Re: S3-Sperrung geht in die Verlängerung 14.12.2016 08:57 |
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def
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md95129
Mir scheint, dass die fehlende Konkurrenz und ein Denken, das die Belange des Zahlviehs nicht beruecksichtigt, zu einer solchen laxen Haltung beitraegt.
Damit hast Du vermutlich den Kern der Misere benannt. Das zeigt sich ja auch bei anderen DB-Unternehmen, z.B. durch über Monate und z.T. wiederholt stillliegende Aufzüge und Rolltreppen. Oder Dinge wie die Weichenstörung am Ostkreuz vor einigen Wochen, deren Behebung einen ganzen Tag dauerte, an dem die Regionalzüge nicht verkehren konnte. (Man muss sich das mal auf der Zunge zergehen lassen - anderswo stellt man in diesem Zeitraum die Bahnanlagen nach einem Schlammrutsch und Unfall wieder her.)
Das mit der Konkurrenz stimmt aber nur halb: natürlich gibt es eine Konkurrenz, eine sehr starke sogar - den Pkw. Das gilt jedoch nur für das Verkehrssystem Bahn, nicht für DB Netz als daran beteiligtes Unternehmen, denn die hat keinerlei Kontakt zum Endkunden; sie hat noch nicht mal einen Anreiz, für einen funktionierenden Bahnbetrieb zu sorgen, da ihre Hauptaufgabe das Geldverdienen ist - sie wird belohnt, wenn sie ein möglichst gutes Ergebnis hat, aber für Ausfälle nicht bestraft.
Und genau das ist ein Problem der Bahnreform, die ich inzwischen als weitgehend gescheitert betrachten würde. Man muss sich entscheiden: entweder man verfolgt das Wettbewerbsprinzip noch konsequenter, dann müsste man allerdings DB Netz und DB StuS vom DB-Konzern trennen, oder man kehrt zurück zur Einheitsbahn, die dann allerdings als Vorgabe eine schwarze Null bei gleichzeitig höchst möglichem Anteil am Modal Split haben sollte. So oder so darf beim Netz der Gewinn keine politische Vorgabe sein, allenfalls wirtschaftliches Agieren.
Die derzeitige Struktur des Bahnverkehrs aus möglichst vielen Akteuren (Aufgabenträger, Netzbetreiber, Eisenbahnbetriebsunternehmen usw.) scheint im Nachhinein vor allem eine Auswirkung zu haben: möglichst viele Leute verdienen bei möglichst wenig Verantwortung möglichst viel Geld. Und ob durch den (sich auch nicht kostenlos verwaltendenden) Geldkreislauf Bund > Länder > Aufgabenträger > Eisenbahnbetriebsunternehmen > DB Netz > Bund überhaupt ein einziger Euro gegenüber der früheren Situation eingespart wird?
Ein anderes Problem kommt hingegen hinzu: die gefährliche Grundregel, dass mit zunehmendem Gehalt die Verantwortung fürs eigene Tun immer weiter sinkt (während zugleich im - vermeintlichen - Erfolgsfall Boni versprochen werden), ist auch außerhalb der Bahnwelt inzwischen Standard. Siehe Bankenkrise, siehe VW.
Die Politik erkennt wiederum nicht, wie potentiell gefährlich die Probleme bei der Bahn für den Standort Deutschland sein können. Was sagt das eigentlich über deutsche Technologie aus, wenn man noch nicht mal in der Lage ist, unter relativ günstigen klimatischen Bedingungen einen einfachen Bahnbetrieb zu organisieren? (Es geht nicht um eine Mondlandung oder die Weltformel, es geht einfach nur um Bahnbetrieb!)
Re: S3-Sperrung geht in die Verlängerung 14.12.2016 22:31 |
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def
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md95129
Mir scheint, dass die fehlende Konkurrenz und ein Denken, das die Belange des Zahlviehs nicht beruecksichtigt, zu einer solchen laxen Haltung beitraegt.
Damit hast Du vermutlich den Kern der Misere benannt. Das zeigt sich ja auch bei anderen DB-Unternehmen, z.B. durch über Monate und z.T. wiederholt stillliegende Aufzüge und Rolltreppen. Oder Dinge wie die Weichenstörung am Ostkreuz vor einigen Wochen, deren Behebung einen ganzen Tag dauerte, an dem die Regionalzüge nicht verkehren konnte. (Man muss sich das mal auf der Zunge zergehen lassen - anderswo stellt man in diesem Zeitraum die Bahnanlagen nach einem Schlammrutsch und Unfall wieder her.)
Das mit der Konkurrenz stimmt aber nur halb: natürlich gibt es eine Konkurrenz, [...]
Re: S3-Sperrung geht in die Verlängerung 14.12.2016 22:42 |
Wenn ich jetzt mal die Stammtischparole einwerfen würde: Die DB wieder komplett in Staatseigentum = Deutsche Bundesbahn. Wäre das besser oder nicht sinnvoll? Ersteres wäre fast mein Wunsch da ich den heutigen Zustand als unerträglich empfinde.Zitat
def
Und genau das ist ein Problem der Bahnreform, die ich inzwischen als weitgehend gescheitert betrachten würde. Man muss sich entscheiden: entweder man verfolgt das Wettbewerbsprinzip noch konsequenter, dann müsste man allerdings DB Netz und DB StuS vom DB-Konzern trennen, oder man kehrt zurück zur Einheitsbahn, die dann allerdings als Vorgabe eine schwarze Null bei gleichzeitig höchst möglichem Anteil am Modal Split haben sollte. So oder so darf beim Netz der Gewinn keine politische Vorgabe sein, allenfalls wirtschaftliches Agieren.
Re: S3-Sperrung geht in die Verlängerung 14.12.2016 23:23 |
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GraphXBerlin
Die DB wieder komplett in Staatseigentum = Deutsche Bundesbahn. Wäre das besser oder nicht sinnvoll? Ersteres wäre fast mein Wunsch da ich den heutigen Zustand als unerträglich empfinde.
Re: S3-Sperrung geht in die Verlängerung 14.12.2016 23:29 |
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GraphXBerlin
Wenn ich jetzt mal die Stammtischparole einwerfen würde: Die DB wieder komplett in Staatseigentum = Deutsche Bundesbahn. Wäre das besser oder nicht sinnvoll? Ersteres wäre fast mein Wunsch da ich den heutigen Zustand als unerträglich empfinde.Zitat
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Und genau das ist ein Problem der Bahnreform, die ich inzwischen als weitgehend gescheitert betrachten würde. Man muss sich entscheiden: entweder man verfolgt das Wettbewerbsprinzip noch konsequenter, dann müsste man allerdings DB Netz und DB StuS vom DB-Konzern trennen, oder man kehrt zurück zur Einheitsbahn, die dann allerdings als Vorgabe eine schwarze Null bei gleichzeitig höchst möglichem Anteil am Modal Split haben sollte. So oder so darf beim Netz der Gewinn keine politische Vorgabe sein, allenfalls wirtschaftliches Agieren.
Re: S3-Sperrung geht in die Verlängerung 14.12.2016 23:37 |
Re: S3-Sperrung geht in die Verlängerung 14.12.2016 23:44 |
Re: S3-Sperrung geht in die Verlängerung 14.12.2016 23:52 |
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def
Unter diesen Bedingungen ist es fast verwunderlich, dass es auch reibungslose Betriebsübergange gab. Problematisch ist ebenso, dass man sich mittelfristig auf eine Fahrzeuggröße festlegt und nicht reagieren kann - solange der Vertrag mit der ODEG läuft, kann der RE2 nicht einfach um einen fünften Wagen ergänzt werden, selbst wenn man es wollte (und alle Bahnsteige passten).
Re: S3-Sperrung geht in die Verlängerung 15.12.2016 07:33 |
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Platte
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GraphXBerlin
Die DB wieder komplett in Staatseigentum = Deutsche Bundesbahn. Wäre das besser oder nicht sinnvoll?
Mir wär's auch lieber, aber widerspräche das nicht der heiligen Kuh des freien Wettbewerbs auf der Schiene?
Re: S3-Sperrung geht in die Verlängerung 15.12.2016 07:45 |
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Jay
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def
Unter diesen Bedingungen ist es fast verwunderlich, dass es auch reibungslose Betriebsübergange gab. Problematisch ist ebenso, dass man sich mittelfristig auf eine Fahrzeuggröße festlegt und nicht reagieren kann - solange der Vertrag mit der ODEG läuft, kann der RE2 nicht einfach um einen fünften Wagen ergänzt werden, selbst wenn man es wollte (und alle Bahnsteige passten).
Das ist schlichtweg falsch. Die Option auf den 5. Wagen ist ausdrücklich Teil des Vertrags. Es fehlt der Wille dazu, weil es deutliche Mehrkosten bedeuten würde und eben kein Einfluss auf das Thema Bahnsteiglänge besteht.
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Jay
Natürlich lernen auch die Aufgabenträger mit jeder Ausschreibung dazu. Manche Fehler werden dann vermieden, andere wiederholt.
Re: S3-Sperrung geht in die Verlängerung 15.12.2016 08:58 |
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def
Nebenbei zeigt sich hier wieder die Problematik, dass die ganze Bestellerei wenig nutzt, wenn letztlich eine ausschließlich am Gewinn orientierte DB Netz bzw. DB StuS darüber entscheidet, was gefahren werden kann und wo gehalten wird. Siehe auch Griebnitzsee.
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Es zeigt sich außerdem schön, wozu die Aufsplitterung führt: alle verdienen daran (DB Netz/StuS, ODEG, Mitarbeiter des Aufgabenträgers), schuld ist niemand, weil man die Verantwortung schön im Kreis rumreichen kann. Geteilte Verantwortung ist eben keine Verantwortung.
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Jay
Natürlich lernen auch die Aufgabenträger mit jeder Ausschreibung dazu. Manche Fehler werden dann vermieden, andere wiederholt.
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def
Das Grundproblem ist eben, dass sowohl die Infrastrukturbetreiber als auch die Eisenbahnbetriebsunternehmen sich nicht dem System Bahn oder gar dem Gemeinwohl, sondern ausschließlich ihrem Gewinn verpflichtet fühlen (müssen), und das kann man ihnen angesichts der politischen Rahmenbedingungen noch nicht einmal übelnehmen.
Re: S3-Sperrung geht in die Verlängerung 15.12.2016 09:24 |
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Global Fisch
Dennoch: in der Summe hat die Bestellerei dazu geführt, dass sich mit letztlich vergleichbarem (soweit das inflationsbedingt etc. geht) Mittelaufwand die Zugkilometerzahl im Regionalverkehr seit der Bahnreform ganz beträchtlich erhöht hat.
Re: S3-Sperrung geht in die Verlängerung 15.12.2016 09:35 |
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GraphXBerlin
Wenn ich jetzt mal die Stammtischparole einwerfen würde: Die DB wieder komplett in Staatseigentum = Deutsche Bundesbahn. [...]
Re: S3-Sperrung geht in die Verlängerung 15.12.2016 09:43 |
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def
Auch wenn es jetzt wirklich OT wird, einen Aspekt haben wir bisher gar nicht betrachtet: die Fahrzeuge. Stellen wir uns einmal vor, ein Betreiber übernimmt zum Tag X ein Streckennetz, und dies bedeutet für ihn ein großes Wachstum (wenn nicht gar einen Neueinstieg in den Markt). Er muss dann zu diesem Tag ausreichend Fahrzeuge haben, die er vorher allerdings nicht testen kann - er muss die Katze im Sack kaufen. Und er muss sich darauf verlassen, dass der Fahrzeughersteller rechtzeitig liefert, denn einen Bestand als Alternative für den Betrieb hat er nicht. Aus dem gleichen Grund sollten tunlichst auch keine Schäden auftreten, die zur spontanen Stilllegung eines Großteils der Flotte führen. Und zu allem Überfluss dürfen diese Fahrzeuge dann aber auch nicht zu viel kosten, weil sie ihr Geld ja innerhalb von i.d.R. zehn Jahren wieder eingespielt haben müssen.
Re: S3-Sperrung geht in die Verlängerung 15.12.2016 19:43 |
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GraphXBerlin
Wenn ich jetzt mal die Stammtischparole einwerfen würde: Die DB wieder komplett in Staatseigentum = Deutsche Bundesbahn. Wäre das besser oder nicht sinnvoll? Ersteres wäre fast mein Wunsch da ich den heutigen Zustand als unerträglich empfinde.Zitat
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Und genau das ist ein Problem der Bahnreform, die ich inzwischen als weitgehend gescheitert betrachten würde. Man muss sich entscheiden: entweder man verfolgt das Wettbewerbsprinzip noch konsequenter, dann müsste man allerdings DB Netz und DB StuS vom DB-Konzern trennen, oder man kehrt zurück zur Einheitsbahn, die dann allerdings als Vorgabe eine schwarze Null bei gleichzeitig höchst möglichem Anteil am Modal Split haben sollte. So oder so darf beim Netz der Gewinn keine politische Vorgabe sein, allenfalls wirtschaftliches Agieren.
Re: S3-Sperrung geht in die Verlängerung 16.12.2016 01:26 |
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def
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Global Fisch
Dennoch: in der Summe hat die Bestellerei dazu geführt, dass sich mit letztlich vergleichbarem (soweit das inflationsbedingt etc. geht) Mittelaufwand die Zugkilometerzahl im Regionalverkehr seit der Bahnreform ganz beträchtlich erhöht hat.
Bei solchen Vergleichen bin ich sehr vorsichtig. Strecken wie Wismar - Berlin oder Rostock - Berlin (oder auch nur Cottbus - Berlin) galten vor der Bahnreform nicht oder nur sehr eingeschränkt als Regionalverkehr. Da ist es natürlich einfach zu sagen, dass sich die Zahl der Zugkilometer im Regionalverkehr seit der Bahnreform stark erhöht hat, wenn man diese nun mit einrechnet. (Natürlich ist das Angebot dennoch vielerorts besser als vor der Bahnreform - dafür wurde aber auch weiter wie wild stillgelegt.)
Re: S3-Sperrung geht in die Verlängerung 16.12.2016 03:18 |
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Jay
Natürlich lernen auch die Aufgabenträger mit jeder Ausschreibung dazu. Manche Fehler werden dann vermieden, andere wiederholt.
Re: S3-Sperrung geht in die Verlängerung 16.12.2016 10:09 |
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Jay
Das ist schlichtweg falsch. Die Option auf den 5. Wagen ist ausdrücklich Teil des Vertrags. Es fehlt der Wille dazu, weil es deutliche Mehrkosten bedeuten würde und eben kein Einfluss auf das Thema Bahnsteiglänge besteht.
Re: S3-Sperrung geht in die Verlängerung 16.12.2016 10:29 |
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INW
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Jay
Das ist schlichtweg falsch. Die Option auf den 5. Wagen ist ausdrücklich Teil des Vertrags. Es fehlt der Wille dazu, weil es deutliche Mehrkosten bedeuten würde und eben kein Einfluss auf das Thema Bahnsteiglänge besteht.
Sicher?
Soweit ich mich an den Aufbau der KISS erinnere, ist der nur vierteilig oder sechsteilig lieferbar, was mit der Verteilung der Aggregate zu tun hat.
Da is nich mit mal so eben einen Wagen dazwischenhängen...
Re: S3-Sperrung geht in die Verlängerung 17.12.2016 01:00 |
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Jay
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INW
Sicher?
Soweit ich mich an den Aufbau der KISS erinnere, ist der nur vierteilig oder sechsteilig lieferbar, was mit der Verteilung der Aggregate zu tun hat.
Da is nich mit mal so eben einen Wagen dazwischenhängen...
Ja, ganz sicher. Das ist allerdings der Punkt, der es so teuer macht. Der 5. Wagen müsste angetrieben sein, weil die ODEG die maximale Sparvariante gekauft hat und die Endwagen genau die geforderten Paramater bei der Beschleunigung erfüllen. Mit einem "normalen" Mittelwagen wäre der Fahrplan dahin.
Der KISS ist eine modulare Plattform, mit vielen verschiedenen Kombinationsmöglichkeiten.