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Sammelthread: Verkehrspolitik in Berlin II (ab 01/21)
geschrieben von B-V 3313 
Zitat
Henning
Für welche Strecken wurde diese Schienen benötigt?

Diese Frage ist nun wirklich wenig intelligent. Du solltest dringend recherchieren wie Berlin 1945 aussah.

x--x--x--x

Für mehr gelbe Farbe im Netzplan: die Farben der U4 und U7 tauschen!
Auch wenn der Tagesspiegel das Ganze etwas überspitzt und Autobesitz nicht gleich Autonutzung ist, so ist der Anstieg der Zulassungszahlen doch ein klarer Trend, der nicht nur seit Jahren anhält, sondern sich mittlerweile nicht mehr über den Zuzug erklären oder gar wegdiskutieren lässt.

Offensichtlich haben immer mehr Menschen das Bedürfnis, ein Auto besitzen zu wollen. Sogar in Friedrichshain-Kreuzberg, wo der Zuwachs fast mit am höchsten ist.

[www.tagesspiegel.de]
Zitat
Christian Linow
Auch wenn der Tagesspiegel das Ganze etwas überspitzt und Autobesitz nicht gleich Autonutzung ist, so ist der Anstieg der Zulassungszahlen doch ein klarer Trend, der nicht nur seit Jahren anhält, sondern sich mittlerweile nicht mehr über den Zuzug erklären oder gar wegdiskutieren lässt.

Einen Anteil daran wird Corona haben, allerdings schafft man ein Auto, das erstmal da ist, nach der Pandemie nicht wieder ab. Die Umstände der letzten Jahre werden auch etwas mit den Menschen gemacht haben und ich denke, dass wir in vielen Bereichen des Lebens nicht mehr gänzlich den Zustand vor der Pandemie erreichen werden. Der Ruf des ÖPNV hat einen Schaden erlitten, Masken werden wohl noch auf lange Zeit und auf freiwilliger Basis im Alltag eine Rolle spielen und ein Händeschütteln zur Begrüßung wird weiterhin keine Selbstverständlichkeit sein.
Zitat
Christian Linow
Auch wenn der Tagesspiegel das Ganze etwas überspitzt und Autobesitz nicht gleich Autonutzung ist, so ist der Anstieg der Zulassungszahlen doch ein klarer Trend, der nicht nur seit Jahren anhält, sondern sich mittlerweile nicht mehr über den Zuzug erklären oder gar wegdiskutieren lässt.

Offensichtlich haben immer mehr Menschen das Bedürfnis, ein Auto besitzen zu wollen. Sogar in Friedrichshain-Kreuzberg, wo der Zuwachs fast mit am höchsten ist.

[www.tagesspiegel.de]

Ingolf hatte das vor einiger Zeit mal ganz gut erklärt: aktuell stirbt die letzte Generation weg, in der Führerschein- und Autobesitz nicht selbstverständlich war. Bei den "nächsten Alten" ist der Anteil derer mit Auto also höher als bei den jetzt langsam von uns gehenden. Zugleich ist es ja nicht so, dass junge Menschen keine Autos kaufen (und wenn sie es in geringerem Maße tun als frühere gleichaltrige Generationen, wird der Effekt dadurch aufgefressen, dass die Gesellschaft an sich altert). Es ist also eine gewisse Übergangszeit, in der der Autobesitz erst einmal zunimmt.

Wenn gerade in Charlottenburg-Wilmersdorf trotz stagnierender Einwohner/innenzahl die Zahl der Autos besonders stark steigt, wäre allerdings der Anteil der Dienstwagen allerdings interessant. Ähnliches in Friedrichshain-Kreuzberg, zwischen East Side Gallery und Bahntrasse sind ja inzwischen auch viele Unternehmen angesiedelt.



2 mal bearbeitet. Zuletzt am 24.04.2022 09:11 von def.
Zitat
der weiße bim
Zitat
Latschenkiefer
Allerdings gab es hier keine U-Bahn. Zum Kaiserdamm habe ich auf die Schnelle keine Quelle gefunden, ob dort auch einmal eine Straßenbahn fuhr, trotz U-Bahn darunter.

EDIT: jetzt doch gefunden: 1936 gab es auch auf dem Kaiserdamm noch eine Straßenbahn, trotz vorhandener U-Bahn -

Der Kaiserdamm wurde erst im 20. Jahrhundert im Zuge des U-Bahnbaus angelegt. Zuvor herrschte dort die Natur, eine feuchte, sumpfige Gegend. Die wurde durch Grundstücksspekulanten genau wie die westlich davon gelegenen Wälder aufgekauft und parzelliert, Neu-Westend entstand. Zuvor war die Bismarckstraße ab Knie (Ernst-Reuter-Platz) bis Sophie-Charlotte-Platz vor allem Reitweg ins Grüne.
Die Straßenbahn befuhr rund 100 Jahre lang ab Knie die Berliner Straße (Otto-Suhr-Allee) und den Spandauer Damm, von der erste Pferdebahn 1865 bis zur letzten Straßenbahn in Berlin (West) 1967, heute als Metrobuslinie M45.

Um mal ein bisschen Korinthen zu k***en: der Abschnitt westlich Theodor-Heuss-Platz war bis kurz vor Schluss von Straßenbahnen befahren. Aber da gab es auch keine U-Bahn. Hier ging es aber um den Abschnitt vom Theo bis zum Ernst-Reuter-Platz (Knie). Und dieser ist nach 1945 nicht mehr befahren worden, sondern irgendwann zwischen 1936 und 1945 eingestellt worden.
Zitat
def
Ingolf hatte das vor einiger Zeit mal ganz gut erklärt: aktuell stirbt die letzte Generation weg, in der Führerschein- und Autobesitz nicht selbstverständlich war. Bei den "nächsten Alten" ist der Anteil derer mit Auto also höher als bei den jetzt langsam von uns gehenden. Zugleich ist es ja nicht so, dass junge Menschen keine Autos kaufen (und wenn sie es in geringerem Maße tun als frühere gleichaltrige Generationen, wird der Effekt dadurch aufgefressen, dass die Gesellschaft an sich altert). Es ist also eine gewisse Übergangszeit, in der der Autobesitz erst einmal zunimmt.

Kann sein, muss es aber nicht. Das Problem ist, dass es zu alledem wenig belastbares Datenmaterial gibt, das die These stützt. Statistisches und das Kraftfahrt-Bundesamt erheben zwar viele Daten über die verkauften Autos, aber kaum bis gar keine über die Fahrer*innen. Derweil geht die Führerscheinerwerbsquote bis zum Alter von 24 zwar zurück, danach aber nimmt sie wieder zu. Soll heißen: Jugendliche warten bloß länger, ehe sie einen Führerschein erwerben. Und ob sie dann einen Wagen fahren, kann man schwer eruieren, da laut Angaben des VDA unter Berufung auf eine Studie der GfK 42% der 18- bis 29-Jährigen einen auf eine andere Person zugelassenen Pkw fahren.

Zitat
def
Wenn gerade in Charlottenburg-Wilmersdorf trotz stagnierender Einwohner/innenzahl die Zahl der Autos besonders stark steigt, wäre allerdings der Anteil der Dienstwagen allerdings interessant. Ähnliches in Friedrichshain-Kreuzberg, zwischen East Side Gallery und Bahntrasse sind ja inzwischen auch viele Unternehmen angesiedelt.

Die Dienstwagen haben sicher einen Einfluss auf die Statistik. Allerdings halte ich es für fahrlässig, alles darüber erklären zu wollen und sich womöglich sogar darauf auszuruhen.
Ich finde manche Schlüsse, die der Tagesspiegel zieht, auch kritisch.

"Längst sind die wachsenden Zulassungszahlen nicht mehr durch den Zuzug in die Hauptstadt zu erklären, sondern weil offenbar bei immer mehr Berlinern die Lust auf ein eigenes Auto wächst. Dieses Bild zeigt sich auch fast ausnahmslos in den zwölf Bezirken der Stadt."

Die KFZ-Zulassungszahlen steigen zwar, die Lust auf das Auto offenbar auch und auch in viele Bezirken. Aber der Schluss, dass "immer mehr Berlinern die Lust auf ein eigenes Auto" haben, ignoriert den Trend zum Zweit- und Drittwagen. Diejenigen, die Auto 1 schon haben, haben bereits ein eigenes. Trotzdem würde jemand mit dem Kauf seines Zweit- oder Drittwagens am Anstieg der Zulassungszahlen mitwirken.

--
Das Gegenteil von umfahren ist umfahren.
Ich hole das der Ordnung halber hier herüber vom TVO-Chat, weil ich den diesbezüglichen Vorstoß von def ganz gut fand:

Zitat
Railroader
Zitat
Stichbahn
Seit Einführung der Kennzeichenpflicht für Kfz gibt es dort ja kaum noch Verkehrsverstöße.

Täter können hier aber besser identifiziert und Verstöße geahndet werden.

Ansonsten ist die Verkehrsunfallstatistk für jedefrau und jedermann zugänglich. Da braucht man sich also gar nicht streiten und mutmaßen.

Wie der Bayerische Rundfunk berichtet, fordern FDP-Stadträte in Coburg Stadträte der FDP in Coburg „in einem Antrag an den Bürgermeister die Einführung eine Vignette für Fahrräder. Damit sollen Radfahrer am Ausbau des Radwegenetzes finanziell beteiligt und der Druck auf die Politik erhöht werden, zu investieren.“

[www.br.de]

Sofort fiel mir unser Diskurs im TVO-Chat ein.
Zitat
Florian Schulz
Ich finde manche Schlüsse, die der Tagesspiegel zieht, auch kritisch.

"Längst sind die wachsenden Zulassungszahlen nicht mehr durch den Zuzug in die Hauptstadt zu erklären, sondern weil offenbar bei immer mehr Berlinern die Lust auf ein eigenes Auto wächst. Dieses Bild zeigt sich auch fast ausnahmslos in den zwölf Bezirken der Stadt."

Die KFZ-Zulassungszahlen steigen zwar, die Lust auf das Auto offenbar auch und auch in viele Bezirken. Aber der Schluss, dass "immer mehr Berlinern die Lust auf ein eigenes Auto" haben, ignoriert den Trend zum Zweit- und Drittwagen. Diejenigen, die Auto 1 schon haben, haben bereits ein eigenes. Trotzdem würde jemand mit dem Kauf seines Zweit- oder Drittwagens am Anstieg der Zulassungszahlen mitwirken.

Klar, da schwingt beim Tagesspiegel-Artikel schon ein etwas marktschreierischer Sound mit. Ebenso gut könnte man sich die Radzählstellen anschauen und beim Vergleich der Summen aller Zählstellen zwischen den Corona-Jahren 2020 und 2021 zu dem Schluss kommen, dass ein möglicher „Fahrrad-Hype“ abebbt.

Immerhin wurden 2021 über eine Millionen weniger Fahrräder gezählt als noch 2020.

Quelle: Verkehrsmanagement Berlin, Senatsverwaltung für Umwelt, Mobilität, Verbraucher- und Klimaschutz - [data.eco-counter.com]#



1 mal bearbeitet. Zuletzt am 24.04.2022 11:59 von Christian Linow.


Zitat
Christian Linow
Ich hole das der Ordnung halber hier herüber vom TVO-Chat, weil ich den diesbezüglichen Vorstoß von def ganz gut fand:

Zitat
Railroader
Zitat
Stichbahn
Seit Einführung der Kennzeichenpflicht für Kfz gibt es dort ja kaum noch Verkehrsverstöße.

Täter können hier aber besser identifiziert und Verstöße geahndet werden.

Ansonsten ist die Verkehrsunfallstatistk für jedefrau und jedermann zugänglich. Da braucht man sich also gar nicht streiten und mutmaßen.

Wie der Bayerische Rundfunk berichtet, fordern FDP-Stadträte in Coburg Stadträte der FDP in Coburg „in einem Antrag an den Bürgermeister die Einführung eine Vignette für Fahrräder. Damit sollen Radfahrer am Ausbau des Radwegenetzes finanziell beteiligt und der Druck auf die Politik erhöht werden, zu investieren.“

[www.br.de]

Sofort fiel mir unser Diskurs im TVO-Chat ein.

Die Schweizer denken über eine Kostenbeteiligung der Radler für die entspr. Infrastruktur auch nach...find ich gut.

T6JP
Zitat
Florian Schulz
Ich finde manche Schlüsse, die der Tagesspiegel zieht, auch kritisch.

"Längst sind die wachsenden Zulassungszahlen nicht mehr durch den Zuzug in die Hauptstadt zu erklären, sondern weil offenbar bei immer mehr Berlinern die Lust auf ein eigenes Auto wächst. Dieses Bild zeigt sich auch fast ausnahmslos in den zwölf Bezirken der Stadt."

Die KFZ-Zulassungszahlen steigen zwar, die Lust auf das Auto offenbar auch und auch in viele Bezirken. Aber der Schluss, dass "immer mehr Berlinern die Lust auf ein eigenes Auto" haben, ignoriert den Trend zum Zweit- und Drittwagen. Diejenigen, die Auto 1 schon haben, haben bereits ein eigenes. Trotzdem würde jemand mit dem Kauf seines Zweit- oder Drittwagens am Anstieg der Zulassungszahlen mitwirken.

Und wir haben schon öfter festgestellt,das das auch für Gegenden mit guter ÖPNV Struktur gilt- die Leute wollen die Wahl haben, welches Verkehrsmittel sie nutzen,
es sich nicht vorschreiben lassen, welches sie wann nutzen.

T6JP
Bei euren hochgeistigen Diskussionen überseht ihr meiner Meinung nach zwei Dinge:
1. Fast alle Neubauten in Friedrichshain haben Tiefgaragen, d.h. es wird einfacher, ein Auto zu besitzen, da man nicht ewig einen Parkplatz suchen muss. Das heißt aber nicht unbedingt, dass damit auch mehr gefahren wird. Mein Sohn und ich wohnen in solchen Neubauten. Ich habe z.Zt. gar kein Auto, er fährt vielleicht 2x/Woche. Wenn ihr jetzt argumentiert, ein KFZ rechnet sich nicht, dann gehört das zu einem gewissen Luxus, den man sich gerne leistet.
2. Es gibt eine klitzekleine übersehene Randgruppe unserer Gesellschaft: Frauen. Diese kommen in euren Diskussionen fast überhaupt nicht vor. Dieselben fahren zwar so oft es geht mit dem Fahrrad, meiden aber die öffentlichen, da sie wesentlich empfindlicher auf Schmutz und besoffene/bekiffte/bettelnde/musizierende/aggressive Zeitgenossen als wir Männer reagieren. So weigert sich z.B. meine Enkelin, am Ostkreuz in den Bus zu steigen, da die Haltestelle Richtung Tunnelstr. total versifft ist und außerdem je nach Windrichtung nach Urin stinkt (Der Zugang zu der Betriebstreppe S9 wird als Toilette verwendet). Sie lässt sich lieber mit dem Auto fahren.
Natürlich kann man das Verhalten gewisser Zeitgenossen nicht BVG/S-Bahn anlasten, aber etwas mehr Kontrolle/Abschreckung würde nicht schaden. Ich glaube nicht, dass das Auto heute noch ein Statussymbol ist, Frauen sind vermutlich eher geneigt, auf die Anschaffung eines solchen Gefährts zu drängen.
Henner
Zitat
T6Jagdpilot

Die Schweizer denken über eine Kostenbeteiligung der Radler für die entspr. Infrastruktur auch nach...find ich gut.

T6JP

Ich könnte mit solchen Ansätzen dann leben, wenn wir eine Kostengerechtigkeit hätten. Aber die gibt es eben nicht. Das Autofahren wird nach wie vor indirekt viel zu stark subventioniert, indem die externen Kosten auf die Allgemeinheit umgelegt werden. Da halte ich derlei Gedankenspiele für abwegig.
Zitat
Christian Linow
[...]
Zitat
def
Wenn gerade in Charlottenburg-Wilmersdorf trotz stagnierender Einwohner/innenzahl die Zahl der Autos besonders stark steigt, wäre allerdings der Anteil der Dienstwagen allerdings interessant. Ähnliches in Friedrichshain-Kreuzberg, zwischen East Side Gallery und Bahntrasse sind ja inzwischen auch viele Unternehmen angesiedelt.

Die Dienstwagen haben sicher einen Einfluss auf die Statistik. Allerdings halte ich es für fahrlässig, alles darüber erklären zu wollen und sich womöglich sogar darauf auszuruhen.

Ich knüpfe jetzt einfach mal an dieser Stelle an. Christian hat natürlich Recht, wenn er sagt, dass jeder Alles und Nichts in diese Zahlen interpretieren kann und da möchte ich mich jetzt auch mal dran versuchen. ;) Das "wegsterben" der letzten Kriegsgeneration würde ich auch nicht überbewerten, denn da haben Viele ein Auto. Die entsprechenden Effekte dürften inzwischen weitgehend aufgezehrt sein und nur noch minimal einwirken. Stattdessen bringe ich mal das Thema 'Gentrifizierung' ein. Wenn sich Autolose ihre Wohnung nicht mehr leisten können und verdrängt werden, dann ziehen da nicht zwangsweise die hippen radelnden Jungakademiker ein, sondern eben auch Autobesitzer oder Solche, die aus dem "Jungakademiker"-Status herausgewachsen sind und als "Jungunternehmer" oder Familiengründer eben doch wieder ein Auto anschaffen. All das könnte da auch reinwirken.

Aber ein wichtiger Punkt aus dem Artikel wird gerne unterschlagen: Friedrichshain-Kreuzberg mag die dritthöchste Steigerung in Berlin haben, ist aber nach wie vor die Gebietskörperschaft mit dem geringen Autoanteil pro Einwohner - und zwar auf ganz Deutschland betrachtet! So wie auch Berlin in Summe deutlich unter dem Bundesdurchschnitt liegt.

--- Signatur ---
Bitte beachten Sie beim Aussteigen die Lücke zwischen Bus und Bordsteinkante!
@ md95129, vielen Dank für Deinen Beitrag! Sehr interessante Ansätze.

Zitat
md95129
Bei euren hochgeistigen Diskussionen überseht ihr meiner Meinung nach zwei Dinge:
1. Fast alle Neubauten in Friedrichshain haben Tiefgaragen, d.h. es wird einfacher, ein Auto zu besitzen, da man nicht ewig einen Parkplatz suchen muss. Das heißt aber nicht unbedingt, dass damit auch mehr gefahren wird. Mein Sohn und ich wohnen in solchen Neubauten. Ich habe z.Zt. gar kein Auto, er fährt vielleicht 2x/Woche. Wenn ihr jetzt argumentiert, ein KFZ rechnet sich nicht, dann gehört das zu einem gewissen Luxus, den man sich gerne leistet.

Meiner Familie und mir geht es insofern ähnlich, als wir das letzte Jahrzehnt immer in Wohnungen gelebt haben, wo es einen Privatparkplatz gab, dessen Anmietung obligatorisch war. In Stuttgart stand der Wagen tatsächlich die allermeiste Zeit auf dem Parkplatz und wurde vor allem für Einkäufe oder die Fahrt in den Garten sowie Fernstrecken und Urlaube genutzt. Innerstädtisch setzten wir auf den ÖPNV und ich irgendwann aufs Fahrrad. Den Pkw behielten wir.

Erst in Hamburg gaben wir das eigene Auto auf und stellten in die Tiefgarage das Lastenrad. Ich selbst hatte sowieso in der Zeit vor meinen berufsbedingten Umzügen den eigenen Wagen in Berlin irgendwann Mitte der 2000er abgeschafft und erst wieder im Ländle zum eigenen Vehikel gegriffen. Seit einem erneuten Umzug zurück nach Berlin leisten wir uns in der Zwischenzeit nun auch wieder diesen Luxus, fahren aber innerstädtische Relationen so gut wie gar nicht.

Zitat
md95129
2. Es gibt eine klitzekleine übersehene Randgruppe unserer Gesellschaft: Frauen. Diese kommen in euren Diskussionen fast überhaupt nicht vor. Dieselben fahren zwar so oft es geht mit dem Fahrrad, meiden aber die öffentlichen, da sie wesentlich empfindlicher auf Schmutz und besoffene/bekiffte/bettelnde/musizierende/aggressive Zeitgenossen als wir Männer reagieren. So weigert sich z.B. meine Enkelin, am Ostkreuz in den Bus zu steigen, da die Haltestelle Richtung Tunnelstr. total versifft ist und außerdem je nach Windrichtung nach Urin stinkt (Der Zugang zu der Betriebstreppe S9 wird als Toilette verwendet). Sie lässt sich lieber mit dem Auto fahren.
Natürlich kann man das Verhalten gewisser Zeitgenossen nicht BVG/S-Bahn anlasten, aber etwas mehr Kontrolle/Abschreckung würde nicht schaden. Ich glaube nicht, dass das Auto heute noch ein Statussymbol ist, Frauen sind vermutlich eher geneigt, auf die Anschaffung eines solchen Gefährts zu drängen.
Henner

Ich finde es gut, dass Du das Thema Frauen und Mobilität ansprichst. Hier gibt es schon lange dringenden Handlungsbedarf. So etwas wie eine feministische Verkehrswende wird kaum öffentlich diskutiert und von Interessenverbänden wie der IGEB überhaupt nicht erwähnt. Ohnehin wäre es erfrischend, wenn sich auch Frauen in der IGEB öffentlich zu Wort melden würden.

Empfehlen kann ich in diesem Zusammenhang eine Folge des Mobilitätspodcasts „She drives mobility“ mit Katja Diehl: [podcasts.apple.com]
Zitat
Christian Linow
Zitat
T6Jagdpilot

Die Schweizer denken über eine Kostenbeteiligung der Radler für die entspr. Infrastruktur auch nach...find ich gut.

T6JP

Ich könnte mit solchen Ansätzen dann leben, wenn wir eine Kostengerechtigkeit hätten. Aber die gibt es eben nicht. Das Autofahren wird nach wie vor indirekt viel zu stark subventioniert, indem die externen Kosten auf die Allgemeinheit umgelegt werden. Da halte ich derlei Gedankenspiele für abwegig.

Das wird ja eben durch das Konstrukt Staat schon einigermaßen gut erledigt. Wenn wir das davon loslösen, dann aber bitte auch gerne wieder bei allen Verkehrsmitteln. Alle ÖV-Nutzenden müssen dann an den externen Kosten des Baus eines U-Bahntunnels (Zementherstellung, Stau an der Oberfläche und dadurch ausgefallene Arbeitsstunden, etc.), der Produktion neuer Fahrzeuge, und und und partizipieren. Umgekehrt ist es dann auch fair externe Erträge auf deren Verursacher umzulegen (eine wohlhabende Dame finanziert Forschung für Nachhaltigkeit oder so). Das wäre sicher über einen Zertifikatehandel o.ä. lösbar. Ich denke aber, Autofahrende würden davon stärker profitieren als U-Bahn-Fahrgäste - das ist aber eine ehrlicherweise stereotype Vermutung meinerseits.
Zitat
T6Jagdpilot
Und wir haben schon öfter festgestellt,das das auch für Gegenden mit guter ÖPNV Struktur gilt-die Leute wollen die Wahl haben, welches Verkehrsmittel sie nutzen, es sich nicht vorschreiben lassen, welches sie wann nutzen.

So lange wie die Leute ihr zweites oder drittes privates Blech auf privaten Grund abstellen, ist das auch in Ordnung. Im Wochenverlauf sind eh nie mehr als ein Zehntel aller PKW gleichzeitig unterwegs. Das heißt, dass der Großteil der Autos weiterhin ungenutzt rumsteht.

Ist wie mit Kugelschreibern. Von den geschätzt 147 Kugelschreibern die jeder von uns besitzt, kann ein Mensch trotzdem nur einen, vielleicht zwei gleichzeitig benutzen.

Und die Wahl hätte man durchaus auch ohne Zweit- und Drittwagen. Manche haben die Wahl sogar ohne eigenes Auto, indem sie auf Carsharing setzen. Hier ist die Auswahl sogar deutlich größer als 2 oder 3.

--
Das Gegenteil von umfahren ist umfahren.
Zitat
Jay
Ich knüpfe jetzt einfach mal an dieser Stelle an. Christian hat natürlich Recht, wenn er sagt, dass jeder Alles und Nichts in diese Zahlen interpretieren kann und da möchte ich mich jetzt auch mal dran versuchen. ;) Das "wegsterben" der letzten Kriegsgeneration würde ich auch nicht überbewerten, denn da haben Viele ein Auto. Die entsprechenden Effekte dürften inzwischen weitgehend aufgezehrt sein und nur noch minimal einwirken. Stattdessen bringe ich mal das Thema 'Gentrifizierung' ein. Wenn sich Autolose ihre Wohnung nicht mehr leisten können und verdrängt werden, dann ziehen da nicht zwangsweise die hippen radelnden Jungakademiker ein, sondern eben auch Autobesitzer oder Solche, die aus dem "Jungakademiker"-Status herausgewachsen sind und als "Jungunternehmer" oder Familiengründer eben doch wieder ein Auto anschaffen. All das könnte da auch reinwirken.

Echt ein wichtiger Punkt, den Du hier ansprichst, der übrigens aus eigenem Erleben auch in andere Bezirke abfärbt. Nämlich dann, wenn der ausgewachsene Jungakademiker Familie gegründet hat und, wie Du sehr richtig sagst, sich wieder ein Auto anschafft und zugleich aus dem hippen Kreuzberg ins bürgerliche Rudow oder nach Schmöckwitz zieht. Auf Friedrichshain-Kreuzberg wirkt sich der Pkw-Besitz dann zwar nicht aus, sehr wohl aber mittelbar über den neuen Wohnort auf Berlin. Und das habe ich im eigenen Umfeld schon erlebt.

Da sielt auch das hinein, was T6Jagdpilot anspricht, zumindest wie ich ihn verstehe:

Zitat
T6Jagdpilot

Und wir haben schon öfter festgestellt,das das auch für Gegenden mit guter ÖPNV Struktur gilt- die Leute wollen die Wahl haben, welches Verkehrsmittel sie nutzen,
es sich nicht vorschreiben lassen, welches sie wann nutzen.

T6JP

Tatsächlich geht auch die Rechnung „Wer Radwege sät, wird Radverkehr ernten“ keineswegs per se auf. Dazu gab es vor ein paar Jahren eine Interessante Folge von SWR-Wissen mit dem Titel „Der Fahrradboom und seine Folgen – Radler verändern den Verkehr“. Darin meldet sich Dr. rer. nat. Michael Hardinghaus zu Wort, Wissenschaftlicher Mitarbeiter des Instituts für Verkehrsforschung am Deutschen Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR). In einer Studie wurde die Radfahrtauglichkeit der Berliner Bezirke untereinander mit der Anzahl der Radfahrer*innen verglichen. Hierfür unterteilte man Berlin in 195 Planungsquadrate, in denen Kriterien eine Rolle spielten wie u. a., ob und in welchem Umfang Radverkehrsanlagen vorhanden sind, wie hoch der Grünflächenanteil ist, welche Bike-Sharing-Angebote es gibt sowie die Präsenz von Fahrrad- und Reparaturläden. Wenig überraschend lagen Planquadrate in der Innenstadt bei der Radfahrtauglichkeit an der Spitze - exemplarisch Prenzlauer Berg.

Aber eben auch „Marzahn, wo nach diesem Verfahren die Radfahrtauglichkeit ziemlich gut ist, aber sehr wenig Fahrrad gefahren wird.“ Oder wie es die Moderatorin kommentierend zusammenfasst: „Interessante Daten für die Verkehrsplanung der Zukunft, die beweisen, dass neue Radwege nicht automatisch für mehr Radverkehr sorgen.“

Zitat
Jay
Aber ein wichtiger Punkt aus dem Artikel wird gerne unterschlagen: Friedrichshain-Kreuzberg mag die dritthöchste Steigerung in Berlin haben, ist aber nach wie vor die Gebietskörperschaft mit dem geringen Autoanteil pro Einwohner - und zwar auf ganz Deutschland betrachtet! So wie auch Berlin in Summe deutlich unter dem Bundesdurchschnitt liegt.

Ja, und trotzdem sollte man nicht versuchen, mit dieser Argumentation den unverkennbaren Trend der letzten Jahre zu relativieren. Zumal man auch andere ungewünschte Effekte stets im Blick haben sollte, wenn es um den Stadtumbau und eine Verschiebung des Modal Splits zugunsten des Umweltverbundes geht. Wie wichtig es ist, parallel zum Ausbau der Radinfrastruktur und des ÖPNVs Lenkungsmaßnahmen dem MIV gegenüber zu ergreifen, kann man an Karlsruhe sehen. Dort hat man zwar das selbst gesteckte Ziel erreicht, dass der Radverkehr 30% des Modal Splits mittlerweile ausmacht. Allerdings hat trotz des Ausbaus und des renommierten Karlsruher Modells das Auto bei der Verkehrsmittelwahl zulegen können und der ÖPNV satte 8% eingebüßt!

Quelle: Verkehrsmittelwahl und Mobilitätsverhalten - Ergebnisse der repräsentativen Verkehrsbefragung (SrV) 2018, Stadt Karlsruhe, Amt für Stadtentwicklung:


Zitat
B-V 3313
Zitat
Henning
Für welche Strecken wurde diese Schienen benötigt?

Diese Frage ist nun wirklich wenig intelligent. Du solltest dringend recherchieren wie Berlin 1945 aussah.

Ich weiß schon wie Berlin 1945 aussah. Ich habe gefragt, weil so viele Strecken zerstört waren, so dass meiner Ansicht nach der Abriss einer vorhandenen Strecke kaum einen Sinn machen würde.
Zitat
Christian Linow
Zitat
md95129
2. Es gibt eine klitzekleine übersehene Randgruppe unserer Gesellschaft: Frauen. Diese kommen in euren Diskussionen fast überhaupt nicht vor. Dieselben fahren zwar so oft es geht mit dem Fahrrad, meiden aber die öffentlichen, da sie wesentlich empfindlicher auf Schmutz und besoffene/bekiffte/bettelnde/musizierende/aggressive Zeitgenossen als wir Männer reagieren. So weigert sich z.B. meine Enkelin, am Ostkreuz in den Bus zu steigen, da die Haltestelle Richtung Tunnelstr. total versifft ist und außerdem je nach Windrichtung nach Urin stinkt (Der Zugang zu der Betriebstreppe S9 wird als Toilette verwendet). Sie lässt sich lieber mit dem Auto fahren.
Natürlich kann man das Verhalten gewisser Zeitgenossen nicht BVG/S-Bahn anlasten, aber etwas mehr Kontrolle/Abschreckung würde nicht schaden. Ich glaube nicht, dass das Auto heute noch ein Statussymbol ist, Frauen sind vermutlich eher geneigt, auf die Anschaffung eines solchen Gefährts zu drängen.
Henner

Ich finde es gut, dass Du das Thema Frauen und Mobilität ansprichst. Hier gibt es schon lange dringenden Handlungsbedarf. So etwas wie eine feministische Verkehrswende wird kaum öffentlich diskutiert und von Interessenverbänden wie der IGEB überhaupt nicht erwähnt.

Oh, ihr arbeitet hier aber mit einem Weltbild. Frauen, die besonders unter Gestank und Versifftem leiden, sich zieren, ekeln, empfindlich sind. Und Männer, die stark sind, die individuelles und gesellschaftliches Elend, Gestank, Bettelei aushalten - oder denen es egal ist. Jedenfalls Männer, die damit umgehen (können). Männer, die nachts angstfrei mit Bahn und Bus durch Berlin düsen. Während die zierliche Frau sich schützen muss, geschützt werden muss.
Puh, finde ich sehr schwierig.

Und um es mal positiv auszudrücken, sollte doch der Anspruch sein: Öffentliche Verkehrsmittel, überhaupt der öffentliche Raum, sollte für alle gleichermaßen zu jeder Zeit sicher sein und anfühlen.
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