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Verkehrswende andersrum: Mehr Wege mit dem Auto in Berlin
geschrieben von Christian Linow 
Hallo,

an sich sind die Ergebnisse des MiD 2017 (Mobilität in Deutschland) schon seit geraumer Zeit bekannt. Da jedoch ausgerechnet der VBB per Twitter die Zahlen zum Anlass nimmt, von einer gelungenen Verkehrswende zu sprechen, und die Senatsverwaltung für Umwelt, Verkehr und Klimaschutz durch Retweet ebenfalls damit wirbt, möchte ich das Ganze auch hier zur Diskussion stellen.

Auf Twitter ließ der VBB heute Morgen verlauten:

Zitat
VBB
Unser #dailyfact im Rahmen der europäischen
@mobilityweek: Etwa ein Fünftel aller Wege werden im #VBBLand mit den #Öffis zurückgelegt, weniger als 50 % mit dem Auto. In #Berlin sind es sogar 25 %! #Verkehrswende #AlleFuersKlima #Greta @SenUVKBerlin /rz

Das ist insofern bemerkenswert, als sich der ÖPNV gegenüber 2013 wider den Bundestrend um 2% verschlechtert hat. Im Gegensatz zu Hamburg, wo der Anteil des ÖPNV von 18% (MiD 2008) auf 22% (MiD 2017) kletterte und der des MIV von 42% auf nunmehr 36% sank, ergibt sich für Berlin ein umgekehrtes Bild. Betrug der Anteil des ÖPNV im Jahre 2013 noch 27% (SrV 2013), liegt er jetzt bei 25%, während der MIV von 30% im Jahre 2013 auf 33% zulegte.

Das als positives Indiz für eine Verkehrswende zu verkaufen, gleicht aus meiner Sicht einer Satire. Es sei denn, man setzt aufs Auto!
Aber dafür macht die BVG doch ein total tolles Marketing, das sogar in Russland und den USA wahrgenommen wird! Man kann sich nun wahrlich nicht um alles kümmern und muss Prioritäten setzen.



1 mal bearbeitet. Zuletzt am 18.09.2019 10:11 von def.
Ich finde es einfach nur erbärmlich, was in dieser Stadt verkehrspolitisch abläuft!

Berlin, der Ankündigungsweltmeister

So titelte die Zeit 2015 und sprach der damaligen Großen Koalition ein vernichtendes Urteil aus. Ein Fazit, das so 1:1 auch für den aktuellen Senat gilt. Nichts, aber auch so gar nichts, selbst die einfachsten Dinge nicht, werden in die Tat umgesetzt! Immer höre ich von irgendwelchen umgelegten Hebeln, die aber offenkundig keine Wirkung haben. Lieber zieht man sich ins Amtsstübchen zurück und plant und plant und plant und prüft!

Seit Jahrzehnten verspricht man eine Straßenbahn zum Kulturforum, sagt jetzt aber unverhohlen, dass man vor Ende der 2020er gar nicht an einen Baubeginn denken bräuchte. Selbst bei verhältnismäßig einfach umzusetzenden Strecken wie von Adlershof nach Schöneweide kommt man nicht aus dem Quark! Bei Radschnellverbindungen dasselbe Dilemma. Baubeginn nicht vor 2022, wobei man sich fragt, was überhaupt gebaut wird, wenn wie am Königsweg eine Verbreiterung faunistisch nicht machbar, Beleuchtung wegen der Tiere nicht möglich und eine Entmischung der Verkehrsarten nicht gewollt ist! Mal fehlt es an Planern, mal sind es die Bürgereinwände und in Tempelhof-Schöneberg hat die Verkehrswende „Rücken, Herz, Hörsturz – diese Geschichten“.

Und irgendwie kann ich all das allmählich nicht mehr hören, immer ist irgendwas! Wieso schafft man es denn in Hamburg, binnen einer Legislatur ein Stück Radschnellweg zu beschließen und zu bauen, mit Oldenfelde einen neuen U-Bahnhof aus der Taufe zu heben und eine U-Bahnverlängerung wie die U4 baureif planfestzustellen? Wie hat es Osnabrück hinbekommen, 2014 den Radschnellweg nach Belm zu beschließen und dieses Jahr das erste Teilstück zu eröffnen? Wieso brauchte man in Ulm für die zweite Straßenbahnlinie lediglich vier Jahre vom Beschluss bis zur Eröffnung?

Die Früchte unserer bürokratischen Untätigkeit ernten wir jetzt! Oder wie es Honoré de Balzac sagt: „Es gibt nur eine einzige von Zwergen bediente Riesenmaschinerie, und das ist die Bürokratie.“



1 mal bearbeitet. Zuletzt am 18.09.2019 11:21 von EBostrab.
Zitat
Christian Linow
[...] möchte ich das Ganze auch hier zur Diskussion stellen. [...]

Dann müssen wir bei deinem Vergleich anfangen. Die Zahlen aus dem Tweet stammen aus der MiD-Studie. Während bei Hamburg der Vergleich korrekt mit MiD-Zahlen gezogen wird, ziehst du für Berlin die Zahlen aus der methodisch anders aufgebauten SrV-Studie heran. Die 2% Unterschied können nämlich auch aus den unterschiedlichen Erhebungsmethoden herstammen. Während beim MiD der Erhebungszeitraum ein Jahr beträgt, ist er beim SrV ein Wochentag.

Auch die Schlussfolgerung, wonach der VBB in seinem Tweet von einer Verkehrswende spricht, ist nicht nachvollziehbar, da Vergleiche zu vergangenen Studienergebnissen dort gar nicht gezogen werden. Okay, es gibt einen Hashtag #verkehrswende...

Bemerkenswert finde ich eher das VBB-Diagramm, weil die Balkenlängen nicht zu den Prozentzahlen passen.

Viele Grüße
Florian Schulz

--
Das Gegenteil von umfahren ist umfahren.



2 mal bearbeitet. Zuletzt am 18.09.2019 14:13 von Florian Schulz.
Zitat
Christian Linow
Das ist insofern bemerkenswert, als sich der ÖPNV gegenüber 2013 wider den Bundestrend um 2% verschlechtert hat. Im Gegensatz zu Hamburg, wo der Anteil des ÖPNV von 18% (MiD 2008) auf 22% (MiD 2017) kletterte und der des MIV von 42% auf nunmehr 36% sank, ergibt sich für Berlin ein umgekehrtes Bild. Betrug der Anteil des ÖPNV im Jahre 2013 noch 27% (SrV 2013), liegt er jetzt bei 25%, während der MIV von 30% im Jahre 2013 auf 33% zulegte.

Das als positives Indiz für eine Verkehrswende zu verkaufen, gleicht aus meiner Sicht einer Satire. Es sei denn, man setzt aufs Auto!

Ich frage mich, wie die verschiedenen Zahlen zu erklären sind.
Die BVG gibt Zahlen an, wonach die Fahrgastzahl von 947,3 Mio (2013) auf 1063,9 Mio (2017) gestiegen sind (also um 13%); die S-Bahn jubelte über eine Steigerung von 395 Mio (2012) auf 471 Mio (2018), also 21% mehr (in einem 2 Jahre längeren Zeitraum., also pro Jahr etwa ähnlich stark wie bei der BVG). Wenn der Modal Split-Anteil des ÖV in dem Zeitraum gesunken ist, muss sich das Aufkommen des Autoverkehrs in dieser Zeit deutlich stärker gesteigert haben als bei BVG und S-Bahn, also um mindestens 20% (Regionalverkehr lassen wir mal weg; aber der dürfte eher noch stärker zugelegt haben).

Von einem derart starken Wachstums des Autoverkehrs ist mir aber nichts bekannt.



2 mal bearbeitet. Zuletzt am 18.09.2019 13:36 von Global Fisch.
Zitat
Global Fisch
Zitat
Christian Linow
Das ist insofern bemerkenswert, als sich der ÖPNV gegenüber 2013 wider den Bundestrend um 2% verschlechtert hat. Im Gegensatz zu Hamburg, wo der Anteil des ÖPNV von 18% (MiD 2008) auf 22% (MiD 2017) kletterte und der des MIV von 42% auf nunmehr 36% sank, ergibt sich für Berlin ein umgekehrtes Bild. Betrug der Anteil des ÖPNV im Jahre 2013 noch 27% (SrV 2013), liegt er jetzt bei 25%, während der MIV von 30% im Jahre 2013 auf 33% zulegte.
Ich frage mich, wie die verschiedenen Zahlen zu erklären sind.

Weil hier ein wenig mal wieder die berühmten Äpfel mit den ebenso berühmten Birnen verglichen werden...

Es gibt in Deutschland zwei groß angelegte Verfahren zur Erfassung des Verkehrs- und Mobilitätsverhaltens der Menschen:
MiD - Mobilität in Deutschland und SrV - System repräsentativer Verkehrsbefragungen.
Beide haben zum Teil unterschiedliche Ansätze - und so kommen unterschiedliche Zahlen zu Stande. Bei Städten und Regionen, die an beiden Verfahren teilnehmen, sind Modal-Split-Unterschiede von mehreren Prozentpunkten in den Ergebnissen nicht unüblich.
Und im Berliner Beispiel wurden die SrV-Zahlen von 2013 mit den MiD-Zahlen von 2017 verglichen...

SrV: [de.wikipedia.org]
MiD: [de.wikipedia.org]

Ingolf
Die Fahrgastzahlen sind aus zwei Gründen gestiegen. Die Anzahl der Beschäftigten stieg und damit auch die Anzahl der Wege. Der ÖPNV konnte hier bestenfalls mithalten. Zugleich sehe ich nirgends eine Verringerung des MIV. Gibt es irgendwo in der Stadt einen Korridor der asphalttechnisch zurückgebaut wurde? Haben wir irgendwo heute weniger MIV Aufkommen als früher? Andersrum fahren wir weiterhin seit Jahren 6 Wagen auf der Ringbahn im 5 Minutentakt. Die Bahnen sind voll und wie eh und je.

Achso, der zweite Grund. Mehr Einwohner im Ballungsraum und mehr Touristen.

*******
Das Gegenteil von ausbauen ist ausbauen.
Zitat
Florian Schulz

Dann müssen wir bei deinem Vergleich anfangen. Die Zahlen aus dem Tweet stammen aus der MiD-Studie. Während bei Hamburg der Vergleich korrekt mit MiD-Zahlen gezogen wird, ziehst du für Berlin die Zahlen aus der methodisch anders aufgebauten SrV-Studie heran. Die 2% Unterschied können nämlich auch aus den unterschiedlichen Erhebungsmethoden herstammen. Während beim MiD der Erhebungszeitraum ein Jahr beträgt, ist er beim SrV ein Wochentag.

Der von Dir bemühte Vergleich der Unterschiede zwischen beiden Befragungen bezieht sich indes auf den Zeitraum 2003 und davorliegend. Seitdem hat man jedoch versucht, beide Erhebungen gerade im Hinblick auf regionale Bedürfnisse zu harmonisieren. U. a. wurde ab dem SrV 2008 der Erhebungszeitraum deckungsgleich zum MiD auf ein Jahr ausgedehnt.

Zitat
Florian Schulz

Auch die Schlussfolgerung, wonach der VBB in seinem Tweet von einer Verkehrswende spricht, ist nicht nachvollziehbar, da Vergleiche zu vergangenen Studienergebnissen dort gar nicht gezogen werden. Okay, es gibt einen Hashtag #verkehrswende...

Genau! Im Kontext von in Länge und Umfang beschränkten Tweets wirkt der Hashtag durchaus wohlwollend suggestiv.

Zitat
Florian Schulz

Bemerkenswert finde ich eher das VBB-Diagramm, weil die Balkenlängen nicht zu den Prozentzahlen passen.

Hier hat der VBB ohnehin grob gepatzt. Nicht nur die Balkendiagramme ergeben ein verzerrtes Bild, sondern, schlimmer noch, die Prozentsummen von Berlin und Brandenburg sind mit 101% unstimmig!

Zitat
Ingolf

Weil hier ein wenig mal wieder die berühmten Äpfel mit den ebenso berühmten Birnen verglichen werden...

Dem möchte ich insofern zumindest teilweise widersprechen, als nicht nur beim SrV seit 2008 - wie oben erwähnt - Parameter modifiziert wurden, um eine bessere Vergleichbarkeit mit dem MiD herzustellen, sondern umgekehrt vor allem auch beim MiD Voraussetzungen geschaffen wurden, um die Modelle über die Einbeziehung von anderen Daten aus fremden Stichprobenerhebungen wie beispielsweise dem SrV noch weiter verfeinern zu können. Gerade im Hinblick auf die Small-Area-Schätzmethoden hat es Justierungen gegeben.
Zitat
Logital

Gibt es irgendwo in der Stadt einen Korridor der asphalttechnisch zurückgebaut wurde? Haben wir irgendwo heute weniger MIV Aufkommen als früher? Andersrum fahren wir weiterhin seit Jahren 6 Wagen auf der Ringbahn im 5 Minutentakt. Die Bahnen sind voll und wie eh und je.

Achso, der zweite Grund. Mehr Einwohner im Ballungsraum und mehr Touristen.

Genau das meine ich ja! Nicht mal Busspuren kriegt der um Ausreden nie verlegene, aber selbstverliebte Senat hin! Mir fällt auch kein Korridor ein, den man zurückgebaut hat, dafür jedoch die Heerstraße, wo man jahrzehntealte Bäume für einen Radweg gefällt hat, der jetzt doch nicht kommt. [www.youtube.com]

Und ich bin das Gesäusel all der Senatsversteher wirklich satt. Diese Koalition hatte lange genug Zeit, buchstäblich etwas zu bewegen. Aber außer 'nem Stift, der Maus und den Tasten auf der Tastatur bewegt sich hier nix. Straßenbahn zum Ostkreuz: Fehlanzeige! Straßenbahn zur Turmstraße? Mächtig ruhig gerade. Radschnellverbindungen? Prima, bei der Y-Trasse will man sich eine notwendige Brücke über den Britzer Verbindungskanal sparen, Beleuchtung am Mauerweg muss man wegen der Tiere gucken und verbreitern kann man da sowieso nicht. Aber eine Führung der Radschnellverbindung mitten durchs Industriegebiet, das geht natürlich!
Zitat
EBostrab

Genau das meine ich ja! Nicht mal Busspuren kriegt der um Ausreden nie verlegene, aber selbstverliebte Senat hin! Mir fällt auch kein Korridor ein, den man zurückgebaut hat, dafür jedoch die Heerstraße, wo man jahrzehntealte Bäume für einen Radweg gefällt hat, der jetzt doch nicht kommt. [www.youtube.com]

Und ich bin das Gesäusel all der Senatsversteher wirklich satt. Diese Koalition hatte lange genug Zeit, buchstäblich etwas zu bewegen

Bei aller Kritik am aktuellen Senat, die ich teilweise teile: wir reden von Zahlen von 2017. Und die hat, wie auch immer sie sind, nicht der aktuelle Senat zu verantworten.
Zitat
Christian Linow
[
Der von Dir bemühte Vergleich der Unterschiede zwischen beiden Befragungen bezieht sich indes auf den Zeitraum 2003 und davorliegend. Seitdem hat man jedoch versucht, beide Erhebungen gerade im Hinblick auf regionale Bedürfnisse zu harmonisieren. U. a. wurde ab dem SrV 2008 der Erhebungszeitraum deckungsgleich zum MiD auf ein Jahr ausgedehnt. nen verglichen [...]

Dem möchte ich insofern zumindest teilweise widersprechen, als nicht nur beim SrV seit 2008 - wie oben erwähnt - Parameter modifiziert wurden, um eine bessere Vergleichbarkeit mit dem MiD herzustellen, sondern umgekehrt vor allem auch beim MiD Voraussetzungen geschaffen wurden, um die Modelle über die Einbeziehung von anderen Daten aus fremden Stichprobenerhebungen wie beispielsweise dem SrV noch weiter verfeinern zu können. Gerade im Hinblick auf die Small-Area-Schätzmethoden hat es Justierungen gegeben.

Schade. Dass beide Erhebungen aus gänzlich verschiedenen, nicht direkt vergleichbaren Datenbasen stammen, wäre eine gute und plausible Erklärung gewesen, warum trotz deutlich gewachsener Fahrgastzahlen der Modal Split-Anteil des ÖV merklich zurückgegangen soll.

Wie gesagt, die Fahrgastzahlen bei BVG und S-Bahn sind zwischen 2013 und 2017 jeweils um ca. 13-14% gestiegen. Wenn es nicht an einer gänzlich andere Datenbasis liegt, welche Erklärung hast Du dann für einen Rückgang des Modal Split-Anteils trotz deutlich höherer Absolutzahlen?

Dass der MIV noch stärker gewachsen ist, also in den 4 Jahren um mindestens 20%, um die Zahlen zu erklären? Sorry, aber das halte ich für nicht glaubhaft. Also, wie erklärst Du den Widerspruch?
Zitat
Global Fisch

Bei aller Kritik am aktuellen Senat, die ich teilweise teile: wir reden von Zahlen von 2017. Und die hat, wie auch immer sie sind, nicht der aktuelle Senat zu verantworten.

Keine Frage, natürlich trägt dieser Senat ein schweres Erbe, was er nicht zu verantworten hat. Was sich die Senatorin Günther, ihr Staatssekretär Streese und alle übrigen jetzt Verantwortlichen aber sehr wohl zuschreiben müssen, dass man mittlerweile nicht einmal mehr bereit ist, Aktionismus zu zeigen. Unverblümt terminiert man jedwede scheinbar revolutionäre Maßnahme wie eine Straßenbahn zum Kulturforum oder die Radschnellverbindungen ins kommende Jahrzehnt. Man gibt sich nicht mal mehr die Mühe, wenigstens irgendwas während der eigenen Legislaturperiode durchzuziehen.

Und dafür habe ich kein Verständnis, weil es andere Städte Deutschlands Berlin vormachen! Und die haben auch nicht eine Armada von Verkehrsplanern in der Vergangenheit vorgehalten!
Zitat
EBostrab
Zitat
Global Fisch

Bei aller Kritik am aktuellen Senat, die ich teilweise teile: wir reden von Zahlen von 2017. Und die hat, wie auch immer sie sind, nicht der aktuelle Senat zu verantworten.

Keine Frage, natürlich trägt dieser Senat ein schweres Erbe, was er nicht zu verantworten hat. Was sich die Senatorin Günther, ihr Staatssekretär Streese und alle übrigen jetzt Verantwortlichen aber sehr wohl zuschreiben müssen, dass man mittlerweile nicht einmal mehr bereit ist, Aktionismus zu zeigen.

Mag ja alles sein, aber das hat eben nichts mit diesem Thread hier zu tun. Es geht nicht ums "schwere Erbe", sondern darum, dass der Senat 2017 frisch im Amt war und nicht die fraglichen Zahlen verantworten kann.
Zitat
EBostrab
Ich finde es einfach nur erbärmlich, was in dieser Stadt verkehrspolitisch abläuft!

Berlin, der Ankündigungsweltmeister

So titelte die Zeit 2015 und sprach der damaligen Großen Koalition ein vernichtendes Urteil aus. Ein Fazit, das so 1:1 auch für den aktuellen Senat gilt. Nichts, aber auch so gar nichts, selbst die einfachsten Dinge nicht, werden in die Tat umgesetzt! Immer höre ich von irgendwelchen umgelegten Hebeln, die aber offenkundig keine Wirkung haben. Lieber zieht man sich ins Amtsstübchen zurück und plant und plant und plant und prüft!

Seit Jahrzehnten verspricht man eine Straßenbahn zum Kulturforum, sagt jetzt aber unverhohlen, dass man vor Ende der 2020er gar nicht an einen Baubeginn denken bräuchte. Selbst bei verhältnismäßig einfach umzusetzenden Strecken wie von Adlershof nach Schöneweide kommt man nicht aus dem Quark! Bei Radschnellverbindungen dasselbe Dilemma. Baubeginn nicht vor 2022, wobei man sich fragt, was überhaupt gebaut wird, wenn wie am Königsweg eine Verbreiterung faunistisch nicht machbar, Beleuchtung wegen der Tiere nicht möglich und eine Entmischung der Verkehrsarten nicht gewollt ist! Mal fehlt es an Planern, mal sind es die Bürgereinwände und in Tempelhof-Schöneberg hat die Verkehrswende „Rücken, Herz, Hörsturz – diese Geschichten“.

Und irgendwie kann ich all das allmählich nicht mehr hören, immer ist irgendwas! Wieso schafft man es denn in Hamburg, binnen einer Legislatur ein Stück Radschnellweg zu beschließen und zu bauen, mit Oldenfelde einen neuen U-Bahnhof aus der Taufe zu heben und eine U-Bahnverlängerung wie die U4 baureif planfestzustellen? Wie hat es Osnabrück hinbekommen, 2014 den Radschnellweg nach Belm zu beschließen und dieses Jahr das erste Teilstück zu eröffnen? Wieso brauchte man in Ulm für die zweite Straßenbahnlinie lediglich vier Jahre vom Beschluss bis zur Eröffnung?

Die Früchte unserer bürokratischen Untätigkeit ernten wir jetzt! Oder wie es Honoré de Balzac sagt: „Es gibt nur eine einzige von Zwergen bediente Riesenmaschinerie, und das ist die Bürokratie.“

100 Punkte für den Beitrag. Es wird immer nur angekündigt, bei einer Buslinie, die ich oft nutze (125) wurde ein 10-Min-Takt tagsüber vorgeschlagen und sinngemäß kam dabei raus "man kann ja zukünftig vielleicht mal darüber reden"

Na nichts tun, sich vollmundig vor Prestigeprojekten, z.B. 500 Meter Radweg an der Karl-Marx-Allee sich medienwirksam ablichten lassen und dann nur daran denken, wo die den nächsten Prosecco und die nächsten Schnittchen herbekommen.

Dann noch Weltmeister als Fluggäste und sich zum "Fußgängergipfel" sich mit 16 Luxus-Limousinen ankarren lassen (BZ berichtete, mit Fotos).

Verlogener geht es wohl nicht mehr, selbst Dreckschleuder sein, aber dem Volk Klimahysterie einreden, damit sie gewählt werden und lebenslang auf Steuerzahlerkosten ein schönes Luxusleben haben.

Gut ist polemisch, aber es ist doch was dran !

**** Viele Grüße **** bleibt gesund !



1 mal bearbeitet. Zuletzt am 19.09.2019 00:38 von Wollankstraße.
Zitat
Christian Linow
Hallo,

an sich sind die Ergebnisse des MiD 2017 (Mobilität in Deutschland) schon seit geraumer Zeit bekannt. Da jedoch ausgerechnet der VBB per Twitter die Zahlen zum Anlass nimmt, von einer gelungenen Verkehrswende zu sprechen, und die Senatsverwaltung für Umwelt, Verkehr und Klimaschutz durch Retweet ebenfalls damit wirbt, möchte ich das Ganze auch hier zur Diskussion stellen.

Auf Twitter ließ der VBB heute Morgen verlauten:


Das ist insofern bemerkenswert, als sich der ÖPNV gegenüber 2013 wider den Bundestrend um 2% verschlechtert hat. Im Gegensatz zu Hamburg, wo der Anteil des ÖPNV von 18% (MiD 2008) auf 22% (MiD 2017) kletterte und der des MIV von 42% auf nunmehr 36% sank, ergibt sich für Berlin ein umgekehrtes Bild. Betrug der Anteil des ÖPNV im Jahre 2013 noch 27% (SrV 2013), liegt er jetzt bei 25%, während der MIV von 30% im Jahre 2013 auf 33% zulegte.

Das als positives Indiz für eine Verkehrswende zu verkaufen, gleicht aus meiner Sicht einer Satire. Es sei denn, man setzt aufs Auto!

Ich denke, die Wahrheit liegt irgendwo dazwischen. Einerseits ist eine "Verkehrswende" in Berlin bis jetzt nicht zu erkennen, andererseits dürfte aber auch die Einschätzung, der Berliner ÖV hätte zuletzt Anteile verloren, falsch sein. @ Ingolf und auch der Globale Fisch haben weiter oben ja schon etwas dazu geschrieben.

Die Fahrgastzahlen im Berliner ÖV sind auch im Jahr 2018 weiter gestiegen (bei der BVG um etwa 3,6% auf 1.100,8 Mio., der gigantische von der S-Bahn gemeldete Zuwachs relativiert sich durch die Neuberechnung und die in diesem Zusammenhang deutlich reduzierten mittleren Reiseweiten, wodurch gemessen in Pkm nur ein kleiner Zuwachs übrigbleibt).

Der Bevölkerungszuwachs hat sich dagegen bereits verlangsamt (kein Wunder bei einem ausgereizten Wohnungsmarkt). Nach meiner Einschätzung hat der Berliner ÖV in den letzten Jahren nicht nur absolut, sondern auch relativ zugelegt.

Die voranschreitende Ausweitung der Parkraumbewirtschaftung wird den Anteil des ÖV insgesamt weiterhin stabilisieren, obwohl es sicher auch gegenteilige Effekte gibt (ein PKW, mit dem nicht mehr gependelt wird, steht woanders zur Verfügung und kann daher auch woanders genutzt werden).

Nachträgliche Anmerkung: Alle diese schönen Zahlen zum Modal Split sind letztlich nicht zu 100% "gemessen", sondern sie basieren auf irgendwelchen Schätzungen, Hochrechnungen und Befragungen. Daher sind alle diese Zahlen nicht "kassensturzfähig", dies ist immer zu beachten.



2 mal bearbeitet. Zuletzt am 19.09.2019 08:19 von Marienfelde.
Zitat
Marienfelde
Der Bevölkerungszuwachs hat sich dagegen bereits verlangsamt (kein Wunder bei einem ausgereizten Wohnungsmarkt).

Auf das Land Berlin bezogen. Und wenn man die Umlandgemeinden mit einbezieht? Auch jemand, der nach Bernau oder Teltow zieht, arbeitet ja unter Umständen in Berlin.
Zitat
Global Fisch


Mag ja alles sein, aber das hat eben nichts mit diesem Thread hier zu tun. Es geht nicht ums "schwere Erbe", sondern darum, dass der Senat 2017 frisch im Amt war und nicht die fraglichen Zahlen verantworten kann.

Das sehe ich nicht so. Am Ende korrelieren beide Themenkomplexe miteinander. Die Zahlen sollen in gewisser Hinsicht ein Beleg für eine verschleppte Verkehrspolitik sein, zumal ich ja ausgangs bilanzierte, eine durch den Tweet suggerierte Verkehrswende infrage zu stellen.

Und selbst wenn die Zahlen ob des in Rede stehenden Vergleichs zwischen SrV und MiD fraglich sein sollten, so ist es der Umgang mit ihnen durch den Vorstoß des VBB und den Retweet durch die Senatsverwaltung für Umwelt, Verkehr und Klimaschutz ingleichen. Wenn man nämlich wider besseres Wissen über die Divergenz beider Erhebungen, das man sowohl beim VBB als auch der Senatsverwaltung erwarten darf, mit dem MiD plakativ ausgerechnet die Studie bewirbt, die bis dato lokal keine Relevanz genoss, muss man mit einer Kontroverse rechnen. Denn dem gemeinen Rezipienten dürften die Unterschiede zwischen SrV und MiD wohl kaum geläufig sein. Er wundert sich vielmehr über die prozentualen Verschiebungen zwischen 2013 und 2017.
Zitat
def
Zitat
Marienfelde
Der Bevölkerungszuwachs hat sich dagegen bereits verlangsamt (kein Wunder bei einem ausgereizten Wohnungsmarkt).

Auf das Land Berlin bezogen. Und wenn man die Umlandgemeinden mit einbezieht? Auch jemand, der nach Bernau oder Teltow zieht, arbeitet ja unter Umständen in Berlin.

Passiert auch weiterhin Tag für Tag - und damit wächst der ÖPNV-Bedarf u. U. sogar um ein Vielfaches mehr, als wenn die vielen Jemands in Berlin geblieben wären... wie war das noch mal mit der Katze und dem Schwanz?
Zitat
Wollankstraße

Na nichts tun, sich vollmundig vor Prestigeprojekten, z.B. 500 Meter Radweg an der Karl-Marx-Allee sich medienwirksam ablichten lassen und dann nur daran denken, wo die den nächsten Prosecco und die nächsten Schnittchen herbekommen.

Die Bodenlosigkeit aller Unverschämtheiten ist in meinen Augen spätestens dann erreicht, wenn man die eigenen Fehler und Versäumnisse entschuldigt, indem man diejenigen schlechtmacht, die es objektiv besser können:

Zitat
Regine Günther im Gespräch mit dem Tagesspiegel vom 15.09.2019
Ich hatte gedacht, dass sich viele Elemente von dort einfach auf Berlin übertragen lassen. Aber in Wahrheit ist Kopenhagen auch eine autogerechte Stadt – in der es allerdings ein gutes Radwegenetz gibt. Der öffentliche Raum ist dennoch auch in Kopenhagen im Wesentlichen auf das Auto zugeschnitten. Probleme wie hoher Flächenverbrauch oder fehlende Versickerungsflächen für Starkregen sind dort bisher genauso ungelöst wie bei uns.
Mit dem Radwegebau wurde dagegen schon vor 40 Jahren begonnen, das sieht man natürlich. Hier hat Kopenhagen einen Vorsprung, wobei auch dort viele Kreuzungen und Baustellen oft problematisch sind. Die ideale, für schwächere Verkehrsteilnehmende hundertprozentig sichere Kreuzung gibt es dort auch nicht.


Ich sage ja nicht, dass in Kopenhagen beim Radverkehr alles grandios ist. Aber im Gegensatz zu Berlin gibt es wenigstens ein zusammenhängendes Radwegenetz und kein Stückwerk wie in Berlin. Was ich hier präsentiert bekomme, ist immer nur Geschwafel von „man könnte, man sollte, man müsste“ und am Ende heißt es dann wie von Bezirksbürgermeister Martin Hikel: „Das geht nicht über Nacht!“

Mal abgesehen davon, dass es mit São Paulo Städte auf der Welt gibt, wo man tatsächlich über Nacht 40.000 Parkplätze eliminiert und Radstreifen daraus gemacht hat, erwarte ich ja nicht mal, dass es über Nacht geht. Aber bei uns ist das ja nicht mal ansatzweise ne Geschichte von Tausendundeiner Nacht, hier reichen nicht mal ne Million Nächte.

Schon im vor über 15 Jahren angepriesenen Step Verkehr mobil2010 versprach man, die Straßenbahn bis 2015 zum Kulturforum zu verlängern. Heute redet man von weiteren 15 Jahren, ehe vielleicht irgendwann mal was fahren könnte.

Ach ja, in jenem Step Verkehr aus dem Jahre 2003 gibt es übrigens auch eine Tabelle zum Modal Split von 1998:

Zu Fuß: 25%

Rad: 10%

ÖPNV: 27%

MIV: 38%

Irre, da haben wir ja viel geschafft! Immerhin beim Auto 8% weniger von 1998 bis 2013, wenn man die Zahlen des Senats von 2013 nimmt. Schaue ich mir die oben verlinkte Datei an, fällt mir auf, dass es in Hamburg in ebenso 15 Jahren zwischen 2002 und 2017 sogar 11% weniger Autos sind.

An sich sind mir aber die Zahlen egal. Was ich sehen möchte, sind Tatsachen, die man mir hier seit Jahrzehnten verspricht. Was ich aber höre, ist dann eher so was - auch von Martin Hikel: „Das Mobilitätsgesetz weckt Erwartungen, die von den Verkehrsplanern gar nicht so schnell umge­setzt werden können. Wir können nicht alles gleichzeitig machen.“
Zitat
EBostrab
(...)
Ach ja, in jenem Step Verkehr aus dem Jahre 2003 gibt es übrigens auch eine Tabelle zum Modal Split von 1998:

Zu Fuß: 25%

Rad: 10%

ÖPNV: 27%

MIV: 38%

Irre, da haben wir ja viel geschafft! Immerhin beim Auto 8% weniger von 1998 bis 2013, wenn man die Zahlen des Senats von 2013 nimmt. Schaue ich mir die oben verlinkte Datei an, fällt mir auf, dass es in Hamburg in ebenso 15 Jahren zwischen 2002 und 2017 sogar 11% weniger Autos sind.

An sich sind mir aber die Zahlen egal. Was ich sehen möchte, sind Tatsachen, die man mir hier seit Jahrzehnten verspricht. Was ich aber höre, ist dann eher so was - auch von Martin Hikel: „Das Mobilitätsgesetz weckt Erwartungen, die von den Verkehrsplanern gar nicht so schnell umge­setzt werden können. Wir können nicht alles gleichzeitig machen.“

Ich würde die Reduzierung des MIV von 38 auf 30% nicht so geringschätzen. 8 von 38 sind immerhin eine relative Abnahme von 21% - die man auf der Straße natürlich nicht "sehen" kann, erst recht nicht bei einer absoluten Zunahme des Verkehrs und der PKW-Bestandszahlen.

Diese Reduktion wurde erreicht unter den Bedingungen einer insgesamt überzogenen Sparpolitik, in einem Zeitraum, in dem der zentrale "Bringer" gegen den MIV - der öffentliche Verkehr - sich vom Netz und Angebot auf diesem Netz her eher seitwärts entwickelte.

Der Aussage von Martin Hikel würde ich ausdrücklich zustimmen - besonders natürlich dann, wenn sich der Bezirk Neukölln im Rahmen des Planungsprozesses der einzigen dort gegenwärtig auf der Tagesordnung stehenden Straßenbahnstrecke (der Strecke zum Hermannplatz) konstruktiv einbringt, um ein Beispiel zu nennen.

Einen schönen Sonntag wünscht Euch
Marienfelde



1 mal bearbeitet. Zuletzt am 22.09.2019 11:38 von Marienfelde.
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