Re: Autonome Busse
23.08.2019 22:33
Zitat
andre_de

Zwischen Schöneberg und Tegel liegen nun bereits drei Jahre. Wenn ich beides vergleiche, kann ich da keine wesentliche Weiterentwicklung feststellen. Nichtsdestotrotz ist es natürlich legitim, auf ein "baldiges" Wunder zu hoffen ;-)

Viele Grüße
André
Auch wenn ich penetrant klinge, ich muss mich doch noch mal melden. In den letzten 3 Jahren hat sehr wohl eine rasante Entwicklung stattgefunden. Ich habe gestern mit einem Nachbarn gesprochen, der in der Entwicklung von Waymo arbeitet. Nach seiner Einschaetzung war das Uber-Auto (eigene Software - nicht von Waymo etc.) fuer autonomes Fahren voellig ungeeignet, da zu diesem Zeitpunkt ein Eingreifen des Sicherheitsfahrers durchschnittlich nach 13 Meilen (ca. 20km) notwendig war! Waymo konnte damals schon ueber 5000 Meilen ohne Eingriff autonom zuruecklegen und hat das noch wesentlich gesteigert. Interessant auch von dieser Firma eine Datenbank fuer Forschungszwecke, die das Abstrahieren verschiedener Verkehrssituationen in Echtzeit zeigt. Bei den Clips von Waymo sieht man auch, dass das Computersystem wesentlich mehr Fahrzeuge/Personen im Visier hat, als ein Mensch das tun kann. Warum ich auf Waymo herumreite: Diese Firma ist mit Abstand weltweit an der Spitze, was autonomes Fahren angeht; kein Wunder bei den Geldspritzen von Google...
Henner
Re: Autonome Busse
23.08.2019 23:03
Zitat
md95129

Auch wenn ich penetrant klinge, ich muss mich doch noch mal melden. In den letzten 3 Jahren hat sehr wohl eine rasante Entwicklung stattgefunden. Ich habe gestern mit einem Nachbarn gesprochen, der in der Entwicklung von Waymo arbeitet. Nach seiner Einschaetzung war das Uber-Auto (eigene Software - nicht von Waymo etc.) fuer autonomes Fahren voellig ungeeignet, da zu diesem Zeitpunkt ein Eingreifen des Sicherheitsfahrers durchschnittlich nach 13 Meilen (ca. 20km) notwendig war!

Zu schade, dass der Frau am Steuer des Uber-VOLVO das nicht vermittelt wurde.

Zitat

Waymo konnte damals schon ueber 5000 Meilen ohne Eingriff autonom zuruecklegen und hat das noch wesentlich gesteigert.

Wie ist in den USA bzw. den Staaten, die diese Gefährte auf die Menschheit loslassen, eigentlich die Haftungs- und Verantwortungsfrage im Falle eines Unfalls geregelt?

Letztendlich ist es natürlich interessant, dass sich Autos 5000 Meilen im Straßenverkehr autonom bewegen können, ohne jemanden umzubringen (wobei die Landstraßen durch die Wüste im Osten der USA sicher nicht mit dem Verkehr an der Westküste oder in Paris vergleichbar sind).
Aber das war es dann auch: Das vollkommen autonome Fahren wird vorerst nicht kommen - Handelsblatt


Zitat

Bei den Clips von Waymo sieht man auch, dass das Computersystem wesentlich mehr Fahrzeuge/Personen im Visier hat, als ein Mensch das tun kann. Warum ich auf Waymo herumreite: Diese Firma ist mit Abstand weltweit an der Spitze, was autonomes Fahren angeht; kein Wunder bei den Geldspritzen von Google...
Henner

Und trotzdem muss ein Mensch aus Fleisch und Blut in fahrtüchtigem Zustand am Steuer sitzen und wie ein Schießhund darauf acchten, dass das Auto keine Fehler macht.
Das mag etwas für Leute sein, die eigentlich mal Fahrlehrer werden wollten, aber am Markt durchsetzen wird sich das kaum.

Grüße
Nic



1 mal bearbeitet. Zuletzt am 24.08.2019 02:10 von Nicolas Jost.
Re: Autonome Busse
23.08.2019 23:35
Zitat
Nicolas Jost
Aber das war es dann auch: Das vollkommen autonome Fahren wird nicht kommen - Handelsblatt.

Du hast in der Überschrift - und offenbar auch im Inhalt - des Artikels etwas übersehen.

Gruß
Micha

Re: Autonome Busse
24.08.2019 00:11
Davon mal abgesehen. Die Technikgeschichte ist reich an zuverlässigen Prophezeiungen. Ich verlinke hier mal auf einen im Internet gefundenen Artikel aus der Zeitschrift PC-Welt und picke eines der zahlreichen dort genannten Beispiele heraus:

"Ich denke, dass es weltweit einen Markt für vielleicht fünf Computer gibt”. Das prognostizierte Thomas Watson, Chairman von IBM, im Kriegsjahr 1943..

Zum ihrem Glück hatte diese Firma selbst nicht daran geglaubt. Es dauerte zwar noch fast 40 Jahre, bis der IBM-PC das Licht der Welt erblickte. Aber heute hat wohl jeder zumindest einen "Persönlichen Computer" in Form des Smartphones in der Hosentasche.

Gruß
Micha

Anonymer Benutzer
Re: Autonome Busse
24.08.2019 00:43
Zitat
Micha

Zum ihrem Glück hatte diese Firma selbst nicht daran geglaubt. Es dauerte zwar noch fast 40 Jahre, bis der IBM-PC das Licht der Welt erblickte. Aber heute hat wohl jeder zumindest einen "Persönlichen Computer" in Form des Smartphones in der Hosentasche.

Ich finde es auch erstaunlich, dass viele Menschen denken, autonom fahrende Autos wären niemals möglich. Wie kann man das bewerten? Doch nur an dem technischen Wissen, das man heute hat? Das haben die Menschen vor 50 Jahren sicher auch gesagt, wenn es um autonom fahrende U-Bahnen oder Straßenbahnen ging. Wir wissen doch noch gar nicht, wie sich die Technik entwickelt und in 20 Jahren aussieht, bisher ist sie sehr rasant vorangeschritten. Anfang der 90er hätte ich auch nicht geglaubt, dass Dinge, die heute selbstverständlich sind, überhaupt realisiert werden können.

Ob sich sowas am Makt durchsetzt ist eine andere Frage, hängt ja auch von der politischen Entwicklung ab. Wenn man die Frage nach der Fehlerquote von Computern aufwirft, sollte man auch die Fehlerquote "Mensch" ins Verhältnis setzen. Es ist ja nicht so, dass von uA betrunkenen unaufmerksamen Autofahrern keine Gefahr ausgeht. Es ereignen sich ja nunmal täglich schwere Unfälle im Straßenverkehr, die meist menschliches Versagen, oft sogar grobe Fahrlässigkeit oder Vorsatz, als Ursache haben. Daher stellt sich mir auch nicht die Frage, ob autonome Fahrzeuge zu hundert Prozent sicher sind, sondern eher, ob sie insgesamt zu einem signifikanten Rückgang der Unfallzahlen beitragen können und hier denke ich tatsächlich, dass ein Computer in absehbarer Zeit mehr leisten wird als der Mensch, nicht nur auf der Straße, auch zum Beispiel im medizinischen Bereich.



1 mal bearbeitet. Zuletzt am 24.08.2019 00:49 von Railroader.
Re: Autonome Busse
24.08.2019 01:04
@Nic: Billige Polemik! Waymo Fahrzeuge haben inzwischen 7Millionen km auf oeffentlichen Strassen zurueckgelegt, ohne einen toedlichen Unfall! Tests zum grossen Teil in San Francisco/Silicon Valley. Im April 2018 hat die Firma die Erlaubnis vom DMV (Department of Motor Vehicles) - vergleichbar mit der Zulassungsbehoerde in Deutschland - bekommen, Fahrzeuge ohne Sicherheitsfahrer in Kalifornien zu testen. Sogar Passagiere duerfen seit Juli transportiert werden - allerdings mit Sicherheitsfahrer. Aber das ist offenbar noch nicht nach Deutschland bzw. zum Handelsblatt durchgedrungen. Ich bin mir auch ziemlich sicher, dass sich niemand die Videos mit dem vom Computer abstrahierten Verkehrsgeschehen angesehen hat; einige Kommentare wuerden anders ausfallen.

Die erste Zielgruppe sind kommerzielle Fahrzeuge (z.B. Lieferwagen, Pendelbusse), die praktisch rund um die Uhr in Betrieb sind. Damit rentiert sich das teurere Fahrzeug.

Uebrigens ist einigen deutschen Autofirmen das Lachen vergangen, was die Fortschritte in der amerikanischen Autoindustrie anbelangt (Zetsche)
Henner



1 mal bearbeitet. Zuletzt am 24.08.2019 01:05 von md95129.
Anonymer Benutzer
Re: Autonome Busse
24.08.2019 01:55
Zitat
md95129
Sogar Passagiere duerfen seit Juli transportiert werden - allerdings mit Sicherheitsfahrer. Aber das ist offenbar noch nicht nach Deutschland bzw. zum Handelsblatt durchgedrungen.

In Deutschland denken wir, dass wir alles richtig machen und sich die restliche Welt nach uns zu richten hat. Von daher ist es umso wichtiger, dass es Leute wie dich gibt, die aus dem Ausland berichten. Der Tenor in Deutschland geht gegenwärtig dahin, Autos zu verbannen und ihnen möglichst wenig Raum zu gewähren. Von daher kann man nur mutmaßen, warum hiesige Medien gewisse Details beim Fortschritt in der Automobilindustrie nicht erwähnen.
Re: Autonome Busse
24.08.2019 01:58
Zitat
Railroader


Ich finde es auch erstaunlich, dass viele Menschen denken, autonom fahrende Autos wären niemals möglich. Wie kann man das bewerten? Doch nur an dem technischen Wissen, das man heute hat?

Die technischen Möglichkeiten sind doch ein Aspekt. Letztendlich bleibt es beim ethischen Dilemma, dass im Falle eines nicht mehr abwendbaren Unfalls ein Algorithmus entscheidet, wer geopfert von den Beteiligten geopfert wird. Das ist ein ethisches Dilemma und nicht mit den Artikeln 1 und 2 des Grundgesetzes in Einklang zu bringen.

Grüße
Nic
Anonymer Benutzer
Re: Autonome Busse
24.08.2019 02:14
Zitat
Nicolas Jost

Die technischen Möglichkeiten sind doch ein Aspekt.

Kennst du die technischen Möglichkeiten in 10 Jahren?



Zitat
Nicolas Jost
Letztendlich bleibt es beim ethischen Dilemma, dass im Falle eines nicht mehr abwendbaren Unfalls ein Algorithmus entscheidet, wer geopfert von den Beteiligten geopfert wird. Das ist ein ethisches Dilemma und nicht mit den Artikeln 1 und 2 des Grundgesetzes in Einklang zu bringen.

Jetzt trägst du aber dick auf.^^ Ihr tut ja alle so, als würde sich der Mensch im Straßenverkehr stets vorbildlich verhalten, gefährliche Situationen zum Wohle aller in einer Viertelsekude abwägen und sie stets mit einem "happy end" meistern. Der Mensch ist Fehlerquelle Nummer 1, weshalb erst schlimme Unfälle passieren.



2 mal bearbeitet. Zuletzt am 24.08.2019 02:28 von Railroader.
Ich kann mir gut vorstellen, dass autonome und vorallem miteinander kommunizierende Autos unterwegs sind.

Das ist bestimmt auch super für Autobahnen, Kleinstädte und ländliche Regionen. Und sehr viel Potenzial sehe ich für autonome Busse, die auch auf dem Land gleichwertige Lebensverhältnisse ermöglichen.

Nur möchte ich noch erwähnen, dass der Platz in Metropolen und Innenstädten durch autonome und/oder Elektroautos oder auch Carsharing nicht mehr wird.

Der Platzverbrauch fahrender Autos ist nach wie vor enorm. Und im Berufsverkehr werden zwangsläufig mehr Autos unterwegs sein, als Nachts. Also müssen auch irgendwann und irgendwo Autos parken.
Re: Autonome Busse
24.08.2019 19:16
Es ist eine etwas merkwürdige Diskussion, wenn die Verfechter des autonomen Fahrens sich eigentlich primär auf das abstrakte Argument "Technik wird immer besser, wir wissen alle nicht, was noch kommen wird" stützen. Das stimmt natürlich, ist aber andererseits auch weitgehend erkenntnisfrei. Daraus lässt sich einzig ableiten: "Wir wissen nicht, obs mal funktionierende vollautonome Autos im Großstadtverkehr gibt", mehr nicht.

Dagegen haben Nic und ich versucht, einige konkrete Argumente, vor allem auch nicht-technischer Natur aufzuzeigen, was Stand heute für recht lange Zeit noch dagegen spricht, dass wir solche Fahrzeuge in Massen in den Großstädten sehen werden. Diese Argumente sind technisch nicht lösbar, darauf geht ihr aber gar nicht ein.
- Autonome Fahrzeuge müssen die Verkehrsregeln strikt befolgen. Mit diesem Verhalten funktionieren sie nicht im heutigen gemischten Großstadtverkehr.
- Die aus der verbleibenden Fehlerquote, egal wie klein sie ist, resultierenden Unfälle verantwortet der Fahrzeughersteller. Dies ist weder von der objektiven Verantwortung (insbesondere bei Todesfällen) noch von der subjektiven Wahrnehmung (heute: viele menschliche Unfallverursacher mit verteilter Schuld, morgen: wenige schuldige Autohersteller) praktikabel.
- Der Fortschritt in der Entwicklung vollautonomer Autos stagniert (siehe auch Schöneberg->Tegel), die ursprünglichen Hoffnungen und Zeitansätze erfüllen sich bei weitem nicht.
- Der Invest ins Fahrzeug (bei recht kurzen Abschreibungszeiten) und in die Infrastruktur steht in keinem Verhältnis zum Nutzen, niemand kommt deswegen schneller, billiger oder besser an.

Und um nochmal kurz auf die von Henner so oft zitierten Fahrleistungen einzugehen: Was bedeutet es denn, wenn ein autonomes Auto in SF für 12.000 km ohne Eingriff fährt? Wenn jemand auch nur alle 12.000 oder meinetwegen 50.000 km eingreifen muss, dann tut er das, um einen Unfall zu verhindern. Ich selbst fahre mein Auto seit 150.000 km unfallfrei, ganz viele andere in ähnlichen Größenordnungen, das ist mal der Maßstab, um überhaupt auf die heutigen Unfallzahlen zu kommen. Dann sinds aber immer noch 1000e Tote pro Jahr. D.h., hier fehlen noch mindestens 2 Zehnerpotenzen, ein autonomes Auto müsste rund 1.000.000 km ohne Unfall fahren, und zwar nicht das beste der Flotte (für die Pressemitteilung), sondern die GESAMTE Flotte im Schnitt.

Man stelle sich das mal aus der Besitzer-Perspektive vor: Mein autonomes Auto fährt 50.000 km ohne Unfall. Das heißt dann, alle zwei Jahre fährt mich mein Auto in einen Unfall. Ist das mehrheitsfähig? Und vor allem, was mache ich denn dann, während das Auto fährt, mit diesem Wissen im Hinterkopf. Lasse ich mich schön autonom rumfahren, überwache es aber zwei Jahre lang die ganze Zeit, um für den einen Augenblick dann eingreifen zu können? Das ist schon rein psychologisch völlig unpraktikabel (wie ja die unaufmerksame Testfahrerin gezeigt hat).

Die Tests in Amerika sind sehr schwer auf einen breiten Alltags-Einsatz zu interpolieren. Es ist natürlich möglich, mit 100 Autos im überwachten Modus und defensiv rumzufahren, ohne dass was passiert. Das ist technisch spannend und interessant, liefert auf die oben beschriebenen nicht-technischen Fragestellungen aber keine Antwort.

Aber wegen mir können wir die Diskussion gerne beenden und lassen uns von der Zukunft überraschen ;-)

Ach ja, @Micha: Die Anekdote mit der Aussage des IBM-Chefs, dass man nur 5 Computer auf der Welt braucht, wird zwar sehr gerne in Zeitungen zitiert, weil sie so lustig klingt, ist aber komplett unbelegt und von ihm wohl nie getroffen worden. Das taugt also leider nicht als "Argument", nicht mal als abstraktes.

Viele Grüße
André



1 mal bearbeitet. Zuletzt am 24.08.2019 19:22 von andre_de.
Re: Autonome Busse
24.08.2019 21:32
Zitat
Nicolas Jost
Aber das war es dann auch: Das vollkommen autonome Fahren wird vorerst nicht kommen - Handelsblatt

Na dann ist ja gut, dass das Handelsblatt dies beurteilen kann. Immerhin genau ihr Metier ;)

Ich habe es nicht gelesen, aber lass mich raten: Zu teuer? Das ist dort immer das Argument gegen Innovation und Fortschritt. Und immer machen sie den gleichen Fehler. Sie ignorieren, dass Preise insbesondere in der Technik stets einem starken Verfall ausgesetzt sind, während die Kaufkraft mittelfristig steigt.
Re: Autonome Busse
24.08.2019 21:39
Zitat
Wutzkman

Na dann ist ja gut, dass das Handelsblatt dies beurteilen kann. Immerhin genau ihr Metier ;)

Ich habe es nicht gelesen, aber lass mich raten: Zu teuer?

Nein, falsch geraten ;-) In dem Fall lohnt sich das Lesen dann doch mal.

Viele Grüße
André
Re: Autonome Busse
24.08.2019 22:35
Zitat
andre_de
Zitat
Wutzkman

Na dann ist ja gut, dass das Handelsblatt dies beurteilen kann. Immerhin genau ihr Metier ;)

Ich habe es nicht gelesen, aber lass mich raten: Zu teuer?

Nein, falsch geraten ;-) In dem Fall lohnt sich das Lesen dann doch mal.

Gut, ich habe den Text nun gelesen und auch die weiteren Argumente gesehen. Das sind allerdings alles Sachen, die sich mit verbesserter Technik lösen ließen. Nur müsste man damit auch mal beginnen und nicht immer nur sagen "für die Hersteller sind die Kosten noch schlicht zu hoch", "Zu teuer für Privatkunden" und "In der Stadt aber wäre es kostspielig und langwierig" (alles Zitate aus dem Artikel).
Anonymer Benutzer
Re: Autonome Busse
24.08.2019 23:30
Zitat
andre_de
Es ist eine etwas merkwürdige Diskussion, wenn die Verfechter des autonomen Fahrens sich eigentlich primär auf das abstrakte Argument "Technik wird immer besser, wir wissen alle nicht, was noch kommen wird" stützen. Das stimmt natürlich, ist aber andererseits auch weitgehend erkenntnisfrei. Daraus lässt sich einzig ableiten: "Wir wissen nicht, obs mal funktionierende vollautonome Autos im Großstadtverkehr gibt", mehr nicht.

Zu einem anderen Schluss kann ich in der Debatte eben auch nicht kommen, da ich nicht weiß, welche technischen Innovationen kommen werden, was man sich das kosten lassen möchte und in welche politische Richtung es nachhaltig geht (Verkehrswende). Die Erkenntnis für mich ist, dass es eine große Herausforderung ist und die ausbleibende Umsetzung langfristig vermutlich eher nicht in den technischen Barrieren zu finden ist. Von daher kann ich deinen "nicht technischen" Argumenten, vor allem den Kosten-/Nutzenfaktor auch mehr abgewinnen als einem "Geht langfristig nicht, gibt gegenwärtig keine technische Lösung." Die würde es mE irgendwann geben, wenn man gewillt ist, an diesem Projekt festzuhalten und zu investieren.

Zitat
andre_de
Diese Argumente sind technisch nicht lösbar, darauf geht ihr aber gar nicht ein.
- Autonome Fahrzeuge müssen die Verkehrsregeln strikt befolgen. Mit diesem Verhalten funktionieren sie nicht im heutigen gemischten Großstadtverkehr.

Klar, nach gegenwärtigem Entwicklungsstand geht das nicht im erforderlichen Rahmen, aber ich weiß doch eben nicht, was in 20 Jahren ist. Hm.

Zitat
andre_de
- Die aus der verbleibenden Fehlerquote, egal wie klein sie ist, resultierenden Unfälle verantwortet der Fahrzeughersteller. Dies ist weder von der objektiven Verantwortung (insbesondere bei Todesfällen) noch von der subjektiven Wahrnehmung (heute: viele menschliche Unfallverursacher mit verteilter Schuld, morgen: wenige schuldige Autohersteller) praktikabel.

Natürlich stimme ich dir hier zu, Fehler müssen erkannt und beseitigt werden, bevor so etwas zugelassen wird. Was ich eher meinte: Kein System und keine Maschine ist stets zu hundert Prozent fehlerfrei. Sowas lässt sich nie zu hundert Prozent vermeiden.

Zitat
andre_de
- Der Invest ins Fahrzeug (bei recht kurzen Abschreibungszeiten) und in die Infrastruktur steht in keinem Verhältnis zum Nutzen, niemand kommt deswegen schneller, billiger oder besser an.

Ich bin der Meinung, dass die Quote menschlicher Fehler die technischer deutlich übersteigt. Voraussetzung ist natürlich ein funktionierendes System. Wenn dies existiert, denke ich schon, dass viele Menschen "besser" bzw. "gesünder" am Ziel ankommen. Ob das dann auch schneller geht liegt ja am Ende daran, wie intelligent und vernetzt das System ist. Kurz- oder mittelfristig sehe ich das auch nicht, ich halte es aber eben technisch nicht für ausgeschlossen.

Zitat
andre_de
Und um nochmal kurz auf die von Henner so oft zitierten Fahrleistungen einzugehen: Was bedeutet es denn, wenn ein autonomes Auto in SF für 12.000 km ohne Eingriff fährt? Wenn jemand auch nur alle 12.000 oder meinetwegen 50.000 km eingreifen muss, dann tut er das, um einen Unfall zu verhindern. Ich selbst fahre mein Auto seit 150.000 km unfallfrei, ganz viele andere in ähnlichen Größenordnungen, das ist mal der Maßstab, um überhaupt auf die heutigen Unfallzahlen zu kommen. Dann sinds aber immer noch 1000e Tote pro Jahr. D.h., hier fehlen noch mindestens 2 Zehnerpotenzen, ein autonomes Auto müsste rund 1.000.000 km ohne Unfall fahren, und zwar nicht das beste der Flotte (für die Pressemitteilung), sondern die GESAMTE Flotte im Schnitt.

Ja, sehe ich auch so. Aber es ist eben nur der gegenwärtige Stand. Davon ab halte ich Autofahren ohnehin für nicht ungefährlich und hätte, wäre ich Autofahrer, immer im Hinterkopf, dass ich noch so vorbildlich fahren kann, macht ein anderer Verkehrsteilnehmer einen entscheidenden Fehler, kann das auch für mich weitreichende Kosequenzen haben.


Grüße



1 mal bearbeitet. Zuletzt am 24.08.2019 23:51 von Railroader.
Re: Autonome Busse
25.08.2019 00:17
Ist denn autonomes Fahren im dichten Großstadtverkehr überhaupt ein kurz- bis mittelfristiges Ziel? Aktuell ist das doch vor allem in 2 Bereichen interessant: Erstens beim Fahren über lange Distanzen. Dafür könnte man auf den wichtigsten Autobahnen Spuren abtrennen, auf denen nur Fahrzeuge fahren dürfen, die autonom fahren können. Zweitens beim ÖPNV in Gegenden, in denen sich ein Betrieb von herkömmlichen Buslinien nicht lohnt, nicht einmal als Rufbus. Da sollte der Verkehr so gering sein, dass - wie in der "Wüste" in den USA - auch Mischbetrieb möglich sein sollte. Der Großstadtverkehr käme halt erst dazu, wenn ein entscheidener Anteil aller Fahrzeuge autonom fahren kann.
Re: Autonome Busse
26.08.2019 05:50
Zumindest hier in den USA ist das Ziel, in Ballungsgebieten autonom zu fahren. Im Schnitt verbringt hier jeder Berufstaetige ca. 1h (und bis bis zu mehreren Stunden) auf der Fahrt zum/vom Arbeitsplatz. Deswegen werden auch die allermeisten Testfahrten auf den Strassen zwischen Silicon Valley (San Jose) und San Francisco absolviert. Fuer laengere Strecken ist das nicht so interessant, da die meisten Amerikaner dann fliegen (Auch bei einem Umzug kommt zum Schluss das Auto in den 18-wheeler).
Die augenblickliche Entfernung von > 15000km/Eingriff bedeutet ja nicht, dass das Fahrzeug sonst einen Unfall verursachen wuerde. Es hat immer noch die Moeglichkeit, anzuhalten und die Warnblinkanlage anzuschalten. Bei einem Unfall alle 15000km wuerde die Testlizenz fuer komplett autonomes Fahren schnell entzogen werden. Mir ist es auch schon mehrmals passiert, dass ich bei unguenstigen Bedingungen (Nacht/Regen/unbekannte Umgebung/schlechte Beschilderung) aufgeben musste und am Strassenrand anhalten musste, um mich wieder zu orientieren.
Bei dieser ganzen Diskussion bitte immer an zwei Dinge denken:
1. Autonome Autos werden sicher nicht die Verkehrsprobleme in den Staedten loesen.
2. Es geht mir nur darum, zu zeigen, dass die Aussage: "Das wird nie was" viel zu pessimistisch ist und von der Wirklichkeit schon ueberholt wurde.
Henner
Eigentlich wollte ich mich en der Diskussion beteiligen, aber da mein Beitrag von vorgestern Abend wohl zensiert / "wegmoderiert" wurde, habe ich keinen Bock mehr, und es war viel Text...
Zitat
Railroader
Zitat
Nicolas Jost

Die technischen Möglichkeiten sind doch ein Aspekt.

Kennst du die technischen Möglichkeiten in 10 Jahren?



Zitat
Nicolas Jost
Letztendlich bleibt es beim ethischen Dilemma, dass im Falle eines nicht mehr abwendbaren Unfalls ein Algorithmus entscheidet, wer geopfert von den Beteiligten geopfert wird. Das ist ein ethisches Dilemma und nicht mit den Artikeln 1 und 2 des Grundgesetzes in Einklang zu bringen.

Jetzt trägst du aber dick auf.^^ Ihr tut ja alle so, als würde sich der Mensch im Straßenverkehr stets vorbildlich verhalten, gefährliche Situationen zum Wohle aller in einer Viertelsekunde abwägen und sie stets mit einem "happy end" meistern. Der Mensch ist Fehlerquelle Nummer 1, weshalb erst schlimme Unfälle passieren.

Wir drehen uns hier im Kreis. André hat vor einigen Seiten in wenigen Worten schlüssig dargelegt, warum das ein Problem ist, das nicht gelöst werden kann. Das Argument wurde bis jetzt nicht entkräftet. Als Gegenargument wurde lediglich ein abstrakter technischer Fortschritt angeführt, der sich nach gewisser Zeit wohl einstellen werde. Das ist aber gar nicht der Punkt.

Das Problem ist ein philosophisches und ein haftungsrechtliches. Nicht ein technisches. Dass Sensorik und Datenverarbeitung in 10 Jahren dem heutigen Stand weit überlegen sein werden, hat niemand hier in Zweifel gezogen.

André hat dargelegt, warum wir Menschen zubilligen, Fehler zu machen, Maschinen jedoch nicht. Das ist ein Dilemma, das mit keinem noch so ausgefuchsten Algorithmus gelöst werden kann. Vor wenigen Wochen wurde ein junger Mann verurteilt. Er hatte widerrechtlich die Busspur benutzt, um einen Stau zu umfahren, und war dabei mit um mindestens 20 km/h überhöhter Geschwindigkeit unterwegs. An einem Fußgängerüberweg erfasste er einen vierjährigen Jungen mit dem Außenspiegel und verletzte ihn tödlich. Das Urteil belief sich auf 200 Euro Geldstrafe. In dem Urteilsspruch zeigte der Richter Mitgefühl mit dem Täter, da dieser Unfall 'jedem hätte passieren können'. Es folgte ein Aufschrei des Entsetzens, der ungefähr eine Woche lang anhielt. Wohlgemerkt: über das geringe Strafmaß. Nicht darüber, dass es problemlos möglich ist, quasi im Vorbeifahren unschuldige Menschen zu töten.

Warum erzähle ich das? Das System Autofahren funktioniert durch konstante Regelübertretung, insbesondere beim Abstands- und Höchstgeschwindigkeitsgebot. Passieren Crashes aus diesen Verfehlungen, dann sind diese gesellschaftlich akzeptiert und werden als notwendiges Übel zur Kenntnis genommen. Weil wir insgeheim wissen, welche Regeln wir selbst ständig brechen oder zu brechen bereit sind. Weil es einfacher ist, der unberechenbaren Größe 'Kind' die Schuld für sein Ableben in die Schuhe zu schieben, wenn es einem unvermittelt vor den Kühlergrill rennt, als dem Fahrer, der durch größere Umsicht den Crash hätte verhindern können, der sich aber im großen und ganzen nicht schlechter verhalten hat, als wir uns selber.

Jetzt das Gedankenexperiment: Stellen wir uns vor, der Wagen wäre vollautomatisch unterwegs gewesen. Der steuernde Algorithmus hätte ein Risikomanagement, dass Geschwindigkeitsüberschreitungen und andere milde Regelübertretungen zulässt. Was da wohl los wäre. Der Hersteller würde verklagt werden, sämtliche baugleichen Fahrzeuge sofort die Zulassung verlieren. Der genannte Fahrer wurde wegen fahrlässiger Tötung verurteilt. Eine Milde, die einer Maschine niemals zuteil werden kann. Ein Computer kann nicht fahrlässig handeln.

Es mag paradox erscheinen, autonome Fahrzeuge sind per se um ein Vielfaches sicherer als menschenbediente. Dennoch lässt sich das Problem des Restrisikos nicht moralisch befriedigend lösen. Ein individueller Autofahrer, der einen Fehler macht, trägt eine individuelle Schuld. Ein Autonomes Fahrzeug, das eine Menschen tötet, zieht immer gleichzeitig, Baureihe, Typ, Software, Hersteller und Zulassungsbehörde in die Haftung.

Ich habe weiter oben argumentiert, dass die derzeit hohe Kapazität vielbefahrener Straßen nur durch konsequente Missachtung des Abstandsgebots zustande kommt. Ein autonomes Fahrzeug aber kennt dort keine Handlungsspielraum, es muss alle alle Regeln und Parameter sklavisch einhalten. Zu behaupten, das werde der Fortschritt in Sensorik und Datenverarbeitung schon lösen, ist naiv und unreflektiert. Denn auch bessere Sensoren und Fahrzeugkommunikation können nicht die Gesetze der Physik aushebeln, Inertialmoment und Haftreibungsbeiwert verändern.

Ich verfolge die Fortschritte des autonomen Fahrens mit Begeisterung, ich würde nicht behaupten, dass selbstfahrende Autos unmöglich oder nicht sinnvoll sind. Aber es gibt einerseits Konflikte, die mit technischen Mitteln nicht lösbar sind, auf der anderen Seite müssen wir akzeptieren, dass wir an den neuralgischen Punkten bis zu 50% Kapazität verlieren.
Zitat
schallundrausch
, auf der anderen Seite müssen wir akzeptieren, dass wir an den neuralgischen Punkten bis zu 50% Kapazität verlieren.

Ist doch gut :)
Vielleicht merken dann weite(re) Teile der Gesellschaft wie uneffizient Autofahren ist
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