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Lärmschutz an bahnstrecken
geschrieben von O-37 
Zitat
Bd2001
Warum sollte man sich in der DDR nicht trauen, seine Unzufriedenheit vorzutragen? Es war ja sogar gesetzlich vorgeschrieben, daß dem Bürger daraus keine Nachteile entstehen dürfen.


In der Verfassung stand auch jede Menge:
Zitat

Artikel 27
1 Jeder Bürger der Deutschen Demokratischen Republik hat das Recht, den Grundsätzen dieser Verfassung gemäß seine Meinung frei und öffentlich zu äußern. Dieses Recht wird durch kein Dienst- oder Arbeitsverhältnis beschränkt. Niemand darf benachteiligt werden, wenn er von diesem Recht Gebrauch macht.
2 Die Freiheit der Presse, des Rundfunks und des Fernsehens ist gewährleistet.

Artikel 28
1 Alle Bürger haben das Recht, sich im Rahmen der Grundsätze und Ziele der Verfassung friedlich zu versammeln.
2 Die Nutzung der materiellen Voraussetzungen zur ungehinderten Ausübung dieses Rechts, der Versammlungsgebäude, Straßen und Kundgebungsplätze, Druckereien und Nachrichtenmittel wird gewährleistet.

Zitat

Im Gegensatz zu heute hatte der Bürger auch das Anrecht, eine Antwort innerhalb von vier Wochen zu bekommen.

Und das Beste daran: Falls er die Antwort zwischenzeitlich verloren hat, kann er sie sogar heute noch bei der BStU einsehen.

Manche Beiträge hier lassen schon tief blicken.

N.
Danke Nic, herrlich auf den Punkt gebracht.
Zitat
Bd2001
Zitat
Florian Schulz
Sind die Menschen von heute wirklich empfindlicher oder hat sich in der DDR einfach niemand getraut, seine Unzufriedenheit öffentlich vorzutragen? Ich kann mir nicht vorstellen, dass es insbesondere entlang des Berliner Außenrings bis 1989 niemanden gab, der sich an dem Lärm der lauten russischen Dieselloks gestört hat. Eher haben die Menschen es widerstandslos hingenommen weil sie eh nichts bewegen konnten. Im Gegensatz zu heute seitdem "wir Westen sind".

Warum sollte man sich in der DDR nicht trauen, seine Unzufriedenheit vorzutragen? Es war ja sogar gesetzlich vorgeschrieben, daß dem Bürger daraus keine Nachteile entstehen dürfen. Im Gegensatz zu heute hatte der Bürger auch das Anrecht, eine Antwort innerhalb von vier Wochen zu bekommen.

Na ja, da weiß die BStU aber Anderes zu berichten. Selbstverständlich führten Eingaben zu Umweltthemen - dazu gehört auch Bahnlärm - zu Schlechterstellung des Petenten etwa bei der Arbeitsplatzsuche oder Materialzuteilung für das geplante Eigenheim. Daher hielt man sich mit diesbezüglichen Beschwerden in der DDR anders als im "Westen" eher zurück. Bürgerproteste oder gar Klagen gegen das AKW Stendal oder den Ausbau des Rbf. Seddin wusste der VEB Horch, Guck und Greif "Erich Mielke" im Keim zu verhindern.

Übrigens ist das Petitionsrecht nach wie vor in Grundgesetz und Berliner Landesverfassung als Jedermann-Grundrecht verankert - allerdings ohne Vier-Wochen-Frist, weil die im Zweifel nur zum Versand von Textbausteinen statt fundierter Antworten und einer Lähmung der zuständigen Behörden/Gremien führt.

Ich bekam übrigens bisher immer Antworten - heute erst wieder von DB Station&Service... :-)

Viele Grüße
Arnd
Tut doch nicht immer so als ob die ganze DDR nur aus der Stasi bestand.
Übrigens gab es heut auf den Tag 1988 sehr wohl Proteste vor dem im Bau befindlichen KKW Stendal.

T6JP
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Trittbrettfahrer
Jeder, der sich über hohe Lärmschutzwände aufregt, weil er dann weniger sieht, hat noch nie in seinem Leben in unmittelbarer Nähe an einer Güterverkehrsstrecke gewohnt. Hochoptimierter, schienengebundener Verkehr erzeugt Lärm. Lärm macht krank. Gegenargumente?

...Bei der U-Bahn gibt's auch nicht viel zu kieken. Stört sich trotzdem keiner dran, dass die in der Regel unter Tage fährt.

Wenn ich mir aussuchen kann, wo ich wohne und an eine lärmende Strecke ziehe, ist das meine Freiheit und ich kann nicht auf Kompensation pochen. Wenn eine neue Strecke gebaut oder umgebaut wird: Her mit allen lärmmindernden Maßnahmen.

Mit der U-Bahn fährt mensch allerdings auch eher kürzere Strecken von bis zu 20 Minuten, diese aber häufiger. Im Regional- und Fernverkehr hast Du dagegen Reisezeiten von teilweise mehreren Stunden und da finde nicht nur ich es schon ganz angenehm, nicht nur auf irgendwelche Tunnel-/Schallschutzwände, Bücher oder Monitore digitaler Anzeigegeräte schauen zu müssen, sondern auch die durchfahrenen Städte und Landschaften genießen zu können. Das macht - man muss sich ja im Gegensatz zu Fahrrad oder Auto um den eigentlichen Vorgang des Fahrens selbst nicht kümmern - schon einen Großteil der Attraktivität des Bahnreisens aus.

Weil aber die jetzigen Schallschutzwände daneben auch die von Florian Schulz angesprochenen negativen Wirkungen aufweisen, sollte man das Augenmerk schon verstärkt auf Drehgestellverkleidungen, Oberbauformen, Bremssysteme, Schallschutzfenster für anliegende Wohngebäude etc. richten. Dass etwa manche EVU heute noch zweiachsige, klotzgebremste Güterwagen statt solcher mit Scheibenbremse und Drehgestellen einsetzen, halte ich für eine ziemliche Unsitte, Ebenso fragwürdig ist die Praxis, einen Güterzug über 200km unter Fahrdraht mit Dieselloks sowjetischer oder britischer Herkunft durch das Land zu fahren, nur weil am Ende des Laufwegs 5km Wäscheleine fehlen...

Viele Grüße
Arnd
Zitat
Trittbrettfahrer
Jeder, der sich über hohe Lärmschutzwände aufregt, weil er dann weniger sieht, hat noch nie in seinem Leben in unmittelbarer Nähe an einer Güterverkehrsstrecke gewohnt. Hochoptimierter, schienengebundener Verkehr erzeugt Lärm. Lärm macht krank. Gegenargumente?

Grundsätzlich würde ich da Recht geben, Ich freue mich auch über Lärmvermeidung. Allerdings habe ich mittlerweile einige Zeit in engen Tälern mit Zugverkehr, zum Beispiel im Moseltal, oder in der Nähe von Autobahnen verbracht. Das für mich erstaunliche war, dass die Einheimischen den Zugverkehr bzw. Autoverkehr überhaupt nicht mehr als Belästigung wahrgenommen haben und mir auch keiner erzählte, dass jemand davon krank wird... Ich will zugeben, dass es Leute gibt, die empfindlicher sind, aber dies betrifft wohl eher eine Minderheit, während sich die meisten doch mit Geräuschen arrangieren können. Lärm kann krank machen, das muss aber keine Gesetzmäßigkeit sein.

Zitat
Florian Schulz
Sind die Menschen von heute wirklich empfindlicher oder hat sich in der DDR einfach niemand getraut, seine Unzufriedenheit öffentlich vorzutragen? Ich kann mir nicht vorstellen, dass es insbesondere entlang des Berliner Außenrings bis 1989 niemanden gab, der sich an dem Lärm der lauten russischen Dieselloks gestört hat. Eher haben die Menschen es widerstandslos hingenommen weil sie eh nichts bewegen konnten. Im Gegensatz zu heute seitdem "wir Westen sind".

Denke einfach zurück, welche früheren Belastungen Anwohner in vergleichbaren Fällen zu tragen hatten. Gegenüber den Dampfloks mit lautstarken Krach und Rußemissionen waren die Taigatrommeln schon ein Fortschritt. Und Streckenbau war weder unter Kaisers noch unter den @#$%& )(Regierung der 1930er Jahre) von Mitbestimmungsrechten der Anwohner geprägt. Nach Erzählungen der Generationen, die die zwanziger und dreißiger Jahren noch aktiv erlebt haben, war der Neubau einer Eisenbahnstrecke eher eine sehr positive Sache, weil sie dann überhaupt mit höherer Geschwindigkeit als mit Pferdefuhrwerken (oder den ganz gelegentlich schon bei Reichen vorhandenen Autos) aus ihren Dörfern oder Kleinstädten wegkamen. Die Freude darüber wurde individuell viel mehr wahrgenommen als die Einschränkungen durch den Bau und Betrieb der Strecke.

Mit besten Grüßen

phönix



1 mal bearbeitet. Zuletzt am 26.04.2019 23:18 von phönix.
Zitat
X-Town Traffic
Passend dazu noch ein Artikel aus der MAZ zum Test von kleineren Lärmschutzwänden: Bahnhof Jacobsdorf wird zum Lärmschutzlabor

Ich verstehe nicht, was es da schon wieder jahrelang zu testen gibt? Würde es nicht genügen, sich einen Moment lang mit offenen Ohren neben eine schallgeschützte Bahnstrecke in der Schweiz zu stellen? Manchmal habe ich den Eindruck, die Leute, die immer alles ganz genau unter sehr hohem Aufwand testen müssen, unterliegen einer Art Stubenarest und dürfen ihre Straße unter gar keinen Umständen verlassen.


Das Gegenteil von pünktlich ist kariert.
Zitat
phönix
Grundsätzlich würde ich da Recht geben, Ich freue mich auch über Lärmvermeidung. Allerdings habe ich mittlerweile einige Zeit in engen Tälern mit Zugverkehr, zum Beispiel im Moseltal, oder in der Nähe von Autobahnen verbracht. Das für mich erstaunliche war, dass die Einheimischen den Zugverkehr bzw. Autoverkehr überhaupt nicht mehr als Belästigung wahrgenommen haben und mir auch keiner erzählte, dass jemand davon krank wird... Ich will zugeben, dass es Leute gibt, die empfindlicher sind, aber dies betrifft wohl eher eine Minderheit, während sich die meisten doch mit Geräuschen arrangieren können. Lärm kann krank machen, das muss aber keine Gesetzmäßigkeit sein.

Ach, gewöhnen kann man sich an alles, aber an der Gesundheit nagt es trotzdem.
Meine Freunde in Mexiko sagen mir auch immer, dass sie die Lage dort überhaupt nicht mehr als Beeinträchtigung ihres Lebens wahrnehmen. Man verlässt die Gated Community halt ausschließlich im verriegelten VW Touareg und hat sich zwei deutsche Schäferhunde zugelegt (vermutlich gab es bei Volkswagen dazu), aber im Prinzip sei alles va bebe.

Wenn wir in Mitteleuropa bleiben wollen, dann kann ich mir nicht vorstellen, dass es so wahnsinnnig gesundheitsfördernd war, vor Mitte 2016 sein Leben in Sichtweite der Kirche von Wassen verbracht zu haben.

Gruß
Nic
Erlebe ich hier gerade echt den historischen Moment, in dem sich alle Teilnehmer dieses Unterforums mal im Grunde einig sind? Das hab ich im Bahninfo ja noch nie erlebt ...!

Wie dem auch sei, ich muss mich der Kritik an den Schmierwänden anschließen. Diese Mode ist echt die Pest und in dem Maße auch nicht mehr gerechtfertigt (siehe Ostkreuz, Strecke raus nach Erkner usw.) ich hatte der DB auch mal eine E-Mail diesbzgl. geschrieben, aber was dabei herauskam, könnt ihr euch sicher denken.

Ich finde es ungeheuerlich, dass Leute einen unausweichlichen Anspruch auf diese Wände erheben, nachdem sie neben eine Bahnstrecke gezogen sind. Ich meine - sollte man nicht wissen, worauf man sich einlässt, wenn man neben eine Bahnstrecke, eine Autobahn, einen Sportplatz oder einen Kindergarten zieht? Ich kann doch nicht dort Quartier beziehen und mich dann über den Lärm beklagen. *kopfschüttel* Strecken wie die Frankfurter Bahn existieren bereits seit dem 19. Jh. (siehe „Bahnwärter Thiel“). Jetzt anzukommen und über den Lärm zu lamentieren, ist lachhaft.

D

In Bus und Bahn offenbaren sich die sozialen Abgründe unserer Mitbürger.
Zitat
Stahldora
Erlebe ich hier gerade echt den historischen Moment, in dem sich alle Teilnehmer dieses Unterforums mal im Grunde einig sind? Das hab ich im Bahninfo ja noch nie erlebt

Keine Sorge, das hält bestimmt nicht lange an. ;-)

Zitat

Ich finde es ungeheuerlich, dass Leute einen unausweichlichen Anspruch auf diese Wände erheben, nachdem sie neben eine Bahnstrecke gezogen sind. Ich meine - sollte man nicht wissen, worauf man sich einlässt, wenn man neben eine Bahnstrecke, eine Autobahn, einen Sportplatz oder einen Kindergarten zieht? Ich kann doch nicht dort Quartier beziehen und mich dann über den Lärm beklagen. *kopfschüttel* Strecken wie die Frankfurter Bahn existieren bereits seit dem 19. Jh. (siehe „Bahnwärter Thiel“). Jetzt anzukommen und über den Lärm zu lamentieren, ist lachhaft.

Man kann auch in eine Blockstelle ziehen und die Einstellung des Zugverkehrs im ZDF fordern.



Gruß
Nic
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