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Auf ins Pankower Mexiko-Viertel - SPD will U2, U3 und U8 verlängern
geschrieben von B-V 3313 
Man muss kein "U-Bahnablehnender" sein um zu bemerken, dass es sich bei diesem Verkehrsmittel um das so ziemlich teuerste handelt, was hierzustadt gebaut werden kann. Es mag auch das effektivste sein, aber diese massive Effektivität wird m.E. gar nicht überall dort benötigt, wo derzeit die Ideen für neue U-Bahn-Trassen bestehen.

Straßenbahnfan - das ist etwas, das m.E. auf einer ganz anderen Ebene stattfindet als in der Verkehrspolitik. Ich bin Fan von etwas, was noch lange nicht heißt, dass ich dieses etwas allenortens bis aufs Messer verteidigen muss.

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DerMichael
Aber "U-Bahnablehnender"?

Hier im Thread ist in regelmäßigen Abständen von "U-Bahnbefürwortern" die Rede und jeder weiß, wer im Kontext damit gemeint ist. U-Bahnablehnende meint im Kontext die, die sich in diesem Thread gegen den Bau von U-Bahnstrecken, warum auch immer, aussprechen und das völlig wertfrei. Wer etwas ablehnt, ist aber nun mal ein Ablehnender, da sind die Gründe völlig egal.



3 mal bearbeitet. Zuletzt am 04.12.2019 09:51 von Railroader.
Danke Railroader. +1 zu allen deinen neuen Beiträgen
Zitat
Railroader
Zitat
DerMichael
Aber "U-Bahnablehnender"?

Hier im Thread ist in regelmäßigen Abständen von "U-Bahnbefürwortern" die Rede und jeder weiß, wer im Kontext damit gemeint ist. U-Bahnablehnende meint im Kontext die, die sich in diesem Thread gegen den Bau von U-Bahnstrecken, warum auch immer, aussprechen und das völlig wertfrei. Wer etwas ablehnt, ist aber nun mal ein Ablehnender, da sind die Gründe völlig egal.

Ich glaube, du hast da einfach eine (zu) große Portion Naivität, um das "Gefechtsfeld" richtig auszuleuchten. Wir bewegen uns bei U- und Straßenbahn eben auf ganz unterschiedlichen Niveaus. Das fängt damit an, dass keiner hier die vorhandene U-Bahn in Frage stellt. Wir debattieren zwar hin und wieder mal über unwirtschaftliche Außenäste, aber stilllegen will die eigentlich keiner. Wo es Widerstand gibt, ist das Thema Ausbau des Netzes, weil nahezu alle diskutierten Projekte Endabschnitte mit (bezogen auf die Leistungsfähigkeit) geringer Auslastung sind, die im Verhältnis begrenzten Nutzen zu hohen Kosten bringen. Dennoch haben die Meisten, die sich hier gegen den Ausbau aussprechen, Projekte, die sie als sinnvoll erachten und sich eine Realisierung zu einem späteren Zeitpunkt vorstellen können.

Die reine Ideologie entlädt sich bei der Straßenbahn. Denn da gibt es eben keinen Status-Quo-Konsens. Sowohl hier im Forum, als auch in der Politik, gibt es Leute, die das Verkehrsmittel Straßenbahn teilweise oder in Gänze in Frage stellen! Auch unter den deutlichen Befürwortern dieses Verkehrsmittels gab es intensive Debatten, als verschiedene Außenäste zur Disposition standen und eine reale Stilllegungsgefahr bestand. Zur Erinnerung: Der frühere BVG-Betriebsvorstand Thomas Necker stellte etwa 1/3 des Netzes zur Disposition! Also logisch, dass die Empfindlichkeit hier ziemlich hoch ist und die stockende Entwicklung beim Netzausbau sehr kritisch betrachtet wird. Vor allem, wenn unter diesem Aspekt dann plötzlich wieder die Mottenkiste der U-Bahnprojekte geöffnet wird. Du magst dir da nichts weiter bei denken, aber für die Straßenbahnhasser (ja, bewusst dieses starke Wort) ist das die Chance den Ausbau der Straßenbahn zu torpedieren. Und nein, du wirst wohl kaum einen Politiker finden, der das so offen zu gibt.

Ich bringe hier einfach mal noch zwei Zitate. Nr. 1 wird von Ingolf immer gern gebracht und stammt aus den frühen 90ern: "Wenn wir es schaffen zwei U-Bahnlinien zu bauen, dann hat sich das Thema Straßenbahn erledigt." [Gemeint ist U10/U11 & die Gesamtstillegung]

Nr. 2 ist Nemos Signatur: "Eine Straßenbahn ist besser als keine U-Bahn." [Spielt eben genau auf die Berliner Situation an, alles zu zerdiskutieren, gern mit Verweis auf die (ferne) Zukunft] - Übrigens genau das Problem, dass wir ganz aktuell bei der Verbindung Hbf - Turmstraße haben. Ausgang offen...

--- Signatur ---
Bitte beachten Sie beim Aussteigen die Lücke zwischen Bus und Bordsteinkante!
Zitat
Jay
Wir bewegen uns bei U- und Straßenbahn eben auf ganz unterschiedlichen Niveaus. Das fängt damit an, dass keiner hier die vorhandene U-Bahn in Frage stellt. Wir debattieren zwar hin und wieder mal über unwirtschaftliche Außenäste, aber stilllegen will die eigentlich keiner.

Es gibt einen ganzen Thread aus dem Jahr 2013, in dem es darum geht, die U-Bahn durch eine Straßenbahn zu ersetzen.

Ich kann deine Argumentation in Teilen nachvollziehen, auch wenn ich es nicht ganz so pauschal sehe. Immerhin lehnen diejenigen hier, die sich für eine U-Bahn aussprechen, die Straßenbahn nicht komplett ab, kritisieren diese Ausspielerei und wünschen sich den Ausbau beider Systeme.

Zitat
Jay
Dennoch haben die Meisten, die sich hier gegen den Ausbau aussprechen, Projekte, die sie als sinnvoll erachten und sich eine Realisierung zu einem späteren Zeitpunkt vorstellen können.

Von Einigen wurde im Laufe der letzten Jahre schon sehr deutlich geäußert, dass dieses "Später" erst dann ist, wenn in mehr oder weniger jeden Winkel Berlins Straßenbahnen fahren. Damit wäre der U-Bahnbau für lange Zeit begraben.



1 mal bearbeitet. Zuletzt am 04.12.2019 13:43 von Railroader.
Zitat
DerMichael
Was er mit "U-Bahnablehnende" meint interpretiere ich mal so, dass er die damit meint, welche den bisherigen U-Bahnbau und auch jeden weiteren U-Bahnausbau aus Prinzip ablehnen. Als erstes Beispiel würde ich schon einmal den Threadersteller nennen, der ja durchaus sinnvoll dargelegt hat, dass der bisherige U-Bahnausbau im Vergleich zum Straßenbahnausbau bisher nur Geld verdampfen ließ und dass die U-Bahn gegenüber der Straßenbahn bzgl. Erschließungswirkung keine nennenswerten Vorteile mit sich bringt.

Das heißt natürlich nicht, dass diese Leute die U-Bahn nicht nutzen, boykottieren und fordern, die U-Bahn einzustellen.

Ich lehne den U-Bahnbau gewiss nicht aus Prinzip ab, aber der Berliner U-Bahnbau war zu oft ein Spielball der Bau- und nicht der Verkehrspolitik. Angefangen von so toten Dingern wie der U1-West, U3-Süd, U2-West, der U4 und der U8-Nord. Die U9 war dagegen der große Wurf, wenn man mal von den unsinnigen Vorratsbauten in Steglitz absieht. Es gibt für mich auch nichts hirnverbrannteres als eine U1 zum Ostkreuz parallel zur S-Bahn. Wenn man es aber schaffen würde, neben der fälligen Umstellung der fetten Buslinien auf die Straßenbahn auch eine U9 nach Pankow zu ziehen oder wenn die U9 nach Lankwitz wirtschaflticher als die Straßenbahn wäre - nur zu! Dagegen ist die U7 nach Schönefeld auch nur Parallelverkehr zur S-Bahn. Eine U-Bahn sollte ihre Vorteile ausspielen, unabhängig von den Straßenführungen und weite Haltestellenabstände, das haben wir in Berlin leider nur selten.

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Für mehr gelbe Farbe im Netzplan: die Farben der U4 und U7 tauschen!
Zitat
Railroader
Ich habe durchaus verstanden was du sagen wolltest und ich sage eben dazu: ich glaube an deine ÖPNV-Beschleunigunstheorien mit Straßenbahn ebenso wenig, wie du an U-Bahn im Zusammenhang mit Reduzierung MIV. Mehr Botschaft sollte der Beitrag nicht haben.

Nun, das liegt doch auf der Hand. Wie man Straßenbahnen beschleunigt, kann man vielerorts bewundern. Dabei gewinnen sogar alle:
1. die Fahrgäste gelangen schneller an ihr Ziel,
2. die Autofahrer stehen nicht vor in Festprogrammen geschalteten Ampeln,
3. das Verkehrsunternehmen spart Fahrzeuge samt Fahrer.

Wie gut die Reduzierung des MIV durch U-Bahnen funktioniert, sieht man auch täglich in Berlin. Sämtliche Straßenzüge über den U-Bahnstrecken sind im Berufsverkehr bekanntlich quasi leer. Nonnendamm, Kaiserdamm, Bundesallee, Tempelhofer Damm, Frankfurter Allee und wie sie alle heißen - die reinsten Luftkurorte...

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Für mehr gelbe Farbe im Netzplan: die Farben der U4 und U7 tauschen!
Zitat
Railroader
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Jay
Wir bewegen uns bei U- und Straßenbahn eben auf ganz unterschiedlichen Niveaus. Das fängt damit an, dass keiner hier die vorhandene U-Bahn in Frage stellt. Wir debattieren zwar hin und wieder mal über unwirtschaftliche Außenäste, aber stilllegen will die eigentlich keiner.

(...)

Ich kann deine Argumentation in Teilen nachvollziehen, auch wenn ich es nicht ganz so pauschal sehe. Immerhin lehnen diejenigen hier, die sich für eine U-Bahn aussprechen, die Straßenbahn nicht komplett ab, kritisieren diese Ausspielerei und wünschen sich den Ausbau beider Systeme.

Zitat
Jay
Dennoch haben die Meisten, die sich hier gegen den Ausbau aussprechen, Projekte, die sie als sinnvoll erachten und sich eine Realisierung zu einem späteren Zeitpunkt vorstellen können.

Von Einigen wurde im Laufe der letzten Jahre schon sehr deutlich geäußert, dass dieses "Später" erst dann ist, wenn in mehr oder weniger jeden Winkel Berlins Straßenbahnen fahren. Damit wäre der U-Bahnbau für lange Zeit begraben.

Nun kann man den Freundinnen der Straßenbahn die von den Straßenbahnhassern "erkämpfte" Beseitigung der Tram im größeren Teil der Stadt nicht vorwerfen. Umgekehrt: Die Straßenbahnhasser werden jetzt mit Forderungen nach einer Korrektur des von ihnen angerichteten verkehrspolitischen Schadens konfrontiert - die sie dann mehr oder weniger konsequent negieren.

Nehmen wir zum Beispiel an, die Reinickendorfer SPD würde ein Verkehrskonzept entwickeln, in denen folgende Punkte enthalten wären:

1. rasche Aufnahme des RE-Verkehrs über Tegel nach Gesundbrunnen im Halbstundentakt,
2. rasche Aufnahme des RB-Verkehrs auf der Stammstrecke der Niederbarnimer Eisenbahn,
3. zweigleisiger Ausbau der S-Bahn nach Tegel nebst Aufnahme des 10-Minutentaktes,
4. Bau der S-Bahnhöfe in Borsigwalde und an der Schorfheidestraße sowie verbesserte Umsteigebedingungen zwischen S 25 und U 8,
5. Parkraumbewirtschaftung in der Residenzstraße,
6. Bau der U 8 ins Märkische Viertel,
7. Bau der Straßenbahnlinie M 1 bis Wittenau (Nordbahn) mit der Perspektive einer späteren Verlängerung nach Westen und
8. Verbesserungen im Busverkehr (hier halte ich mich im Detail natürlich zurück, ist ja klar).

So ein Programm wäre nicht nur für Reinickendorf selbst gut und man könnte sich damit konstruktiv befassen. Aber genau so ein Programm wird eben nicht vorgelegt (korrigiert mich, wenn es doch so etwas gibt); es reicht nicht einmal zur absoluten Minimalaussage: "die M 1 ist an die Heidekrautbahn und die bis dorthin verlängerte U-Bahnlinie 8 heranzuführen, um die Umsteigebedingungen zu verbessern".

Kurz: Ich sehe eigentlich überhaupt keine inhaltliche Basis, um sich mit Leuten, die außer der grammophonartigen Wiederholung der Forderung nach einer Verlängerung der U 8 ins MV nichts zu bieten haben, auf ein "Gesamtpaket" zu verständigen.

Nur U-Bahnen fordern, das wichtigste öffentliche Verkehrsmittel im Berliner Raum (die S-Bahn) nicht beachten, die Straßenbahn als Verkehrsmittel der Vergangenheit bewerten sowie Tram und Bus in Pankow als Ursache des Staus einordnen - das ist keine tragfähige Basis für eine Verkehrspolitik unter den heutigen Voraussetzungen,

meint Marienfelde.
@Jay, B-V: genau das.

Ich muss mich immer winden, wenn ich kategorisiert werden soll und mich für eine Schublade entscheiden muss. Ich bin garantiert Kein U-Bahn-Gegner. Wie käme ich auch dazu? Ich benutze sie ja ständig und freue mich, wenn sie mal kommt.
Ich bin auch kein Straßenbahnfan. Das heißt, doch schon, aber @Railroader traue doch mal Deinen Mitdiskutanten zu, dass sie Hobby und politische Meinung auseinanderhalten können. Wenn es um Verkehrsmittel geht, dann bin ich vor allem ein Fan von Magnetschnellbahnen, Dampfloks und englischen Sportwagen. Finde ich alle drei aber für die Lösung der Innenstadtverkehrsprobleme eher ungeeignet.

Meine Gegnerschaft bezieht sich allein auf die verschiedenen vorgeschlagenen U-Bahnprojekte konkret. Weil ich sie für falsch halte. Die U6 UTR ist grober Unfug, die U7 Schönefeld überflüssig, über die U1 Ostkreuz hat B-V alles gesagt, und die U8-Nord... siehe den wundervollen Beitrag von @Marienfelde, darüber kann man diskutieren, das kann sinnvoll sein, unter Bedingungen.

Ich bin doch für den Ausbau von Straßenbahnen nicht, weil ich die Straßenbahn an sich so toll finde. Sondern weil wir konkrete Linienüberlastungen haben und konkrete überlastete Korridore, und weil dort die Tram die am besten geeignete Lösungsvariante darstellt. Punkt.

Das heißt aber nicht, dass ich generell den U-Bahnbau als solchen ablehne. Siehe B-V. U9-Süd? Dafür! U9/U2Linienkreuz Pankow? Gerne, wenn das vernünftig untersucht wurde und sich als vorteilhafter gegenüber eine M50 über die Wollankstraße rausstellt. Aber genau die werden in der Politik nicht diskutiert, stattdessen reden wir über diese lustigen Alibiprojekte.

Ich mag auch diese einseitige Fixierung auf die U-Bahn nicht verstehen. Und die Angst, der U-Bahnbau 'könne zum Erliegen kommen'. Ersteres vernachlässigt, dass die Oststadt mit der Kombination aus Tram und S-Bahn ein wesentlich leistungsfähigeres SPNV-Netz besitzt als die Weststadt. Und letzteres tut so, als ob der Bau an sich ein Selbstzweck wäre. Beides seltsam. Dabei haben wir mit der S-Bahn Hbf-Potsdamer Platz-Gleisdreieck ein Untergrundbahnprojekt, das uns die nächsten Jahrzehnte beschäftigen wird. Und warum diskutiert keine Partei intensiv die S-Bahntangente Karow-Friedrichsfelde-Grünau über den Außenring? Eine Verbindung, die wirklich Potenzial hätte? Neuen Wohnraum erschließen? Überlastete Infrastruktur frei machen? Querverbindungen schaffen? Echte Priorität ÖPNV vor MIV setzen? Echte Chance, die TVO überflüssig zu machen?
Zitat
schallundrausch
U9/U2Linienkreuz Pankow? Gerne, wenn das vernünftig untersucht wurde und sich als vorteilhafter gegenüber eine M50 über die Wollankstraße rausstellt. Aber genau die werden in der Politik nicht diskutiert, stattdessen reden wir über diese lustigen Alibiprojekte.

Die 50 über die Wollankstraße gehört dort gleich mit untersucht. Die U2 wäre dann mit einem Endbahnhof Pankow, Kirche besser dran, dann hat man dort Anschluss zur 50 und entzerrt gleichzeitig den misslungenen Knoten am S+U Pankow.

Zitat
schallundrausch
Ich mag auch diese einseitige Fixierung auf die U-Bahn nicht verstehen. Und die Angst, der U-Bahnbau 'könne zum Erliegen kommen'.

Richtig, U-Bahnen müssen bedarfsgerecht gebaut werden und nicht als Arbeitsbeschaffungsmaßnahme für Ingenieure und Betonmafiosi.

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Für mehr gelbe Farbe im Netzplan: die Farben der U4 und U7 tauschen!
Zunächst ein Disclaimer: Der folgende Text stellt die persönliche Meinung des Verfassers dar, jegliche wiedergegebene Empfindungen (insbesondere in den ersten drei Absätzen) sind rein Subjektiv und erheben nicht den Anspruch, die Wahrheit wiederzugeben. Rechtschreibfehler dürfen behalten werden



Mein Eindruck ist, dass einerseits die verkehrspolitischen Diskussionen um das Thema "U-Bahn vs. Tram" eher Grabenkämpfen denn tatsächlichen Diskussionen gleichen, sie sind dermaßen ideologisch aufgeladen, dass argumentieren in der Regel müßig ist, weil Argumente auf taube Ohren stoßen und sich oftmals nichtmal thematisch Treffen, sondern eher in die Richtung "Äpfel vs. Birnen" gehen (dazu später noch mehr) und weder die eine noch die andere Seite selbst einen Zentimeter "Land" abtreten will. Die Fronten sind verhärtet. Die eigene Sichtweise ohne Kompromisse durchsetzen oder von der Gegenseite, welche ebensowenig kompromissbereit ist, überrannt / besiegt werden. Das ist natürlich sehr überspitzt und martialisch ausgedrückt, es gibt gewiss gemäßigte Lager, die durchaus einen Kompromiss, kein A ODER B, sondern A UND B anstreben, allerdings ist mein persönlicher Eindruck über die Gesamtlage eben in etwa so wie geschrieben.

Andererseits treffen sich viele Argumente nach meinem Vernehmen thematisch oft nicht, die Befürworter von U-Bahnen argumentieren mit den Aspekten Geschwindigkeit (absolut), Kapazität / Leistungsfähigkeit (absolut) und Flächenverbrauch sowie Konflikt-/Behinderungspotenzial an der Oberfläche, wohingegen die Befürworter von Straßenbahnen mit den Aspekten Geschwindigkeit (im Vergleich zum Bus), Kapazität (im Vergleich zum Bus), Stadtbildverträglichkeit / Integrierbarkeit im bestehenden Straßenland, einfacherer, garantiert barrierefreier Zugang zum Verkehrsmittel (im Vergleich zur U-Bahn), Feinerschließung und Bauzeit sowie -kosten argumentieren.

Diese Aspekte treffen oftmals kaum aufeinander und machen einen Konsens nur schwer möglich. Eigentlich dürfte die Unterschiedlichkeit dieser Aspekte jedem vernünftig, nicht emotional-ideologisch denkenden Subjekt die Folgerung nahelegen, dass es sich hier nunmal um zwei verschiedene Paar Schuhe handelt, zwei Systeme, welche unabhängig sowie nebeneinander bestehen, jeweils eigene Eigenschaften, Stärken besitzen und das eine das andere nicht ersetzen kann, weil jedes System andere Aufgaben erfüllt. Insbesondere ist hierbei der letzte Punkt zu beachten, denn dies scheint, obwohl bereits von vielen bereits zur Sprache gebracht, in der Diskussion irgendwie unter den Tisch zu fallen, insbesondere scheinen viele Befürworter des U-Bahnbaus (gemeint ist die Teilmenge dieser, welche dem Ausbau der Straßenbahn entweder komplett ablehnend gegenüber stehen oder ihm zumindest so wenig Raum wie nur möglich abtreten wollen) diesen Aspekt gekonnt zu ignorieren. Statt Akzeptanz dieser Systemdualität geht es vielmehr um Dominanz, entweder das eine oder das andere, kaum Konsens, kaum Koexistenz, auch wenn es rational betrachtet Unsinn ist und regelmäßig Beispiele aus dem Ausland dargelegt werden, die beweisen sollen, wie Verkehrspolitik besser funktionieren kann. Man dreht sich im Kreis und kommt einander kaum näher.

Ich selbst nehme mich da nicht ganz heraus. Auch wenn ich kein Gegner von U-Bahnen aus Prinzip bin (wieso sollte man ein leistungsfähiges Verkehrsmittel denn überhaupt hassen, hat irgendjemand jemals den Abriss von U-Bahnstrecken gefordert?) folge ich dem "Straßenbahn-Lager", denn:
Es geht nicht um die allgemeine Einstellung einem Verkehrsmittel gegenüber, sondern um die Einstellung Neubauprojekten gegenüber, um die Weiterentwicklung des Nahverkehrs und insbesondere um die Prioritätensetzung. Prioritäten setzen heißt nicht, wir machen jetzt nur das eine und das andere fällt aus, sondern es wird zunächst das gemacht, was am dringendsten nötig ist, alles andere muss sich hinten anstellen.

Dementsprechend betrachte ich den konzentrierten Ausbau der Straßenbahn in den Westen der Stadt hinein sowie Optimierungen am Bestand als weitaus wichtiger als punktuelle Maßnahmen am U-Bahnnetz, welche nur eine begrenzte Wirkung entfalten und mittel- bis langfristig finanzielle sowie personelle Kapazitäten binden, welche für den Ausbau der Straßenbahn dann nicht mehr zur Verfügung stünden.
Die Investitionen im Straßenbahnbereich würden bei gleichbleibenden Ressourcen ungleich mehr Wirkung entfalten und weitaus mehr Nutzen bringen. Gerade jetzt, wo viel Nachholbedarf vorhanden ist, müsste klar sein, dass das Abarbeiten des Nachholbedarfs an erster Stelle stehen müsste und erst danach, oder zumindest nachdem das allerwichtigste abgearbeitet wurde, die U-Bahn folgen kann, weil bei dieser eben ein vergleichsweise geringer (meiner ehrlichen Meinung nach eher kaum vorhandener) Nachholbedarf besteht, das Netz ist im großen und ganzen recht gut ausgeprägt.

Es ist nunmal so, bei der Straßenbahn enorme Defizite bestehen, dass sollte wirklich jedem klar sein, und es sollte daher an erster Stelle stehen, diese Defizite auszugleichen. Man muss zunächst die Fehler der Vergangenheit ausbügeln, bevor man das Thema der eigentlichen Erweiterung angeht. Die U-Bahn hat solche Defizite eigentlich kaum, jedenfalls sind sie im Vergleich zur Tram nicht wirklich bedeutend. Es sind zwar einige mehr oder weniger sinnvolle Ergänzungen, aber eben nur solche: wünschenswerte Ergänzungen einer existierenden, gut ausgebauten Grundstruktur, aber keine gravierenden Rückstände (Stillegungen), die dringend nachzuholen sind.

Würde man sich zunächst der U-Bahn widmen und das Ausgleichen der enormen Defizite bei der Tram hinten anstellen, so liefe da etwas gehörig schief, außerdem würde durch solches Verschieben auf den St. Nimmerleinstag die Gefahr wachsen, dass das Thema Straßenbahn ganz schnell vergessen wird, man könnte ja sogar auf die Idee kommen, dies als eine mögliche Strategie sehen, siehe Absatz zu den "Grabenkämpfen".

Wie vertragen sich diese Ausführungen mit dem eingangs erwähnten Aspekt "Zwei Systeme mit jeweils eigenen Stärken und Aufgaben, die nicht einander ersetzen können"? Wieso nacheinander, wieso nicht beides zur gleichen Zeit?

Nur dass ich den konzentrierten Ausbau der Tram befürworte, heißt das lange nicht, dass mir die U-Bahn unwichtig ist. Natürlich wäre der gemeinsame Ausbau von Tram und U-Bahn der beste Weg, aber wir müssen realistisch bleiben, es ist schlichtweg utopisch, zu behaupten, dass beides gleichzeitig ginge. Dafür reichen die Ressourcen bei weitem nicht aus, es sei denn man geht Kompromisse ein und baut weniger Tram und weniger U-Bahn, beides dann aber mehr oder weniger parallel (wenn's wirklich ginge). Auch wenn das Ganze in diesem Fall dann bestenfalls kontinuierlich (neue Maßnahme folgt nahtlos einer gerade abgeschlossenen, keine nennenswerten Unterbrechungen) erfolgen würde, der zeitliche Rahmen würde enorm gestreckt werden.
"Zweigleisiges Fahren" ist somit zwar sinnvoll, aber nichtsdestotrotz mit Kompromissen behaftet.

Man muss also auswählen und Prioritäten setzen. Die Straßenbahn sollte daher zunächst auf "U-Bahn-Niveau" angehoben werden, das heißt es muss zunächst eine gewisse Grundlage geschaffen werden, von welcher aus dann später Ergänzungen folgen können. Erst wenn ein Grundnetz im Westen besteht, und somit die Straßenbahn endlich das Gesamtberlin abdeckt, erst dann kann man alle anderen Projekte, die bis dahin sich hinten anstellen mussten, angehen, dazu gehören nunmal sämtliche Erweiterungen im U-Bahnnetz. Erst Grundlagen, ein vergleichbares Niveau schaffen, dann ausbauen.
Zitat
Railroader
Und sei mir nicht böse, aber ich brauche keine Lebenstipps. Ein gut gemeinter Tipp für dich: höre bitte auf, andere Menschen oberlehrerhaft zu maßregeln. Sei tolerant für andere Meinungen und diskutiere. Aber nicht immer mit diesem erhobenen Zeigefinger. Auch du musst akzeptieren, dass es andere Meinungen gibt als deine. Mein Beitrag hatte überhaupt null Intention, irgendwen lächerlich zu machen oder zu verspotten, er war durchaus ernst gemeint. Dass du in die Worte "U-Bahnablehnenden" und "Straßenbahnfan" irgendwas reininterpretierst, liegt an dir. Ich hatte da keine bösen Absichten, ehrlich nicht.

Gut, wenn es um das Akzeptieren der Meinungen der Gegenseite geht: ich muss akzeptieren, dass mein Beitrag bei Dir oberlehrerhaft rüberkam; auch wenn ich da keine bösen Absichten hatte, und Du, dass Dein voriger Beitrag bei mir unsachlich und polemisch 'rüberkam, auch wenn Du da keine bösen Absichten hattest.

Ansonsten: ich denke, ich habe keine Probleme, inhaltliche andere Meinungen zu akzeptieren. Ich will' ja darüber diskutieren. Aber, was mir in der Tat schwerfällt, ist zu akzeptieren, dass andere eine andere Meinung haben, wie eine konstruktive Diskussion aussieht. Ich reagiere auf fehlende inhaltliche Auseinandersetzung sehr empfindlich; aber es ist natürlich völlig legitim, wenn der andere sich auf seinen "Glauben" (du nanntest es in einem anderen Beitrag so) beschränkt und nicht tiefer in die Analyse gehen will.

Aber dennoch: ich mag es einfach nicht, wenn man mir etwas unterstellt. Ich habe meine Meinung; und wenn Hans, Franz oder Fritz in einem bestimmten Punkt die gleiche Ansicht haben wie ich, mögen sie doch ganz andere Gründe dafür haben. Ich bin nicht für deren Meinung verantwortlich. Kannst Du das so ein bisschen verstehen?

Was mir nicht sonderlich gefällt, ist so etwas:

Zitat
Railroader
@Global Fisch: Es tut mir wirklich leid, wenn du dich da offenbar irgendwie persönlich angegriffen gefühlt hast. So war das überhaupt nicht gemeint. Es gibt doch hier U-Bahnablehnende, oder ist das falsch? Es gibt auch Straßenbahnfans? Oder ist auch das falsch? Wir diskutieren hier nunmal recht direkt und ich bin ja als U-Bahnbefürworter nach den Meinungen hier auch jemand, der nur seinen Parkplatz sichern will.

... obwohl ich nicht mal nen PKW-Führerschein habe. ;-)

Das mit dem Führerschein las ich schon, weiß ich. Aber was soll das mit "nach den Meinungen hierauch jemand, der nur seinen Parkplatz sichern will"? Habe ich das geschrieben oder angedeutet? Wenn nein; was trägt das bitte zu unserer Diskussion bei?

Zur Sache:

Zitat
Railroader
ich sage eben dazu: ich glaube an deine ÖPNV-Beschleunigunstheorien mit Straßenbahn ebenso wenig, wie du an U-Bahn im Zusammenhang mit Reduzierung MIV.

Sorry, aber dass man fast alle Straßenbahn- und Buslinien teils deutlich beschleunigen könnte, halte ich für eine Binsenweisheit.

Und "U-Bahn im Zusammenhang mit Reduzierung MIV" ist sehr allgemein. Nochmal: Du sprachst von Deinen Bekannten, die über zu langsame Busse und Straßenbahnen klagen.
Die Haltung kann ich gut verstehen und ich halte sie auch für verbreitet, also für wesentlich. Nur: für die meisten von ihnen wird sich daran überhaupt nichts ändern, wenn man eine U-Bahn ins M-V baut. Wie gesagt, ich schätze, dass man so um die 20 U-Bahn-Projekte dieses Kalibers braucht, damit die Mehrheit der Berliner von wenigstens einem davon profitiert.

Sprich, wenn man Verkehrswende will und dazu den Leuten einen besseren ÖPNV anbietet, muss man primär an anderen Stellen anfangen. (Das schließt ne U-Bahn ins M-V nicht per se aus, aber sie ist in der Hinsicht auf Verkehrswende nicht wichtig)



1 mal bearbeitet. Zuletzt am 04.12.2019 18:18 von Global Fisch.
Zitat
Jay

Ich glaube, du hast da einfach eine (zu) große Portion Naivität, um das "Gefechtsfeld" richtig auszuleuchten. Wir bewegen uns bei U- und Straßenbahn eben auf ganz unterschiedlichen Niveaus. Das fängt damit an, dass keiner hier die vorhandene U-Bahn in Frage stellt. Wir debattieren zwar hin und wieder mal über unwirtschaftliche Außenäste, aber stilllegen will die eigentlich keiner. Wo es Widerstand gibt, ist das Thema Ausbau des Netzes, weil nahezu alle diskutierten Projekte Endabschnitte mit (bezogen auf die Leistungsfähigkeit) geringer Auslastung sind, die im Verhältnis begrenzten Nutzen zu hohen Kosten bringen. Dennoch haben die Meisten, die sich hier gegen den Ausbau aussprechen, Projekte, die sie als sinnvoll erachten und sich eine Realisierung zu einem späteren Zeitpunkt vorstellen können.

Du sprichst selbst sehr deutlich von einem Gefechtsfeld, was für mich wie eine Metapher rüberkommt. Ich kann mich dem Eindruck nicht erwehren, dass es vielen Straßenbahnbefürwortern innerhalb der verkehrsinteressierten Szene, man könnte sie freilich auch Fans nennen, um einen Machtkampf geht. Eine Fehde gegen den Status quo, quasi ein Aufbegehren gegen das Establishment, ohne aber sachorientiert Verkehrsmittel zueinander abzuwägen. Getreu dem Motto, dass eine Straßenbahn der Heilsbringer ist. Worin aber liegt dann ihr Unterschied zu jenen der Automobillobby, die mit denselben Methoden in den 1950ern und 1960ern den autogerechten Umbau unserer Städte erzwangen?

Zitat
Jay

Die reine Ideologie entlädt sich bei der Straßenbahn. Denn da gibt es eben keinen Status-Quo-Konsens. Sowohl hier im Forum, als auch in der Politik, gibt es Leute, die das Verkehrsmittel Straßenbahn teilweise oder in Gänze in Frage stellen! Auch unter den deutlichen Befürwortern dieses Verkehrsmittels gab es intensive Debatten, als verschiedene Außenäste zur Disposition standen und eine reale Stilllegungsgefahr bestand. Zur Erinnerung: Der frühere BVG-Betriebsvorstand Thomas Necker stellte etwa 1/3 des Netzes zur Disposition! Also logisch, dass die Empfindlichkeit hier ziemlich hoch ist und die stockende Entwicklung beim Netzausbau sehr kritisch betrachtet wird. Vor allem, wenn unter diesem Aspekt dann plötzlich wieder die Mottenkiste der U-Bahnprojekte geöffnet wird. Du magst dir da nichts weiter bei denken, aber für die Straßenbahnhasser (ja, bewusst dieses starke Wort) ist das die Chance den Ausbau der Straßenbahn zu torpedieren. Und nein, du wirst wohl kaum einen Politiker finden, der das so offen zu gibt.

Tut mir leid, aber ich finde das doch etwas paranoid. Die Straßenbahn als arme viel Gescholtene. Speziell in Berlin gibt es in puncto Ausbau einen generellen Stillstand bei allen Verkehrsmitteln, was in erster Linie an der Handschrift dieses Senates und seiner Obsession des Zeichnens bunter Papiere liegt. Jedenfalls kann man nicht behaupten, dass es nicht genügend Pläne für neue Straßenbahnlinien gäbe. Und deren Stocken jetzt anstelle des Unvermögens mit Projektierungen bei der U-Bahn begründen zu wollen, verklärt die Realität.

Abgesehen davon hat es zu Neckers Zeiten durchaus Vorstöße gegeben, U-Bahnäste stillzulegen. Ich darf an Krumme Lanke oder die U4 erinnern. Der Ausgang war mit der Uferbahn identisch: Nichts von alledem wurde stillgelegt. Weder bei Straßenbahn noch bei U-Bahn.

Ich selbst möchte eine Verkehrspolitik, die das eine macht, ohne das andere zu lassen. Und keinen Glaubenskrieg, der die Straßenbahn als Evangelium preist und die U-Bahn verteufelt! Berlin hat den Segen, beide Systemträger zu haben, was als Chance begriffen werden sollte.



1 mal bearbeitet. Zuletzt am 04.12.2019 19:21 von Christian Linow.
Zitat
Christian
Gefächtsfeld

Weil?

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Zitat
Christian Linow


Du sprichst selbst sehr deutlich von einem Gefächtsfeld, was für mich wie eine Metapher rüberkommt. Ich kann mich dem Eindruck nicht erwehren, dass es vielen Straßenbahnbefürwortern innerhalb der verkehrsinteressierten Szene, man könnte sie freilich auch Fans nennen, um einen Machtkampf geht. Eine Fehde gegen den Status quo, quasi ein Aufbegehren gegen das Establishment, ohne aber sachorientiert Verkehrsmittel zueinander abzuwägen. Getreu dem Motto, dass eine Straßenbahn der Heilsbringer ist. Worin aber liegt dann ihr Unterschied zu jenen der Automobillobby, die mit denselben Methoden in den 1950ern und 1960ern den autogerechten Umbau unserer Städte erzwangen?

Hat denn schon jemand vorgeschlagen für die Straßenbahn ein Haus oder auch ganze Stadtviertel abzureißen und das gesamte gesellschaftliche Leben nur auf diese Straßenbahn auszurichten? Glaubt jemand, dass wir da noch hinkommen werden, wenn man weiter die Straßenbahn ausbaut? Ok, einzelne Häuser können vielleicht irgendwo auch mal abgerissen werden müssen - aber sonst?

Es ist eher das Gegenteil: Es entstehen Stadtviertel.

Gruß Nemo
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Eine Straßenbahn ist besser als keine U-Bahn!!
Zitat
Nemo


Hat denn schon jemand vorgeschlagen für die Straßenbahn ein Haus oder auch ganze Stadtviertel abzureißen und das gesamte gesellschaftliche Leben nur auf diese Straßenbahn auszurichten? Glaubt jemand, dass wir da noch hinkommen werden, wenn man weiter die Straßenbahn ausbaut? Ok, einzelne Häuser können vielleicht irgendwo auch mal abgerissen werden müssen - aber sonst?

Es ist eher das Gegenteil: Es entstehen Stadtviertel.

Wenn es um den Abriss von Häusern geht, fällt mir ein bestimmter Verkehrsweg ein, nennt sich Stadtautobahn...

Beste Grüße
Harald Tschirner
Christian, diese deine Meinung darfst du gern haben. Ich sehe das genau andersrum. Die Methaper war in der Tat bewusst gewählt und ich empfinde diesen "Kampf" als aufgezwungen. Du siehst hier einen "Extremismus", den du mit deiner Argumentation selbst erzeugst! Es ist schlichtweg unmöglich in einer öffentlichen Debatte, z.B. auf Infoveranstaltungen, über den konreten Ausbau der Straßenbahn zu reden, ohne dass jemand um die Ecke kommt und das Projekt überflüssig findet, weil es der Bus ja auch tut, die Straßenbahn (ganz) abschaffen will oder nach der U-Bahn ruft. Eine kuriose Besonderheit war die Veranstaltung zur M10-Verlängerung, wo eine starke Vertretung für die Extremvariante über Treptow eingetreten ist und u.a. den Satz prägte: "Wenn die [in der Falckensteinstraße] sie nicht wollen, warum können wir sie dann nicht haben?"

Ich erinnere mich durchaus an die Diskussionen um Ruhleben und Krumme Lanke. Dein Vergleich mit der Uferbahn hinkt aber kräftig, denn während ersteres (U-Bahn) "nur" diskutiert wurde, war letzteres (61, 68) ganz konkrekt in der Entscheidung - inklusive Gutachten, die letztendlich die knappe Entscheidung für den Weiterbetrieb ermöglichten.

Du kannst es auch gerne paranoid finden [da wären wir dann beim Extremismus erzeugen], dass ich solche Schlussfolgerungen aus Erfahrungen ziehe, die ich aus Gesprächen mit Politikern und Verantwortlichen der BVG (inklusive Noch-Chefin) gewonnen habe. Es war teilweise schlichtweg grotesk!

Mit Verlaub: Wir wissen noch nicht mal, wie wir die (gemäß Nahverkehrsplan) 2 Mrd Euro für die Grundinstandsetzung des U-Bahnnetzes bis 2035 schultern können (plus 1,5 Mrd für den Fahrzeugpark) und wollen dann jetzt aber unbedingt und sofort das U-Bahn-Netz erweitern? Ich befürchte ja, dass das Volumen und die bevorstehenden Einschränkungen von den Meisten nach wie vor deutlich unterschätzt wird. Und wenn ich nun in einem anderen Thread lesen muss, dass der notwendige Ersatzneubau der U1-Brücke am Gleisdreieck nun offenbar doch zugunsten einer temporär wirksamen Sanierungslösung abgesagt werden soll, dann wird mir ganz anders. Denn anders, als von dir Tramphobiker (;p) unterstellt, hab ich eben doch auch ein Herz für die U-Bahn.

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Bitte beachten Sie beim Aussteigen die Lücke zwischen Bus und Bordsteinkante!
In Wirklichkeit liegt der investive Schwerpunkt doch ohnehin (zu Recht) in den Bestandsnetzen. Beim "BVG-Investitionsprogramm" sollten vom ursprünglichen Gesamtvolumen von 3,1 Mrd. € die Masse (2,3 Mrd. €) auf neue U-Bahnen entfallen, der Rest auf die Straßenbahn. Nach der jetzt anvisierten Bestellung von bis zu 1.500 U-Bahnwagen wäre man wohl eher bei 4 Mrd. €, wobei sich das Gewicht weiter in Richtung U-Bahn verschiebt, was auch vollkommen richtig ist.

Ich wähle mal ein Beispiel von heute: Auf dem gemeinsam von den Linien U 1 und 3 bedienten Abschnitt zwischen Wittenbergplatz und Warschauer Straße verkehren 12 Züge mit je sechs Wagen (U 3) und 6 Züge mit 4 Wagen (U 1), in der Summe also 18 Züge mit 96 Wagen pro Stunde. Dies entspräche einem 5-Minutentakt mit 8-Wagenzügen. Nach den Maßstäben der BVG-West bewegt man sich mit diesem Angebot am unteren Rand des noch vertretbaren. Zu Westberliner Zeiten war das Angebot weitaus besser.

Im Altbezirk Kreuzberg steht bald eine flächendeckende Parkraumbewirtshaftung im Raum, was den Druck auf die Kreuzberger U-Bahn weiter erhöhen wird. Daher sollte man möglichst rasch zu einer Bedienung der Strecke mit 108 Wagen (U 1 mit 6 Wagenzügen) über 120 Wagen (Bedienung der U 1 mit 8-Wagenzügen) in Richtung 144 Wagen (U 3 mit 8-Wagenzügen) gelangen.

So kann man sehr große Teile des U-Bahnbestandsnetzes durchgehen (oder sich einfach am Nahverkehrsplan orientieren) - und findet viel Verbesserungsbedarf.

Außer den Zugskompositionen gibt es natürlich noch die Netze selbst: "Auf Basis der Vorhabenplanung 2019 wird für die Grunderneuerung des U-Bahn- und Straßenbahnnetzes im Zeitraum von 2020-2029 ein Investitionsbedarf von insgesamt ca. 2,7 Mrd. € prognostiziert", teilt die BVG in der Beantwortung einer schriftlichen Anfrage des Abgeordneten Tino Schopf (SPD) vom 12.11.2019 mit, sh. hier: [pardok.parlament-berlin.de]

Abschließend noch einmal der Hinweis zur "neuen" Straßenbahnstrecke zum Hauptbahnhof: Für etwa 27 Mio. € baut man ein Stück Straßenbahnstrecke mit "Nachrangschaltungen" und einer sich daraus ergebenden Reisegeschwindigkeit, die irgendwo zwischen 10 und 15 km/h liegt - aber alles vergebens: Es fahren trotzdem bis zu 40.000 Fahrgäste pro Tag mit. Fast könnte man Mitleid haben mit den Straßenbahnhassern,

meint Marienfelde.



1 mal bearbeitet. Zuletzt am 04.12.2019 20:26 von Marienfelde.
Zitat
Harald Tschirner
Zitat
Nemo


Hat denn schon jemand vorgeschlagen für die Straßenbahn ein Haus oder auch ganze Stadtviertel abzureißen und das gesamte gesellschaftliche Leben nur auf diese Straßenbahn auszurichten? Glaubt jemand, dass wir da noch hinkommen werden, wenn man weiter die Straßenbahn ausbaut? Ok, einzelne Häuser können vielleicht irgendwo auch mal abgerissen werden müssen - aber sonst?

Es ist eher das Gegenteil: Es entstehen Stadtviertel.

Wenn es um den Abriss von Häusern geht, fällt mir ein bestimmter Verkehrsweg ein, nennt sich Stadtautobahn...

Ein Beispiel in dieser Richtung läßt sich beim Bau der ersten (1964 eingestellten) Regensburger Straßenbahn finden:

"Als Anfang des 20. Jahrhunderts die Streckenführungen der Regensburger Straßenbahnlinien geplant wurden und eine Linie über die Brücke nach Stadtamhof führen sollte, erwies sich die enge Brückenzufahrt durch das nur 3 m breite Spitzbogentor im Brückturm als nicht zu überwindendes Hindernis. Es musste eine erweiterte Zufahrt geschaffen werden. Das konnte nur erreicht werden, als unter Planung des Stadtbaurates Adolf Schmetzer auf der westlichen Seite des Brückturmes zwei angrenzende Häuser – darunter das Brückenzollhaus – abgerissen wurden und die entstandene Lücke durch einen zusätzlichen Torbogen überspannt wurde. Zur Verbreiterung der Fahrbahn nach der Durchfahrt durch das neue Tor musste dort die Brücke etwas verbreitert werden. Die Baumaßnahmen war 1902 abgeschlossen und haben die Ansicht der Brückenzufahrt nicht nachteilig verändert.[16]"

Aus unerfindlichen Gründen "funzt" der Link zur Wikipedia-Seite über die "Steinerne Brücke" leider nicht; die Seite ist aber leicht zu finden.

Allseits schon eine gute Nacht wünscht Euch
Marienfelde
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