Alex Seefeldt schrieb:
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> 1) Der Mehraufwand für den doppelstöckigen
> U/S-Bahntunnel wäre ein Witz gewesen gegenüber der
> jetzt freigehaltenen Trasse hinter dem Reichstag
> und unter der Spree, zumal z.T. alles in einer
> großen Baugrube stattfand. Abgesehen davon bot
> sich die Sperrung des Brandenbuger Tores eh als
> Zeitpunkt für die Verlängerung des Heubodens an,
> denn die muss auf jeden Fall in offener Baugrube
> erfolgen. Vorbei...
Die Prioritäten wurden gesetzt.
Man sah diese weniger bei der S-Bahn, die ja seit 1939 über eine leistungsfähige Nord-Süd-Verbindung verfügt. Nun könnte man ebenfalls beklagen, dass Unter den Linden seinerzeit nicht als Doppelbahnhof a´la Alexanderplatz (Strecke E+F) geplant und gebaut wurde. Trotz dem die Trasse für die Städtische U-Bahn unter der nördlichen Fahrbahn freigehalten wurde, dachte die Reichsbahn-Bau-Direktion nicht im Traum an einen Gemeinschaftsbahnhof. Zudem wäre der Inbetriebnahmetermin zu den Olympischen Spielen 1936 nicht zu halten gewesen.
Da nun die Bahn eine bei weitem nicht ausgelastete Nord-Süd-S-Bahnstrecke besitzt (selbst bei derzeitigem 5-min-Takt mit 4 Zuggruppen kann man keine Überfüllungen feststellen), braucht sie nicht noch eine aufwändige unterirdische Trasse, zumal sie ja bald eine viergleisige Nord-Süd-Verbindung für die Fern- und Regionalbahn in Betrieb setzt. Zum Vergleich: Wenn jemand die Stadtbahn auf 4 Ferngleise verbreitern und dazu noch parallel einen zusätzlichen Ost-West-S-Bahntunnel fordern würde, um beispielsweise die Spandauer Strecke von Charlottenburg über Görlitzer Bahnhof mit der Görlitzer Bahn zu verbinden, würde er zurecht als größenwahnsinnig zu bezeichnen sein.
Die U-Bahn dagegen wartet seit Ende der Zwanziger Jahre auf eine Großprofil-Ost-West-Strecke. Diesem Ziel kommt man mit der U55 ein (zugegeben kleines, aber entscheidendes) Stück näher.
Die Idee einer Doppelstockstrecke für die S21/U5 hat Charme, die Mehrkosten halte ich aber für keinen Witz. Die Senatsbauverwaltung besitzt durchaus noch die Zahlen aus den 70er Jahren, was die ebenfalls unvollendete Doppelführung der Strecken F und G durch Steglitz gekostet hat mit dem Bahnhof Schloßstraße und den beiden Überwerfungsbauwerken. Schätze mal das Doppelte bis Dreifache gegenüber einer einstöckigen Trassierung in geringer Tiefe. Sehr viel Aufwand für keinen (absehbaren) Bedarf.
> 2) Ein bahnsteiggleiches Umsteigen wie in Wuhletal
> zwischen U- und S-Bahn ist jetzt weder am Lehrter
> noch am Reichstag zukünftig möglich.
Wie bei jeder U+S-Bahn Kreuzung in Berlin. Die Bahnsteigsituation in Wuhletal halte ich ohnehin für ein Überbleibsel der ursprünglich als S-Bahn Rummelsburg - Hönow geplanten Erschließung Hellersdorfs. Unter Senat / DB-Regie wäre das nicht passiert. Wobei ich persönlich diese Lösung sehr gut finde.
> 3) In der Tat könnten nun zumindest die Röhren für
> die S-Bahn in absehbarer Zeit sinnvoll genutzt
> werden, so eine S21-Nord wäre ein guter
> Schrittmacher gewesen um auch die S21-Süd über
> Gleisdreieck inklusive Cheruskerkurve
> durchzudrücken. Ein vergleichsweise preiswertes
> Projekt mit postitiven Effekten im S-Bahnnetz ist
> jetzt erstmal für ein paar Jahrzehnte vom Tisch.
> Es glaubt doch keiner ernsthaft, dass man in
> absehbarer Zeit am Reichstag und Brandenburger Tor
> die Erde für die S21 wieder umwühlt.
Wenn einst Bedarf entstehen sollte, kann man das immer noch machen. Ich sehe es eher nicht kommen. Die Vorleistungen für die Anbindung der S21 an den Nordring sehe ich ebenfalls eine sehr lange Zeit ungenutzt. Nicht schlimm, sowas hat in Berlin Tradition.
> 4) Parallel dazu wurde beim U-Bf. Reichstag
> ordentlich geklotzt. Ob denn ein doppelstöckiger
> Bahnhof wirklich teurer gewesen wäre wage ich mal
> zu bezweifeln. Umfangreicher wäre dann allerdings
> die Verzweigung südlich des Bf. Reichstag gewesen.
Tja, Hr. Schultes hat sich mit seinem Entwurf durchgesetzt. Ich finde Zweckbauten besser, aber wenigstens ist und bleibt der Bahnhof wirklich unverwechselbar (abgesehen von der Feierhalle des Krematorium Baumschulenweg, die aber ganz anderen Zwecken dient).
so long
Mario