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BVG-Marketing-Chef zieht Bilanz
geschrieben von Lehrter Bahnhof 
Hallo,

im Tsp gab es ein ganz interessantes Interview mit dem bisherigen BVG-Marketing-Chef, der Verantwortung für 700 Mitarbeiter trug: [www.tagesspiegel.de]

Zitat
BVG-Marketing-Chef
Alle Vorstände hatten den Wunsch, dass wir ein cooles Unternehmen werden, und waren der Meinung, dass wir gar nichts zu verlieren haben.
45 Prozent unserer Kunden mögen uns nicht. Das ist nicht Hochglanz, aber es ist ehrlich. Und schon hatten wir unsere Optik: Wir sind shabby – und leben damit. Das war die Grundidee, die jetzt auch nicht völlig neu ist. Aber wir hatten einen Vorstand, der es von Anfang an geliebt und finanziert hat.

Die Kampagne war ein voller Erfolg. Der Net Promoter Score der BVG stieg von - 17 auf + 11. Die ganzen Schwarzseher liegen also falsch, das sind objektive Zahlen.

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Nicht-dynamische Signatur
Mir fehlen die Worte, aber wahrscheinlich bin ich zu alt um das zu begreifen...Net Promoter Score...
Zitat
Lehrter Bahnhof
Hallo,

im Tsp gab es ein ganz interessantes Interview mit dem bisherigen BVG-Marketing-Chef, der Verantwortung für 700 Mitarbeiter trug: [www.tagesspiegel.de]

Zitat
BVG-Marketing-Chef
Alle Vorstände hatten den Wunsch, dass wir ein cooles Unternehmen werden, und waren der Meinung, dass wir gar nichts zu verlieren haben.
45 Prozent unserer Kunden mögen uns nicht. Das ist nicht Hochglanz, aber es ist ehrlich. Und schon hatten wir unsere Optik: Wir sind shabby – und leben damit. Das war die Grundidee, die jetzt auch nicht völlig neu ist. Aber wir hatten einen Vorstand, der es von Anfang an geliebt und finanziert hat.

Die Kampagne war ein voller Erfolg. Der Net Promoter Score der BVG stieg von - 17 auf + 11. Die ganzen Schwarzseher liegen also falsch, das sind objektive Zahlen.

Oje, verstehendes Lesen musst Du nochmal üben:

Zitat

In diesem Abschiedsinterview ist offenbar auch für Beck die Zeit gekommen, den Net Promoter Score auf seine Arbeit zu legen. Offenbar nicht ganz ernst gemeint, sagt er: „Bevor wir angefangen haben, standen wir da etwa bei minus 17 – mittlerweile sind wir bei plus 11.“


Durchaus bemerkenswert, wie die ganzen Fußstapfen-Treter und Erfolgsleiter-Kletterer, die Frau Nikutta an Bord geschleppt hat, nun zusammen mit ihr weiterziehen. Bloß gut!
Zitat
Lehrter Bahnhof
Die Kampagne war ein voller Erfolg. Der Net Promoter Score der BVG stieg von - 17 auf + 11. Die ganzen Schwarzseher liegen also falsch, das sind objektive Zahlen.

Wahrscheinlich hältst Du auch Rankings für objektiv. Genau von diesem unkritischen Verständnis (Zahlen = objektiv) leben die nämlich, genauso wie irgendwelche Pseudo-Umfragen.

Wenn Du für den Anfang wenigstens den Wikipedia-Artikel gelesen hättest (bei aller Kritik, die man an Wikipedia als Quelle üben kann und sollte, aber wenigstens als grundlegende Recherche):

Zitat

Fred Reichheld hat die Korrelation zwischen NPS und Unternehmenswachstum für über 30 Branchen empirisch belegt und entsprechende Benchmark-Werte ermittelt. Eine umfangreiche Studie, in der die von Reichheld berichteten Ergebnisse repliziert werden sollten, fand allerdings keine bedeutsamen Zusammenhänge zwischen NPS und Unternehmenswachstum. Zudem wird dort berichtet, dass auch die Zusammenhänge zwischen NP-Score und tatsächlichem Kundenverhalten (finanzielles Volumen der getätigten Käufe) schwächer ausfallen als bei anderen Maßen der Kundenbindung. Daneben werden von weiteren Autoren verschiedene schwerwiegende methodische Mängel des NPS diskutiert. Erwähnt wird dabei unter anderem die willkürliche Einteilung der Skala in Detraktoren und Promotoren.

Ich würde als Kritik noch ergänzen, dass dieser Erfolgsindikator Marketing zum reinen Selbstzweck macht. Dabei ist Marketing immer noch Mittel zum Zweck, um andere Ziele zu erreichen: finanzielle, politische, eine gewisse Anzahl an Kunden etc. (Auch Image ist bloß Mittel zum Zweck und kein Selbstzweck.) Wer Marketing betreibt, ohne vorher die übergeordneten (messbaren) Ziele zu definieren und regelmäßig zu evaluieren (sowohl die Ziele als auch das Marketing), wirft Geld zum Fenster raus. Das kann ja ein privates Unternehmen gern tun, bei einem öffentlichen Unternehmen fehlt mir das Verständnis dafür.

Was könnten mögliche Ziele der BVG sein, an denen sie ihr Marketing ausrichtet? Ein Brainstorming, sicher nicht alle Punkte zu Ende gedacht:

- Modal-Split-Anteil von x % (das ist ein sinnvollerer Indikator als die bloße Fahrgastzahl, die ja auch stark von Einwohner- und Tourismuszahlen abhängig ist), davon y % des gewonnen Anteils von bisher mit dem Pkw zurückgelegten Wegen

- jede/r Berliner/in fährt x mal pro Jahr öffentlich

- Umsatz von x EUR (halte ich auch für wenig geeignet, nur der Vollständigkeit halber)

- politische Unterstützung für ÖPNV-Ausbau (z.B. könnte man messen, wieviel Prozent der Berliner/innen eine Erhöhung des BVG-Budgets für den Betrieb um 10 % befürworten, und sich dann einen Zielwert setzen, wie hoch dieser Wert nach x Jahren sein soll)
Ein gutes Brand-Image braucht man für all diese Ziele. Das ist das Fundament, auf dass man dann die anderen Marketingmaßnahmen baut.

Wie willst Du genau eine sinnvolle und vor allem auch im operativen Geschäft nutzbare Beziehung zwischen der Benutzunghäufigkeit des ÖPNV und den Brand-Building-Maßnahmen herstellen?
Klar. Aber als Mittel zum Zweck und nicht zum Selbstzweck.

Und was ist ein gutes Brand-Image? Die Frage ist doch, welche Auswirkungen es dann auf die übergeordneten Ziele hat. Das Image "Hihi, ihre U-Bahnen sind zwar vollgekotzt, aber die finden das lustig!" mag zwar aus Marketingsicht auch gut sein ("Witzig!"), aber hilft es dabei, eines der übergeordneten Ziele zu erreichen? Fährt irgendwer zusätzlich U-Bahn, weil er es cool findet, wenn die BVG vollgekotzte U-Bahn cool findet? Setzt sich irgendwer (der es bisher nicht getan hat) für den Ausbau des ÖPNV ein, weil er die Kampagne so cool findet?

Wenn ich einen Schauspieler dufte finde, heißt das nicht, dass ich von ihm eine Herzoperation an mir durchführen lassen möchte. Erst recht nicht, wenn er stets betont, dass bisher alle seine Patienten gestorben sind. Nur in der BVG-Marketingabteilung und beauftragten Propagandafirmen scheint man zu glauben, dass die Welt so funktioniert (oder es ist eh egal, Hauptsache man bekommt viel Geld und Zuspruch aus der Branche). Nur: Wieso ist dann eigentlich noch kein Autokonzern auf die Idee gekommen, nur noch mit gestressten Pendlern im Feierabendstau zu werben, die nicht mehr in diverse Zentren fahren dürfen, weil VW & Co. sie betrogen haben?

Also ja, ein gutes Image ist Voraussetzung, um andere Ziele zu erreichen. Aber nicht jedes gute Image. Auch hier muss definiert sein, was mit gutem Image gemeint ist - abgeleitet eben aus den übergeordneten Zielen.



2 mal bearbeitet. Zuletzt am 03.06.2020 19:07 von def.
"Weil wir dich lieben" ist wie Mario Barth.
Denkt, man ist lustig, nervt aber nur noch ;-)

Aber Hauptsache Aufmerksamkeit erzeugen.
Hm, schade, dass ihr dachtet, dass mein Beitrag ernst gemeint war. Bin etwas verwundert.

Was man dafür halten kann: Angeblich gab es bei der BVG mehr Bewerbungen. Das könnte tatsächlich ein positiver Aspekt sein, wenn es den stimmt.

Für mich ist das grundsätzlich aber ganz schlechtes Marketing, denn Marketing muss man ganzheitlich denken. Werbung, Produkt und Service müssen aufeinander abgestimmt sein. Das ist aber nicht der Fall. Während also diese eine Abteilung ja so super locker-flockig drauf ist, bekommt man von der Verwaltung keinerlei Lockerheit zu spüren.

Viele BVGer, die man so trifft, sind auch eher genervt und können sich damit überhaupt nicht identifizieren.

Die Ziele von def sind ein guter Ansatz.

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Nicht-dynamische Signatur
Zitat
Lehrter Bahnhof
Hm, schade, dass ihr dachtet, dass mein Beitrag ernst gemeint war. Bin etwas verwundert.

Da bei der schriftlichen Kommunikation im Internet Mimik, Gestik und Tonfall wegfallen, hilft es durchaus, Ironie und Sarkasmus anderweitig zu kennzeichnen. :)

Zitat
micha774
"Weil wir dich lieben" ist wie Mario Barth.
Denkt, man ist lustig, nervt aber nur noch ;-)

Ich bin mir unsicher, wen Du damit heftiger beleidigt hast. :)
Zitat
Lehrter Bahnhof
Für mich ist das grundsätzlich aber ganz schlechtes Marketing, denn Marketing muss man ganzheitlich denken. Werbung, Produkt und Service müssen aufeinander abgestimmt sein. Das ist aber nicht der Fall. Während also diese eine Abteilung ja so super locker-flockig drauf ist, bekommt man von der Verwaltung keinerlei Lockerheit zu spüren.

Viele BVGer, die man so trifft, sind auch eher genervt und können sich damit überhaupt nicht identifizieren.

Also ich finde, dass die Kampagne den Ton der BVGer schon sehr gut und authentisch trifft. Und wenn man an Produkt und Service nicht viel machen kann, dann ist es schlau, wenn man wenigstens auf der Kommunikationsschiene auftrumpft.

Zitat
def
Die Frage ist doch, welche Auswirkungen es dann auf die übergeordneten Ziele hat.
Wenn man das für das konkrete Unternehmen und die konkrete Kampagne wirklich der exakte Einfluss des Images ermitteln möchte, dann muss man sehr viel Geld in die Hand nehmen und hat am Ende auch nur ein Wischi-Waschi-Ergebnis. Hier muss man einfach darauf vertrauen, dass die wissenschaftlich belegten Mechaniken überall funktionieren - Und davon kann man ausgehen. Kein Unternehmen kann sich erlauben, alles bis ins kleinste Detail zu analysieren. Da muss man sich halt auf wenige Bereiche beschränken und Prioritäten setzen.
Etwas anderes sind da bspw. Online-Kampagnen, wo man dann tatsächlich von vorne bis hinten messen und analysieren kann. Da kannst Du dann problemlos bspw. eine Konversionsrate erhalten und sogar mehrere Kampagnen per A/B-Testing miteinander vergleichen, um so die Maßnahmen zu optimieren.

Zitat
def
Nur in der BVG-Marketingabteilung und beauftragten Propagandafirmen scheint man zu glauben, dass die Welt so funktioniert
Die BVG hat renommierte Agenturen angeheuert. Da waren keine Dilettanten am Werk.

Zitat
def
Nur: Wieso ist dann eigentlich noch kein Autokonzern auf die Idee gekommen, nur noch mit gestressten Pendlern im Feierabendstau zu werben, die nicht mehr in diverse Zentren fahren dürfen, weil VW & Co. sie betrogen haben?
Autos werden primär als Status- und Freiheitssymbole verkauft. Daher sieht man auch meist in der Werbung weite Landschaften und zügig fahrende Autos, die praktisch nie im Stau stehen.
Die Autokonzerne haben hier im Vergleich zur BVG einen entscheidenden Vorteil: Sie können an viel mehr Stellschrauben drehen, besonders im Produkt- und Servicebereich.

Zitat
def
Also ja, ein gutes Image ist Voraussetzung, um andere Ziele zu erreichen. Aber nicht jedes gute Image. Auch hier muss definiert sein, was mit gutem Image gemeint ist - abgeleitet eben aus den übergeordneten Zielen.
Ich denke mal, dass das genauso stattgefunden hat. Und ich denke mal, dass bei einer AöR schon recht klar ist, dass so ziemlich alles außer einem angestaubten Behördenimage eine deutliche Verbesserung ist.
Zudem waren ja auch schon die positiven Effekte bei der BSR bekannt, die ja ebenfalls mit witzigen Sprüchen im Stadtraum sichtbar ist.



1 mal bearbeitet. Zuletzt am 04.06.2020 14:49 von Beförderungsfall Nr. 8821.
Zitat
Beförderungsfall Nr. 8821
Also ich finde, dass die Kampagne den Ton der BVGer schon sehr gut und authentisch trifft. Und wenn man an Produkt und Service nicht viel machen kann,[…]

Warum kann die BVG Deiner Meinung nach "an Produkt und Service" nicht viel machen?

Zitat
Beförderungsfall Nr. 8821
[…] dann ist es schlau, wenn man wenigstens auf der Kommunikationsschiene auftrumpft.

Nein, das ist dann nicht schlau, sondern eine Bankrotterklärung!
Zitat
Beförderungsfall Nr. 8821
Also ich finde, dass die Kampagne den Ton der BVGer schon sehr gut und authentisch trifft. Und wenn man an Produkt und Service nicht viel machen kann, dann ist es schlau, wenn man wenigstens auf der Kommunikationsschiene auftrumpft.

Warum gibt es eigentlich keine anderen Beispiele für diese geniale Form von Marketing?

Ich sehe es schon vor mir - die neue Facebook-Kampagne: "Wir lösen zwar 'ethnische Säuberungen' und Fluchtbewegungen von hunderttausenden Menschen aus, sch**ßen auf Deinen Datenschutz und unterstützen die Radikalisierung Rechtsradikaler, aber hey, sonst wird Nachrichtenredaktionen noch langweilig! Like!" ("ethnische Säuberungen" habe ich in Anführungszeichen gesetzt, weil ich den Begriff als menschenverachtend empfinde - Facebook würde wahrscheinlich sogar darauf verzichten)

Oder VW: "Möglichst giftige Abgase gehören doch zu einer Großstadt dazu! Wir von VW tun alles, damit ihr das gleiche Großstadt-Feeling habt wie eure Oma in den 50er Jahren!" (Und daran anknüpfend AfD & Werteunion: "... und wir sorgen dafür, dass die Frauen unter Euch auch die gleichen Rechte haben wie eure [westdeutsche] Oma in den 50er Jahren!")

KIK: "Die Kollektion im original Collapsed Factory Style by Verona Pooth!" (Okay, ich gebe zu: die waren mit ihrer "Qualität-kommt-von-quälen"-Kampagne schon nah an der BVG dran.)

Zitat
Beförderungsfall Nr. 8821
Wenn man das für das konkrete Unternehmen und die konkrete Kampagne wirklich der exakte Einfluss des Images ermitteln möchte, dann muss man sehr viel Geld in die Hand nehmen und hat am Ende auch nur ein Wischi-Waschi-Ergebnis.

Ähm... und was hat die BVG? Gar kein Ergebnis. Außerdem ging es darum, die Ziele vorzugeben und aus den Zielen die Kampagne abzuleiten.

Zitat
Beförderungsfall Nr. 8821
Hier muss man einfach darauf vertrauen, dass die wissenschaftlich belegten Mechaniken überall funktionieren - Und davon kann man ausgehen. Kein Unternehmen kann sich erlauben, alles bis ins kleinste Detail zu analysieren. Da muss man sich halt auf wenige Bereiche beschränken und Prioritäten setzen.

Meinst Du mit "wissenschaftlich belegten Mechaniken" so einen Mumpitz wie den Net Promoter Score?

Zitat
Beförderungsfall Nr. 8821
Etwas anderes sind da bspw. Online-Kampagnen, wo man dann tatsächlich von vorne bis hinten messen und analysieren kann. Da kannst Du dann problemlos bspw. eine Konversionsrate erhalten und sogar mehrere Kampagnen per A/B-Testing miteinander vergleichen, um so die Maßnahmen zu optimieren.

Wie will man denn seriös und mit wenig Aufwand ermitteln, wer ein Jahreskartenabo abschließt, weil er die Glorifizerung vollgekotzter U-Bahnen so toll findet, und wer, weil er neu in der Stadt ist, umgezogen ist und nun nicht mehr zu Fuß zur Arbeit kommt etc.?

Seriöse Zahlen erscheinen mir hier auch nicht so problemlos zu erheben zu sein.

Zitat

Die BVG hat renommierte Agenturen angeheuert. Da waren keine Dilettanten am Werk.

Da sehe ich zwei Pole:

- Man sollte nicht die Frösche fragen, ob man den Sumpf austrocknen darf: sie sind ja deshalb renommiert, weil sie nach den Maßstäben des Marketings erfolgreiche Kampagnen gefahren haben. Aber diese Maßstäbe halte ich halt für nichtssagend, da sie Marketing zum Selbstzweck erklären.

- Auch renommierten Agenturen kann man Ziele vorgeben, die erreicht werden sollen (siehe oben).

Zitat
Beförderungsfall Nr. 8821
Die Autokonzerne haben hier im Vergleich zur BVG einen entscheidenden Vorteil: Sie können an viel mehr Stellschrauben drehen, besonders im Produkt- und Servicebereich.

Es ist der BVG völlig unmöglich, Spielregeln durchzusetzen und Verschmutzungen zeitnah zu beseitigen?

Zitat
Beförderungsfall Nr. 8821
Ich denke mal, dass das genauso stattgefunden hat. Und ich denke mal, dass bei einer AöR schon recht klar ist, dass so ziemlich alles außer einem angestaubten Behördenimage eine deutliche Verbesserung ist.

Wenn man das Argument zu Ende denkt, hat Al Quaida also ein wesentlich besseres Image als die Stadtverwaltung von... ähm... Coburg, sagen wir Coburg.

Aber was hilft das bessere Image? Es ist eben nur ein Werkzeug, um andere Ziele zu erreichen. Welche anderen Ziele wurden damit erreicht?
Zitat
Lehrter Bahnhof
Was man dafür halten kann: Angeblich gab es bei der BVG mehr Bewerbungen. Das könnte tatsächlich ein positiver Aspekt sein, wenn es den stimmt.

Ja, das wäre wenigstens ein positiver Aspekt. Aber für die Betriebsstabilität viel relevanter ist doch die Frage: wie viele schließen z.B. die Ausbildung zur Straßenbahnfahrerin* ab? Wie viele sind ein Jahr nach dem Abschluss der Ausbildung noch bei der BVG tätig?

Wenn es mehr Bewerbungen gibt, aber auch mehr Abbrecherinnen*, hilft das ja dem Fahrbetrieb auch nichts - im Gegenteil, Personalabteilung und vor allem die Ausbildungsfahrerinnen* wurden ja trotzdem beansprucht, Ressourcen gebunden, ohne dass sich an der Personalsituation etwas Wesentliches ändert.

Und genau so etwas meine ich mit: Marketing allein hilft nichts. Es ist Mittel zum Zweck, kein Selbstzweck. Schlimmstenfalls spricht eine Kampagne schlicht die falschen an: nämlich die, die sich bewerben, weil sie die Kampagne so toll ist, aber eigentlich keinen Bock auf einen Knochenjob im Schichtdienst haben.
____
* Männer sind mitgemeint. Nicht, dass ich wieder Ärger bekomme, wenn ich gendere. :)



2 mal bearbeitet. Zuletzt am 04.06.2020 19:27 von def.
Was lernen wir daraus?

Das Produkt kann noch so mies sein, es ist nicht wichtig, sondern es zählt allein das Image.

Fragt den Wendler...
Zitat
andre_de
Warum kann die BVG Deiner Meinung nach "an Produkt und Service" nicht viel machen?
Kann die BVG selber U-Bahn- und Straßenbahnlinien bauen? Kann die BVG auf einfache Weise an der Einnahmenschraube durch Preispolitik drehen?

Zitat
andre_de
Nein, das ist dann nicht schlau, sondern eine Bankrotterklärung!
Man muss leider oftmals den Tatsachen ins Auge stoßen und aus der Situation das Beste machen. In der freien Wirtschaft läuft das aber auch oft nicht anders.


Zitat
def
Warum gibt es eigentlich keine anderen Beispiele für diese geniale Form von Marketing?
Die gibt es zuhauf. Was meinst Du, warum Discounter ihre Flyer so gestalten? Für das gleiche Geld würde eine Agentur auch etwas à la Porsche oder Apple liefern können. Passt aber nicht zur Marke.
Auch Geiz-ist-Geil von Mediamarkt fällt in diese Kategorie.


Zitat
def
Meinst Du mit "wissenschaftlich belegten Mechaniken" so einen Mumpitz wie den Net Promoter Score?
Nein, ich meine damit, dass der BVG nicht nachgewiesen werden muss, dass Wasser auch wirklich nass ist.

Zitat
def
Wie will man denn seriös und mit wenig Aufwand ermitteln, wer ein Jahreskartenabo abschließt, weil er die Glorifizerung vollgekotzter U-Bahnen so toll findet, und wer, weil er neu in der Stadt ist, umgezogen ist und nun nicht mehr zu Fuß zur Arbeit kommt etc.?
Davon sprach ich nicht. Ich sprach davon, dass man bspw. zwei oder mehr Anzeigen parallel laufen lässt, damit man herausfindet, welche Messages und Visuals am besten funktionieren.


Zitat
def
- Man sollte nicht die Frösche fragen, ob man den Sumpf austrocknen darf: sie sind ja deshalb renommiert, weil sie nach den Maßstäben des Marketings erfolgreiche Kampagnen gefahren haben. Aber diese Maßstäbe halte ich halt für nichtssagend, da sie Marketing zum Selbstzweck erklären.
Die Frösche haben aber mehrere Kunden und jeder Marketingleiter beim Kunden spart gerne Geld ein.

Zitat
def
- Auch renommierten Agenturen kann man Ziele vorgeben, die erreicht werden sollen (siehe oben).
Ja, den sagt man: Macht mal eine gute Kampagne. Die Leute in den Image-/PR-/Branding-/Social-Media-Agenturen sind Kreative und Kommunikatoren, die zucken mit den Schultern, wenn man denen sagt: Wir wollen 100.000 Abos mehr verkaufen.

Zitat
def
Es ist der BVG völlig unmöglich, Spielregeln durchzusetzen und Verschmutzungen zeitnah zu beseitigen?
Anscheinend ja nicht.

Zitat
def
Wenn man das Argument zu Ende denkt, hat Al Quaida also ein wesentlich besseres Image als die Stadtverwaltung von... ähm... Coburg, sagen wir Coburg.
Netter Versuch, aber nein.

Zitat
def
Aber was hilft das bessere Image? Es ist eben nur ein Werkzeug, um andere Ziele zu erreichen.
Richtig. Und das Werkzeug braucht man. Genauso wie ohne Strom die U-Bahn nicht fährt.



1 mal bearbeitet. Zuletzt am 08.06.2020 14:27 von Beförderungsfall Nr. 8821.
Zitat
Beförderungsfall Nr. 8821
Zitat
andre_de
Warum kann die BVG Deiner Meinung nach "an Produkt und Service" nicht viel machen?
Kann die BVG selber U-Bahn- und Straßenbahnlinien bauen? Kann die BVG auf einfache Weise an der Einnahmenschraube durch Preispolitik drehen?

Sie kann zunächst mal anfangen, für saubere Fahrzeuge und Bahnhöfe zu sorgen, nicht mehr verfrüht abzufahren, ihre U-Bahn-Mitarbeiter zu schulen, dass Zeiten im Fahrplan nicht nur eine Empfehlung sind. Sie kann anfangen, ernstgemeintes Feedback nicht nur mit Textbausteinen abzubügeln. Und sie kann aufhören, ihre leidgeplagten Kunden mit dummen Werbesprüchen zu verarschen.

Ich bin mir aber recht sicher, dass Du das alles auch selber wusstest, und Dein Verweis auf Liniengestaltung und Einnahmen nur als Ablenkung dienen sollten. Hat aber nicht geklappt.
Zitat
Beförderungsfall Nr. 8821
Zitat
def
Warum gibt es eigentlich keine anderen Beispiele für diese geniale Form von Marketing?
Die gibt es zuhauf. Was meinst Du, warum Discounter ihre Flyer so gestalten? Für das gleiche Geld würde eine Agentur auch etwas à la Porsche oder Apple liefern können. Passt aber nicht zur Marke.
Auch Geiz-ist-Geil von Mediamarkt fällt in diese Kategorie.

Nein, tut es nicht. Da ist der Markenkern "Wir konzentrieren uns aufs Wesentliche, und Sie als Kundinnen und Kunden haben etwas davon (nämlich niedrigere Preise)". Bei der BVG ist der Markenkern "Wir sind sch**ße, wissen das auch und haben überhaupt kein Interesse daran, besser zu werden. Die einzigen, die noch dümmer sind als wir, sind unsere Kundinnen und Kunden, weil die müssen den ganzen Mist und unsere Sessel zum Pupsen bezahlen und finden das zum Teil auch noch lustig, wenn wir ihnen erklären, dass sie komplette Vollidioten sind."

Zitat
Beförderungsfall Nr. 8821
Zitat
def
Meinst Du mit "wissenschaftlich belegten Mechaniken" so einen Mumpitz wie den Net Promoter Score?
Nein, ich meine damit, dass der BVG nicht nachgewiesen werden muss, dass Wasser auch wirklich nass ist.

Ja, bleib schön im Unkonkreten. Wenn ich diesem unkonkreten Murks widerspreche, kann ich nur verlieren, weil Du DAS natürlich nicht gemeint hast. Und genau davon lebt Marketing: bloß keine klaren Aussagen treffen. Immer schön im Geschwafel bleiben.

Zitat
Beförderungsfall Nr. 8821
Zitat
def
- Man sollte nicht die Frösche fragen, ob man den Sumpf austrocknen darf: sie sind ja deshalb renommiert, weil sie nach den Maßstäben des Marketings erfolgreiche Kampagnen gefahren haben. Aber diese Maßstäbe halte ich halt für nichtssagend, da sie Marketing zum Selbstzweck erklären.
Die Frösche haben aber mehrere Kunden und jeder Marketingleiter beim Kunden spart gerne Geld ein.

Die Kunden der Frösche sind ihrerseits aber auch Frösche - nämlich Leute, die am Marketing genauso etwas verdienen wie die Agenturen. Und deshalb lassen die sich natürlich auch von den pseudowissenschaftlichen Erfolgsindikatoren einlullen wie die, die sie beauftragen.

Zitat
Beförderungsfall Nr. 8821
Zitat
def
- Auch renommierten Agenturen kann man Ziele vorgeben, die erreicht werden sollen (siehe oben).
Ja, den sagt man: Macht mal eine gute Kampagne. Die Leute in den Image-/PR-/Branding-/Social-Media-Agenturen sind Kreative und Kommunikatoren, die zucken mit den Schultern, wenn man denen sagt: Wir wollen 100.000 Abos mehr verkaufen.

Tja, genau das meinte ich mit: Marketing ist Selbstzweck. Und vielen Dank für die Bestätigung, dass die Branche das auch so sieht.

Zitat
Beförderungsfall Nr. 8821
Zitat
def
Aber was hilft das bessere Image? Es ist eben nur ein Werkzeug, um andere Ziele zu erreichen.
Richtig. Und das Werkzeug braucht man. Genauso wie ohne Strom die U-Bahn nicht fährt.

Unbestritten: wenn Du einen Nagel in die Wand hauen willst, brauchst Du einen Hammer. Wenn Du nur einen Hammer hast und nicht genau weißt, was Du damit erreichen möchtest, nützt Dir der Hammer auch nichts. Und wenn Du es weißt, der Hammer aber kaputt ist, auch nicht. Die BVG und ihre Dreckskampagne schwanken zwischen den letzten beiden Polen...
Herrlich, alle reden über die Kampagne. Alles richtig gemacht!

x--x--x--x

Für mehr gelbe Farbe im Netzplan: die Farben der U4 und U7 tauschen!
Zitat
B-V 3313
Herrlich, alle reden über die Kampagne. Alles richtig gemacht!

Ja, es ist echt gut für den Umsatz und Fahrgastzahlen der Berliner Verkehrsbetriebe, wenn in New York, Tokio und Rio de Janeiro über die BVG-Kampagne gesprochen wird.

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Nicht-dynamische Signatur



2 mal bearbeitet. Zuletzt am 08.06.2020 16:47 von Lehrter Bahnhof.
Zitat
B-V 3313
Herrlich, alle reden über die Kampagne. Alles richtig gemacht!

Genau das meine ich mit falschen Erfolgsindikatoren, die man ans Marketing anlegt. Nach diesem Maßstab wäre das ICE-Unglück von Eschede ein kongenialer Marketingcoup, wurde doch weltweit darüber berichtet.
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