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Corona könnte längerfristig den ÖPNV schwächen
geschrieben von nicolaas 
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Stichbahn
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Ingolf
Und ja, es werden auch Menschen permanent vom ÖPNV auf das Fahrrad umsteigen. Dieser Verkehr bleibt zwar immerhin im Umweltverbund, aber trotzdem fehlen dann die Einnahmen für den ÖPNV, denn er gewinnt ja von den anderen Verkehrsmitteln auch keine neuen Nutzer.
Das wäre doch das beste, was passieren kann! Ingolf, denke doch bitte den Umweltverbund als Ganzes.
Ich bewerte alle drei Verkehrsträger des Umweltverbundes als gleichbedeutend: ÖPNV, Rad- und Fußverkehr. Jedes hat seine Stärken und Schwächen - die ich hier sicherlich nicht erläutern muss.

Um mit dem MIV erfolgreich konkurrieren zu können, muss jedes dieser Elemente gepflegt und entwickelt werden. Verlagerungen innerhalb des Umweltverbundes finden naturgemäß auch statt - doch sollten diese kein Ziel planerischer und verkehrspolitischer Bemühungen sein. Entscheidend sind und bleiben Verlagerungen vom MIV.

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Stichbahn
Argument "fehlende Einnahmen": Der ÖPNV ist doch ohnehin auch finanziell ein Zuschussgeschäft... Ein Einnahmeverlust hält sich also arg in Grenzen. (Dennoch hat er ja eine wichtige gesellschaftliche Funktion und deshalb lohnt sich das Zuschussgeschäft, ermöglicht ÖPNV doch Mobilität auf weiten Wegen und für Menschen, die nicht das Fahrrad nutzen können oder wollen.
Genau diesen Ansatz sehe ich problematisch. Der ÖPNV kann und muss gerade in einer so großen Stadt wie Berlin eine absolut tragende Rolle spielen und nicht nur Lückenbüßer für alle Armen und Alten sein. Und um da auch erfolgreich zu sein, benötigt es Nachfrage eben nicht nur von den genannten Gruppen, sondern von allen Teilen der Bevölkerung. Nur dann ist ein wirklich attraktives Angebot gerechtfertigt und finanzierbar. - dazu siehe auch weiter unten.

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Stichbahn
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def
Ich verstehe auch nach mehrmaligen Lesen Deines Beitrags nicht, wieso Verschiebungen innerhalb des Umweltverbundes "das beste" sind, "was passieren kann". Das beste, was passieren kann, sind Verschiebungen vom MIV zum Umweltverbund! [...] Oder glaubst Du ernsthaft, dass alle, die dem ÖPNV den Rücken kehren, dann zu Fuß gehen oder Rad fahren?
Natürlich sind "Verschiebungen vom MIV zum Umweltverbund" gut, da sind wir alle drei sicherlich vollkommen d'accord, doch darum geht es hier nicht.
Doch, genau darum geht es gerade in dieser Diskussion. Denn die jetzt zu beobachtenden Entwicklungen sorgen für ein massives Abwandern vom ÖPNV zum Fuß-, Radverkehr und MIV. Der ÖPNV verliert massiv in alle Richtungen und der Modal-Split-Anteil des MIV steigt.

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Stichbahn
Im ÖPNV werden immer "[Einnahme-]Gelder fehlen", er ist ein Zuschussgeschäft, aber das ist auch nicht weiter schlimm. Die Einnahmen sind nicht das zentrale Standbein des hiesigen ÖPNV, sondern Zuschüsse aus Steuergeld. Gesamtgesellschaftlich ist das durchaus sinnvoll. Ob das Angebot besser oder schlechter wird oder stagniert, ist vor allem eine politische Entscheidung (die i.d.R. von Faktoren wie Finanzkraft des Landes/Bundes abhängig gemacht wird).
Der sogenannte Kostendeckungsgrad des ÖPNV hier in der Region liegt irgendwo zwischen 50 und 60%, im gesamtdeutschen Schnitt bei 75%. Also weitaus das zentrale Standbein der Einnahmen. Es ist auch nicht anzunehmen, dass die öffentliche Hand bereit sein wird, wegbrechende Einnahmen aufgrund zurückgegangener Nachfrage jederzeit pauschal auszugleichen.

Leider zeigt die Erfahrung, dass dann fast überall ein Teufelskreis von Einnahmereduzierung - Angebotsreduzierung - Fahrgastrückgang und wieder von vorne in Gang gesetzt wurde. Und es ist auch nirgendwo der Fall eingetreten, dass die verlorenen Fahrgäste absolut überwiegend zu Radfahrern und Fußgängern wurden. Ganz im Gegenteil, das Gros ist über kurz oder lang auf das Auto umgestiegen.
Erst, wenn der Autoverkehr irgendwann absolut überhand genommen hat, war man bereit, diesen Ansatz zu durchbrechen - oft erst nach Jahrzehnten Abwärtentwicklung im ÖPNV.

Ingolf



1 mal bearbeitet. Zuletzt am 29.03.2020 03:24 von Ingolf.
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Logital
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der weiße bim
]

Einige Verkehrsmittel tragen ihre Betriebskosten über die Fahrgelderlöse durchaus selbst. Das gilt vor allem für die U-Bahn, aber auch für die gut ausgelasteten Metro-Straßenbahnlinien. Der konventionelle Bus wird von der U-Bahn quersubventioniert, die Verluste von Elektrobussen und Berlkönigen werden noch mit Fördermitteln abgefedert.
Infrastrukturkosten fallen nicht darunter, diese begleicht für alle Verkehrsmittel (auch Fuß, Fahrrad, MIV) nicht der Nutzer, sondern die Allgemeinheit.

Ach Mario, das ist ja so ein Evergreen von dir...

Deine U-Bahn wäre jedoch längst nicht so gut ausgelastet würden ihr nicht Busse und Straßenbahnen die Fahrgäste zur Station bringen. Das System muss man doch als Ganze sehen. Aber ich bin mir sicher, dass du das ja auch weißt.

Genau. Und der Senat pumpt allein nur aus Freude und Liebe zur BVG Milliarden an Sonderzuschüssen für die Tunnelsanierung und die Beschaffung neuer U-Bahn-Züge...
Ich befürchte, die ach so profitablen U-Bahnen haben in diesem Forum inzwischen auch den Status erreicht, wie die wiederkehrenden U4-Verlängerungsdiskussionen. ;-)

Ingolf
Zitat
Ingolf
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Logital
Zitat
der weiße bim
]

Einige Verkehrsmittel tragen ihre Betriebskosten über die Fahrgelderlöse durchaus selbst. Das gilt vor allem für die U-Bahn, aber auch für die gut ausgelasteten Metro-Straßenbahnlinien. Der konventionelle Bus wird von der U-Bahn quersubventioniert, die Verluste von Elektrobussen und Berlkönigen werden noch mit Fördermitteln abgefedert.
Infrastrukturkosten fallen nicht darunter, diese begleicht für alle Verkehrsmittel (auch Fuß, Fahrrad, MIV) nicht der Nutzer, sondern die Allgemeinheit.

Ach Mario, das ist ja so ein Evergreen von dir...

Deine U-Bahn wäre jedoch längst nicht so gut ausgelastet würden ihr nicht Busse und Straßenbahnen die Fahrgäste zur Station bringen. Das System muss man doch als Ganze sehen. Aber ich bin mir sicher, dass du das ja auch weißt.

Genau. Und der Senat pumpt allein nur aus Freude und Liebe zur BVG Milliarden an Sonderzuschüssen für die Tunnelsanierung und die Beschaffung neuer U-Bahn-Züge...
Ich befürchte, die ach so profitablen U-Bahnen haben in diesem Forum inzwischen auch den Status erreicht, wie die wiederkehrenden U4-Verlängerungsdiskussionen. ;-)

Ingolf

Vorab nochmals ein Zitat von Dr. Walter Schneider: "Der eigentliche Zweck der Tarif- und Interessengemeinschaft sollte es doch sein, die sich bei der Straßenbahn-Betriebs-GmbH und der Aboag ergebenden Gewinne auf die Hochbahngesellschaft zu übertragen, um mit diesen Geldmitteln das U-Bahnnetz weiter auszubauen.", führte Dr. Walter Schneider in "Der Städtische Berliner Öffentliche Nahverkehr", Bd. 8, S. 7 über die Gründung der BVG aus.

Die BVG wurde u.a. deswegen gegründet, um den Widerstand der "Oberflächenverkehrsunternehmen" gegen die anteilige "Querfinanzierung" des U-Bahnbaus durch ihre Gewinne zu beseitigen.

Dennoch sind gerade Leute wie wir, glaube ich, gut beraten, für eine getrennte Betrachtung der Infrastrukturkosten einzutreten. Ansonsten laufen wir der anderen Seite in die Falle: Die Straße wird ohnehin weiter gestellt, während die Schiene als (defizitärer) Luxus erscheint. Ein verantwortlicher Umgang beim Ausbau der Schiene mit öffentlichen Mitteln versteht sich aber von selbst.
Zitat
Ingolf
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Stichbahn
Argument "fehlende Einnahmen": Der ÖPNV ist doch ohnehin auch finanziell ein Zuschussgeschäft... Ein Einnahmeverlust hält sich also arg in Grenzen. (Dennoch hat er ja eine wichtige gesellschaftliche Funktion und deshalb lohnt sich das Zuschussgeschäft, ermöglicht ÖPNV doch Mobilität auf weiten Wegen und für Menschen, die nicht das Fahrrad nutzen können oder wollen.
Genau diesen Ansatz sehe ich problematisch. Der ÖPNV kann und muss gerade in einer so großen Stadt wie Berlin eine absolut tragende Rolle spielen und nicht nur Lückenbüßer für alle Armen und Alten sein. Und um da auch erfolgreich zu sein, benötigt es Nachfrage eben nicht nur von den genannten Gruppen, sondern von allen Teilen der Bevölkerung. Nur dann ist ein wirklich attraktives Angebot gerechtfertigt und finanzierbar. - dazu siehe auch weiter unten.

Und vor allem: nur dann sind sie politisch durchsetzbar - je größer der Bevölkerungsanteil (= Wählendenanteil), der den ÖPNV nutzt, desto höher der politische Wille, Geld für ihn auszugeben. Wenn er vor allem von Nichtwählern genutzt wird (sei es durch Armut [je ärmer, desto geringer die Wahlbeteiligung], Alter [Schüler], Migranten), ist er auch für die Politik weniger interessant.

Etwas Sorge macht mir vor diesem Hintergrund wirklich die komplette Unfähigkeit vieler Verkehrsunternehmen deutschlandweit, auch und gerade der BVG. Wenn sich die Frau Nelken in die Medien stellt und während einer weltweiten, durch Tröpfcheninfektion übertragbaren Pandemie keine größeren Sorgen hat als die Befürchtung, heiße Luft zu befördern*, ist das ein Problem. Nach der Krise müssen bei der BVG endlich Köpfe rollen. Es muss eruiert werden, welche Führungskräfte für das Bus-Chaos vor anderthalb Wochen verantwortlich sind. Es muss eruiert werden, welche - Pardon - Idioten auf die Idee kamen, erstmal pauschal alle U-Bahnlinien auf einen 10-min-Takt auszudünnen und erst dann zu schauen, wo er nicht ausreicht.

Und ja, auch Frau Nelken. Eine Pressesprecherin, die kein Gespür dafür hat, dass in der aktuellen Situation die geringe Auslastung von U-Bahnen sowas von egal ist, ist offensichtlich auch mit ihrem Job überfordert.

(Nein, es geht nicht darum, das volle Angebot so weiterzufahren, als sei nichts gewesen. Es geht darum, ERST zu wissen, wo man kürzen kann, und dann zu kürzen. Und das mit so viel Vorlauf, dass das ohne Chaos vonstatten geht. Und wenn es dann eben eine Woche länger bis zum Notfahrplan dauert.)

Eine schonungslose, d.h. externe und nicht von BVG-internen Akteuren durchgeführte Aufarbeitung der letzten Wochen ist nach der Krise dringend erforderlich, und entsprechende Schlussfolgerungen daraus. Das ist die Grundvoraussetzung dafür, das Vertrauen in der breiten Öffentlichkeit nicht völlig zu verspielen. Und selbst in Berlin gibt es ja mit der S-Bahn ein Beispiel dafür, dass es zwischen "wir tun so, als sei nichts" und "wir fahren den Betrieb erstmal ganz stark zurück und re(!)agieren dann vielleicht, wenn es zu Überfüllungen kommt" noch jede Menge Graustufen gibt, die man auch geordnet einführen kann.

Und jetzt können mich die BVG-Jubelperser wieder zerlegen.

Die Quintessenz ist: man kann sich nicht darauf verlassen, dass ÖPNV-Lobbying aus der Branche selbst kommt. Dazu gibt es in den Führungsebenen einfach schon zu viele Leute, denen völlig egal ist, ob sie gerade bei einem Verkehrsbetrieb, in einer Schokoladenfabrik oder bei einer Fluggesellschaft arbeiten. Wohl oder übel muss es daher aus der Zivilgesellschaft kommen.
_______
* [www.rbb24.de]



4 mal bearbeitet. Zuletzt am 29.03.2020 09:31 von def.
Zitat
def
(...)
je größer der Bevölkerungsanteil (= Wählendenanteil), der den ÖPNV nutzt, desto höher der politische Wille, Geld für ihn auszugeben. Wenn er vor allem von Nichtwählern genutzt wird (sei es durch Armut [je ärmer, desto geringer die Wahlbeteiligung], Alter [Schüler], Migranten), ist er auch für die Politik weniger interessant.

Etwas Sorge macht mir vor diesem Hintergrund wirklich die komplette Unfähigkeit vieler Verkehrsunternehmen deutschlandweit, auch und gerade der BVG. Wenn sich die Frau Nelken in die Medien stellt und während einer weltweiten, durch Tröpfcheninfektion übertragbaren Pandemie keine größeren Sorgen hat als die Befürchtung, heiße Luft zu befördern*, ist das ein Problem. Nach der Krise müssen bei der BVG endlich Köpfe rollen. Es muss eruiert werden, welche Führungskräfte für das Bus-Chaos vor anderthalb Wochen verantwortlich sind. Es muss eruiert werden, welche - Pardon - Idioten auf die Idee kamen, erstmal pauschal alle U-Bahnlinien auf einen 10-min-Takt auszudünnen und erst dann zu schauen, wo er nicht ausreicht.

Und ja, auch Frau Nelken. Eine Pressesprecherin, die kein Gespür dafür hat, dass in der aktuellen Situation die geringe Auslastung von U-Bahnen sowas von egal ist, ist offensichtlich auch mit ihrem Job überfordert.

(...)

Eine schonungslose, d.h. externe und nicht von BVG-internen Akteuren durchgeführte Aufarbeitung der letzten Wochen ist nach der Krise dringend erforderlich, und entsprechende Schlussfolgerungen daraus. Das ist die Grundvoraussetzung dafür, das Vertrauen in der breiten Öffentlichkeit nicht völlig zu verspielen. Und selbst in Berlin gibt es ja mit der S-Bahn ein Beispiel dafür, dass es zwischen "wir tun so, als sei nichts" und "wir fahren den Betrieb erstmal ganz stark zurück und re(!)agieren dann vielleicht, wenn es zu Überfüllungen kommt" noch jede Menge Graustufen gibt, die man auch geordnet einführen kann.

(...)

Die Quintessenz ist: man kann sich nicht darauf verlassen, dass ÖPNV-Lobbying aus der Branche selbst kommt. Dazu gibt es in den Führungsebenen einfach schon zu viele Leute, denen völlig egal ist, ob sie gerade bei einem Verkehrsbetrieb, in einer Schokoladenfabrik oder bei einer Fluggesellschaft arbeiten. Wohl oder übel muss es daher aus der Zivilgesellschaft kommen.
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* [www.rbb24.de]

Ja, das muß man wohl so sehen. Auch sollte die Auswahl der Führungsebenen überdacht werden, nicht nur bei der BVG. Mehr Aufstiegschancen für die "eigenen" Leute, weniger "externer Sachverstand" in der Führungsebene wäre meine Wunschvorstellung.
Zitat
def
...

Eine schonungslose, d.h. externe und nicht von BVG-internen Akteuren durchgeführte Aufarbeitung der letzten Wochen ist nach der Krise dringend erforderlich, und entsprechende Schlussfolgerungen daraus. Das ist die Grundvoraussetzung dafür, das Vertrauen in der breiten Öffentlichkeit nicht völlig zu verspielen. Und selbst in Berlin gibt es ja mit der S-Bahn ein Beispiel dafür, dass es zwischen "wir tun so, als sei nichts" und "wir fahren den Betrieb erstmal ganz stark zurück und re(!)agieren dann vielleicht, wenn es zu Überfüllungen kommt" noch jede Menge Graustufen gibt, die man auch geordnet einführen kann.

Und jetzt können mich die BVG-Jubelperser wieder zerlegen.

Die Quintessenz ist: man kann sich nicht darauf verlassen, dass ÖPNV-Lobbying aus der Branche selbst kommt. Dazu gibt es in den Führungsebenen einfach schon zu viele Leute, denen völlig egal ist, ob sie gerade bei einem Verkehrsbetrieb, in einer Schokoladenfabrik oder bei einer Fluggesellschaft arbeiten. Wohl oder übel muss es daher aus der Zivilgesellschaft kommen.
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l

Ich werd Dir sagen was passieren wird: Nichts !!
Genauso wie vor vier Jahren bei der großen Personalmangelgeschichte bei der BVG, da passierte: Nichts!!
Ein hier nicht mehr existenter User hat wegen (andauernden) Minderleistung vor Jahren bei der S-Bahn genauso geningelt..passiert ist : Nichts!!
Und es ist Bockwurst, wer im Senat dafür verantwortlich zeichnet, auch da passiert: Nichts!!

Deine Forderung wird von den Verantwortlichen egal wo sie agieren wie eine laue Flatulenz wahrgenommen, und dann geht es weiter wie immer..

T6JP
...weil man sagen wird "außergewöhnliche Situation".
Zitat
Ingolf
Und der Senat pumpt allein nur aus Freude und Liebe zur BVG Milliarden an Sonderzuschüssen für die Tunnelsanierung und die Beschaffung neuer U-Bahn-Züge ...

Nochmal, ich schrieb nur was über die Betriebskosten. Genau wie die Wiederkehr der U4-Verlängerungsphantasien konterst du stets mit Investionskosten.

Dass die städtische Infrastruktur und nun sogar Teile der staatseigene Schienenverkehrsinfrastruktur von den Ländern bezahlt wird, steht auf einem anderen Blatt. Genau wie bei der übrigen städtischen Infrastruktur sorgt der Senat für deren Erhalt und Erneuerung. Dazu überweist er der BVG verkehrsvertraglich vereinbarte Instandhaltungs- und Investitionsmittel für das U-Bahnnetz und seit 1992 auch für das Straßenbahnnetz, was seit Jahrzehnten gelebte, EU-konforme Praxis ist.
Die Infrastruktur der öffentlichen Straßenwege und Brücken erfordert ähnliche Aufwendungen zum Erhalt und zur Erneuerung, die Fußgängern, Fahrradfahrern, dem Individualverkehr, dem Omnibusverkehr, Wirtschaftsverkehr und anteilig auch dem Straßenbahnverkehr zugute kommen. Seit der Bahnreform laufen auch die Investitionen in die den Nahverkehr betreffenden Bundesschienenwege über den Senat.
Gut, dass viele Projekte, darunter auch Grundinstandsetzungen von Straßenbahnstrecken und U-Bahntunneln, mit Bundesmitteln (vor allem aus der Mineralölsteuer gedeckt) gefördert wurden und werden. Das wollen wir doch alle, dass sich auch die Autofahrer indirekt an der ÖPNV-Infrastruktur beteiligen.

Die Fahrzeuge der BVG müssen überwiegend von ihr selbst über die Fahrgelderlöse erwirtschaftet werden. Nur gelegentlich ergänzen Sonderprogramme deren Finanzierung, etwa die Elektrobusfinanzierung oder das Sondervermögen "Infrastruktur der Wachsenden
Stadt" (SIWA) - jetzt SIWANA (Sondervermögen Infrastruktur der Wachsenden Stadt und Nachhaltigkeitsfonds) genannt. Aus letzterem kamen zuletzt 50 Millionen Euro für zehn IK17-Einheiten, die elfte hat die BVG selbst bezahlt.
Übrigens sind im letzten Jahrzehnt weit größere Mittel in die Erneuerung des Straßenbahnwagenparks geflossen als in die U-Bahnflotte. Allein die Beschaffung der am Ende 231 Stück Flexity-Einheiten und deren spezieller Werkstattanlagenumbau wird am Ende rund 800 Millionen Euro kosten.

so long

Mario
Zitat
nicolaas
Die Gespräche mit Verkehrswissenschaftlern für einen Artikel zu einem anderen Thema – Sammeltaxidiensten und Personenbeförderungsgesetz – äußerten gleich zwei der Gesprächspartner diesen Gedanken:
Zitat
Ingo Kollosche
Die Coronakrise könnte den ÖPNV allerdings nachhaltig schädigen. »Ich vermute, dass die Leute die Distanzierung in den Habitus übernehmen werden«, sagt Ingo Kollosche vom Institut für Zukunftsstudien und Technologiebewertung. Die Mobilitätswelt werde sich verändern, denn die Attraktivität des Autos sei wieder da. Forscher Christoph Aberle, der an der TU Hamburg am Projekt "Mobile Inclusion" arbeitet, formuliert das so: »Die aktuelle Coronakrise ist dem Image des ÖPNV leider nicht zuträglich, schließlich nutzen jetzt viele das eigene Auto, um Infektionsrisiken zu reduzieren.«

Nach meiner Auffassung tendieren Menschen dazu, solche Ereignisse später zu verdrängen. Momentan ist das Corona-Virus noch unbestritten Thema Nummer 1, in den folgenden Jahren könnte es aber bereits weitgehend in Vergessenheit geraten sein. Die Menschen werden früher oder später auch wieder in Ausstellungen, ins Kino, in Konzerte oder zu Sportveranstaltungen gehen wollen. Spätestens dann fallen auch eventuelle Hemmschwellen gegenüber dem ÖPNV wieder.

Die Nutzung des eigenen Autos zur Vermeidung von Infektionen wiederum funktioniert nur, wenn es im wesentlichen von allein einer Person genutzt wird und eventuelle Mitfahrer fern bleiben. Ansonsten wäre die Mitfahrt im Auto - der Ansteckungslogik folgend - in besonderem Maße gefährlich. Allerdings könnten Bedrohungen durch Viren Auswirkungen auf die Diskussion taxiähnlicher Systeme des ÖPNV haben. Gerade in Kleinbussen wäre das Ansteckungsrisiko im Zweifel ja besonders hoch.

Der Fahrradverkehr ist ebenfalls nur bedingt eine Alternative. Schon wenn man seine Fahrt morgens im Dunkeln starten muss oder nasskaltes Wetter wie heute herrscht, dürften die meisten Menschen doch den ÖPNV oder das eigene Auto bevorzugen.

Nicht zuletzt: Wenn die Menschen tatsächlich corona-bedingt doch bereit sein sollten, ihr Verhalten zu ändern, müssten sie natürlich als erstes bei ihrem Fleischkonsum anfangen. Denn das Übermaß an Fleisch-Verzehr sorgt nachweislich für die Ausbreitung diverser viraler Erkrankungen.



1 mal bearbeitet. Zuletzt am 29.03.2020 21:48 von Bovist66.
Anonymer Benutzer
Re: Corona könnte längerfristig den ÖPNV schwächen
30.03.2020 21:25
Zitat
Global Fisch

Trotz prinzipiell gutem ÖPNV: wenn Umsteigen und ein kleines Reststück Fußweg dazu kommt, war rein ÖPNV genauso schnell wie das Rad (die Kombination ÖPNV+Rad etwas schneller).

Die Erfahrung habe ich mittlerweile tatsächlich auch gemacht. Man nimmt die Entfernungen als reiner ÖPNV-Nutzer anders (länger) wahr. Als ich das erste Mal mit dem Rad zu Freunden nach Hellersdorf oder ins Umland bin, dachte ich auch, es würde mich wesentlich mehr Zeit und Kraft kosten. Tatsächlich ging es dann aber fast genauso fix wie mit den Öffentlichen + Umsteigen, warten und Fußweg. Bei Direktverbindungen sieht es häufig, zumindest bei mir (durchschnittlich 18,5 km/h) anders aus.



2 mal bearbeitet. Zuletzt am 30.03.2020 21:30 von Railroader.
Ein gutes Argument gegen U-Bahnen und lange Fußwege dahin!

x--x--x--x

Für mehr gelbe Farbe im Netzplan: die Farben der U4 und U7 tauschen!
Anonymer Benutzer
Re: Corona könnte längerfristig den ÖPNV schwächen
30.03.2020 22:04
Zitat
B-V 3313
Ein gutes Argument gegen U-Bahnen und lange Fußwege dahin!

Nun, die Fußwege zum Bahnhof sind ja nur ein Kriterium in der "Reisekette". Auch eine Haltestelle des Busses oder der Straßenbahn befindet sich nicht per se vor der eigenen Haustür. Zudem hat ein Bahnhof mehrere Zugänge und auch die "Fußwegzeit" wird von ÖPNV-Nutzern mitunter anders gewertet als der Aufenthalt im Verkehrsmittel. Das hatten wir ja alles schon und werden uns dahingehend vermutlich nicht einig werden. Das ist aber auch nicht schlimm.

Ich kann dir aber auch berichten, dass ich auf meinen Radtouren nicht selten ebenso verwundert darüber bin, dass ich mit dem Rad über viele Kilometer ziemlich häufig gleichauf mit Bus oder Straßenbahn oder sogar schneller bin, selbst auf der Treskowallee. Und ich fahre nun weiß Gott nicht so schnell. Hat also alles seine Vor- und Nachteile.



1 mal bearbeitet. Zuletzt am 30.03.2020 22:19 von Railroader.
Zitat
Railroader
Nun, die Fußwege zum Bahnhof sind ja nur ein Kriterium in der "Reisekette".

Dann könnte man Berlin mit einem gitterförmigen Schnellbahnnetz mit Abständen von 1,5 km überziehen und alle Menschen würden es nutzen. Nicht? Na dann sind die Wege zum ÖPNV doch relativ entscheidend...

Zitat
Railroader
Auch eine Haltestelle des Busses oder der Straßenbahn befindet sich nicht per se vor der eigenen Haustür.

Das Netz ist allerdings wesentlich dichter.

Zitat
Railroader
Zudem hat ein Bahnhof mehrere Zugänge und auch die "Fußwegzeit" wird von ÖPNV-Nutzern mitunter anders gewertet als der Aufenthalt im Verkehrsmittel. Das hatten wir ja alles schon und werden uns dahingehend vermutlich nicht einig werden. Das ist aber auch nicht schlimm.

Am Eingang bin ich aber in den seltensten Fällen schon an der Schnellbahn.

Zitat
Railroader
Ich kann dir aber auch berichten, dass ich auf meinen Radtouren nicht selten ebenso verwundert darüber bin, dass ich mit dem Rad über viele Kilometer ziemlich häufig gleichauf mit Bus oder Straßenbahn oder sogar schneller bin, selbst auf der Treskowallee. Und ich fahre nun weiß Gott nicht so schnell. Hat also alles seine Vor- und Nachteile.

Sicherlich, wenn du mit der M4 zwischen Hohenschönhausen und Alex mithalten kannst, bist du mit dem Fahrrad sogar schneller als mit der S-Bahn... ;-)

x--x--x--x

Für mehr gelbe Farbe im Netzplan: die Farben der U4 und U7 tauschen!
Anonymer Benutzer
Re: Corona könnte längerfristig den ÖPNV schwächen
31.03.2020 22:27
Aus dem Corona-Einschränkungsthread übernommen:


Zitat
Lehrter Bahnhof
Ja. Der Eigentümer ist unterschiedlich, sonst gibt es da keine Unterschiede. Natürlich kann ein Unternehmen, das dem Staat gehört, eine Hausordnung aufstellen und durchsetzen. Vollkommen unerheblich, wer Eigentümer ist.

Wie willst du denn Menschen wegen fehlendem Mundschutz von der Beförderung ausschließen, wenn es ihnen nicht einmal möglich ist, einen Mundschutz zu erwerben und vor allem, wer soll das praktisch kontrollieren und durchsetzen? Das funktioniert ja nicht mal bei den Rauchern, obwohl sie in den Beförderungsbedingungen Erwähnung finden. Wozu also ein weiteres Verbot, das man eh nicht durchsetzen kann? Und wie sollen die Mitarbeiter systemrelevanter Berufe zur Arbeit kommen, die kein Auto, kein Fahrrad und eben keinen Mundschutz haben, weil es keinen Mundschutz zu erschwinglichen Preisen gibt?

Es ist wahrlich nicht die Aufgabe der BVG, Menschen ohne Mundschutz von der Beförderungspflicht auszuschließen, wenn selbst die Regierung keine Tragepflicht erlässt, geschweige denn für die Ausstattung der Bürger mit Masken sorgt. Hinzu kommt, dass diese Dinger gerade in entsprechenden Berufen benötigt werden und selbst Ärzte einen Mangel haben. Da wäre es doch fatal, jeden Menschen dazu zu zwingen, eine solche Maske zu tragen. Primär sollten erstmal Arztpraxen, Krankenhäuser und andere Risikogruppen ausreichend damit ausgestattet werden.



2 mal bearbeitet. Zuletzt am 31.03.2020 22:41 von Railroader.
Da hast du absolut Recht. Das hätte der BVG-Pressesprecher auch so sagen können. Mir geht es ausschließlich um die von ihm genannten Begründung, die Quatsch ist.

______________________

Nicht-dynamische Signatur
Anonymer Benutzer
Re: Corona könnte längerfristig den ÖPNV schwächen
31.03.2020 22:55
Zitat
Lehrter Bahnhof
Da hast du absolut Recht. Das hätte der BVG-Pressesprecher auch so sagen können. Mir geht es ausschließlich um die von ihm genannten Begründung, die Quatsch ist.

Ich empfinde die Begründung nicht als Quatsch, störe mich aber an dieser verhöhnenden Formulierung, bei der ich den Eindruck habe, dass manchen Agierenden die "Uns ist alles scheiß egal" "Weil wir dich lieben"-Kampagne etwas zu Kopf gestiegen ist. Das Ding war mal eine Zeit lang lustig, aber irgendwann reicht es eben auch wieder. In einer gesamtgesellschaftlichen ernsten Lage sollte ein großes Unternehmen auch seriös auftreten, da halte ich saloppe Sprüche für völlig deplatziert.



2 mal bearbeitet. Zuletzt am 31.03.2020 23:03 von Railroader.
Zitat
Railroader
Aus dem Corona-Einschränkungsthread übernommen:


Zitat
Lehrter Bahnhof
Ja. Der Eigentümer ist unterschiedlich, sonst gibt es da keine Unterschiede. Natürlich kann ein Unternehmen, das dem Staat gehört, eine Hausordnung aufstellen und durchsetzen. Vollkommen unerheblich, wer Eigentümer ist.

Wie willst du denn Menschen wegen fehlendem Mundschutz von der Beförderung ausschließen, wenn es ihnen nicht einmal möglich ist, einen Mundschutz zu erwerben und vor allem, wer soll das praktisch kontrollieren und durchsetzen? Das funktioniert ja nicht mal bei den Rauchern, obwohl sie in den Beförderungsbedingungen Erwähnung finden. Wozu also ein weiteres Verbot, das man eh nicht durchsetzen kann? Und wie sollen die Mitarbeiter systemrelevanter Berufe zur Arbeit kommen, die kein Auto, kein Fahrrad und eben keinen Mundschutz haben, weil es keinen Mundschutz zu erschwinglichen Preisen gibt?

Es ist wahrlich nicht die Aufgabe der BVG, Menschen ohne Mundschutz von der Beförderungspflicht auszuschließen, wenn selbst die Regierung keine Tragepflicht erlässt, geschweige denn für die Ausstattung der Bürger mit Masken sorgt. Hinzu kommt, dass diese Dinger gerade in entsprechenden Berufen benötigt werden und selbst Ärzte einen Mangel haben. Da wäre es doch fatal, jeden Menschen dazu zu zwingen, eine solche Maske zu tragen. Primär sollten erstmal Arztpraxen, Krankenhäuser und andere Risikogruppen ausreichend damit ausgestattet werden.

Selbst " Ramona Pop (Bündnis 90/Die Grünen)" sagte: Eine "Mundschutzpflicht" ist völlig unmöglich. Es gib ja nicht mal genügend dafür, die es brauchen (wie KH usw.). Wie soll dann das durchgesetzt werden, das alle Einwohner diesen Mundschutz tragen, wenn es keinen ausreichenden "Mundschutz zum Kaufen" gibt.

GLG.................Tramy1
Guten Morgen,

in der heutigen Ausgabe der Berliner Zeitung wird auf Seite 14 (und online schon gestern um 16.49 Uhr) folgendes zum Thema berichtet:

Zitat

Zahl der Fahrgäste bei der BVG sinkt auf ein Viertel

Das größte Berliner Landesunternehmen legt erste offizielle Zahlen zur Coronakrise vor. Fahrgäste beschweren sich, dass es manchmal immer noch zu voll ist

[...] Peter Neumann

Gruß, Thomas

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Thomas Krickstadt, Berlin, Germany, usenet@krickstadt.de
Habe ich was übersehen? Bis her geht keiner darauf ein, was die Medizin sagt. Es müssen die Takte verdichtet werden, damit der Füllgrad der Fahrzeuge verringert wird um größere Abstände zu ermöglichen. Denn der ÖPNV scheint weiterhin eine der größten Ansteckungsquelle zu sein. Was sagt ihr dazu? Geht das überhaupt? Finanzierbar müsste es sein, denn in der Carona-Krise scheint alles irgendwie finanzierbar. Dass der Verkehr zurückgeht, scheint nicht auszureichen, zumal man das sofort mit dem Reflex beantwortet, den Takt auszudünnen, oder die Frequenz.
Zitat
Heidekraut
Habe ich was übersehen? Bis her geht keiner darauf ein, was die Medizin sagt. Es müssen die Takte verdichtet werden, damit der Füllgrad der Fahrzeuge verringert wird um größere Abstände zu ermöglichen. Denn der ÖPNV scheint weiterhin eine der größten Ansteckungsquelle zu sein. Was sagt ihr dazu? Geht das überhaupt? Finanzierbar müsste es sein, denn in der Carona-Krise scheint alles irgendwie finanzierbar. Dass der Verkehr zurückgeht, scheint nicht auszureichen, zumal man das sofort mit dem Reflex beantwortet, den Takt auszudünnen, oder die Frequenz.

Ich habe es schon vor ein paar Seiten vorgeschlagen. :) Auf jeden Fall müsste der Indikator "Auslastung" verändert werden, sowohl von seiner Erhebung als auch von der Bedeutung her.
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