die bestellten und nicht gefahrenen und die gar nicht erst angebotenen) zurückgeführt. Wir hatten über etliche Jahre schrumpfenden ÖPNV bei immer weiteren Preissteigerungen für den Nutzer. Von sehr vielen werden die Fahrpreise inzwischen als hoch empfunden - der Fahrradboom in Berlin hat auch mit hohen ÖPNV-Preisen zu tun.

Diese Spirale kann nicht endlos weitergehen, da dies alsbald zu einer Schrumpfung des Systems führen wird. Insofern begrüße ich Diskussionsansätze, die Finanzierung des ÖPNV auf eine neue Grundlage zu stellen. Das gegenwärtige System funktioniert so nicht weiter. Und leider muss ich auch hinzufügen, dass neue Ansätze hierzu nicht aus der Branche selbst kommen - hier ist man zu fest eingefahren im System, innovative Ideen sind da nicht zu erkennen.

Ingolf
Zitat
T6Jagdpilot
Zitat
dubito ergo sum
Die BVB sind doch auch nicht unter der Last der symbolischen Fahrpreise zusammengebrochen!
Der politische Wille war gegeben - darin lag der Unterschied!

Und das sich Kosten auf einem weit geringeren Niveau als heute bewegt haben, der ÖPNV weit weniger
durch den MIV als heute behindert wurde ( Stichwort unengeschränkte Vorfahrt der Straßenbahn),
es weit weniger Ampeln gab und nur die halbe Fläche der Stadt bedient wurde.

Ausfälle wegen Personalmangel gab es allerdings früher auch, und da wurden (auch) wegen der geringen Löhne
noch viel mehr Überstunden geknüppelt...

T6JP

Wenn der ÖPNV zum stärksten Verkehrsträger wird, wie es hier befürchtet wird, bedeutet das zweierlei:
Einen starken Verkehrsrückgang und einen viel eindeutigeren Handlungszwang für Bevorrechtigung!
Beides führt zu weit weniger Behinderung!
Früher gab es fast keine Vorrangschaltungen - heute mangelt es lediglich an einer konsequenten Einstellung(s.o.).
Den geringeren Kosten standen geringere staatliche Einnahmen gegenüber.
Bis 1984 bediente man mehr Stadtfläche, als einem unterstand!

Berlins Straßen sind zu eng, um sie nur dem MIV zu opfern!



1 mal bearbeitet. Zuletzt am 02.06.2015 01:48 von dubito ergo sum.
Zitat
jorges
Ich finde die Idee gut, habe aber von einem Argument gehört, das ich noch nicht entkräften konnte:

Könnte es bei einem fahrscheinlos nutzbaren ÖPNV nicht passieren, dass die Fahrzeuge im Winter von Obdachlosen als Wärmestuben genutzt werden? Dass also viel mehr als heute mitfahren würden (vllt. sogar noch von anderen Städten angezogen)?

Um das Problem wiederum zu lösen, müsste man also auch weitere Angebote für Obdachlose sorgen – was man in die Preisberechnung einbeziehen müsste.

Ist der ÖPNV an diesem gesellschaftlichen Problem schuld oder daran, dass es nicht gelöst wird?
Heute betteln die Obdachlosen und verkaufen Zeitungen im ÖPNV, um es sich leisten zu können, woanders zu schlafen.
Wenn sie das nicht mehr müssen, belästigen sie einen weniger, nicht mehr!
Die Hausordnung wird heute schon nicht angewendet - was soll also schlimmer werden?

Berlins Straßen sind zu eng, um sie nur dem MIV zu opfern!
Zitat
MarkusH.
Die durchschnittliche Nutzung der BVG eines normalen berufstätigen Pendlers würde ich mit durchschnittlich 4 Fahrten pro Tag aufs Jahr gerechnet ansetzen.

Ob nun vor der Massenmotorisierung, während symbolischer Fahrpreise oder heute - die durchschnittlichen 3 Wege täglich pro Einwohner sind seit blieben in den letzten hundert Jahren konstant!
Weder Pendler noch Zeitkartenbenutzer fallen dabei aus dem Rahmen!

Zitat
MarkusH.

Die Kapazitäten werden kaum in dem Maße steigen wie die plötzliche Nachfrage es benötigen würde.

Wieso denn plötzlich?
Die Frage Auto oder ÖPNV wird sich vielmehr meist erst dann grundsätzlich stellen, wenn ersteres ersetzt werden muss(in durchschnittlich 9 Jahren) - ein vorhandenes Auto wird genutzt!

Zitat
MarkusH.

Der aktuelle Flächenbedarf des MIV würde dadurch auch nicht signifikant zurück gehen.

Auch dann hat der Tag nur 24 Stunden!
Entweder nutzt man verstärkt den ÖPNV oder man fährt weiterhin genauso oft Auto - beides zusammen geht nicht!

Zitat
MarkusH.

Möglicherweise ließen sich an der ein oder anderen Straße dauerhafte Busspuren oder breite Radstreifen einrichten. Der Anteil der Straßenfläche wird dabei aber nicht spürbar kleiner werden.

Und dadurch erhöht sich die Kapazität bereits mit dem bestehenden Personal und Wagenpark aufgrund höherer Effizienz.

Zitat
MarkusH.

Du unterstellst also jeder Familie generell 2 PKW. Wer heute bereits eine Monatskarte bezieht, hat bereits seine Flatrate, allerdings zu einem weit günstigeren Preis:
VBB Umweltkarte AB im Abo: 61,67€ monatlich
VBB Schülerticket AB im Abo: 22,50€ monatlich
VBB Geschwister AB im Abo: 13,84€ monatlich

Das macht bei einer Familie mit 2 Kindern und 1 PKW, welcher von einem Arbeitnehmer auch weiter genutzt werden müßte, eine aktuelle monatliche Belastung von 98,01€ für den ÖPNV. Mit der Flatrate-Idee würde hier die Belastung auf 120€ im Monat ansteigen, ohne das ein Mehrwert entstünde.

Da du bei 120€ offensichtlich von 4 Personen ausgehst, fährt bei deinen 3 Tickets für 98,10€ die 4.Person bisher schwarz?
Kein Wunder, dass du auf einen geringeren Betrag kommst!

Zitat
MarkusH.
Menschen, die die BVG nur 2x die Woche benutzen, weil sie ihr Arbeits- und Einkaufs-/Freizeitumfeld in fuß- oder radläufiger Entfernung haben, würden mehrfach bestraft ohne einen Nutzen zu haben.

2 Hin- und Rückfahrten sind 4x2,70€, mal 52 Wochen ergeben 561,60€.
Da sie mit Flatrate für 360€ jährlich 201,60€ sparen, können sie sich jetzt alle ein, zwei Jahre ein neues Rad kaufen!

Berlins Straßen sind zu eng, um sie nur dem MIV zu opfern!



1 mal bearbeitet. Zuletzt am 02.06.2015 04:10 von dubito ergo sum.
Zitat
manuelberlin
Hallo zusammen,

ehrlich gesagt halte ich von solchen Vorschlägen gar nichts. Entschuldigt bitte die Wortwahl, aber damit würde man auf dem Gebiet des ÖPNV letztlich den Sozialismus wieder einführen und nach einigen Jahren das entsprechende Ergebnis bekommen.

1. Der Vorschlag würde dazu führen, dass die Nutzung gefühlt nichts kostet. Was nichts oder fast nichts kostet, wird aber auch nicht wertgeschätzt. Es wird missbraucht werden, den Beschäftigten wird noch weniger Respekt erwiesen werden wie teils heute leider schon.

Dann brauchen wir die Maut, damit heute kostenlose Straßen endlich nicht mehr missbraucht, sondern respektiert und wertgeschätzt werden?
Dann weg mit dem MIV-Sozialismus!

Zitat
manuelberlin

2. Viel schwerer wiegt aber: Es gehen wichtige Anreize verloren, eine einwandfreie Leistung zu liefern, da dem Kunden ein entscheidendes Druckmittel aus der Hand genommen wird. Er hat kein Druckmittel bei Reklamationen, und zahlen muss er dann selbst dann, wenn er aufgrund enttäuschender Leistungen das Angebot gar nicht mehr nutzen will. Die Kunden werden so wieder zu Beförderungsfällen, zu Bittstellern.

Also wenn die Autofahrer Maut zahlen würden, würde Boykott den Staat dazu zwingen, die Strassen besser instandzuhalten?
Dann weg mit dem MIV-Sozialismus!

Zitat
manuelberlin

3. Der größte Negativpunkt besteht für mich aber darin, dass der ÖPNV dann noch weit mehr als bisher zum politischen Spielball werden wird. Angesichts der Mehrheit der Nicht-Nutzer, die dann trotzdem zahlen müssen, wird die Höhe der Abgabe zum Thema von Lobbygruppen und zum Dauerthema im Wahlkampf werden.

Mit Maut wären die Straßen kein Politikum mehr?
Logisch - es würde nicht mehr die Mehrheit der Nicht-Nutzer zahlen, sondern nur noch die, die sie nutzen!
Dann weg mit dem MIV-Sozialismus!

Zitat
manuelberlin

Man muss deshalb davon ausgehen, dass auf längere Sicht die Abgabe nicht in dem Maße regelmäßig erhöht wird, wie es der Entwicklung angemessen wäre. Sehr wahrscheinlich nicht mal in dem Maße, wie es den steigenden Kosten entspricht. Wenn die Abgabe heute 30 Euro beträgt, und in zehn Jahren immer noch, oder vielleicht 35 Euro, dann ist klar, dass das Angebot immer weiter zurückgefahren werden muss. Und so wird es m.E. kommen.

Du hast gut beschrieben, warum die kostenlos nutzbaren Straßen so aussehen, wie sie aussehen!
Dann weg mit dem MIV-Sozialismus!

Zitat
manuelberlin

Damit wären wir wieder beim zweiten Punkt, es wird sich unvermeidlich eine Abwärtsspirale in Gang setzen. Und ich würde befürchten, dass schon nach zehn Jahren der Schaden so groß ist, dass er sich mit politisch durchsetzbarem Aufwand kaum noch korrigieren lässt.

Das Straßennetz ist so marode - das kann nur durch Maut gerettet werden!
Dann weg mit dem MIV-Sozialismus!

Zitat
manuelberlin

Hinzu kommt das Problem, wie man mit Nutzern umgeht, die nicht in Berlin leben, seien es Touristen und andere Besucher, seien es Pendler aus dem Umland. Da man für diese Nutzer weiter eine Vertriebsorganisation benötigt, die dann nur noch von diesen genutzt wird, werden diese Nutzer langfristig mehr zahlen müssen und daher zum Teil aufs Auto abwandern. Das kann ebenfalls nicht Sinn der Sache sein.

Viele Grüße
Manuel

Das ist tatsächlich unsinnig!
Wenn Freifahrt, dann für alle - Ticketverkauf und - kontrolle kostenintensiv wegen eines Rests Zahlungspflichtiger aufrechterhalten zu müssen, rechnet sie nie!
Dann lieber Freifahrt auch an anderen Orten durchsetzen und das ganze gleicht sich aus!

Berlins Straßen sind zu eng, um sie nur dem MIV zu opfern!
Zitat
MarkusH.

Welchen Vorteil gibt es überhaupt wenn der ÖPNV völlig überlastet ist?

Leere Straßen und Stellplätze für alle anderen!
Funktioniert genauso wie beim Semesterticket.
Leere Straßen und Stellplätze erübrigen ihren Ausbau und ggf. auch teilweise ihre Aufrechterhaltung - das gesparte Geld investiert man dann effizienter in den ÖPNV, bevor er überlastet ist!

Zitat
MarkusH.

Wie stellt man sich die Flatrate überhaupt vor, sollen Eltern mit mehreren Kindern dann monatlich hundert und mehr Euro zwangsweise zahlen müssen oder gelten die 30€ pro Haushalt?

Die heutigen Ermäßigungen werden staatlich subventioniert - warum sollten sie entfallen?
So wirklich durchdacht ist deine Pauschalkritik nicht!

Berlins Straßen sind zu eng, um sie nur dem MIV zu opfern!
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