Re: U-Bahnhof Rotes Rathaus 12.12.2020 13:46 |
Zitat
der weiße bim
Zitat
Logital
Wollen wir nun jedes Risko dieses -früher mal ganz unkomplizierten auf Sicht fahrenden- Verkehrsmittels minimieren, machen wir es teuer behäbig, störungsanfällig und unwirtschaftlich. Zugleich kann es die Vorteile von Schnellbahnen ja nicht erhalten.
Früher war das unkomplizierte Verkehrsmittel mal sehr langsam - noch 1995 kam die Berliner Straßenbahn im Schnitt kaum über 16 km/h Reisegeschwindigkeit. Bei diesem Wert liegen die vielgelobten Wiener Linien übrigens noch heute. Möglichst viele Haltestellen verkürzen die Zuwege zum Verkehrsmittel und damit die Gesamtreisezeit entsprechend. Allerdings gab es zur BVB-Zeit nur eine einzige straßenbahnabhängige Vorrangschaltung am S-Bf Marzahn), was zu langen Wartezeiten vor einer zunehmenden Anzahl von Ampeln führte, falls die Verkehrspolizei nicht manuell regelte.
Durch Investitionen eines zweistelligen Millionenbetrags aus BVG-Eigenmitteln bis kurz nach der Jahrhundertwende in (damals) modernste Lichtsignalanlagentechnik konnte die Reisegeschwindigkeit auf fast 20 km/h (also um knapp 25%) erhöht werden. Durch die um das gleiche Maß reduzierte Anzahl von Umläufen wurde die Investition durch Personal- und Fahrzeugeinsparung (plus Energie, Wartung u.s.w.) mehr als ausgeglichen. Für die Fahrpersonale erhöhte sich der Stress, aber auch der Personalwirkungsgrad.
Nun möchte der Senat die Straßenbahn als Ersatz-Schnellbahn noch weiter beschleunigen und den Betrieb mit immer mehr, längeren, schwereren und teureren Gelenkwagen verdichten. Das wird auf Dauer richtig teuer und steht im Konflikt mit der intensiveren Nutzung der Straßenräume durch Fußvolk, Radfahrer und den Lieferverkehr. Aber hier sind wir vom Roten Rathaus schon wieder zur Verkehrspolitik seiner Insassen abgedriftet ...
Re: U-Bahnhof Rotes Rathaus 12.12.2020 16:37 |
Re: U-Bahnhof Rotes Rathaus 12.12.2020 16:55 |
Re: U-Bahnhof Rotes Rathaus 12.12.2020 18:00 |
Wo steht eigentlich geschrieben, daß man U-Bahnen und Straßenbahnen oder andere Verkehrsmittel nicht parallel betreiben "darf"? Diese Ansicht wurde hier irgendwo schon öfter vertreten. U-Bahnen haben im Stadtverkehrssystem als Schnellbahnen die Aufgabe lokale Zentren einer Stadt miteinander zu verbinden. Straßenbahnen, O-Busse, Busse sind eher in der Flächenerschließung anzuwenden. Hier ist bei der Wahl des Verkehrsmittels der zu erwartende Bedarf entscheidend.Zitat
Bumsi
Wie wäre es wenn man erstmal fleißig die Straßenbahn ausbaut und drunter gemütlich eine U-Bahn baut, schadet sicherlich nicht, wenn langfristig beides parallel verkehrt.
Re: U-Bahnhof Rotes Rathaus 12.12.2020 22:43 |
Zitat
O-37
Dank also an unsere Vorfahren, die das an vielen Stellen konnten und so profitierte auch der Bau des U-Bf. Rotes Rathaus von dieser 90 Jahre alten Voraussicht.
Re: U-Bahnhof Rotes Rathaus 12.12.2020 23:36 |
Zitat
B-V 3313
Glückwunsch. Du bist gedanklich in den 50er Jahren hängen geblieben.
Aber das entscheiden ja andere.
Re: U-Bahnhof Rotes Rathaus 12.12.2020 23:37 |
Zitat
Jay
Zitat
Henning
Die Verkehrspolitik vom Senat die Straßenbahn noch weiter zu beschleunigen halte ich für völlig falsch. Stattdessen sollte man mehr neue U-Bahnstrecken bauen.
Der Senat will die Straßenbahn nicht "noch weiter beschleunigen", sondern die eingetretenen Verluste ausgleichen. Die erzielte Beschleunigung ist nämlich an vielen Stellen verloren gegangen, weil die Ampelschaltungen wieder verschlechtert wurden.
Re: U-Bahnhof Rotes Rathaus 12.12.2020 23:39 |
Zitat
Nemo
Zitat
Henning
Die Verkehrspolitik vom Senat die Straßenbahn noch weiter zu beschleunigen halte ich für völlig falsch. Stattdessen sollte man mehr neue U-Bahnstrecken bauen.
Da ist doch nun wirklich kein Widerspruch. Auch wenn irgendwo in der Stadt eine U-Bahn gebaut wird, gibt es doch keinen Grund deswegen an anderer Stelle auf die Beschleunigung der Straßenbahn zu verzichten, einfach weil da der räuliche Zusammenhang fehlt.
Oder meinst Du dass die Straßenbahn langsam gemacht werden muss, wie es in Berlin geschieht, damit der Fahrgast die U-Bahn überhaupt als Verbesserung empfindet?
Re: U-Bahnhof Rotes Rathaus 12.12.2020 23:46 |
Zitat
Harald Tschirner
Intelligenter U-Bahnbau? Wie langwierig und aufwendig sowas ist hat doch das kurze Stück U5 gezeigt, das eben in Betrieb ging. Wie lange dauert im schwierigen Berliner Untergrund der wünschenswerte Ausbau des Netzes, bis es eine echte Alternative zum Einsatz von schaukelnden und stinkenden Bussen auf stark genutzten Trassen ist?
Re: U-Bahnhof Rotes Rathaus 12.12.2020 23:57 |
Zitat
Henning
Das liegt wahrscheinlich daran, dass die Verkehrspolitik hierzulande anders ist.
Re: U-Bahnhof Rotes Rathaus 13.12.2020 00:05 |
Re: U-Bahnhof Rotes Rathaus 13.12.2020 06:03 |
Zitat
GraphXBerlin
Wieso wird eigentlich die Straßenbahn immer so beworben.
Zitat
GraphXBerlin
Ja, die Kosten sind geringer. Aber eine Straßenbahn von Zoo nach Rudow war und wäre nie schneller als die U-Bahn.
Zitat
GraphXBerlin
Und wiederum ist die Feinerschließung und Flexibilität mit dem Bus besser als mit der Straßenbahn. Ich mein, ich sehe die Verkehrsmittel in der typischen Rangliste. U-Bahn, Straßenbahn und Bus. Dies muß man logisch den örtlichen Gegebenheiten anpassen.
Zitat
GraphXBerlin
Aber ich würde niemals behaupten, dass nur aufgrund der Kosten eine Straßenbahn vor Ort besser ist als eine U-Bahn oder der Bus.
Re: U-Bahnhof Rotes Rathaus 13.12.2020 07:15 |
Zitat
GraphXBerlin
Wieso wird eigentlich die Straßenbahn immer so beworben. Ja, die Kosten sind geringer. Aber eine Straßenbahn von Zoo nach Rudow war und wäre nie schneller als die U-Bahn. Und wiederum ist die Feinerschließung und Flexibilität mit dem Bus besser als mit der Straßenbahn. Ich mein, ich sehe die Verkehrsmittel in der typischen Rangliste. U-Bahn, Straßenbahn und Bus. Dies muß man logisch den örtlichen Gegebenheiten anpassen. Aber ich würde niemals behaupten, dass nur aufgrund der Kosten eine Straßenbahn vor Ort besser ist als eine U-Bahn oder der Bus. Es geht auch um die Reisegeschwindigkeit und den Abstand der Haltestellen (der bei der Straßenbahn teils höher ist als beim Bus)
Re: U-Bahnhof Rotes Rathaus 14.12.2020 14:01 |
Re: U-Bahnhof Rotes Rathaus 14.12.2020 17:41 |
Zitat
Slighter
Und noch eine Frage zur Verkleidung. Die ist ja aus Terrazzoähnlichen Betonwerksteinen hergestellt. Wie ist das denn mit den Boden? Ist das eigentlich echter Terrazzoboden in weiß? Oder auch wieder Beton?
Re: U-Bahnhof Rotes Rathaus 14.12.2020 18:03 |
Zitat
Slighter
A Propos Rotes Rathaus: Ich meine mich an einen Satz von Herrn Jörg Seegers zu erinnern, dass der Bahnhof keinen rechten Winkel aufweißt (bezogen auf die Verkleidung, denke ich). Nach meinem Besuch da bin ich aber nicht so sicher, was er damit nun genau meinte. Denn die weiße Wandverkleidung der Verteilergeschosse haben ja rechtwinklige Teile verbaut - oder überseh' ich da die leichte Spitzwinkligkeit mit 88°-Ecken?
Re: U-Bahnhof Rotes Rathaus 14.12.2020 18:26 |
Re: U-Bahnhof Rotes Rathaus 14.12.2020 19:13 |
Zitat
Slighter
Meine Frage war eher, ob sich die Aussage zu den senkrechten Linien wirklich nur auf den Bahnhof im Näheren Sinne bezieht. Denn für das Verteilergeschoss gilt das ja nicht. Grund ist auch, dass ich Verteilergeschosse bisher immer zu Bahnhöfen mitgezählt hab.
Re: U-Bahnhof Rotes Rathaus 15.12.2020 12:33 |
Zitat
Slighter
Ich wollte gar nicht so eine große Kritik daran äußern. Klar ist sowas deutlich schwerer zu bauen und ggf. zu warten. Ich versteh den Projektleiter und die kritischen Stimmen da schon. Rational ist die Kritik durchaus berechtigt. Aber ich muss zugeben, dass es konzeptionell und optisch schon richtig was hermacht. Und ehrlich gesagt bin ich nach all' den Kompromissen bei den Bahnprachtbauten (man denke an das kurze Dach und die einfachen Zwischendecken am HBF) richtig froh, dass man hier mal das Ästhetische durchgezogen hat, und nicht wieder auf eine Sparvariante umgeschwenkt ist. Einmal sich was gönnen! Zumal hier die Ästhetik auch nicht im Widerspruch zur Betriebsfunktionalität steht.
Meine Frage war eher, ob sich die Aussage zu den senkrechten Linien wirklich nur auf den Bahnhof im Näheren Sinne bezieht. Denn für das Verteilergeschoss gilt das ja nicht. Grund ist auch, dass ich Verteilergeschosse bisher immer zu Bahnhöfen mitgezählt hab.
Auch interessant die Böden. Wenn das wirklich echte, weißer Terrazzo ist (was ich auch sofort glaube, man schaue sich nur die langen Flächen an, die einem Fugenlos präsentiert werden), dann ist das schon beeindruckend.
Re: U-Bahnhof Rotes Rathaus 08.01.2021 01:53 |
Die Schweiz hat aber auch keine Stadt mit mehr als 400'000 Einwohner. Bei solchen Grössenordnungen kommt man mit Strassenbahnen auch gut klar. Millionenstädte wie Berlin brauchen dagegen Verkehrssysteme mit mehr Kapazität und Geschwindigkeit.Zitat
def
Nun gibt es außerhalb deutscher Großstädte allerdings auch einen Bauboom von Straßenbahnen, und etwa ein Drittel aller Straßenbahnsysteme weltweit ist seit den 80er Jahren entstanden. In der Schweiz, dem Land, das gemeinhin für seinen hervorragenden ÖPNV bekannt ist (und zugleich einer der reichsten Staaten der Welt, Geld sollte also kein Problem sein), gibt eskeine einzigenur eine U-Bahn-Linie [Edit: Danke an Alter Köpenicker für den Hinweis].
Die 500 km nützen direkt aber nur denen, die auch im Einzugsbereich einer U- oder S-Bahn-Station wohnen oder arbeiten. Alle anderen, und davon gibt es in Berlin noch genug, beginnen ihre ÖV-Fahrten in langsameren Verkehrsmitteln.Zitat
def
Nun hat allerdings auch niemand in Frage gestellt, dass es in einer Millionenstadt S- und U-Bahnen geben muss, und erst recht hat niemand den flächendeckenden Ersatz von S- und U-Bahnen gefordert (im Gegenteil, es wird ständig behauptet, Straßenbahnen seien überflüssig). Zur Erinnerung: im Raum Berlin gibt es gut 500 km S- und U-Bahn-Strecken, dazu noch den Regionalverkehr, der auf einigen Strecken ein besseres Angebot hat als anderswo S-Bahnen.
Und genau damit hat er recht. Strassenbahnen lässt man Strassenbahnen sein. Das bedeutet, ein betriebsbedingter Halt alle 400 m, langsamer Kurvendurchfahrten und ein paar verkehrsbedingte Halte, was dann alles in eine Reisegeschwindigkeit von ungefähr 18 km/h mündet. Um das zu beschleunigen muss man der Strassenbahn den Vorteil der dichten Zugangsstellen nehmen und/oder die Strassenbahn gegenüber allen anderen Verkehrsmitteln an Konfliktpunkten bevorrechtigen. Letzteres verbietet sich. Die Verkehrsebene 0 gehört allen. Also müssen dort die Belange aller berücksichtigt werden. Es schon einmal ein Verkehrsmittel über alle anderen gestellt, und das war ganz grosser Mist.Zitat
def
Und vielleicht solltest Du Dir einmal die Aussage durchlesen, die die Diskussion ausgelöst hat: Henning hat behauptet, es sei falsch, Straßenbahnlinien zu beschleunigen (es ging gar nicht um den Neubau!), man sollte stattdessen U-Bahnen bauen.
Dass U- und S-Bahnen so schnell nicht überlastet wären, hat auch niemand behauptet. Es sind ja eher Bus- und Strassenbahnlinien, die auf einigen Strecken unangenehm stark ausgelastet sind.Zitat
def
Zum einen ist diese Aussage schlicht falsch (und zeigt, dass Du zwar die S-Bahn eben erwähnt, aber nicht wirklich auf dem Schirm hast), immerhin sind diverse S-Bahn-Erweiterungen geplant, im Zentrum (S21) ebenso wie in eher peripheren Lagen (Siemensbahn, Spandau - Falkensee), dazu der Ausbau z.B. der Kremmener Bahn mit im Endeffekt deutlichen Verbesserungen gegenüber dem aktuellen Stand. Und auch bei der U-Bahn sind mittelfristig (nach Fahrzeugverfügbarkeit) deutliche Verbesserungen im Angebot geplant.
Zum anderen wäre (wenn es ihn denn gäbe) ein Schwerpunkt auf den Straßenbahnbau kein Dogma, sondern eine Folge der Verhältnisse in Berlin. Wir haben hier nämlich keine einzige wirklich überlastete Schnellbahnstrecke - überlastet in dem Sinne, dass nicht ein dichterer Takt, längere Züge (!) und ggf. punktuelle Infrastrukturausbauten (v.a. bei eingleisigen Strecken am Stadtrand/im Umland sowie Abzweigbahnhöfe wie Neukölln) auf Jahrzehnte hinaus ausreichend sein könnten; dafür aber jede Menge überlastete Buskorridore.
Das ist vor allem ein politisches Problem. Die U5 wurde vom jetzigen Senat nur widerwillig verlängert. Da wundert es mich überhaupt nicht, dass das Projekt nicht zum Anlass genommen wird, Strassenräume umzunutzen.Zitat
def
Außerdem würden auch 20 km neue U-Bahnlinien pro Jahr exakt nichts am Modal Split ändern, so lange man nicht endlich bereit ist, an der Oberfläche den Stadtraum zuungunsten des MIV umzugestalten. So wird es nun auch bei der U5 sein. Eine Verkehrspolitik, die es ernst meint mit der Verschiebung des Modal Split hin zum Umweltverbund, hätte am Tag der Eröffnung der U5 Unter den Linden für den privaten MIV gesperrt und auf der gesamten B1/B5 (von der Stadtgrenze bis zum Alex) eine Fahrspur pro Richtung in einen breiten Fahrradweg umgewandelt. Ist nicht geschehen. Und so werden die paar Lücken, die Umsteigende vom Auto in die U5 dort hinterlassen, sofort wieder gefüllt. Das zeigt nebenbei auch, wie verlogen das Geschwafel ist, dass man erst Alternativen schaffen müsse, bevor man dem MIV Flächen wegnimmt: unter den am dichtesten bebauten Teilen dieses Straßenzuges verkehrt die U5 (direkt drunter), im Einzugsbereich verkehren außerdem drei S-Bahn-Linien, auf Berliner Gebiet alle 10 min. Sprich: die Alternativen SIND da. Und trotzdem nimmt man dem MIV keine Flächen weg.
Das stimmt nun wirklich nicht. Strassenräume in urbanen Räumen werden seit Jahrzehnten zu Ungunsten des MIV umgestaltet. Gerade nach Fertigstellung unterirdischer Bahnstrecken hat der MIV an der Oberflächen auch keinen oder so gut wie keinen Platz mehr, siehe Schadowstr, Düsseldorf.Zitat
def
Aber es geht es halt beim U-Bahn-Bau nicht um eine Verschiebung des Modal Split zugunsten des Umweltverbundes - die U-Bahn wird deshalb gefordert, damit der ÖPNV mit den verachtenswerten Gestalten, die ihn benutzen, nicht den heiligen MIV stört. DAS ist das eigentliche Dogma der deutschen Verkehrspolitik, und das schon seit Jahrzehnten, auch unter Rot-Rot-Grün (wobei ich mir bei Grün unsicher bin, ob es Überzeugung oder Inkompetenz ist). Angesichts dessen ist es schon ziemlich dreist, die Planungen für den Ausbau des Schnellbahnnetzes (und des Angebots im Bestandsnetz) wegzuleugnen und die paar geplanten Straßenbahnstrecken als Dogma zu bezeichnen.