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Heidekraut
Du musst schon den gedruckten Spiegel lesen, denn spiegelonline hat sich längst erledigt, nachdem die agressive adwarekiller-Killer Politik betreiben. Ansonsten interessieren mich Meinungen nicht, sondern Argumente.
Warum so gereizt?
Nenn doch bitte wenigstens Ausgabe und Titel des Artikels. 'Der Spiegelartikel'... und alle wissen was gemeint ist? Da dürfte es einige zehntausend geben, ich weiß schlicht nicht, worauf Du Dich beziehst.
Was die Meinungen angeht, klar interessieren die Dich. Sonst würdest Du ja nicht den Spiegel lesen :P Auch wir hier beschäftigen uns hauptsächlich mit dem Austausch von Meinungen. Aber Du darfst Deine gerne durch Argumente unterfüttern, dann wird die Diskussion gleich spannender.
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Wer hier was denkt, liegt neben der Sache. Ich hingegen habe nicht den Traum, dass die erstrebenswerteste Städteplanung in der autofreien Innenstadt liegt.
Siehst Du, da liegen unsere Meinungen sogar deckungsgleich übereinander. "Innenstadt" übersetzte ich jetzt mal für unseren Fall als "innerhalb vom S-Bahnring". Nicht mal der radikalste Öko-Fundi fordert, den Bereich auch nur als Fernziel autofrei zu bekommen. Ich schon gar nicht. Darüber müssen wir gar nicht streiten.
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Fußgängerzonen sind nicht das Credo und nicht die Lösung für unsere Probleme.
Viel zu global formuliert. Was sind denn "unsere Probleme"? Alle von der ganzen Welt? Wir diskutieren über Straßen und Plätze mit Flächenkonflikten, die stark über-nutzt sind, die durch Unvereinbarkeiten der Verkehrsträger gekennzeichnet sind, kurz vor dem Verkehrsinfarkt stehen und geringe Aufenthaltsqualität bieten. Durch Herausnahme des MIV kann dort regelmäßig eine verkehrliche Entspannung, verträgliche Neuorganisation der Ströme und Aufwertung des öffentlichen Raumes gelingen. Doch, Fußgängerzonen sind eine Lösung für dieses Problem.
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Der ÖPNV muss gestärkt werden, da sind wir uns einig. Und das geht sicher auch nicht ohne Umverteilung des Verkehrsraumes. Weiter würde ich aber nicht gehen, weil das ideologischer Extremismus ist und zu keiner vernünftigen Lösung führt.
Stärkung des ÖPNV ist eine blumige Formulierung (auf die wir uns schon wieder einigen können). Aber was meinst du Konkret? Stärkung durch Ausbau und Investitionen? Bin ich dafür. Stärkung im Sinne von Erhöhung des Anteils im Modal Split? Bin ich auch dafür. Letzteres funktioniert aller Erfahrung nach nicht allein durch bessere und billigere Angebote. Eine signifikante Verlagerung bekommst du nur, wenn du gleichzeitig Autofahren teurer und langsamer machst.
Umverteilung von Verkehrsräumen ist doch DAS zentrale Thema das gerade überall diskutiert wird (und wo Gehl Vorreiter war und immer noch Vorkämpfer ist). Da bist Du dafür, ich auch. Z.B. Umgestaltung von sechspurigen Straßen zu vierspurigen plus Protected Bike Lane. Analog vierspurige zu zweispurigen. Durchgehende Bussonderfahrstreifen mit uneingeschränkter Gütligkeit an allen Hauptstraßen. Straßenbahn durchweg auf besonderem Bahnkörper oder wenigstens abmarkiert. Aufenthalts- und Verweilflächen statt Parkplätzen.
Das ist doch schon das nonplusultra urbanistischer Forderungen. Was ist in Deiner Sicht denn noch radikaler, was darüber hinaus gehen könnte? Wo hört bei Dir Stadtplanung auf und fängt ideologischer Extremismus an?
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Es genügt, wenn DU zur Kenntnis nimmst, dass nicht alle so denken, wie Du und dass daher der Gehl auch nicht das Allheilmittel ist.
Glaub mir das tu' ich, und ich bin froh, dass nicht alle so denken wie ich. Dann wäre jede Diskussion ja ein Selbstgespräch und äußerst langweilig. Bei uns beiden erkenne ihc aber nicht so viel trennendes sondern im Gegenteil viele Gemeinsamkeiten. Und von einem Allheilmittel habe ich nie gesprochen. Oder willst Du mich zum Gegner machen indem Du mir Formulierungen in den Mund legst?
Weil ich auf Deinen Tipp ein wenig bei Spon geschmökert habe, hier zwei andere, sehr interessante Links (fast) zum Thema:
Ein Interview mit Andreas Knie, Professor für Soziologie:
http://www.spiegel.de/wirtschaft/soziales/mobilitaetsforscher-im-interview-das-auto-darf-nicht-mehr-privilegiert-werden-a-1196774.html
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Spon
SPIEGEL ONLINE: Ist es vorstellbar, das Auto ganz aus der Stadt zu verdrängen?
Knie: Ja. Das Auto darf nicht mehr privilegiert werden. Das Versprechen: Du kannst mit deinem Auto von A nach B fahren und es dort auch noch günstig abstellen, muss ersetzt werden durch ein anderes. Du kommst weiterhin von A nach B - aber ohne dein Privatauto. Dazu gehört es, dass das privat besessene Automobil die Kosten, die es verursacht, auch bezahlt. Zum Beispiel für das Abstellen auf einem öffentlichen Grundstück, das eigentlich mindestens 4000 Euro im Jahr kostet. Natürlich muss der Nahverkehr entsprechend gut sein, die Wege müssen kompakter, die Radwege besser werden.
...und ein herrlich absurder Rückblick, ein Artikel über die Parkplatznot in deutschen Großstädten von 1955. Darin die aus heutiger Sicht total naiver Vorstellung, man müsse dem wachsenden MIV einfach nur genug Platz einräumen, dann werden sich die Probleme schon erledigen...
http://www.spiegel.de/spiegel/print/d-31969304.html
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Der Spiegel, 1955
Als dringlichste Notwendigkeit erscheint den Hannoveranern die Trennung von Straßenbahn und Kraftfahrzeugverkehr. Dadurch soll verhindert werden, daß parkende Autos am Straßenrand die Kraftfahrer zwingen, bis zur nächsten Haltestelle hinter der Bahn herzuzockeln. Damit die aus- und einsteigenden Fahrgäste den Kraftwagenverkehr nicht behindern, sollen die Haltestellen - teilweise ist das schon geschehen - grundsätzlich auf Verkehrsinseln verlegt werden. Vor belebten Kreuzungen will Professor Hillebrecht die Straßenbahn unter das Pflaster schicken und hinter dem Engpaß wieder auftauchen lassen.
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Solche abenteuerlichen Aktionen [wie die Jagd in den USA nach Grundstücken immer, wann ein Gebäude abbrennt] brauchen die bundesdeutschen Stadtplaner nicht zu unternehmen, solange es noch genügend Trümmerflächen gibt, die als Parkplätze geeignet sind. Das Handikap: Die Grundstückspreise sind meist zu hoch. In den Cities von München, Hamburg und Frankfurt kostet der Quadratmeter bis zu 1000 Mark. Sill: "Die Grundstücksankaufplanung läßt sich nicht von heute auf morgen durchführen. In Hamburg wenden wir jedes Jahr acht Millionen Mark auf, um nach und nach Grundstücke zu erwerben, bis wir genügend Flächen für ausreichende Parkplätze zusammenhaben."