Zitat
Heidekraut
Wenn man einen zweihundert Kilometer Plan hätte - i2030 ist ja so etwas - dann erübrigt sich eigentlich diese Diskussion. Ein Generalplan, der sukzessive je nach finanzieller Lage abgearbeitet wird. Natürlich dynamisch auf Veränderungen reagierend. Da erübrigt sich dann auch die Frage, wollt ihr lieber das oder lieber jenes, und dafür ist keine Geld vorhanden. Oder was alles lässt sich maximal aus einem minimalen Haushaltsplan für den ÖPNV herausholen? Ein solcher Plan sollte natürlich alle Verkehrsmittel berücksichtigen. Davon träume ich nachts.
1. Vom Grundsatz her wäre es sicher eine gute Idee, mittelfristig (vielleicht bis zum Ende der Legislatur 2026) einen aktualisierten 200-Kilometer-Plan zu entwickeln.
Immerhin ergäbe sich aus der Entwicklung so einer Langfristplanung die Möglichkeit einer Versachlichung der U-Bahn-Debatte - weg von unreflektierten Verlängerungsoptionen nach Staaken, zum BER oder der "U 6 1/2" zum TXL (je nachdem, ob gerade eine Person aus Neukölln, Reinickendorf oder Spandau mitgeredet hat), hin zu untergrundbahnwürdigeren Vorhaben wie den Verlängerungen der U 2 und U 9 im Norden, evtl. der U 9 im Süden usw.
Aber: Einem Teil der Leute, denen wir diesen Thread zu verdanken haben, geht es nach meiner Überzeugung nicht primär um verkehrspolitische Lösungen, sondern z.B. darum, den Wilhelmsruher Damm weiterhin "straßenbahnfrei" zu halten.
Von den Modal-Split-Zahlen und auch den Personenkilometerleistungen her muß insbesondere auch in den Tarifgebieten B (und C) mehr passieren. Für bessere tangentiale Angebote wäre die Straßenbahn doch regelrecht prädestiniert.
2. Im Neuköllner Norden steht die Wiederaufnahme des Straßenbahnbetriebs zum Hermannplatz auf der Tagesordnung - und die nach der Wahl im Herbst 2016 zunächst gewählte Bezirksbürgermeisterin Giffey wurde auf der Basis einer Zählvereinbarung von SPD und Grünen gewählt, in der das Wort "Straßenbahn" nicht vorkommt.
Wenn man sich Straßen wie die Reuterstraße im Neuköllner Norden einmal erläuft, ist der verkehrspolitische Handlungsbedarf sofort (insbesondere in Form der wirklich alles zuparkenden PKW, übrigens bei einer "PKW-Dichte" von etwa 20%) erkennbar - und der dortige Bezirksbürgermeister kennt womöglich nicht alle "Lösungswörter" (Straßenbahn und Parkraumbewirtschaftung, um nur die zwei jetzt auf der Tagesordnung stehenden zu nennen), die immerhin Möglichkeiten zur Verbesserung der Situation beschreiben.
3. Generell sollte man sich immer um eine "Verwissenschaftlichung" von Politik - auch und gerade der Verkehrspolitik, die in dieser Beziehung einen außerordentlich großen Nachholbedarf hat - bemühen.
Wenn sich im "U-Bahn-Lager" (oder besser im Lager der Leute, die sich diesbezüglich aufspielen - in wie vielen Haushalten hat z.B. Raed Saleh denn eine Akzentuierung für neue U-Bahnzüge gegen die Wowereits und Nußbaums durchgesetzt?) natürlich Leute befinden, die auf der Straßenebene möglichst wenig oder nichts ändern wollen (Busse aus Stauursache, alles klar), dann fehlt einfach jede Basis dafür.
4. Die zahlreichen Anhänger/innen des Tramausbaus haben sich in den letzten Jahren mit vielen fundierten Beiträgen in die Debatte eingebracht - von den angeblichen oder tatsächlichen Fans des U-Bahnausbaus kann ich fast keine wirklich belastbaren Beiträge erkennen.
Vielleicht sollten sich später - wenn die Tram in Westberlin endlich wieder einen relevanten Anteil an den Personenkilometerleistungen erbringt - die Leute, die jetzt zu Recht den Ausbau der Tram als vorrangig betrachten, auch wieder mehr der U-Bahn widmen. Um die falschen "Freund/inn/e/n", die die Berliner U-Bahn im Moment hat, muß man sie wahrlich nicht beneiden,
meint Marienfelde.