Re: Auf ins Pankower Mexiko-Viertel - SPD will U2, U3 und U8 verlängern 02.12.2019 19:04 |
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Jay
Ich denke damit hast du auch eine recht deutliche Antwort für den Railroader gefunden. Bei den zuletzt realisierten Straßenbahnstrecken sieht es kaum anders aus. Bernauer Straße, Invalidenstraße und die im Planfeststellungsverfahren steckenden Turmstraße I und WiSta II beinhalten eben nicht den Stadtumbau und Reduktion der MIV-Kapazitäten, sondern im Gegenteil, deren Erhöhung und das festhalten am Dogma "Vierstreifigkeit". Bernauer & Invalidenstraße vorher: Zweistreifig mit Parkplätzen. Heute: Vierstreifig mit gegenseitiger Behinderung und schlechten Lösungen für die Haltestellen.
Invalidenstraße West: Nach dem Ausbau vierstreifig, davon aber immerhin ein Fahrstreifen als Bussonderfahrstreifen. Das Gleis Richtung Hauptbahnhof kommt künftig in den rechten Fahrstreifen, der heute Bussonderfahrstreifen ist. Künftig aber bei sinkender MIV-Prognose als "normaler" Fahrstreifen ausgewiesen. Und das Gleis wechselt nach der Haltestelle von Rechts nach Links, wofür die Fußgängerampel am Lesser-Ury-Weg entsprechend als Verkehrsbremse fungieren wird.
WiSta II: Der Groß-Berliner Damm ist wahrhaftig keine überlastete Straße. Trotzdem wird auch hier das Dogma Vierstreifigkeit gefahren, wodurch die meisten Kreuzungen keine eigenen Linksabbiegerphasen erhalten können. Dadurch können Geradeausfaher und Straßenbahn NICHT zeitgleich "Fahrt" bekommen, da die Abbieger zusammen mit den Geradeausfahrern grün haben. Und der größte Irrsinn an der Geschichte: In Adlershof wird er am Ende des Mittelstreifens eh zweistreifig - es ergibt also überhaupt keinen Sinn hier am Dogma festzuhalten!
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Jay
Wollen wir ein Blick auf die Straßenprojekte werfen? Zumindest eine Erwähnung dazu: Mit dem Bau der A113 sollte das Adlergestell zwischen Adlershof und Glienicker Weg von 6 auf 4 Fahrstreifen reduziert werden. Passiert ist das nur direkt am Bahnhof Adlershof und dahinter gibt es plötzlich deutliche Widerstände gegen diesen kaum merkbaren Rückbau.
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Jay
Nun noch kurz zum "klassischen Argument", der ÖPNV müsse nur gut genug werden, damit Autofahrer umsteigen: Das trifft nur auf einen sehr kleinen Teil der MIV-Nutzer zu. Behaupten mögen das Viele, aber real ist ohne Einschränkungen für den MIV die Bequemlichkeit viel zu hoch. Die meisten Menschen sind faul und Gewohnheitstiere. Veränderung im Verkehrsverhalten kann daher nur über Zwang erfolgen. Diese Einsicht gibt es in der Verkehrswissenschaft schon lange, weswegen als Planungsleitlinie "Push and Pull" empfohlen wird. Mit Verbesserungen an einer Stelle müssen Einschränkungen an anderer Stelle erfolgen, um unerwünschten induzierten Verkehr zu vermeiden.
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Ingolf
Und ja, bisher war es in Berlin nahezu durchgehend Standard, mit dem Bau von U-Bahnen an der Oberfläche mehr Platz für den MIV zu schaffen. Dazu gibt es auch eine ganze Reihe von Dokumenten und Zitaten, die diesen Ansatz auch bestätigen. Und bei den realisierten Maßnahmen lässt sich das im Stadtbild auch deutlich erkennen. Dies war über lange Jahrzehnte gängige Praxis- und auch planerisches Ziel. Natürlich auch unabhängig vom U-Bahn-Bau - aber dieser war zumindest willkommener Anlass dazu, gleich großräumig die Stadt umzubauen.
Es ist auch nicht anzunehmen, dass im Falle neuer Strecken eine relevante Abkehr von dem Prinzip des Erhalts (oder Ausbaus) der Flächen für dem MIV zu erwarten ist. Selbst bei der für den Durchgangsverkehr praktisch bedeutungslosen Straße "Unter den Linden" haben wir bis heute kein Konzept, wie es nach Eröffnung der U5 dort aussehen wird. Ersteinmal soll der Stand von vor der Baustelle wiederhergestellt werden. Mal sehen, ob da endlich Bewegung in die Sache kommen wird...
Darauf zielten die ganzen Aussagen aber meiner Meinung nach überhaupt nicht ab.Zitat
Nemo
Nun, das ist genau die Frage, wollen wir nur die gute Straßenbahn oder akzeptieren wir auch eine relativ schlechte Planung als Schritt in die richtige Richtung.
Re: Auf ins Pankower Mexiko-Viertel - SPD will U2, U3 und U8 verlängern 02.12.2019 19:26 |
Admin |
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B-V 3313
Nichts. Für beide Ersatzstraßen riss man ganze Häuserblocks ab: Lewishamstraße und Altstädter Ring.
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Christian Linow
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B-V 3313
Nichts. Für beide Ersatzstraßen riss man ganze Häuserblocks ab: Lewishamstraße und Altstädter Ring.
Genau, aber nicht für die U-Bahn. Wiederum wurde dank der U-Bahn aus der Wilmersdorfer Straße eine Fußgängerzone. Die Kausalität des 1972 eröffneten Autotunnels jetzt bei der 1978 aus der Taufe gehobenen U-Bahn verorten zu wollen, ist nach meinem Dafürhalten unsäglich. Ebenso hätte es das Horrorszenario eines Autotunnels bei gleichzeitigem Fortbestand einer unveränderten Wilmersdorfer Straße geben können.
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Jay
Und nein, eine oberirdsche eingezäunte U8 wäre überhaupt kein sinnvoller Beitrag, weil sie eine erhebliche stadtraumzerschneidene Barriere darstellt und damit vor allem die gewünschten Fortbewegungsarten des Umweltverbundes einschränkt.
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Jay
Und nein, eine oberirdsche eingezäunte U8 wäre überhaupt kein sinnvoller Beitrag, weil sie eine erhebliche stadtraumzerschneidene Barriere darstellt und damit vor allem die gewünschten Fortbewegungsarten des Umweltverbundes einschränkt.
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Jay
@Passus: Aber genau auf deiner Forderung basiert doch der Koalitionsvertrag, der der Straßenbahn in dieser Legislaturperiode Vorrang gibt. Die drängsten Probleme sind nicht da, wo jetzt wieder "Nice-to-have"-U-Bahnwünsche aufploppen, sondern bei überlasteten Buskorridoren, die sich vom Fahrgastaufkommen her genau da bewegen, wo sinnvollerweise Straßenbahnen eingesetzt werden und U-Bahnen eigentlich unterfordert sind.
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Christian Linow
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Ingolf
Es ist auch nicht anzunehmen, dass im Falle neuer Strecken eine relevante Abkehr von dem Prinzip des Erhalts (oder Ausbaus) der Flächen für dem MIV zu erwarten ist. ...
Was aber eben nicht am Verkehrsmittel U-Bahn an sich liegt, sondern an dem, was Planer daraus machen (sollen), wie Jays Straßenbahn-Beispiele sehr schön demonstrieren.
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Philipp Borchert
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Jay
Und nein, eine oberirdsche eingezäunte U8 wäre überhaupt kein sinnvoller Beitrag, weil sie eine erhebliche stadtraumzerschneidene Barriere darstellt und damit vor allem die gewünschten Fortbewegungsarten des Umweltverbundes einschränkt.
Sowas gehört generell nicht noch einmal neu errichtet. Auch beim Straßenbahnbau sollte man so etwas beachten.
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der weiße bim
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Philipp Borchert
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Jay
Und nein, eine oberirdsche eingezäunte U8 wäre überhaupt kein sinnvoller Beitrag, weil sie eine erhebliche stadtraumzerschneidene Barriere darstellt und damit vor allem die gewünschten Fortbewegungsarten des Umweltverbundes einschränkt.
Sowas gehört generell nicht noch einmal neu errichtet. Auch beim Straßenbahnbau sollte man so etwas beachten.
Genau das wurde ja bei den Neubaustrecken Bernauer und Invalidenstraße realisiert. Nur wenig besondere Eigentrasse, die legal nur an Knotenpunkten, Haltestellen oder besonderen Übergängen überquert werden darf, sondern die Führung im Straßenraum, die von Fußgängern und (die StVO großzügig auslegenden) Fahrradfahrern im Prinzip überall zu queren ist.
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PassusDuriusculus
Ja eben, deshalb bin ich ja so frustriert (siehe z.B. auch Siemensbahn-Thread)Zitat
Jay
@Passus: Aber genau auf deiner Forderung basiert doch der Koalitionsvertrag, der der Straßenbahn in dieser Legislaturperiode Vorrang gibt. Die drängsten Probleme sind nicht da, wo jetzt wieder "Nice-to-have"-U-Bahnwünsche aufploppen, sondern bei überlasteten Buskorridoren, die sich vom Fahrgastaufkommen her genau da bewegen, wo sinnvollerweise Straßenbahnen eingesetzt werden und U-Bahnen eigentlich unterfordert sind.
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Christian Linow
Wiederum wurde dank der U-Bahn aus der Wilmersdorfer Straße eine Fußgängerzone.
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Christian Linow
Die Kausalität des 1972 eröffneten Autotunnels jetzt bei der 1978 aus der Taufe gehobenen U-Bahn verorten zu wollen, ist nach meinem Dafürhalten unsäglich.
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der weiße bim
Wenn die Verkehrswende nicht gelingt, ist daran die DBAG schuld.
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Railroader
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B-V 3313
Welche Berliner Stadtstraße wurde denn durch oder nach dem Bau der U-Bahn ersatzlos zurückgebaut? Keine!
Das liegt doch aber nicht an dem Grundsatz, dass das mit ner U-Bahn nicht möglich ist und alle U-Bahnbefürworter heimliche Autofahrer sind, sondern an denen, die wir alle wählen.
Anonymer Benutzer
Re: Auf ins Pankower Mexiko-Viertel - SPD will U2, U3 und U8 verlängern 03.12.2019 21:29 |
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Global Fisch
Gibt erstmal eine ganz einfache Rechnung: gegen "langsame Busse und Straßenbahnen" hilft deren Beschleunigung.
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Railroader
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Global Fisch
Gibt erstmal eine ganz einfache Rechnung: gegen "langsame Busse und Straßenbahnen" hilft deren Beschleunigung.
Bei dem Punkt bin ich eben genau so pessimistisch wie die U-Bahnablehnenden bei der Frage, ob sich auch mit U-Bahn Straßen zurückbauen ließen. Mit politischem Willen wäre Beides möglich. U-Bahnbau könnte die Verpflichtung zum Straßenrückbau beinhalten und Straßenbahnbau die zur Beschleunigung des ÖPNV. Und während die Straßenbahnfans eben befürchten, dass U-Bahn den MIV nicht reduzieren wird, befürchte ich, dass auch weiterhin nur unattraktive Alternativen mit langsamen Verkehrsmitteln geschaffen werden, weil die Politik auch hier nicht aus dem Knick kommt. Es ist also, wie hier schon jemand schrieb, eine politische Frage und nicht die Art des Verkehrsmittels.
Anonymer Benutzer
Re: Auf ins Pankower Mexiko-Viertel - SPD will U2, U3 und U8 verlängern 04.12.2019 01:13 |
Anonymer Benutzer
Re: Auf ins Pankower Mexiko-Viertel - SPD will U2, U3 und U8 verlängern 04.12.2019 01:37 |
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Global Fisch
Ein wirklich gut gemeinter Tipp:
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Railroader
@Global Fisch: (…) Es gibt doch hier U-Bahnablehnende, oder ist das falsch? Es gibt auch Straßenbahnfans? Oder ist auch das falsch? Wir diskutieren hier nunmal recht direkt und ich bin ja als U-Bahnbefürworter nach den Meinungen hier auch jemand, der nur seinen Parkplatz sichern will.
(…)
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Marienfelde
Straßenbahnfan - auf so ein Wort kann ich mich positiv beziehen, "S-Bahnfan" ginge auch sehr gut.
Aber "U-Bahnablehnender"? Wie müßte man sich denn verhalten, um ein "glaubwürdiger U-Bahnablehnender" zu sein? Natürlich, nie mit der U-Bahn fahren (was nicht immer einfach ist) - aber reicht das denn? Müßte man sich denn nicht zum Beispiel gegen die Beschaffung neuer U-Bahnzüge aussprechen, vielleicht mit dem sehr schönen Argument, die neuen Züge hätten zu wenige Sitzplätze, wodurch die Attraktivität der U-Bahn noch weiter sinken würde? Der nächste Schritt wäre dann ein "Einstellungskonzept", beginnend mit der ersatzlosen (!) Aufgabe der Schöneberger U-Bahn?
...
Soweit meine Gedanken,
Marienfelde